OLG Köln, Urteil vom 13.07.1998 - 16 U 15/98
Fundstelle
openJur 2011, 79249
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 3 O 178/97

Der Betreiber einer Autowaschanlage genügt seiner Verkehrssicherungspflicht bei Frost nicht dadurch, daß er in schematischen Zeitabständen Enteisungsmittel streut. Er muß immer dann erneut tätig werden, wenn durch die Benutzung der Anlage Wasser auf den Boden gelangen und möglicherweise gefrieren konnte.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 08.01.1998 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 3 O 178/97 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist zulässig; insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Der Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Schmerzensgeld ergibt sich aus §§ 823 Abs. 1, 847 BGB, der Anspruch auf sonstigen Schadensersatz in Höhe von 1.251,80 DM aus §§ 823 Abs. 1, 631, 276 BGB.

Der Beklagte hat die ihm als Betreiber einer Autowaschanlage obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt, indem er es zuließ, daß sich infolge des am 27.12.1995 herrschenden erheblichen Frostes im Bereich dieser Autowaschanlage eine Eisfläche bilden konnte, auf der der Kläger ausrutschte und sich erheblich verletzte. Es ist anerkannt, daß jeder der für Dritte Gefahrenquellen schafft, die notwendigen Vorkehrungen zum Schutze dieser Dritten treffen muß, damit sich die möglichen Gefahren nicht realisieren können (vgl. Palandt/Thomas, 57. Aufl., § 823 BGB Rdn. 58 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). Wer eine erhöhte Gefahrenquelle im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit schafft, muß erst recht dafür sorgen, daß das von ihm angelockte Publikum in seinen Räumlichkeiten bzw. auf seinem Gewerbegrundstück nicht zu schaden kommt (vgl. Palandt/Thomas, § 823 BGB Rdn. 87, ebenfalls mit zahlreichen Nachweisen aus der BGH-Rechtsprechung).

Daß in einer Autowaschanlage erhebliche Flüssigkeitsmengen auf den Fußboden gelangen, die bei starkem Frost gefrieren können, ist selbstverständlich. Dieser erheblichen Gefahr kann der Betreiber der Waschanlage nicht dadurch begegnen, daß er schematisch in bestimmten Zeitabständen Enteisungsmittel streut, er muß vielmehr jeweils dann erneut tätig werden, wenn nach seinen letzten Maßnahmen erneut Flüssigkeit auf den Fußboden gelangen konnte, die zu Eis gefrieren konnte. Dieser Verpflichtung ist der Beklagte hier offensichtlich nicht genügend nachgekommen, sonst hätte der Kläger nicht auf eine Eisfläche vor der Waschanlage stürzen können.

Den Kläger trifft an seinem Unfall allerdings ein Mitverschulden. Wer bei eisigen Temperaturen eine Autowaschanlage aufsucht, muß damit rechnen, daß Wasser, das gefroren sein könnte, auf den Fußboden gelangte. Das Mitverschulden beträgt allerdings keinesfalls mehr als 50 %, wie dies das Landgericht auch angenommen hat. Denn der Kunde einer Autowaschanlage kann darauf vertrauen, daß der Betreiber seiner Verkehrssicherungspflicht ordnungsgemäß nachkommt. Jedenfalls in allgemein ohne weiteres zugänglichen Teilen der Waschanlage, die von Kunden regelmäßig betreten werden, muß er nicht mit Eis rechnen.

Auch der Feststellungsantrag des Klägers ist zulässig und begründet. Das Rechtschutzbedürfnis folgt hier daraus, daß der Beklagte eine Haftung schlechthin ablehnt, während es aufgrund der vom Kläger davongetragenen Verletzungen und in Anbetracht seines Alters sehr nahe liegt, daß sich noch Spätschäden zeigen werden. Der Umfang dieser Spätschäden läßt sich vorläufig auch nicht annähernd bestimmen.

Die Begründetheit der Feststellungsklage folgt aus den obigen Ausführungen zur Begründetheit des Zahlungsanspruchs.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung für die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Beschwer des Beklagten durch die vorstehende Entscheidung beträgt 6.251,80 DM (= 4.251,80 DM gemäß Ziffer 1 des Tenors des angefochtenen Urteils und 2.000,00 DM hinsichtlich des Feststellungsantrages).