LG Düsseldorf, Urteil vom 17.01.2001 - 12 O 486/00
Fundstelle
openJur 2011, 78283
  • Rkr:
Tenor

In dem Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung

wegen unlauterem Wettbewerb

hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom x durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht x den Richter am Landgericht x und den Richter x

für Recht erkannt:

1) Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

2) Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.

3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller darf die Vollstreckung der Antragsgegnerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.500,00 DM abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann auch in Form einer Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Der Antragsteller ist ein gerichtsbekannter, eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs gehört. Zu seinen Mitgliedern zählt auch eine Reihe von Immobilienmaklern im Raum Düsseldorf. Auf die als Anlage l vorgelegte Mitgliederliste wird Bezug genommen. Die Antragsgegnerin ist Immobilienmaklerin. Sie schaltete in der Tageszeitung "Rheinische Post" vom 14.Oktober 2000 mehrere Anzeigen, in denen sie Wohnungssuchenden die Vermittlung bestimmter Wohnungen offerierte, ohne in den Anzeigen ihren ausgeschriebenen Familiennamen anzugeben. Auf die im Antrag wiedergegebenen Anzeigen wird Bezug genommen. Mit Schreiben vom 18.Oktober 2000 forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin zur Abgabe einer vorgefertigten, strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die Antragsgegnerin gab daraufhin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, die sie jedoch wie folgt ergänzt hatte:

"Eine Haftung für Fälle, in denen die Zuwiderhandlung darauf beruht, daß korrekte Anzeigenaufträge vom Verlag fehlerhaft ausgeführt werden, wird nicht übernommen."

Der Antragsteller ist der Ansicht, er müsse die derart ergänzte, strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht annehmen. Ein Vertragsstrafeversprechen gewähre dem Gläubiger nur dann wirksamen Schutz, wenn dieser auch für seine Erfüllungsgehilfen einzustehen hat. Andernfalls könnte sich der Schuldner hinter seinen Erfüllungsgehilfen verstecken. Es fehle daher an der erforderlichen Ernstlichkeit des Unterwerfungswillens, wenn der Schuldner nicht bereit sei, das schützenswerte Interesse des Gläubigers an einer Einbeziehung der Erfüllungsgehilfen zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin werde hierdurch im übrigen auch nicht unzumutbar belastet, da sie im Falle einer ordnungsgemäßen Information des Verlags über die abgegebene Unterlassungsverpflichtung bei einer vom Verlag zu vertretenden Zuwiderhandlung einen Regreßanspruch gegenüber dem Verlag habe.

Der Antragsteller beantragt,

es der Antragsgegnerin bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu untersagen, Wohnungsangebote und/oder -gesuche als Wohnungsvermittlerin zu veröffentlichen, ohne zugleich ihren Namen anzugeben, wenn dies wie in den nachfolgend abgebildeten Anzeigen in der Zeitung "Rheinische Post" vom 14. Oktober 2000 in der Rubrik "Mietangebote" auf den Seiten 176 und 177 geschieht:

Haan, 21/2 Zi.-Whg., Eisdiele, KBB, 990,-- + NK, frei, BS Immobil. (x

Uni, 1-Zi.-App., 43 m2, EBK, DBB, 660,-- + NK, 1.11., BS Immob. (x

Eller, 3-Zi.-Whg., KDBB, G-WC, 72 m2, 1150,-- + NK, 1.1, BS Immob. (x

Hassels, 3-Zi.-Whg., KDB, Terr., 66m2, 1000,-- + NK, 1.1, 3-Zi.-Whg., KDB, 66 m2, 800,--nur 50,-- NK, gegen Mithilfe im Garten, 1.12., BS

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, sie müsse nur für eigenes Verschulden einstehen, da der gesetzliche Unterlassungsanspruch unstreitig nicht auf einem Verlagsverschulden, sondern allein auf ihrem eigenen Verschulden beruhe. Im übrigen habe sie keinesfalls die Haftung für jeden Erfüllungsgehilfen, sondern nur für den Sonderfall eines Verlagsverschuldens ausgeschlossen. Es sei aber allgemein anerkannt, daß der Verlag nicht Beauftragter i. S. d. § 13 Abs. 4 UWG sei, so daß insoweit auch gar kein gesetzlicher Unterlassungsanspruch bestehen könne. Daher könne auch an der Ernstlichkeit ihres Unterlassungswillens nicht gezweifelt werden, da sie bereit sei für die im Gesetz normierte Unterlassungsverpflichtung im vollen Umfang einzustehen.

Wegen des Parteivorbringens im übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Der zulässige Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist unbegründet. Der Antragsteller hat gegenüber der Antragsgegnerin keinen Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Handlung aus § 1 UWG, da es an der erforderlichen Wiederholungsgefahr fehlt. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung war daher zurückzuweisen.

Ein Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG ist vorliegend nicht gegeben. Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch ist neben einer Zuwiderhandlung das Bestehen einer Wiederholungsgefahr. Diese wird zwar aufgrund der begangenen Zuwiderhandlung vermutet, durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wird diese Vermutung jedoch selbst dann ausgeräumt, wenn der Verletzte diese nicht annimmt (Baumbach/Hefermehl, UWG, 20.Aufl., Einl UWG Rz 270). Die Antragsgegnerin hat vorliegend eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Diese von der Antragsgegnerin abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung bringt auch deren ernstlichen Willen, ihre beanstandete Handlung nicht zu wiederholen, zum Ausdruck. Die Interessen des Antragstellers werden trotz der vorgenommenen Einschränkung in hinreichendem Maße gewahrt. Denn ein schützenswertes Interesse des Antragstellers, auch im Falle eines reinen Verlagsverschuldens gesichert zu sein, besteht nicht. Es genügt, .daß die strafbewehrte Unterlassungserklärung den Verletzten in der Sache wie ein gerichtlicher Titel vor weiteren Verstößen schützen kann (Mellulis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3.Aufl., Rz 609 m.w.N.). Bei einem gerichtlichen Titel hat der Schuldner nach § 890 ZPO nur für eigenes Verschulden einzustehen. Bedingungen und Einschränkungen schließen daher die Eignung der strafbewehrten Unterlassungserklärung zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr nicht schlechthin aus (Mellulis, aao, Rz 615). So ist eine Beschränkung auf eine Haftung für schuldhafte Verstöße zulässig, weil der Verletzte mehr als eine solche Haftung nicht verlangen kann (Mellulis, aaO, Rz 608a). Dies muß aber auch im Hinblick auf den Ausschluß der Haftung für Erfüllungsgehilfen jedenfalls dann gelten, wenn diese, wie vorliegend der

Verlag, keine Beauftragten i.S.d. § 13 Abs.4 UWG sind.

Natürlich hat der Antragsteller ein Interesse daran, daß es zu keinen weiteren Verstößen, gleichgültig wer diese zu vertreten hat, kommt. Nur ist nicht jedes Interesse auch automatisch schützenswert. Denn auch das Interesse der Antragsgegnerin, nicht für die Handlung eines Dritten, der nicht in ihre Organisation eingebunden ist und den sie daher nicht zu kontrollieren vermag, einstehen zu müssen, ist berechtigt. Dabei kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Gesetzgeber gerade auf die Frage, ob der Inanspruchgenommene die Macht hatte, seinen Willen gegenüber dem handelnden Dritten durchzusetzen, abstellt. Nur für solche Personen hat die Antragsgegnerin gemäß § 13 Abs. 4 UWG gesetzlich einzustehen. Dieser Regelung kann daher die Wertung des Gesetzgebers entnommen werden, daß, soweit es um das Handeln von Beauftragten geht, das Interesse des Gläubigers an einer Einbeziehung schutzwürdig ist, soweit hingegen das Handeln von Dritten, die nicht dem Willen des Inanspruchgenommenen unterliegen, in Rede steht, dessen Interessen der Vorrang gebührt (vgl.a. Mellulis, aaO, Rz 608a a.E., der gerade auf den Gedanken des § 13 Abs.4 UWG abstellt) . Auch der Einwand des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe ja bei einer durch den Verlag zu vertretenden Zuwiderhandlung einen Regreßanspruch, überzeugt nicht. Zum einen kann ein solcher Regreßanspruch vertraglich ausgeschlossen oder der Höhe nach begrenzt sein, zum anderen wird der Antragsgegnerin das Risiko einer Realisierung ihrer Regreßforderung aufgebürdet. Unabhängig vom Konkursrisiko mag auch die Frage, ob der Verlag schuldhaft gehandelt hat oder ob eine oder mehrere Zuwiderhandlungen vorliegen,. in beiden Prozessen unterschiedlich bewertet werden. Auch könnte der Verlag einwenden, die Antragsgegnerin habe sich auf eine unangemessen hohe Vertragsstrafe eingelassen und damit gegen ihre Pflicht, den drohenden Schaden möglichst klein zu halten, verstoßen. In jedem Fall verursacht die Realisierung einer Regreßforderung aber Mühe in Form der Aufwendung eigener Arbeitskraft und damit Kosten, die die Antragsgegnerin selbst bei einem Obsiegen nicht ersetzt erhält. Nicht umsonst verzichten Wirtschaftsunternehmen mitunter auf die Durchsetzung von Forderungen, da sich der Aufwand hierfür wirtschaftlich nicht lohnt. Noch aus einem weiteren Grund überzeugt die Argumentation des Antragstellers gerade im vorliegenden Fall nicht. Der Gesetzgeber hat die Klagebefugnis von Verbänden wie dem Antragsteller 1994 bewußt beschränkt. Diese können nicht mehr schlechthin gegen Wettbewerbsverstöße vorgehen, sondern nur, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Mitbewerbern des Verletzers angehört, § .13 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Auch vor dem Hintergrund dieser Wertung des Gesetzgebers kann das Interesse des Antragstellers, über Regreßansprüche Druck auf den Verlag, die Rheinische Post, auszuüben, nicht als schutzwürdig erachtet werden.

Noch aus einem anderen Grund muß der Ausschluß der Haftung für nicht dem Willen des Schuldners unterliegende Erfüllungsgehilfen zulässig sein. Abmahnung und strafbewehrte Unterlassungserklärung dienen auch der Vermeidung gerichtlicher Auseinandersetzungen im Interesse einer Entlastung der Gerichte. Es verbietet sich auch von daher, die Reichweite der strafbewehrten Unterlassungserklärung und des gerichtlichen Titels allzu sehr auseinander fallen zu lassen. Den in Rede stehenden Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG hat der Kläger nur, wenn der Beklagte selbst oder ein Beauftragter i.S.d. § 13 Abs.4 UWG gehandelt hat. Im Hinblick auf künftige Zuwiderhandlungen gewährt ihm der gerichtliche Titel Schutz sogar nur bei einem eigenen Verschulden des Schuldners, § 890 ZPO. Schutz vor allein durch einen Dritten zu vertretenden Zuwiderhandlungen kann er mit der Klage gerade nicht erreichen. Im Hinblick auf die Norm des § 93 ZPO verbietet es sich daher, bei der Unterlassungserklärung ein Einstehen für alle Erfüllungsgehilfen zu verlangen. Gemäß § 93 ZPO fallen die Prozeßkosten dem Kläger zu Last, wenn der Beklagte zur Klageerhebung keine Veranlassung gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt. Veranlassung zur Klageerhebung hat der Beklagte aber nur gegeben, wenn der Kläger annehmen mußte, er werde ohne die Klage nicht zu seinem Recht kommen (Zöller-Herget, ZPO, 20.Aufl., § 93 Rz 3). § 93 ZPO stellt folglich auf den Anspruch ab, den der Kläger nunmehr mit Klage durchzusetzen sucht. Bietet der Beklagte dem Kläger vorgerichtlich aber genau das an, was dieser mit der Klage erreichen kann, dann hat er zur Klageerhebung keine Veranlassung gegeben. Ließe man eine Unterlassungserklärung, in der die Haftung für Erfüllungsgehilfen ausgeschlossen wurde, zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr nicht genügen, dann könnte der Beklagte, der eine solche Unterlassungserklärung angeboten hat, trotz der Abmahnung in aller Ruhe die Klageerhebung abwarten, um dann mit der Kostenfolge des § 93 ZPO den gerichtlich geltend gemachten Anspruch anzuerkennen. Genau diesen Weg würde ein Beklagter daher vernünftigerweise wählen, um ohne Kostennachteile das Risiko einer künftige Handlungen Dritter zu vermeiden. Die Intention, durch Abmahnung und strafbewehrte Unterlassungserklärung gerichtliche Auseinandersetzungen auch im Interesse einer Entlastung der Gerichte zu vermeiden, würde folglich vereitelt. Auch von daher muß der Ausschluß einer Haftung für Erfüllungsgehilfen für zulässig erachtet werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. l ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.6, 711 S.1 und 108 Abs.1 ZPO.

Der Streitwert wird auf 20.000,00 DM festgesetzt.