OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.01.2001 - 13 B 1691/00
Fundstelle
openJur 2011, 78426
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 12 L 2060/00
Tenor

Der Antrag wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 6.000,-- DM festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der §§ 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 u. 3, 146 Abs. 4 VwGO nicht vorliegen.

Der Senat hat keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den geltend gemachten Anordnungsanspruch verneint, weil die Antragstellerin gemäß § 9 Abs. 4 VergabeVO NRW 2000 vom Vergabeverfahren für das WS 00/01 ausgeschlossen ist.

Die Verordnung über die zentrale Vergabe von Studienplätzen in Nordrhein-Westfalen vom 31. Mai 2000, GV.NRW. 2000, 500, ist, soweit im vorliegenden summarischen Verfahren erkennbar, entgegen der Ansicht der Antragstellerin, wirksam zu Stande gekommen. Insbesondere beruht sie auf einer rechtswirksamen gesetzlichen Grundlage, nämlich dem Gesetz zur Ratifizierung des Staatsvertrages über die Vergabe von Studienplätzen vom 14. März 2000, GV. NRW. 238. Das Gesetz ist unabhängig davon wirksam zu Stande gekommen, ob der in Bezug genommene Staatsvertrag seinerzeit staatsrechtlich bereits Rechtswirksamkeit entfaltet hatte. Denn der Landesgesetzgeber hat den vereinbarten Vertragsinhalt in seinen Rechtssetzungswillen aufgenommen und - in Form einer Gestzesanlage - unmittelbar zum Gesetzesinhalt erhoben, wobei er zudem in § 2 S. 1 des Gesetzes ausdrücklich eine Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung, die das Vergabeverfahren insgesamt (vgl. Art. 16 Abs. 1 StV), insbesondere auch die hier umstrittene Problematik des Ausschlusses vom Auswahlverfahren (vgl. Art. 16 Abs. 1 Nr. 10 StV) regelt, ausgesprochen hat. Das konnte unabhängig vom Bestehen oder Nichtbestehen einer vertraglichen Bindungswirkung des in Bezug genommenen Staatsvertrages zwischen den beteiligten Ländern geschehen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Gesetzes vom 14. März 2000 vom Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Staatsvertrages - erst am 1. August 2000 - abhängig machen wollte. Im Übrigen ist auch die vom Verwaltungsgericht hilfsweise dargelegte Rechtsgrundlage der Vergabeverordnung NRW 2000 unter Rückgriff auf den alten Staatsvertrag und das Hochschulrahmengesetz nicht zu beanstanden sowie von der Antragstellerin nicht angegriffen worden.

Der Senat hat auch keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Ausschlussregelung des § 9 Abs. 4 VergabeVO NRW 2000. Diese Vorschrift setzt eigenständig eine altersbezogene Ausschlussfrist für die Teilnahme am zentralen Studienplatzvergabeverfahren, so daß es insoweit auf die Rechtswirksamkeit des Art. 11 Abs. 3 des Staatsvertrages im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vergabeverordnung nicht ankommt.

Die den Zugang zur beruflichen Ausbildung ausschließlich in nc-Studiengängen einschränkende v.g. Vorschrift verstößt entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Regelung ist durch überragend wichtige Belange der Gemeinschaft gerechtfertigt und trägt mit ihrer Regel-Ausnahme-Konzipierung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung. Die staatliche Gemeinschaft hat ein überragendes Interesse daran, die knappen und kostenintensiven hochschulischen Ausbildungsplätze jedenfalls in Studiengängen mit einer das Ausbildungsangebot überschießenden Nachfrage solchen hochschulreifen Bewerbern bereitzustellen, die am Anfang ihres Berufslebens stehen und sich durch das Studium eine berufliche Existenzgrundlage begründen wollen und die den angestrebten Beruf voraussichtlich auch werden ausüben können. Demgegenüber ist regelmäßig davon auszugehen, dass ein Studienbewerber im fortgeschrittenen Alter von 55 Jahren, der ohne die Ausschlussregelung über die Wartezeitauswahl zuzulassen wäre, regelmäßig hinreichend Gelegenheit hatte zur Aufnahme eines Studiums seiner Wahl und dass er vor allem nach einem erfolgreichen Studienabschluss im Schnitt nach fünf Jahren in den Arbeitsmarkt als ein Berufsanfänger eintritt, der bei realistischer Betrachtung nahezu keine Chance zur Ausübung seines akademischen Berufes hat. Eine uneingeschränkte Bereitstellung eines Studienplatzes in einem nc-Studiengang an einen Bewerber, der in einem Alter in einen Beruf einträte, in welchem sich das Berufsleben für den Großteil der Bevölkerung dem Ende zuneigt, mit der Folge, dass für einen solchen Bewerber für ein Seniorenstudium ein anderer dringend auf einen Studienplatz angewiesener, regelmäßig junger Bewerber zurückzutreten hätte, wäre gemessen an den Grundvorstellungen von einem gemeinschaftlichen Zusammenleben nicht zu rechtfertigen. Soweit demgegenüber im Einzelfall das Individualinteresse des Senioren-Studienbewerbers das öffentliche Interesse überragen sollte, wird dem durch die Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 4 VergabeVO NRW 2000 hinreichend Rechnung getragen.

Tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) weist die Rechtssache ebenso wenig auf wie eine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die von der Antragstellerin aufgeworfenen Rechtsfragen sind aus Sicht des Senats ohne weiteres bereits im Zulassungsverfahren im dargestellten Sinne beantwortbar. Hierzu bedarf es nicht der Durchführung der Beschwerde.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 2 VwGO und §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1 u. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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