OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.02.2000 - 11 A 3887/96
Fundstelle
openJur 2011, 78029
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 11 K 8051/95
Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind.

Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

G r ü n d e : I. Die Klägerin ist ein Unternehmen der Werbewirtschaft. Sie begehrt von dem Beklagten die Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis.

Die Klägerin beabsichtigt, drei Werbetafeln im so genannten Euroformat gegenüber dem Grundstück mit der Straßenbezeichnung G. Straße 49 an einer Böschungsmauer anzubringen, die das Bahngelände der Beigeladenen zu 1. zur G. Straße in K. abgrenzt.

Ein zunächst gestellter Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Baugenehmigung wurde seitens des Beklagten abschlägig beschieden. Nach erfolglosem Widerspruchs- und Klageverfahren (2 K 848/94 VG Köln ) ist ein Berufungsverfahren bei dem zuständigen 7. (vorm. 11.) Senat des beschließenden Gerichts anhängig (7 A 7048/95).

Den weiteren Antrag der Klägerin auf Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis hat der Beklagte mit Bescheid vom 14. September 1995 ebenfalls abgelehnt. Er hat zur Begründung insbesondere auf einen entgegenstehenden Werbenutzungsvertrag zwischen der Stadt K. und Stadtwerke K. GmbH, die ihre Rechte insoweit auf die Beigeladenen zu 2. übertragen habe, verwiesen. Hiermit sei dieser allein die Werbenutzung an öffentlichen Verkehrsflächen im Stadtgebiet K. übertragen, vor allem um aus Ordnungsgesichtspunkten die Werbung insgesamt besser steuern zu können und damit ein Ausufern der Werbung im Stadtgebiet zu verhindern. Der hiergegen eingelegte Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28. September 1995, zugestellt am 9. Oktober 1995, zurückgewiesen.

Am 6. November 1995 hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Köln Klage erhoben, zu deren Begründung sie insbesondere vorgetragen hat: Nicht alle beliebigen öffentlichen Belange könnten eine Versagung der Erlaubnis rechtfertigen. Nur hier nicht gegebene konkrete Gefahren oder sonstige wichtige öffentliche Belange könnten einer Erlaubnis entgegenstehen. Die ordnungsrechtliche Funktion eines Werbevertrages mit einem Dritt- unternehmen führe nicht weiter. Die Berufung auf ein hierdurch begründetes Ausschließlichkeitsrecht entspreche nicht ordnungsgemäßer Ermessensausübung.

Die Klägerin hat beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 14. September 1995 sowie des Widerspruchsbescheides vom 4. Oktober 1995 den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin vom 23. November 1992 auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis betreffend drei Werbetafeln auf dem Grundstück G. Straße gegenüber Nr. 49 in K. erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat auf die angegriffenen Bescheide verwiesen und ergänzend vorgetragen: Die in dem Werbenutzungsvertrag enthaltene exklusive Übertragung des Werbenetzes auf ein einziges Unternehmen und die Praxis, nur diesem Unternehmen Sondernutzungserlaubnisse zu erteilen, ermögliche vorbeugend eine wirksame Verhinderung der Überhäufung öffentlicher Verkehrsflächen mit Werbeanlagen mit Beeinträchtigungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie einer Verunstaltung des Ortsbildes. Es würden eine wirksame Überwachung der Werbeanlagen und die Vorbeugung von Gemeingebrauchsbeeinträchtigungen gewährleistet. Die störungsfreie Eingliederung in das Straßenumfeld könne sichergestellt und damit zum Schutz des Stadtbildes beigetragen werden.

Die bereits in erster Instanz Beigeladenen haben sich dort nicht beteiligt.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 24. Mai 1996, auf das Bezug genommen wird, die Klage insbesondere unter Hinweis auf das Urteil des beschließenden (vorm. 23.) Senates vom 6. Juni 1990 - 23 A 2104/87 - abgewiesen.

Gegen das ihr am 25. Juni 1996 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23. Juli 1996 Berufung eingelegt. Sie macht insbesondere geltend: Das Rechtsmittel solle erreichen, dass der Senat seine Rechtsauffassung zu Werbenutzungsverträgen nochmals überprüft. Städtische Straßen könnten Dritten zwar gegen Entgelt zur Außenwerbung überlassen werden. Es sei aber die Frage klärungsbedürftig, inwieweit die Ausschließlichkeitsklausel in dem Vertrag mit der Beigeladenen zu 2., die nicht den Regeln des Verwaltungsprivatrechts unterliege, gegen die Schutzzwecke des Erlaubnisvorbehalts für straßenrechtliche Sondernutzungen und gegen entsprechende Ermessensbindungen verstoße. Es sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass die Klägerin ihre Werbetafeln auf privatem Grund und Boden errichte. Der Werbenutzungsvertrag erfasse hingegegen nur Werbeanlagen auf öffentlichem Grund, nicht aber das bloße Hereinragen in den Luftraum über dem Straßenland von Privateigentum aus. Wenn Sinn und Zweck des Vertrages die Beschränkung von Werbeanlagen auf ein verträgliches Maß und die Erleichterung der Überwachung sei, könne sich dies nur auf Werbeträger beziehen, die auf öffentlichem Grund und Boden errichtet würden, nicht aber auf solche, die nur wenige Zentimeter in den Luftraum hierüber hineinragten. Über Werbenutzungsverträge, die sie - die Klägerin - mit anderen Gemeinden geschlossen habe, könne sie auch keine Werbung verhindern, die nicht auf öffentlichem Straßenland errichtet würden. Eine pauschale Berufung auf den Werbenutzungsvertrag sei nicht ermessensgerecht. Bei jeder Sondernutzung habe eine ermessensgerechte Abwägung im Einzelfall zu erfolgen. Der Beklagte hätte im Einzelnen darlegen und prüfen müssen, ob durch die drei Werbetafeln eine Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, des Straßenbildes oder anderer öffentlicher Belange erfolge. Eine Beschränkung von Werbetafeln auf ein verträgliches Maß könne auch über Einzelfallprüfungen erfolgen. Zudem sei die G. Straße nicht förmlich gewidmet, ihre Einordnung als vorhandene Straße nach altem Recht fraglich.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil zu ändern und nach ihrem Klageantrag erster Instanz zu erkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist auf das angefochtene Urteil und sein Vorbringen erster Instanz.

Die Beigeladenen haben sich auch im Berufungsverfahren in der Sache nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren und des Verfahrens 7 (vorm. 11) A 7048/95 OVG NRW sowie auf die jeweils beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Unterlagen des Beklagten. II. Der Senat entscheidet gemäß § 130a VwGO nach vorheriger Anhörung der Beteiligten über die Berufung durch Beschluss, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Einer Zustimmung der Klägerin zu dieser Verfahrensweise bedarf es nicht, zumal sie schriftsätzlich hinreichend Gelegenheit hatte, ihre Rechtsauffassung darzulegen.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Neubescheidung ihres Antrages auf Erteilung einer Sondernutzungsgenehmigung. Der ablehnende Bescheid des Beklagten in der Form des Widerspruchsbescheids ist rechtmäßig, insbesondere ermessensfehlerfrei ergangen, und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§§ 113 Abs. 5, 114 VwGO).

Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 StrWG NRW ist die Benutzung der Straßen über den Gemeingebrauch hinaus unbeschadet des § 14a StrWG NRW Sondernutzung. Nach Satz 2 der vorgenannten Bestimmung bedarf eine Sondernutzung der Erlaubnis der Straßenbaubehörde. Hiernach ist die Anbringung der drei Werbetafeln an der Böschungsmauer der Beigeladenen zu 1., die in den Luftraum oberhalb der G. Straße hineinragen würden, erlaubnispflichtig.

Die G. Straße ist eine öffentliche Straße. Gemäß § 2 Abs. 1 StrWG NRW sind öffentliche Straßen im Sinne dieses Gesetzes diejenigen Straßen, Wege und Plätze, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind. Zwar ist die G. Straße, wie der Beklagte einräumt, nicht förmlich nach § 6 StrWG NRW oder gemäß dessen inhaltsgleichen Vorgängerbestimmungen gewidmet worden. Dies ist jedoch unschädlich. Die fragliche Straße ist als "vorhandene Straße" im Sinne des § 60 Satz 1 erster Halbsatz StrWG NRW auch ohne eine solche förmliche Widmung eine "öffentliche" Straße im straßenrechtlichen Sinne. Hiernach sind öffentliche Straßen auch diejenigen Straßen, Wege und Plätze, welche nach bisherigem Recht die Eigenschaft einer öffentlichen Straße besitzen. So liegt der Fall hier.

Die G. Straße ist faktisch jedenfalls seit dem Ende 19. Jahrhunderts vorhanden. Dies wird durch die zahlreichen von dem Beklagten vorgelegten Pläne und sonstigen Unterlagen (Beiakten Hefte 10 und 11) hinreichend belegt. So ist diese Straße nebst der sie begrenzenden Fluchtlinien, insbesondere zum "projectirten Südbahnhof" hin, bereits in dem Fluchtlinienplan aus dem Jahr 1887 - damals noch als so genannte Parallelstraße - zeichnerisch dargestellt. Sie ist später mit dem sodann bereits vorhandenem Eisenbahngelände sowohl in der Bild aus der Vogelschausicht von Jakob Schreiner von 1896 als auch in den Stadtplänen von 1897 und 1909 bildlich wiedergegeben. Gleiches gilt für Nachkriegsbauzeichnungen und den Durchführungsplan 6642 Na 1/04 aus dem Jahr 1961. Ausweislich des Verzeichnisses der erschließungsbeitragsfreien Straßen vom April 1964 ist die G. Straße, da nicht als Ausnahme ausdrücklich genannt, als "vorhandene Straße" erschließungsbeitragsfrei. Des Weiteren steht die G. Straße nach den unwidersprochenen Angaben des Beklagten seit über hundert Jahren im Eigentum der Stadt K. , die auch Träger der Straßenbaulast ist.

Es kann daher keinen vernünftigen Zweifeln unterliegen, dass die G. Straße aufgrund dieser tatsächlichen Situation einer der Allgemeinheit zur Verfügung stehenden Wegefläche nach allgemeinen Grundsätzen von der wegeunterhaltungspflichtigen Stadt K. konkludent schon seit langer Zeit dem öffentlichen Verkehr zur Verfügung gestellt worden ist und somit bereits vor Inkraftreten des Landesstraßengesetzes 1961 als gewidmet gilt.

Vgl. etwa OVG NRW, Urteile vom 11. Oktober 1991 - 23 A 2372/88 -, S. 8 ff. des Urteilsabdrucks, und vom 24. September 1996 - 23 A 210/94 -, S. 7 f. des Urteilsabdrucks.

Die drei Werbetafeln würden im Falle ihrer Montage an der Böschungsmauer zur G. Straße hin in die öffentliche Wegefläche hineinragen. Dies ergibt sich zunächst aufgrund des technischkonstruktiven Aufbaus der Werbeträger - auf Holzrosten (4 cm x 6 cm Kantholzrahmen) montierte Sperrholzplatten mit einer Stärke von 0,8 cm ggf. zuzüglich Außenrahmen - (vgl. die Angaben im Bauantrag vom 10. April 1992 und die dazugehörige Bauzeichnung, Bl. 12 ff. der Beiakte Heft 1 = Bl. 24 f. und 28 der Beiakte Heft 1 zu 7 A 7048/95 OVG NRW). Dass die Werbeträger auch tatsächlich in den Luftraum oberhalb der Straße hineinragen würden, ist mittlerweile zwischen den Beteiligten unstreitig. Nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung des Verwaltungsgerichts in dem Verfahren auf Erteilung einer Baugenehmigung für die drei gleichen Werbeträger (2 K 848/94 VG Köln) am 30. August 1995 hat sich nach Einsicht in eine Kopie des Durchführungsplanes 66437/04 mit dem örtlichen Stand der Vermessung vom 12. Dezember 1960 ergeben, dass Mauer und Straßenparzelle einen wechselseitigen Abschnitt bilden. Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ausdrücklich erklärt, dass er seinen Vortrag, die Werbeanlage(n) würde(n) nicht in öffentliches Straßenland hineinragen, nicht mehr aufrechterhalte (vgl. Bl. 39 der Gerichtsakte 2 K 848/94 VG Köln = 7 A 7048/95 OVG NRW).

In die öffentliche Wegefläche hineinragende Werbetafeln sind keine Nutzung im Rahmen des Gemeingebrauchs nach § 14 StrWG NRW, vielmehr Sondernutzung. Das Anbringen von Werbeträgern, die den Gemeingebrauch beeinträchtigen können, ist nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Gerichts vom Widmungszweck einer öffentlichen Straße nicht gedeckt. Zur öffentlichen Straße gehört nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 StrWG NRW auch der Luftraum über dem Straßenkörper. Dieser ist Teil des Verkehrsraumes, auf den sich der Gemeingebrauch erstreckt. Auf den Nachweis einer konkreten Gefährdung oder Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer im Einzelfall kommt es nicht an. Es reicht angesichts des Regelungszwecks des für Sondernutzungen geltenden präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt aus, wenn die Art der Nutzung abstrakt geeignet ist, die Ausübung des Gemeingebrauchs zu beeinflussen.

Vgl. nur das vorstehende Urteil vom 24. September 1996, S. 9 f. des Urteilsabdrucks m.w.N.

Eine Bagatellgrenze derart, dass Plakattafeln nur dann als potentielle Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs und damit als Sondernutzung zu beurteilen sind, wenn sie mehr als nur geringfügig in den öffentlichen Straßenraum hineinragen, ergibt sich weder aus dem nordrheinwestfälischen Straßenrecht noch aus dem Grundgesetz. Auch wenn solche Werbetafeln nur in geringem Maße in den öffentlichen Straßenraum ragen, verengen sie die zur Aufnahme des Verkehrs bestimmte Fläche und wirken sich daher zu Lasten des Gemeingebrauchs aus.

Vgl. zu § 8 FStrG: BVerwG, Beschlüsse vom 10. Mai 1996 - 11 B 29.96 -, Buchholz 407.4 § 8 FstrG Nr. 24, und - 11 B 31.96 -, VBlBW 1996, 372 f.

Dabei mag offen bleiben, ob in besonderen Ausnahmesituationen, wie beispielsweise bei einem Hineinragen in den Straßenraum um (nur) 5 mm

- vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. August 1987 - 11 A 520/87 -, S. 6 des Urteilsabdrucks -,

eine andere Sichtweise gerechtfertigt sein kann. Denn von einem solchen Ausnahmefall kann hier nicht die Rede sein. Die über 2,50 m hohen Werbetafeln würden nämlich angesichts ihrer weiter oben näher beschriebenen technischkonstruktiven Ausgestaltung deutlich mehr in den Luftraum oberhalb der Gehwegfläche der G. Straße hineinragen, und zwar jeweils auf einer Länge von ca. 3,70 m, wobei sie sich mit ihrer Unterkante in geringer Höhe über der Gehwegoberfläche befinden. Dieses Hineinragen in den öffentlichen Verkehrsraum ist deutlich messbar und überschreitet erheblich eine unter Umständen ausnahmsweise anzuerkennende Bagatellgrenze.

Vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 1985 - 11 A 2364/83 -, OVGE 38, 82 (89).

Die Werbeträger sind daher aufgrund ihrer Lage über dem Gehweg geeignet, den Verkehrsablauf auf dem Bürgersteig zu beeinträchtigen, ohne dass es dabei für die Frage einer abstrakten Möglichkeit der Beeinflussung des Verkehrsflusses darauf ankommt, wie breit der Gehweg ist und wie häufig er frequentiert wird.

Da die Werbeanlagen ebenfalls nicht zur Nutzung des Böschungsmauer erforderlich sind, ist die Anbringung der Werbetafeln abgesehen davon, dass nicht die Klägerin Eigentümerin oder Besitzerin der Mauer ist, auch nicht vom so genannten Straßenanliegergebrauch nach § 14a StrWG NRW gedeckt.

OVG NRW, Urteil vom 4. April 1990 - 23 A 1929/88 -, S. 9 f. des Urteilsabdrucks, und vom 19. Januar 1995 - 23 A 2742/93 -, S. 10 des Urteilsabdrucks (nachfolgend: BVerwG, Beschluss vom 15. November 1995 - 11 B 72.95 -).

Die Werbeanlagen stellen sich ebenso wenig als sonstige Benutzung im Sinne des § 23 StrWG NW dar. Hiernach richtet sich die Einräumung von Rechten zur Benutzung des Eigentums der Straße nach bürgerlichem Recht, wenn diese den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigt. Die von der Klägerin geplanten Werbetafeln würden hingegen - wie dargelegt - den Gemeingebrauch im Sinne dieser Vorschrift beeinträchtigen.

Eine Erlaubnisfreiheit für die beabsichtigte Sondernutzung ergibt sich schließlich nicht aus § 19 Satz 1 StrWG NRW in Verbindung mit den §§ 2 bis 4 der Satzung der Stadt K. über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen - Sondernutzungssatzung -, in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senates geltend in der Fassung vom 13. Februar 1998 (Kölner Stadtrecht, 3. Auflage, Loseblatt-Ausgabe, Stand: April 1999, III/B 72), weil die tatbestandlichen Voraussetzungen einer hiernach erlaubnisfreien Sondernutzung nicht gegeben sind.

Die nach alldem erforderliche Sondernutzungserlaubnis hat der Beklagte ermessensfehlerfrei abgelehnt. Dies hat das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die gemäß § 130 b Satz 2 VwGO Bezug genommen wird, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des beschließenden (vorm. 23.) Senats

- OVG NRW, Urteil vom 6. Juni 1990 - 23 A 2104/87 -, S. 11 ff. des Urteilsabdrucks -

dargelegt. Das vorstehend zitierte Urteil zu der Möglichkeit einer ermessensfehlerfreien Ablehnung einer Sondernutzungserlaubnis unter Berufung auf einen bestehenden Werbenutzungsvertrag zwischen einer Stadt und einem Drittunternehmen ist über seine verallgemeinerungsfähigen Aussagen hinaus speziell in einem Fall ergangen, der einen Rechtsstreit aus der Stadt K. zum Gegenstand hatte.

Vgl. zu einem anderen städtischen Werbenutzungsvertrag auch OVG NRW, Urteil vom 6. Juni 1990 - 23 A 2133/88 -, EStT NW 1991, 553 f.

Von dieser Rechtsprechung abzuweichen, sieht der Senat nach nochmaliger Überprüfung auch unter Berücksichtigung der Berufungsbegründung keinen Anlass. Dies gilt insbesondere zu den hierin aufgeworfenen Fragen, ob die Ausschließlichkeitsklausel in dem Werbenutzungsvertrag gegen die Schutzzwecke des Erlaubnisvorbehalts für straßenrechtliche Sondernutzungen verstoße und ob der Beklagte bei jedem Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis verpflichtet ist, erneut in eine Einzelfallprüfung einzutreten. Zu diesen Problemen hat der Senat bereits mit weiteren Nachweisen in den beiden zuletzt zitierten Grundsatzentscheidungen eingehend Stellung bezogen.

Die neuere Rechtsprechung und Literatur im Zusammenhang mit Fragen der Sondernutzung und Werbenutzungsverträgen kommt in Fällen der hier in Rede stehenden Art zu den gleichen Ergebnissen.

Vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12. Dezember 1996 - 8 S 1725/96 -, NVwZ 1998, 652 (653 f.); Wohlfahrt, Rechtsfragen der Stadtmöblierung, NVwZ 1997, 749 ff.; offen gelassen: BVerwG, Beschluss vom 6. August 1993 - 11 B 39.92 -, Buchholz 316 § 59 VwVfG Nr. 10.

Inwieweit mit Blick auf die Grundrechte auf Meinungsfreiheit und politische Werbung eine einschränkende Sichtweise geboten sein kann

- vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 24. August 1994 - 11 C 57.92 -, Buchholz 407.56 NStrG Nr. 3 (vorgehend: OVG Lüneburg, Urteil vom 23. April 1992 - 12 A 166/88 -, NVwz-RR 393 ff.) - ,

interessiert hier nicht, da es um rein wirtschaftlichen Zwecken dienende Werbeträger geht.

Weitere neue Gesichtspunkte, die im konkreten Einzelfall eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Zwar ist mittlerweile an die Stelle des Werbenutzungsvertrages vom 5. Mai/24. Mai 1982 derjenige vom 30. Juni 1994/9. Januar 1995 getreten. In der Sache ergeben sich hieraus jedoch keine Unterschiede. Der Regelungsgegenstand ist - soweit hier von Bedeutung - gleich geblieben und unterliegt in dieser Hinsicht keinen rechtlichen Bedenken. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der ausschließlichen Übertragung des Rechts, alle im Stadtgebiet gelegenen öffentlichen ober- und unterirdischen Verkehrsflächen zum Bau und Betrieb von Werbeeinrichtungen zu benutzen (jeweils § 1 Abs. 1), und der Verpflichtung des Werbeunternehmens, die kommunalpolitischen Interessen der Stadt zu wahren und insbesondere die straßen- und ordnungsrechtlichen Belange zu berücksichtigen (jeweils § 3 Abs. 1).

Der Einwand der Klägerin, der Werbenutzungsvertrag erfasse nur Werbeanlagen auf öffentlichem Grund, nicht aber das bloße Hineinragen in den Luftraum über dem Straßenland von Privateigentum aus, geht fehl. Nach dem ausdrücklichen Regelungsgegenstand des Vertrages in seinem § 1 Abs. 1 ist der Vertragspartner der Stadt berechtigt, "alle im Stadtgebiet gelegenen öffentlichen ober- und unterirdischen Verkehrsflächen zum Bau- und Betrieb von Werbeanlagen zu benutzen". Zu den öffentlichen Verkehrsflächen gehört nach § 2 Nr. 2 StrWG NRW aber der Luftraum über dem Straßenkörper. Zu dem Straßenkörper ist - wie im vorliegenden Fall - gemäß Nr. 1 b) der vorgenannten Bestimmung unter anderem auch der Gehweg zu rechnen. Eine Benutzung des Luftraumes über einer öffentlichen Wegefläche ist unter den weiter oben dargelegten und hier erfüllten Voraussetzungen eine Sondernutzung und also selbstverständlich auch die "Benutzung einer öffentlichen oberirdischen Verkehrsfläche" selbst, und zwar unabhängig davon, ob sie von einem privaten oder einem öffentlichen Grundstück aus erfolgt. Eine andere Beurteilung würde bei einer sinnvollen und lebensnahen Betrachtungsweise keinen Sinn ergeben. Denn es ist dem Senat aus einer Vielzahl anderer Fälle und aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung bekannt, dass gerade Unternehmen wie die Klägerin zum Anbringen ihrer großflächigen Werbeträger aus Kostengründen vorwiegend im Privateigentum stehende Befestigungsflächen anmieten und dass die Werbestandorte - um den mit der Werbung beabsichtigten Zweck zu erzielen - direkt an öffentliche Verkehrsflächen grenzen oder jedenfalls in unmittelbarer Nähe hierzu liegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, außergerichtliche Kosten der Beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu erklären, da diese keinen Antrag gestellt und sich damit keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 Satz 1, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen der §§ 130a Satz 2, 125 Abs. 2 Satz 4, 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus den §§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.