Der Antrag wird als unzulässig verworfen.
Der Antragsteller und die Antragstellerin tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Antragsteller wenden sich mit ihrem Normenkontrollantrag
gegen den Bebauungsplan Nr. 145 "Gewerbegebiet " der Stadt
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Anwesens
Weg 207 in . Das Anwesen besteht aus den
Gebäuden einer landwirtschaftlichen Hofstelle. Es liegt östlich
der Bundesautobahn A 31.
Voreigentümerin des Anwesens der Antragstellerin war die
Bundesrepublik Deutschland (Bundesstraßenverwaltung). Sie hatte
Grundstücke aus dem Eigentum der Familie der Antragsteller für
den Bau der Bundesautobahn A 31 erworben. Von ihr hatte der
Antragsteller Teilflächen, unter anderem das Flurstück mit dem
Anwesen , im Jahre 1988 gepachtet.
Der Antragsteller ist der Sohn der Antragstellerin. Er
betrieb auf den gepachteten Flächen, namentlich in den
Betriebsgebäuden des Anwesens , einen
Kartoffelschälbetrieb. Daneben befasste er sich mit der
Vermietung von Landmaschinen. Die Antragsgegnerin stellte
ferner bei wiederholten Ortsbesichtigungen einen größeren
Bestand von Baumaschinen auf dem Grundstück fest. Seinen
Betrieb Kartoffelverarbeitung (Schälen, Sortieren, Verpacken)
stellte der Antragsteller im Jahre 1992 ein. Er ist ferner
Eigentümer einer landwirtschaftlichen Hofstelle in Dülmen. Zu
ihr gehören etwa 45 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche. Die
Hofstelle ist mit den zugehörigen Flächen verpachtet.
Der Antragsteller stellte im Juni 1991 bei dem Stadtdirektor
der Antragsgegnerin eine Bauvoranfrage. Gegenstand der
Bauvoranfrage war der Neubau einer Halle für eine
Kartoffelsortieranlage und die Lagerung von Kartoffeln. Der
Stadtdirektor der Antragsgegnerin lehnte die Bauvoranfrage
durch Bescheid vom 11. März 1993 im Wesentlichen mit der
Begründung ab: Das Vorhaben diene keinem landwirtschaftlichen
Betrieb. Die Erzeugung und Verarbeitung eigener
landwirtschaftlicher Produkte habe nur eine untergeordnete
Bedeutung. Der Hauptertrag werde mit der Verarbeitung
zugekaufter Ware erzielt.
Mit seinem Widerspruch machte der Antragsteller im Kern
geltend, er verarbeite in seinem Betrieb überwiegend selbst
erzeugte Kartoffeln. Er legte im September 1991 und Februar
1992 geschlossene Pachtverträge über landwirtschaftliche
Flächen in einem Umfang von rund 14 ha. vor.
Der Oberkreisdirektor des Kreises wies den
Widerspruch durch Bescheid vom 30. September 1996 zurück.
Der Antragsteller erhob daraufhin Klage mit dem Antrag, den
Stadtdirektor der Antragsgegnerin zu verpflichten, unter
Aufhebung seiner Entscheidung vom 11. März 1993 die
Bauvoranfrage zum Neubau einer Halle für eine
Kartoffelsortieranlage, den Neubau einer Maschinen- und
Lagerhalle sowie die Erweiterung des Hofraumes positiv zu
bescheiden. Das Verwaltungsgericht hat über diese Klage bislang
nicht entschieden (Verfahren 10 K 7171/96
- VG Gelsenkirchen -).
Bereits im März 1992 hatte der Antragsteller eine weitere
Bauvoranfrage bei dem Stadtdirektor der Antragsgegnerin
gestellt. Ihr Gegenstand war die Errichtung eines Stallgebäudes
für 300 Mastschweine. Das Vorhaben sollte innerhalb der
Anbauverbotszone der Bundesautobahn A 31 errichtet werden. Das
Landesstraßenbauamt versagte die erforderliche
Ausnahmegenehmigung. Der Stadtdirektor der Antragsgegnerin
hörte den Antragsteller zu einer beabsichtigten Ablehnung der
Bauvoranfrage an. Der Antragsteller teilte daraufhin mit, er
ändere sein Vorhaben. Der Schweinestall solle in die geplante
Mehrzweckhalle integriert werden.
Nach einem Aktenvermerk über einen Ortstermin vom 6. Februar
1995 mit Vertretern verschiedener Behörden sollte der
Antragsteller ein neues Betriebskonzept vorlegen. Mit ihm
sollte der Antragsteller endgültig klarstellen, welche Nutzung
des Grundstücks tatsächlich beabsichtigt sei (Bündelung aller
Zielvorstellungen unter Einbeziehung der bereits vorhandenen
Altgebäude).
Im Oktober 1995 stellte der Antragsteller eine Bauvoranfrage
für die Errichtung einer Kartoffellagerhalle mit Maschinenraum
sowie für die Errichtung einer Stahlhalle zum Aufbau einer
Kartoffelsortieranlage. Óber diese Bauvoranfrage ist bislang
nicht entschieden.
Der Planungs- und Bauausschuss des Rates der Antragsgegnerin
beschloss in seiner Sitzung vom 14. November 1995, einen
Bebauungsplan Nr. 145 "Gewerbegebiet " aufzustellen. Das
Plangebiet liegt unmittelbar westlich der Bundesautobahn A 31
und nordwestlich des Anwesens der Antragsteller. Die südliche
Plangrenze liegt rund 180 m von den nächstgelegenen vorhandenen
Gebäuden des Anwesens entfernt.
Nach einer frühzeitigen Beteiligung der Bürger und der
Träger öffentlicher Belange beschloss der Planungs- und
Bauausschuss des Rates der Antragsgegnerin in seiner Sitzung
vom 24. Juni 1997 den Bebauungsplan als Entwurf und dessen
öffentliche Auslegung.
Der Entwurf des Bebauungsplans lag in der Zeit vom
3. November bis zum 3. Dezember 1997 öffentlich aus. Die
Antragsgegnerin beteiligte erneut die Träger öffentlicher
Belange.
Der Antragsteller machte Anregungen und Bedenken geltend: Er
habe einen Bauantrag gestellt, mit dem Ziel, einen
Mastschweinestall mit ca. 500 Plätzen zu errichten. Der
Standort des Schweinstalls liege ca. 100 m von der geplanten
Bebauung im Gewerbegebiet entfernt. Von dem Mastschweinestall
würden erhebliche Emissionen ausgehen. Die Wohnbebauung
innerhalb des Gewerbegebietes sollte einen Abstand von
ca. 250 m zum Standort des Mastschweinestalls einhalten.
Der Rat der Antragsgegnerin befasste sich in seiner Sitzung
vom 24. Februar 1998 mit den eingegangenen Anregungen und
Bedenken. Er wies die Anregungen und Bedenken des
Antragstellers zurück: Dass der Antragsteller einen
landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieb bewirtschafte, werde
bestritten. Es bestünden Anhaltspunkte, dass der Antragsteller
ein Gewerbe zum An- und Verkauf von Baufahrzeugen oder deren
Vermietung betreibe. Der äußere Eindruck des Hofes weise mehr
auf einen Baumaschinen- und Schrotthandel hin als auf einen
landwirtschaftlichen Betrieb. Bei einem der letzten
Behördentermine seien keine Tiere auf dem Hof gewesen. Die
Betriebsbeschreibung zu der gestellten Bauvoranfrage sehe für
die Zukunft keine Tierhaltung vor. Die bloße Idee eines
Landwirts, in naher Zukunft einen Mastschweinestall zu
errichten, reiche für Einschränkungen von
Bebauungsmöglichkeiten nicht aus.
Ebenfalls in seiner Sitzung vom 24. Februar 1998 beschloss
der Rat der Antragsgegnerin den Bebauungsplan Nr. 145
"Gewerbegebiet " als Satzung.
Der Bebauungsplan setzt als Art der baulichen Nutzung
Gewerbegebiete fest. Durch textliche Festsetzungen sind die
Gewerbegebiete entsprechend den Abstandklassen des
Abstandserlasses gegliedert. Die textlichen Festsetzungen
treffen ferner Regelungen über den Ausschluss von Betrieben des
Beherbergungsgewerbes, des Einzelhandels, von Geschäfts-, Büro-
und Verwaltungsgebäuden sowie von Anlagen für sportliche
Zwecke. Der südliche Bereich des Plangebiets ist als Fläche für
die Abwasserbeseitigung festgesetzt.
Die Antragsgegnerin machte den Satzungsbeschluss zum
Bebauungsplan Nr. 145 "Gewerbegebiet " in ihrem Amtsblatt
vom 21. August 1998 ortsüblich bekannt.
Die Antragsteller haben am 21. September 1998 ihren
Normenkontrollantrag eingereicht. Sie machen geltend: Der
Bebauungsplan lasse neben der gewerblichen Nutzung in großem
Umfang Wohnnutzung und Wohnbebauung zu, und zwar in Bereichen
des Plangebiets, die näher als 250 m von ihrem Grundstück
entfernt lägen. Diese Festsetzung verletzte das Abwägungsgebot.
Die Antragsgegnerin habe sich im Aufstellungsverfahren
ausschließlich mit einem südwestlich gelegenen
landwirtschaftlichen Anwesen auseinander gesetzt. Sie habe
hingegen ihr - der Antragsteller - landwirtschaftliches Anwesen
vorsätzlich ignoriert, obwohl ihr bekannt gewesen sei, dass es
sich hier um einen Hof im Sinne der Höfeordnung handele, der
Hof auch landwirtschaftlich betrieben werde. Die gestellten
Bauvoranfragen behandele die Antragsgegnerin dilatorisch.
Sobald die geplanten Gebäude, nämlich die Maschinenhalle und
der Schweinestall, genehmigt seien, werde von Mais- und
Weizenanbau umgestellt werden auf Kartoffelanbau. Die
landwirtschaftliche Nutzung in Form eines Maststalles sei keine
bloße Idee, sondern reale Zukunft.
Die Antragsteller beantragen,
den Bebauungsplan Nr. 145
Gewerbegebiet der Stadt
insoweit für nichtig zu erklären, als
er eine Bebauung mit Wohneinheiten und
eine Wohnnutzung in einem geringeren
Abstand als 250 m vom
landwirtschaftlich genutzten Anwesen,
das der Antragstellerin zu 1. gehört
und das von dem Antragsteller zu 2.
bewirtschaftet wird, zulässt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie trägt vor: Die erst bei der öffentlichen Auslegung
angekündigte Umstellung des Betriebs auf Schweinemast mit etwa
500 Schweinen sowie die daraus resultierende
Emissionsproblematik seien nicht abwägungserheblich gewesen.
Zwar seien der Bestand und die Entwicklungsmöglichkeiten eines
landwirtschaftlichen Betriebs abwägungsbeachtlich.
Abwägungsbeachtlich sei jedoch nicht bereits das Interesse,
sich alle Entwicklungsmöglichkeiten offen zu lassen. Die
Entwicklung des landwirtschaftlichen Betriebes müsse entweder
bereits konkret beabsichtigt oder bei realistischer Betrachtung
der Entwicklungsmöglichkeiten nahe liegen. Ungeachtet der
Frage, ob es sich bei dem Betrieb der Antragsteller überhaupt
um einen landwirtschaftlichen Betrieb handele, sei jedenfalls
die Entwicklung des Betriebes hin zu einem Schweinemastbetrieb
nicht konkret ins Auge gefasst gewesen. Zwar habe der
Antragsteller die Absicht geäußert, den an seinem ursprünglich
vorgesehenen Standort nicht genehmigungsfähigen
Schweinemaststall in die geplante Maschinen- und
Kartoffellagerhalle zu integrieren. Dieses Vorhaben habe in die
bereits beschiedene Bauvoranfrage für die geplante Maschinen-
und Kartoffellagerhalle nicht mehr einbezogen werden können.
Eine selbstständige Bauvoranfrage für eine Mehrzweckhalle mit
integriertem Schweinestall habe der Antragsteller nie gestellt.
Prüffähige Bauvorlagen für ein solches Vorhaben habe er nicht
eingereicht. Nach dem Ortstermin vom 6. Februar 1995 habe der
Antragsteller eine neue Gesamtbetriebskonzeption unter
Bündelung aller seiner Zielvorstellungen und unter Einbeziehung
der vorhandenen Altgebäude erstellen sollen. Sie - die
Antragsgegnerin - habe seit dem Eingang der Bauvoranfrage vom
6. Oktober 1995 davon ausgehen können, dass die Errichtung
eines Schweinemaststalles nicht mehr geplant gewesen sei.
Der Berichterstatter hat die Örtlichkeit in Augenschein
genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands
wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der
Aufstellungsvorgänge zu dem streitigen Bebauungsplan (3 Ordner)
sowie auf die Verwaltungsvorgänge betreffend die Bauvoranfragen
des Antragstellers (3 Hefte).
Der Normenkontrollantrag ist unzulässig. Die Antragsteller
sind nicht antragsbefugt. Sie können nicht geltend machen,
durch den angegriffenen Bebauungsplan oder dessen Anwendung in
ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt
zu werden (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
Die Antragsteller können durch den Bebauungsplan und dessen
Festsetzungen nicht in ihrem Grundrecht auf Eigentum verletzt
sein. Sie sind weder Eigentümer von Grundstücken im Plangebiet
noch haben sie ein Nutzungsrecht an solchen Grundstücken. Der
Bebauungsplan bestimmt mit seinen Festsetzungen nicht Inhalt
und Schranken ihres Eigentums.
Zur Antragsbefugnis in einem solchen
Fall vgl. Bundesverwaltungsgericht,
Urteil vom 10. März 1998 – 4 CN 6.97 –
BRS 60 Nr. 44
Als verletztes Recht kommt für die Antragsteller nur das Recht
auf Abwägung der eigenen Belange aus § 1 Abs. 6 BauGB in
Betracht. Das Gebot der Abwägung gibt dem Privaten ein
subjektives Recht darauf, dass seine Belange in der Abwägung
ihrem Gewicht entsprechend abgearbeitet werden,
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom
24. September 1998 - 4 CN 2.98 -
BVerwGE 107, 215 = BRS 60 Nr. 46.
Eine Verletzung des drittschützenden Abwägungsgebots ist im
Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO geltend gemacht, wenn der
Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die
es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass seine privaten
abwägungsrelevanten Belange fehlerhaft abgewogen worden
sind.
Was die Antragsteller als private Belange angeführt haben,
hatte die Antragsgegnerin nach Lage der Dinge bei ihrer
Abwägung nicht zu berücksichtigen. Hiervon ist die
Antragsgegnerin bei ihrer Abwägung mit Recht ausgegangen. Sie
hat die Belange, welche die Antragsteller mit ihren Anregungen
und Bedenken vorgebracht hatten, zutreffend als für ihre
Abwägung unerheblich bewertet.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin von Grundstücken in der
Nähe des Plangebiets. Zu ihren privaten Belangen gehört
grundsätzlich das Interesse, in der Nutzung ihres Grundstücks
nicht durch heranrückendes Gewerbe gestört zu werden. Der
Antragsteller ist Inhaber eines Betriebes auf diesen
Grundstücken. Zu seinen privaten Belangen gehört grundsätzlich
ebenfalls das Interesse, seinen Betrieb nicht durch Pflichten
zur Rücksichtnahme eingeschränkt zu sehen, die er den
zulässigen Nutzungen in einem heranrückenden Gewerbegebiet
schuldet.
Zwar ist der Antragsteller nicht Eigentümer der Grundstücke,
auf denen er sein Unternehmen betreibt. Abwägungsrelevant ist
aber nicht nur ein subjektiv-öffentliches Recht, das durch die
Planung berührt wird. Abwägungserheblich kann vielmehr jedes
mehr als geringfügige private Interesse sein, soweit es
schutzwürdig ist. Beruht eine bestimmte Grundstücksnutzung nur
auf einem schuldrechtlichen Nutzungsverhältnis, führt dies
nicht aus sich selbst heraus dazu, dass die damit
zusammenhängenden Interessen bei der planerischen Abwägung
unberücksichtigt zu bleiben hätten,
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom
5. November 1999 - 4 CN 3.99 -
Diese Interessen brauchte die Antragsgegnerin hier aber in ihre
Abwägung nicht einzustellen. Soweit sie schutzwürdig und
deshalb abwägungsrelevant waren, konnten die berechtigten
Interessen der Antragsteller nicht durch heranrückendes Gewerbe
gefährdet werden. Die Möglichkeit einer Verletzung des
Abwägungsgebot scheidet mit Blick auf diese berechtigten
Interessen von vornherein aus.
Schutzwürdig ist die bauliche oder sonstige Nutzung eines
Grundstücks zum einen in ihrem aktuellen Bestand. Darum ging es
den Antragstellern nicht. Sie stellen nicht in Frage, dass die
im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses ausgeübte
Grundstücksnutzung und der zu diesem Zeitpunkt vorhandene
Bestand des Betriebs durch eine heranrückende gewerbliche
Nutzung von vornherein nicht beeinträchtigt werden konnten.
Als privates Interesse - der Grundstückseigentümerin
einerseits, des Betriebsinhabers andererseits - wollten sie in
der Abwägung vielmehr die Möglichkeit berücksichtigt wissen,
auf dem Grundstück einen Schweinemaststall zu errichten und
dort künftig Schweine zu halten. Allenfalls diese angedachte
Nutzung könnte - auch aus ihrer Sicht - durch heranrückende
gewerbliche Nutzung und die Rücksichtnahme auf sie
Beschränkungen unterliegen.
In der Abwägung ist allerdings als privater Belang nicht nur
das Interesse eines Grundstückseigentümers oder eines
Betriebsinhabers daran zu berücksichtigen, den vorhandenen
Betrieb mit den errichteten Anlagen weiter auszunutzen. Als
privater Belang ist in die Abwägung vielmehr auch das Bedürfnis
nach einer künftigen Ausweitung des Betriebs einzustellen.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom
5. November 1999 - 4 CN 3.99 -
Durch diese Notwendigkeit, auch künftige Entwicklungen zu
berücksichtigen, unterscheidet sich das Gebot der Abwägung nach
§ 1 Abs. 6 BauGB von dem Gebot des § 34 Abs. 1 BauGB, sich in
die Eigenart der näheren Umgebung einzufügen, und dem darin
enthaltenen Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme. Ist über die
Erteilung einer Baugenehmigung und in diesem Zusammenhang über
die Frage zu entscheiden, ob die heranrückende Bebauung sich
mit Blick auf einen bereits vorhandenen Gewerbebetrieb
rücksichtsvoll in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt
(§ 34 Abs. 1 BauGB) oder ob sie sich solchen Belästigungen oder
Störungen aussetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im
Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, ist
nur der vorhandene bauliche Bestand und dessen Nutzung in den
Blick zu nehmen. Bei einer Beurteilung nach § 34 Abs. 1 BauGB
hat die heranrückende Bebauung Rücksicht auf einen vorhandenen
emittierenden Betrieb grundsätzlich nur nach Maßgabe des
verwirklichten Bestandes zu nehmen. Grundsätzlich löst nur die
tatsächlich ausgeübte Nutzung eine Pflicht zur Rücksichtnahme
aus. Die jeder ausgeübten Nutzung ihrer Art nach eigene
Variationsbreite darf zwar nicht außer Acht gelassen werden.
Sie bestimmt mit, welche prägende Wirkung von der vorhandenen
Bebauung und ihrer Nutzung auf ihre Umgebung ausgeht. Sie
beeinflusst damit die Antwort auf die Frage, welchen
Beeinträchtigungen sich der zur Rücksichtnahme Verpflichtete
als Folge der prägenden Wirkung der in der Umgebung vorhandenen
Bebauung aussetzt und ob er sich damit in den Rahmen des
Vorhandenen einfügt. Wie weit das Spektrum der potentiellen
Nutzungsvarianten reicht, richtet sich dabei freilich nicht
danach, welche Nutzungsweise dem Betriebsinhaber nach Lage der
Dinge zweckmäßig erscheint. Abzustellen ist vielmehr darauf,
welche Nutzung bauaufsichtlich genehmigt ist. Das Gebot der
Rücksichtnahme fordert einen Interessenausgleich. Dabei sind
Vorbelastungen in Ansatz zu bringen, die der zur Rücksichtnahme
Verpflichtete hinzunehmen hat. Hierfür sind jedoch nur die
Beeinträchtigungen zu berücksichtigen, die eine legale Nutzung
mit sich bringt. Keiner Pflicht zur Rücksichtnahme unterliegen
dagegen Nutzungen, die noch nicht ausgeübt werden und ohne
baurechtliche Genehmigung auch nicht ausgeübt werden dürften.
Sie gehen über das hinaus, was durch die vorhandene
Baugenehmigung gedeckt wird. Der Inhaber des emittierenden
Betriebs kann die Variationsmöglichkeiten voll ausschöpfen,
welche die ihm erteilte Baugenehmigung eröffnet. Grenzen sind
ihm insoweit gesetzt, als er auf den genehmigten Baubestand
beschränkt und an den genehmigten Nutzungszweck gebunden
ist.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom
14. Januar 1993 - 4 C 19.90 - BRS 55
Nr. 175.
Hingegen kann nicht die bloße Möglichkeit künftiger
Betriebserweiterungen oder -umstellungen für die Anwendung des
§ 34 Abs. 1 BauGB bereits vollzogenen Änderungen gleichgestellt
werden. Anderenfalls wäre die Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB
mit Unsicherheiten belastet, die der Gesetzgeber gerade hat
ausschließen wollen, indem er im Tatbestand der Norm an das
tatsächlich Vorhandene anknüpft. Die Baugenehmigungsbehörde
müsste der Frage nachgehen, ob die geäußerte Absicht, den
Betrieb künftig zu erweitern oder umzustellen, ernsthaft
gemeint und konkret umsetzbar ist. Sie käme nicht umhin zu
prüfen, in welchem Umfange dem Interesse Rechnung zu tragen
ist, einen vorhandenen Betrieb künftig zu erweitern oder
umzustellen. Sie hätte sich unter anderem darüber schlüssig zu
werden, ob eine angekündigte Erweiterung oder Umstellung
berücksichtigungsfähig schon dann ist, wenn sie
betriebswirtschaftlich sinnvoll erscheint, oder Beachtung erst
dann verdient, wenn sie geboten ist, etwa um die
Konkurrenzfähigkeit des Betriebs zu erhalten. Óberlegungen
dieser Art sprengen den Beurteilungsrahmen des § 34 Abs. 1
BauGB. Es handelt sich um Erwägungen mit typisch planerischem
Einschlag.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom
14. Januar 1993 - 4 C 19.90 - BRS 55
Nr. 175.
Die Bauleitpläne haben hingegen nicht nur nach § 1 Abs. 5
Satz 2 Nr. 2 BauGB die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung zu
berücksichtigen, sondern nach § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 8 BauGB die
Bedürfnisse der Wirtschaft sowie nach § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 6
auch die Belange der Landwirtschaft zu beachten. Zu ihnen
zählen die Erweiterung der Kapazität oder die Modernisierung
der Anlage, die im Rahmen einer normalen Betriebsentwicklung
liegen und oft zur Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit notwendig
sind,
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom
16. April 1971 - IV C 66.67 - BRS 24
Nr. 166.
Die gebotene Abwägung braucht nicht auf die Wahrung des
baulichen Bestandes ausgerichtet zu sein, der in einem
bestimmten Gebiet vorhanden ist. Die Gemeinde hat es vielmehr
ebenso in der Hand, Gewerbebetrieben und landwirtschaftlichen
Betrieben gegenüber anderen heranrückenden
immissionsempfindlichen Nutzungen die Möglichkeit einer
Erweiterung oder Umstellung offen zu halten, die mit erhöhten
Emissionen verbunden sind.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom
14. Januar 1993 - 4 C 19.90 - BRS 55
Nr. 175; enger wohl VGH Baden-
Württemberg, Urteil vom 26. Mai 1994
- 5 S 2193/93 - RdL 1996, 24, 26:
berücksichtigungsfähig sollen nur
Erweiterungsabsichten eines
emittierenden Betriebes innerhalb des
vorhandenen baulichen Bestandes
sein.
Von diesem Ansatz ist im Óbrigen auch die Antragsgegnerin
ausgegangen. Sie hat in ihre Abwägung die Interessen eines
Landwirts einbezogen, der südwestlich des geplanten
Gewerbegebiets eine Schweinemast betrieb. Sie hat sich abwägend
mit einer möglichen Ausweitung der Mastplätze und befürchteten
Einschränkungen des Betriebs wegen heranrückender
geruchsempfindlicher Nutzungen befasst. Im Falle der
Antragsteller hat sie hingegen zu solchen Erwägungen keinen
Anlass gesehen, weil deren Vorstellung, einen Schweinestall zu
errichten, nicht abwägungsbeachtlich war.
Nicht jeder Wunsch eines Betriebsinhabers nach einer
künftigen Ausweitung oder Umstellung seines Betriebs ist in der
Abwägung zu berücksichtigen.
Allerdings muss angesichts der besonderen Strukturprobleme
der Landwirtschaft eine solche Ausweitung weder "maßvoll" noch
geboten oder veranlasst erscheinen, die Konkurrenzfähigkeit des
Betriebes zu erhalten. Ein Zusammenhang im letzteren Sinne mag
zwar oft bestehen, er ist aber nicht zu fordern. Ebenso wenig
muss sich das geltend gemachte Erweiterungsinteresse auf eine
nahe Zukunft beziehen oder die Erweiterung konkret ins Auge
gefasst sein. Sie muss nur betriebswirtschaftlich sinnvoll und
auch sonst realistisch sein. Nur so ist eine
Betriebsentwicklung als „normal" und deshalb
abwägungserheblich einzugrenzen,
OVG NRW, Beschluss vom 30. Juli 1992
- 11a B 885/92.NE - NWVBl 1993, 29.
Nicht berücksichtigungsfähig ist hingegen eine zukünftige, aber
noch unklare wesentliche Erweiterung eines Betriebs. Derartige
Absichten muss die Gemeinde vernünftigerweise nicht in ihre
Planungen einstellen. Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die
bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde
vorzubereiten und zu leiten. Die Bauleitplanung könnte dieser
Aufgabe nicht gerecht werden, wenn es möglich wäre, sie durch
unverbindliche Absichtserklärungen der Bürger zu beeinflussen
oder gar zu blockieren,
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss
vom 10. November 1998 – 4 BN 44.98 –
BRS 60 Nr. 3.
Mit derartigen unklaren Erweiterungs- und Entwicklungsabsichten
war die Antragsgegnerin hier konfrontiert. Die Antragsteller
wollten sich letztlich jede Möglichkeit offen halten, ihr
Grundstück zu nutzten. Dabei verfolgten sie auch die Idee,
künftig möglicherweise eine Schweinemast aufzunehmen. Der
Antragsgegnerin war aber in diese Richtung keine klare Absicht
der Antragsteller erkennbar, die sie vernünftigerweise in ihre
Abwägung hätte einbeziehen können.
Der Antragsgegnerin war bereits nicht erkennbar, dass es
überhaupt um die Erweiterung eines vorhandenen Betriebes und
dessen Umstrukturierung ging. Der Antragsteller war bei
Satzungsbeschluss nicht Inhaber eines landwirtschaftlichen
Betriebes, dessen Erweiterung und Ergänzung um einen
Schweinemaststall im Rahmen einer normalen Betriebsentwicklung
lag. Seinen Betrieb Veredelung von Kartoffeln (Schälen,
Sortieren, Verpacken) hatte der Antragsteller weit vor dem
Satzungsbeschluss, nämlich im Jahre 1992, eingestellt. Bei
diesem Betrieb hatte es sich offensichtlich bis zu seiner
Einstellung nicht um einen landwirtschaftlichen Betrieb
gehandelt, sondern um einen Gewerbebetrieb. Dem Antragsteller
war der Nachweis nicht gelungen, dass er im Wesentlichen von
ihm selbst angebaute Kartoffeln weiter verarbeitet hat. Die
Weiterverarbeitung von im Wesentlichen zugekauften Kartoffeln
stellt keine Landwirtschaft dar. Der Antragsteller hat in dem
seinerzeit (1991) anhängigen Verfahren betreffend die Erteilung
einer Bauvoranfrage Pachtverträge über landwirtschaftliche
Flächen vorgelegt, auf denen er Kartoffeln anbauen wollte. Die
Verträge hatte er jedoch erst seinerzeit, nämlich im
Herbst 1991 und im Winter 1992, abgeschlossen, und damit im
unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Aufgabe seines
Betriebs. Erst jetzt will der Antragsteller offenbar die ihm
gehörenden, bisher verpachteten Flächen in Dülmen wieder selbst
bewirtschaften.
In der Folgezeit ist auf dem Grundstück der Antragsteller
bei verschiedenen Ortsterminen von Behörden weder eine
Tierhaltung noch sonst ein Anhaltspunkt für eine
landwirtschaftliche Tätigkeit festgestellt worden. Vielmehr
waren bei diesen Ortsbesichtigungen - ebenso wie dies im
Óbrigen im gerichtlichen Ortstermin der Fall war - auf dem
Grundstück eine große Anzahl Landmaschinen und insbesondere
Baumaschinen abgestellt. Der Antragsteller hat selbst
eingeräumt, dass er - nach seinen Angaben allerdings nur im
Nebenerwerb - die Vermietung von Landmaschinen betreibe.
Die von ihm mit der Bauvoranfrage verfolgte Absicht, einen
Betrieb zu errichten, der Kartoffeln anbaut, in dem Kartoffeln
geschält, sortiert, verpackt und auf diese Weise vermarktet
werden, stellt sich jedenfalls als Neuerrichtung eines bisher
nicht (mehr) vorhandenen Betriebs dar. Ein landwirtschaftlicher
Betrieb dieses Zuschnitts würde neu errichtet.
Davon abgesehen war der Antragsgegnerin jedenfalls nicht in
einer berücksichtigungsfähigen Weise erkennbar, dass dieser
noch nicht vorhandene Betrieb im Falle seiner Verwirklichung um
eine Schweinemast ergänzt werden sollte. Eine erste Bauvorfrage
für einen Schweinestall hatte der Antragsteller nicht
weiterverfolgt, weil der Stall an dem vorgesehenen Standort in
der Anbauverbotszone der Bundesautobahn nicht genehmigungsfähig
war. Er wollte stattdessen die damals schon geplanten Hallen
für die Kartoffelschäl- und Sortieranlage sowie die Lagerung
von Kartoffeln um einen Stallteil erweitern. Bauvorlagen hierzu
hat er nicht vorgelegt. Vielmehr wurden die Absichten des
Antragstellers in einem gemeinsamen Ortstermin mit den
beteiligten Behörden im Februar 1995 erörtert. Dieser
Ortstermin schloss mit der Aufforderung an den Antragsteller,
ein Gesamtkonzept für die Nutzung des Grundstücks
einschließlich der vorhandenen Gebäude vorzulegen. Daraufhin
hat der Antragsteller seine Bauvoranfrage vom Oktober 1995
gestellt. Sie wiederholt aber nur die noch anhängige
Bauvoranfrage zur Errichtung einer Mehrzweckhalle (Lagerung von
Kartoffeln, Aufstellung einer Kortoffelschäl- und
Sortieranlage). Der immissionsträchtige Schweinestall ist nicht
Gegenstand dieser Bauvoranfrage, in welcher der Antragsteller
seine Nutzungsabsichten nach dem Ortstermin im Februar 1995
gebündelt zusammengefasst hat. Diese Bauvoranfrage sieht einen
Schweinestall weder als selbstständiges Gebäude noch in die
Mehrzweckhalle integriert vor. Nach den vorausgehenden
Besprechungen durfte die Antragsgegnerin diese Bauvoranfrage
dahin verstehen, dass der angedachte Schweinestall nicht mehr
verwirklicht werden sollte. Von einem Schweinestall mit
500 Mastplätzen, den der Antragsteller in seinen Anregungen und
Bedenken erwähnt, war bis dahin überdies nie die Rede. Eine
Bauvoranfrage oder eine Baugenehmigung für ein solches Vorhaben
ist bisher nicht gestellt worden.
Die bloße Idee des Antragstellers, möglicherweise noch eine
Schweinemast aufzunehmen, knüpfte mithin nicht an einen
vorhandenen schutzwürdigen Bestand an, um dessen Erweiterung
oder Umstellung es ging. Ihre Realisierung war für die
Antragsgegnerin jedenfalls zu vage, als dass die
Antragsgegnerin sie vernünftigerweise in ihre Planung hätte
einstellen müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1
VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über ihre vorläufige
Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2, § 708 Nr. 10, § 711, § 713
ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen
des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.