LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.01.2011 - L 11 KA 106/10 B ER und L 11 KA 119/10 B ER
Fundstelle
openJur 2011, 77692
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. S 16 KA 205/10 ER
Tenor

Die Beschwerden die Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 18.09.2010 werden zurückgewiesen. Antragsteller und Antragsgegnerin tragen die Verfahrenskosten einschließlich der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen je zur Hälfte.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Teilnahme an der "Vereinbarung nach § 73a SGB V zur Optimierung der Versorgung von Typ 1- und Typ 2-Diabetikern im Rahmen strukturierter Behandlungsprogramme nach § 137 f SGB V" (im Folgenden: DSP-Vereinbarung).

Der 1968 geborene Beigeladene ist Facharzt für Allgemeinmedizin. Er verfügt seit dem 23.04.2001 über die ärztliche Qualifikation Diabetologe der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG). Er erfüllt ferner die Anforderungen an das Fortbildungszertifikat "Spezielle Diabetologie" (Bescheinigung der Ärztekammer Westfalen-Lippe vom 28.03.2002) und ist seit dem 19.11.2005 berechtigt, die Zusatzweiterbildung "Diabetologie" zu führen. Zusammen mit Dr. K, Facharzt für Allgemeinmedizin, Sportmedizin, Chirotherapie, und Dr. C, Facharzt für Innere Medizin, Spezielle Diabetologie, Sportmedizin, betreibt der Beigeladene seit 01.10.2003 eine zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Gemeinschaftspraxis in N, C-straße 00. Dr. C verfügt seit dem 01.04.2003 über die Anerkennung "Diabetologische Schwerpunktpraxis" (DSP) nach der "Vereinbarung nach § 73c SGB V zur Förderung der Qualität der ambulanten Versorgung von Patienten mit Diabetes mellitus durch Diabetologische Schwerpunktpraxen in Westfalen-Lippe".

Anträge des Beigeladenen auf Teilnahme an dieser Vereinbarung lehnte die Antragsgegnerin mehrfach ab, da der regionale Versorgungsbedarf durch die im Planungsbereich tätigen Diabetologen gedeckt sei (Bescheide vom 28.09.2006 bzw. 05.11.2007). Ungeachtet dessen erteilte sie ihm unter dem 25.04.2008 eine personenbezogene Abrechnungsgenehmigung.

Am 12.08.2009 beantragte der Beigeladene erneut die Anerkennung als DSP unter Hinweis darauf, dass sich möglicherweise durch Ausscheiden von Frau Dr. S, der bereits eine DSP genehmigt worden sei, eine Änderung in der Sitzverteilung der anerkannten Diabetologischen Schwerpunktpraxen ergebe. Mit Schreiben vom 02.10.2009 teilte die in N, G-weg 00, niedergelassene Fachärztin für Allgemeinmedizin, Diabetologie - Psychotherapie Dr. S der Antragsgegnerin mit, dass sie ihre Tätigkeit zum 31.12.2009 einstellen werde. Als Praxisnachfolger werde der Antragsteller ihre Patienten in denselben Räumlichkeiten wie bisher weiter betreuen.

Der 1966 geborene Antragsteller ist seit 12.03.2005 Facharzt für Innere Medizin. Seit 27.04.2006 besitzt er die ärztliche Qualifikation als Diabetologe DDG und ist berechtigt, seit 18.10.2008 die Schwerpunktbezeichnung Endokrinologie zu führen. Nach mehrjähriger Tätigkeit als Oberarzt im Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen übernahm er zum 01.01.2010 den Praxissitz von Frau Dr. S.

Mit am 21.10.2009 eingegangen Antrag vom 07.10.2009 beantragte der Antragsteller die Genehmigung zur Teilnahme an der DSP-Vereinbarung. In ihrer Sitzung am 10.11.2009 entschied sich die Qualitätssicherungskommission der Antragsgegnerin gegen die Erteilung der vom Antragsteller beantragten Genehmigung mit der Begründung "Kein Bedarf, Übertrag der Praxis nicht möglich". Zu dem Prüfpunkt der Teilnahmevoraussetzungen gemäß § 3 Abs. 4

Der Antragsteller betreut mindestens 250 Diabetiker im Sinne der Ziffer Ziffer 1.2 der Anlage zur RSAV je Quartal, sowie mindestesn 50 Typ-1-Diabetiker

der DSP-Vereinbarung war kein Antwortkästchen angekreuzt, vielmehr wurde angemerkt, der

"Arzt gibt die Zahlen aus dem Herz- und Diabeteszentrum von 50 Typ 2-Diabetikern und 320 Typ 1-Diabetikern an".

Im Weiteren teilte die Antragsgegnerin dem Beigeladenen am 19.11.2009 mit, dass "die Kommission ... das Zugeständnis" mache, ihm ab 01.01.2010 unter der Voraussetzung, dass sich zum 01.01.2010 der Bedarf an Diabetologischen Schwerpunktpraxen zu seinen Gunsten im Planungsbereich positiv verändere, eine Genehmigung zur Teilnahme an der Vereinbarung zu erteilen. Den Antrag des Antragstellers lehnte die Antragsgegnerin unter demselben Datum ab. Sie führte aus: Die nach § 3 Abs. 4 DSP-Vereinbarung erforderlichen Mindestbetreuungszahlen von 250 Typ 2-Diabetikern und 50 Typ 1-Diabetikern seien nicht erfüllt. Zum Zeitpunkt der Entscheidung hätten der Kommission überdies zwei Anträge aus dem Planungsbereich N2 von zwei gleich qualifizierten Bewerbern vorgelegen, so dass die Kommission den Zeitpunkt der Antragstellung als entscheidend angesehen habe. Für die Auswahl unter diesen Bewerbern gelte § 103 Abs. 4 Sätze 3 und 4 SGB V entsprechend. Im Planungsbereich N2 bestehe ausweislich Anlage 9 der DSP-Vereinbarung ein Bedarf an 2,8 (= 3) Diabetologen. Dieser Bedarf sei gedeckt, weil einschließlich des ausgewählten Bewerbers im Planungsbereich drei Diabetologen in zwei Diabetologischen Schwerpunktpraxen eine ausreichende Versorgung sicherstellten.

Unter dem 08.12.2009 legte der Antragsteller sowohl gegen den Ablehnungsbescheid als auch gegen die dem Beigeladenen erteilte Genehmigung Widerspruch ein. Er erfülle die Genehmigungsvoraussetzungen. Die von ihm mitgeteilten Mindestbetreuungszahlen bezögen sich nicht auf seine Tätigkeit im Herz- und Diabeteszentrum, denn dort habe er wesentlich mehr solcher Patienten betreut. Die Zahlen beträfen vielmehr die Praxis von Frau Dr. S und beruhten auf einem erkennbaren Vertauschen bei der Zuordnung zu der jeweiligen Diabetikergruppe. Bei der zu treffenden Auswahlentscheidung habe die Antragsgegnerin ihr Ermessen in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft ausgeübt. Sie habe seine - des Antragstellers - ausgeprägtere berufliche Eignung verkannt. Während er im Herz- und Diabeteszentrum Bad P als Oberarzt tätig gewesen sei, habe der Beigeladene dort als Assistenzarzt gearbeitet. Außerdem habe die Antragsgegnerin nicht angemessen berücksichtigt, dass er die als Diabetologische Schwerpunktpraxis eingeführte Praxis von Frau Dr. S übernehme. Der bisherige Versorgungsbedarf sei durch die über das Planungsgebiet verteilten Diabetologischen Schwerpunktpraxen in Bad P, N und N1 sichergestellt gewesen. Die dem Beigeladenen erteilte Genehmigung führe zu einer der Patientenversorgung zuwiderlaufenden überproportionalen Aufwertung seiner Gemeinschaftspraxis, zumal er infolge des Bescheides vom 25.04.2008 bereits über eine zusätzliche personenbezogene Abrechnungsgenehmigung im Rahmen der Diabetologischen Schwerpunktpraxis von Dr. C verfüge. Rechtlich sei es nicht zulässig, einer einzigen Gemeinschaftspraxis den Status der Diabetologischen Schwerpunktpraxis zweimal zu erteilen. Schon die Verwendung des Begriffs "Zugeständnis" weise darauf hin, dass die zugunsten des Beigeladenen getroffene Entscheidung vom 19.11.2009 nicht auf Sachgründen beruhe. Angesichts der seitens der Gemeinschaftspraxis des Beigeladenen angegebenen dreimonatige Wartezeiten ließen sich deren ohnehin schwer zu bewältigenden Patientenzahlen nicht mehr steigern, so dass sich die Versorgungssituation deutlich verschlechtern werde, wenn ihm - dem Antragsteller - die Genehmigung versagt werde. Schließlich habe die Antragsgegnerin fehlerhaft einen Bedarf von lediglich drei Diabetologischen Schwerpunktpraxen zugrunde gelegt. Wie sich aus Anlage 9 zur DSP-Vereinbarung ergebe, beruhe die Bedarfsplanung auf der für das Jahr 2001 angenommenen Diabetes-Prävalenz von 6,9 %. Ausweislich des Deutschen Gesundheitsberichts Diabetes 2010 habe sich diese Zahl jedoch auf 8,9 % im Jahr 2007 gesteigert, so dass im Planungsbereich tatsächlich ein Bedarf an vier Diabetologischen Schwerpunktpraxen bestehe.

Mit Bescheid vom 07.01.2010 erteilte die Antragsgegnerin dem Beigeladenen die Genehmigung, ab 01.01.2010 Leistungen nach der DSP-Vereinbarung durchzuführen und abzurechnen, mit dem weiteren Bemerken, dass die mit Bescheid vom 25.04.2008 erteilte Abrechnungsgenehmigung damit gegenstandslos werde. Dieser Bescheid wurde dem Antragsteller mit einem fehlerhaft auf den 09.12.2009 datierten Schreiben übersandt.

Der Beigeladene machte unter dem 22.01.2010 geltend, der Antragsteller habe keinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.01.2010 eingelegt, denn die vor Erlass dieses Bescheides eingereichten Schreiben reichten nicht aus. Sollte noch Widerspruch erhoben werden, beantrage er schon jetzt die Anordnung der sofortigen Vollziehung der ihm erteilten Genehmigung. Er - der Beigeladene - sei der qualifiziertere Bewerber, denn er habe wesentlich länger in der Diabetesklinik des Herz- und Diabeteszentrums gearbeitet und auch schon früher spezielle diabetologische Qualifikationsnachweise erlangt.

Der Antragsteller vertrat die Auffassung, der Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der dem Beigeladenen erteilten Genehmigung sei mangels überwiegenden öffentlichen Interesses abzulehnen; ein erst nach Erteilung des Genehmigungsbescheides erhobener Widerspruch sei in Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht erforderlich gewesen, hilfsweise sei sein Schreiben vom 12.02.2010 als Widerspruch zu verstehen.

Am 18.05.2010 ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der Genehmigung vom 07.01.2010 an. Der Widerspruch des Antragstellers sei spätestens mit Zustellung der Genehmigung zulässig geworden und habe aufschiebende Wirkung. Allerdings bestehe ein in der Sicherstellung der Patientenversorgung begründetes öffentliches Interesse und zudem ein überwiegendes Interesse des Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung dieser ihm ermessensfehlerfrei erteilten Genehmigung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 08.06.2010 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch des Antragstellers gegen die Ablehnung der Genehmigung zur Teilnahme an der DSP-Vereinbarung vom 08.12.2009 und dessen Drittwiderspruch gegen die Erteilung dieser Genehmigung zu Gunsten des Beigeladenen vom 08.12.2009 zurück. Der Beigeladene verfüge über die bessere Qualifikation für die Anerkennung einer Diabetologischen Schwerpunktpraxis. Selbst wenn von einer qualitativ gleichen Eignung beider Bewerber ausgegangen werde, sei die Auswahl des Beigeladenen angesichts der früheren Antragstellung sachgerecht. Soweit der Antragsteller eine fehlerhafte Bedarfsplanung geltend mache, verkenne er, dass die DSP-Vereinbarung einschließlich ihrer die Bedarfsprüfung regelnden Anlage 9 zum 01.10.2009 neu vereinbart worden sei; die darin enthaltenen Regelungen seien verbindlich, so dass für den Kreis N2 ein Bedarf von drei Diabetologischen Schwerpunktpraxen zugrunde zu legen sei.

Den Widerspruchsbescheid hat der Antragsteller fristgerecht mit der Klage (S 16 KA 222/10) angegriffen und am 07.06.2010 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Hierzu hat er sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren vertieft und insbesondere darauf hingewiesen, dass seine Schwerpunktbezeichnung Endokrinologie die Inhalte der Zusatz-Weiterbildung Diabetologie umfasse und im vertragsärztlichen Bereich außerhalb der großen Institute und Universitätskliniken eine absolute Rarität darstelle.

Der Antragsteller hat beantragt,

1.gemäß § 86 b) Abs. 2 Satz 2 SGG dem Antragsteller die Genehmigung zur Teilhabe an der vertragsärztlichen Versorgung als Diabetologische Schwerpunktpraxis gemäß §§ 73 a), 137 f) SGB V zu erteilen, hilfsweise die Antragsgegnerin anzuweisen, dem Antragsteller diese Genehmigung zu erteilen, äußerst hilfsweise die Antragsgegnerin anzuweisen, den Antragsteller unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden,

2.gemäß § 86 b) Abs.1 Nr. 2 SGG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 08.12.2009/12.022010 gegen den ablehnenden Bescheid der Antragsgegnerin vom 19.11.2009 sowie den zuerkennenden Bescheid der Antragsgegnerin gegenüber dem Beigeladenen vom 07.01.2010 zur Genehmigung und zur Teilhabe einer vertragsärztlichen Versorgung als Diabetologische Schwerpunktpraxis gemäß §§ 73 a), 137 f) SGB V anzuordnen/wiederherzustellen sowie den sofortigen Vollzug der Genehmigung zur Teilhabe des Beigeladenen an der vertragsärztlichen Versorgung als Diabetologische Schwerpunktpraxis gemäß §§ 73 a), 137 f) SGB V gemäß dem Beschluss der Antragsgegnerin vom 18.05.2010 aufzuheben,

3.dem Beigeladenen bis zur endgültigen Entscheidung des Gerichts über den Eilantrag die Aufnahme der genehmigten Teilhabe an der vertragsärztlichen Versorgung als Diabetologische Schwerpunktpraxis gemäß §§ 73 a), 137 f) SGB V zu untersagen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

die Anträge abzulehnen.

Sie ist der Auffassung, das Auswahlverfahren ermessensfehlerfrei durchgeführt zu haben. Der Antragsteller verfüge nicht über die höhere Qualifikation (wird ausgeführt). Das berechtigte Interesse des Beigeladenen an dieser Genehmigung entfalle auch nicht etwa mit Blick auf die ihm zuvor erteilte personenbezogene Abrechnungsgenehmigung; denn diese sei in ihrem Bestand an die DSP-Genehmigung seines Praxispartners gebunden und stelle damit rechtlich ein "Weniger" dar. Der Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht. Angesichts der fehlenden Erfolgsaussicht des Klageverfahrens und des überwiegenden Interesses am Sofortvollzug der dem Beigeladenen erteilten Genehmigung sei der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des vom Antragsteller erhobenen Widerspruchs unbegründet. Für den Antrag zu 3) fehle das Rechtsschutzinteresse.

Der Beigeladene hat beantragt,

die Anträge abzulehnen.

Er hat sich im Wesentlichen auf die Antragserwiderung der Antragsgegnerin bezogen.

Mit Beschluss vom 18.09.2010 hat das SG den Antrag abgelehnt. Der Antrag zu 1) sei hinsichtlich des Hauptantrags unzulässig und im Übrigen unbegründet. Auch die Hilfsanträge hätten keinen Erfolg. Im Widerspruchsverfahren sei geklärt worden, dass der Antragsteller die erforderliche Mindestanzahlen an Diabetikern aufweise. Daher sei nunmehr unstreitig, dass der Antragsteller die Voraussetzungen für die Teilnahme an der DSP-Vereinbarung erfülle. Dennoch sei die beantragte Genehmigung zu Recht versagt worden. Der auf vorläufige Verpflichtung zur Genehmigung gerichtete (erste) Hilfsantrag setze eine Ermessensreduktion voraus. Daran fehle es. Die Antragsgegnerin habe ermessensfehlerfrei zugunsten des Beigeladenen entschieden, so dass der auf vorläufige Verpflichtung zur Neubescheidung gerichtete (zweite) Hilfsantrag scheitere. Die Antragsgegnerin sei an die DSP-Vereinbarung gebunden und könne sich nicht über die in Anlage 9 vorgeschriebene Begrenzung der Zahl teilnehmender Diabetologischer Schwerpunktpraxen hinwegsetzen. Da nach Anlage 9 für den Kreis N2 nur ein Bedarf an 2,8 DSP-Ärzten bestimmt werde und dort nach dem Ausscheiden von Frau Dr. S noch zwei Diabetologische Schwerpunktpraxen verblieben seien, habe die Antragsgegnerin zwischen mehreren Bewerbern eine Auswahl treffen müssen. Die Auswahlkriterien seien gemäß § 4c Abs. 2 Satz 8 DSP-Vereinbarung der Regelung des § 103 Abs. 4 Satz 4 SGB V zu entnehmen. Die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahl sei nicht zu beanstanden (wird ausgeführt). Der unter Nr. 2 gestellte Antrag sei unstatthaft, denn Widerspruch und Klage gegen die Ablehnung einer Genehmigung könnten keine aufschiebende Wirkung haben. Soweit sich der Antragsteller mit dem Antrag zu Nr. 2 gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der dem Beigeladenen erteilten Genehmigung wende, sei dieses Begehren als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 07.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2010 zulässig. Zutreffend sei die Antragsgegnerin mit Blick auf die Konkurrenzsituation im Auswahlverfahren von einer Anfechtungsberechtigung des Antragstellers ausgegangen; zudem sei der Widerspruch des Antragstellers fristgerecht. Der spätestens mit dem Schreiben vom 23.02.2010 eingegangene Widerspruch sei nicht verfristet, weil für den Antragsteller mangels ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung die Jahresfrist nach § 66 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gelte. Die Rechtsbehelfsbelehrung, die der dem Beigeladenen erteilten Genehmigung beigefügt gewesen sei, enthalte nicht den in der Form des Passivs gefassten und damit allgemeinen Hinweis, dass gegen diese Entscheidung binnen eines Monats Widerspruch eingelegt werden könne, sondern wende sich nur an den Empfänger der Genehmigung ("können Sie ...Widerspruch einlegen"). Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die dem Beigeladenen erteilte Genehmigung sei jedoch unbegründet, denn die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei rechtmäßig. Die Antragsgegnerin habe das besondere Vollziehungsinteresse schriftlich begründet. Dass dem öffentlichen Interesse an der Sicherstellung der Patientenversorgung bei der Interessenabwägung auch tatsächlich der Vorrang gebühre, liege auf der Hand, zumal die dem Beigeladenen erteilte personenbezogene Abrechnungsgenehmigung eine Begrenzung der Fallzahlsteigerung hinsichtlich der überwiesenen Diabetiker enthalte.

Diese Entscheidung greift der Antragsteller mit der Beschwerde an. Da die Dauer der ärztlichen Tätigkeit und das Approbationsalter mit 13,5 und 15,5 Jahren bei ihm und dem Beigeladenen in etwa vergleichbar sei, könne sich weder der eine noch der andere Bewerber positiv absetzten. Das insofern einzig relevante Kriterium der "beruflichen Eignung" werde vom SG im Beschluss vom 18.09.2010 keiner vergleichenden Prüfung zugeführt. Das SG habe die Unterschiede im Weiterbildungshintergrund und der vorherigen Tätigkeitsqualität nicht berücksichtigt (wird ausgeführt). Zudem habe sich das SG nicht mit der Frage der nicht "statt" sondern "neben" dem Beigeladenen erfolgenden Zulassung des Antragstellers als Diabetologische Schwerpunktpraxis befaßt. Dem Antragsteller sei ein weiterer Platz zuzuweisen, da die Anlage 9 zur DSP-Vereinbarung veraltet sei.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beschluss des SG Dortmund vom 18.09.2010 aufzuheben und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie macht geltend: Der Antragsteller lasse u.a. unbeachtet, dass sie als Auswahlkriterium auch den Zeitpunkt der Antragstellung herangezogen habe. Der Beigeladene habe seinen Antrag deutlich früher gestellt. Im Übrigen habe sie zwar die Anordnung des Sofortvollzugs nicht ausführlich begründet, dennoch folge das besondere Vollzugsinteresse daraus, dass eine besondere diabetologische Versorgung in Form einer Diabetologischen Schwerpunktpraxis im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) notwendig sei. Innerhalb der verschiedenen Versorgungsebenen sei dem System der Diabetologischen Schwerpunktpraxen ein hoher Stellenwert beizumessen. Sie stellten die ambulante Versorgung für Patienten mit Diabetes mellitus sicher, bei denen auf Grund der Erkrankung eine "Standardversorgung" nicht mehr ausreiche. Nur durch eine qualifizierte spezielle Behandlung könne in solchen Fällen eine weitere Verschlechterung des Krankheitszustandes abgewendet werden. Diese Versorgungsform müsse kontinuierlich und dauerhaft gewährleistet sein, anderenfalls drohe den Patienten eine erhebliche Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes mit ggf. irreversiblen Beeinträchtigungen. Eine Behandlung in der "regulären" GKV-Versorgung sei für diese Patienten nicht gleichwertig und nicht ausreichend.

Der Beigeladene beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er meint, von einer "überlegenen fachlichen Qualifikation" des Antragstellers könne keine Rede sein. Die Antragsgegnerin habe den Sofortvollzug zutreffend begründet. Die Eilbedürftigkeit folge aus der Eigenart der Regelung.

Mit Beschluss vom 08.11.2010 hat der Senat das Verfahren getrennt. Das defensive Antragsbegehren wird zum Az. L 11 KA 119/10 B ER geführt und das offensive Antragsbegehren zum Az. L 11 KA 106/10 B ER fortgeführt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

Die statthaften und im Übrigen zulässigen Beschwerden sind unbegründet.

1. Zum Antrag zu 1)

a) Der Antragsteller begehrt eine Regelungsanordnung i.S.d. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG. Hierunter fallen die praktisch häufigen Fälle eines Verpflichtungs- oder Leistungsbegehrens, in denen es um die vorläufige Begründung oder Erweiterung einer Rechtsposition geht, z.B. um die vorläufige Zulassung im Vertragsarztrecht (Düring in Jansen, SGG, 3. Auflage, 2009, § 86b Rdn. 26). Dem gleichzusetzen ist ein Verfahren, in dem es um die Zuerkennung von Abrechnungsgenehmigungen pp. geht (vgl. Senat, Beschluss vom 03.11.2010 - L 11 KA 43/10 B ER -: belegärztliche Tätigkeit).

Für die Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG fordert das Gesetz, dass eine vorläufige Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum einstweiligen Rechtsschutz im sozialgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 69; BVerfGE 46, 166) wurde unter der Geltung des früheren Rechts von den Sozialgerichten ganz überwiegend gefordert, dass dem Antragsteller schwere irreparable und unzumutbare Nachteile drohen. Die Rechtsprechung aus der Zeit vor Inkrafttreten des § 86b Abs. 2 SGG durch das 6. SGG-Änderungsgesetzes (SGGÄndG) vom 17.08.2001 (BGBl. I 2144) m.W.v. 02.01.2002 zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Anordnungsgrund dargetan ist (Sicherung eines verfassungsrechtlichen Mindeststandard i.S. einer "Existenzgefährdung"), kann nur noch eingeschränkt herangezogen werden kann (Senat, Beschluss vom 23.11.2007 - L 11 B 11/07 KA ER -; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 22.05.2006 - L 10 B 3/06 KA ER - und 09.07.2004 - L 10 B 6/04 KA ER -; Frehse in Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Auflage, 2006, § 23 Rdn. 126). Demzufolge wird unter Geltung des SGG i.d.F. des 6. SGGÄndG vornehmlich darauf abgestellt, welche Intensität der abzuwehrende Eingriff in geschützte Güter (z.B. Art. 12, 14 Grundgesetz (GG)) hat. Maßstab für die Eingriffsintensität sind vielfach die wirtschaftlichen Folgen in Bezug auf das geschützte Rechtsgut (vgl. Senat, Beschlüsse vom 06.09.2010 - L 11 KA 3/10 B ER - und 27.05.2008 - L 11 B 6/08 KR ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 23.11.2007 - L 10 B 11/07 KA ER -, 12.02.2007 - L 10 B 35/06 KA ER -, 15.11.2006 - L 10 B 14/06 KA ER -; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.11.2009 - L 11 KR 3727/09 ER-B -; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13.12.2007 - L 5 ER 289/07 KR -; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 13.12.2007 - L 5 ER 289/07 KR -).

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG muss die Gefahr bestehen, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Dies entspricht im Wesentlichen der Formulierung in § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Ein Regelungsgrund wird dort dann angenommen, wenn es aus besonderen Gründen unzumutbar erscheint, den Antragsteller zur Durchsetzung seines Anspruchs auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen (vgl. Düring, a.a.O., § 86b Rdn. 25, 26).

b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Antragsteller hat schon keinen Anordnungsgrund nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 940 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft gemacht (nachfolgend aa)). Auf die Prüfung, ob und inwieweit ein Anordnungsanspruch besteht, kann demzufolge verzichtet werden (nachfolgend bb)).

aa) Der Antragsteller ist zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen (§ 95 Abs. 1 SGB V). Die Zulassung erfolgt nach § 24 Abs. 1 Zulassungsverordnung-Ärzte (Ärzte-ZV) für den Ort der Niederlassung als Vertragsarzt (Vertragsarztsitz). Die Zulassung verpflichtet den Arzt, die vertragsärztliche Tätigkeit vollzeitig ausüben (§ 19a Ärzte-ZV). Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt, ist der Begriff "vollzeitig" mit dem Begriff "hauptberuflich" gleichzusetzen (BR-Drucks. 353/06. S. 45). Eine vollzeitige Vertragsarzttätigkeit muss deshalb von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Tätigkeiten zusammen deutlich übersteigen und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellen (vgl. Schallen, Ärzte-ZV, 7. Auflage, 2009, § 19a Rdn. 1). Ausgehend hiervon kann der Vertragsarzt außerhalb des Systems der vertragsärztlichen Versorgung nur in dem so definierten Umfang tätig werden. Aber auch innerhalb des Systems kann er die ihm dem Grunde nach mittels der Zulassung eingeräumte Befugnis, vertragsärztlich tätig zu werden, vielfach nur dann nutzen, wenn er weitere Voraussetzungen erfüllt und eine entsprechende Genehmigung vorliegt. Hierzu rechnen z.B. die Genehmigungen nach § 73 Abs. 1 Satz 8 SGB V zur Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung oder nach § 121a SGB V zur Durchführung künstlicher Befruchtungen. Die Befugnis des Vertragsarztes, vertragsärztliche Leistungen erbringen und abrechnen zu dürfen, ist ferner davon abhängig, dass die Voraussetzungen der jeweils einschlägigen Qualitätssicherungsvereinbarungen (§ 135 Abs. 2 SGB V) erfüllt sind und ggf. die erforderliche Leistungs- und Abrechnungsgenehmigung erteilt ist (z.B.: Vereinbarung von Qualifikationsanforderungen gemäß § 135 Abs. 2 SGB V zur Ausführung und Abrechnung arthroskopischer Leistungen vom 08.09.1994; Richtlinien über Kriterien zur Qualitätsbeurteilung in der Kernspintomographie gemäß § 136 SGB V iVm § 92 Abs. 1 SGB V ( Qualitätsbeurteilungsrichtlinien für die Kernspintomographie )). All dem liegt zugrunde, dass der Vertragsarzt mit der Zulassung berechtigt und verpflichtet wird, vertragsärztliche Leistungen, nämlich ärztliche Behandlungen i.S.d. § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zu erbringen, die Ausführung und Abrechnung spezifischer Leistungen indessen einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt unterliegen (Senat, Beschluss vom 03.11.2010 - L 11 KA 43/10 B ER -; vgl. auch BSG, Urteile vom 06.05.2009 - B 6 KA 1/08 R - zu § 135 Abs. 1 SGB V und 11.10.2006 - B 6 KA 1/05 R - zu § 135 Abs. 2 SGB V).

Das betrifft auch die vom Antragsteller begehrte Genehmigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung als Diabetologische Schwerpunktpraxis. Rechtsgrundlage für die beantragte Genehmigung ist die Vereinbarung nach § 73a SGB V zur Optimierung der Versorgung von Typ 1- und Typ 2-Diabetikern im Rahmen strukturierter Behandlungsprogramme nach § 137f SGB V vom 01.10.2009. Nach § 40 Abs. 1 dieser Vereinbarung wird hierdurch die DMP-Vereinbarung Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 in der Fassung vom 17.06.2008 sowie die Vereinbarung nach § 73c SGB V zur Förderung der Qualität der ambulanten Versorgung von Patienten mit Diabetes mellitus durch Diabetologische Schwerpunktpraxen in der Fassung vom 11.09.2007 abgelöst.

Nach § 4c Abs. 2 Satz 1 DSP-Vereinbarung entscheidet die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) im Einvernehmen mit der nach § 4c Abs. 1 zu errichtenden Kommission über die Genehmigung Diabetologischer Schwerpunktpraxen. Weitere Diabetologische Schwerpunktpraxen können grundsätzlich nur dann genehmigt werden, wenn sie die Teilnahmevoraussetzungen nach § 4a ff. DSP-Vereinbarung erfüllen und nach Anlage 9 keine ausreichende Versorgung sichergestellt ist (§ 4d Abs. 2 DSP-Vereinbarung). Soweit es den Vergütungsanspruch für erbrachte Leistungen anlangt, bestimmt § 35 DSP-Vereinbarung, dass die Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen für eingeschriebene Versicherte mit Ausnahme der Leistungen nach § 36 nach Maßgabe des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) erfolgt und mit der in der Honorarvergütungsvereinbarung mit der KVWL definierten morbiditätsbedingten Gesamtvergütung abgegolten ist.

Die DSP-Vereinbarung bewirkt demzufolge nicht, dass es an ihr nicht teilnehmenden Vertragsärzten versagt wäre, diabetologische Leistungen zu erbringen und abzurechnen. Insofern ist sie einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (vgl. oben) zwar nicht vergleichbar, indessen dokumentiert die Anerkennung als diabetologische Schwerpunktpraxis, dass bestimmte strukturelle und qualitative Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. § 4a DSP-Vereinbarung), verschafft mithin einer solchen Praxis einen Wettbewerbsvorsprung gegen nicht an der DSP-Vereinbarung teilnehmenden Praxen. Dann aber gilt umso mehr: Anlass für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung besteht schon deswegen nicht, weil keine unabweisbaren dringenden privaten Interessen ersichtlich sind. Der Antragsteller hat sich aus eigenem Entschluss als Facharzt für Innere Medizin in eigener Praxis niedergelassen, um als solcher die vertragsärztliche Versorgung am Praxissitz sicherzustellen (§ 72 Abs. 1 SGB V). Er hat damit die Einschätzung zum Ausdruck gebracht, dass diese Tätigkeit mit auskömmlichen Einnahmen verbunden ist. An dieser Einschätzung muss er sich im vorliegenden Verfahren festhalten lassen. Dies gilt um so mehr, als die Möglichkeit der Teilnahme an der DSP-Vereinbarung nicht im finanziellen Interesse der Vertragsärzte, sondern allein im öffentlichen Interesse der Versicherten an der Gewährleistung einer bedarfsgerechten Versorgung eingeführt ist, mithin schon dies einem Anordnungsgrund entgegensteht (Senat, Beschluss vom 03.11.2010 - L 11 KA 43/10 B ER - belegärztliche Tätigkeit; vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschlüsse vom 23.12.2005 - L 3 KA 301/05 ER - und 05.08.2004 - L 3 KA 85/04 ER -: Genehmigungen nach § 73 Abs. 1a Satz 3 SGB V). Ob und inwieweit durchgreifende aktuelle Defizite in der bedarfsgerechten Versorgung der Versicherten mit qualitativ anspruchsvollen diabetologischen Leistungen glaubhaft gemacht sind, ist nicht erheblich. Im Rahmen der Prüfung des Anordnungsgrundes geht es allein darum, ob dem Antragsteller ohne die einstweilige Anordnung wesentliche Nachteile drohen, nicht aber, ob öffentliche Interessen vorliegen, die die begehrte Regelung erforderlich erscheinen lassen. Denn auch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren kann sich der Antragsteller nicht zum Sachwalter öffentlicher Interessen machen. Die einstweilige Anordnung ist auf die Durchsetzung subjektiver Rechte angelegt (Senat, Beschluss vom 11.02.2008 - L 11 (10) B 17/07 KA ER -). Ein privates Interesse, aus dem sich ergäbe, dass dem Antragsteller ein Abwarten in der Hauptsache unzumutbar wäre, ist nicht glaubhaft gemacht. Insoweit gilt, dass ein Anordnungsgrund grundsätzlich selbst dann nicht besteht, wenn Illiquidität behauptet und glaubhaft gemacht wird, da dann der vorgetragene "schwere und nicht anders abwendbare Nachteil" erst als Folge eigenverantwortlicher Dispositionen des Antragstellers eingetreten wäre (hierzu auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.03.2007 - L 10 B 3/07 KA ER -; Senat, Beschluss vom 30.09.1992 - L 11 S (Ka) 24/92 -). Das wirtschaftliche Risiko der Übernahme einer Vertragsarztpraxis liegt allein beim Übernehmer. Der Antragsteller hätte im Zeitpunkt der Übernahme in Betracht ziehen müssen, dass weitere Vertragsärzte sich um nur begrenzt zur Verfügung stehenden DSP-Genehmigungen bewerben.

bb) Zwar stehen die an den Anordnungsgrund einerseits und den Anordnungsanspruch andererseits zu stellenden Anforderungen in einem Abhängigkeitsverhältnis dergestalt, dass z.B. ein Anordnungsanspruch eher bejaht werden kann, wenn gravierende und ggf. irreparable Nachteile unmittelbar drohen (vgl. Düring, a.a.O., § 86b Rdn. 28). Gleichermaßen kann es in Betracht kommen, die Anforderungen an den Anordnungsgrund zu reduzieren, wenn Rechtsverletzungen evident und schwerwiegend sind. Das führt indessen nicht dazu, dass auf eines der beiden Elemente des einstweiligen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch) gänzlich verzichtet werden könnte (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.03.2007 - L 10 B 3/07 KA ER -). Hieraus ist herzuleiten: Da der Senat den Anordnungsgrund schon deswegen verneint, weil der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht hat, das Hauptsacheverfahren (zumutbar) nicht abwarten zu können, kommt es auf die Frage, ob ein Anordnungsanspruch besteht, nicht an (vgl. auch Senat, Beschluss vom 03.11.2010 - L 11 KA 43/10 B ER -).

2. Zum Antrag zu 2)

a) Soweit es den Antrag anlangt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 08.12.2009/12.02.2010 gegen den ablehnenden Bescheid der Antragsgegnerin vom 19.11.2009 anzuordnen, ist die Beschwerde unbegründet. Dieser Antrag ist nicht statthaft. Widerspruch und Klage gegen die Ablehnung einer Genehmigung können keine aufschiebende Wirkung haben. Dies folgt aus dem Wesen der aufschiebenden Wirkung. Die mit einer Genehmigung angestrebte Erweiterung der Rechtsposition kann nur im Wege der Verpflichtungsklage und dementsprechend im Eilverfahren nur mittels eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erreicht werden kann. Der Suspensiveffekt (§ 86a Abs. 1 SGG) bewirkt demgegenüber die aufschiebende Wirkung des gegen den Bescheid eingelegten Rechtsbehelfs (BFH vom 31.08.1995 - VII R 58/94 -). Die Bedeutung der aufschiebenden Wirkung ist streitig. Teilweise wird sie als Wirksamkeitshemmung, teilweise als Vollziehbarkeitshemmung verstanden (Frehse, Handbuch des Vertragsarztrechts, a.a.O., § 21 Rdn. 112 m.w.N). Das kann hier dahin stehen, denn sowohl im Falle einer Vollziehbarkeitshemmung als auch - erst Recht - im Falle einer Wirksamkeitshemmung darf der Verwaltungsakt nicht vollzogen werden (Senat, Beschluss vom 17.03.2009 - L 11 B 25/09 KA ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.04.2003 - L 10 B 21/02 KA ER -; vgl. auch Düring in Jansen, a.a.O., § 86a Rdn. 4; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86a Rdn. 4 m.w.N.). Ein vollzugsfähiger Bescheid existiert im Fall der Ablehnung einer Genehmigung nicht. Ein solcher Verwaltungsakt regelt nur, dass ein Anspruch nicht besteht (vgl. § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)). Diese negative Regelung wirkt zwar fort und kann in Bindung erwachsen (§ 39 SGB X), indessen erschöpft sich der Regelungsgehalt des Bescheides hierin. Dem entspricht es, dass auch Beschlüsse des Berufungsausschusses mit der Tenorierung "Der Widerspruch gegen den Bescheides des Prüfungsausschusses vom xxx wird zurückgewiesen" grundsätzlich nicht für sofort vollziehbar erklärt werden können. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann sich immer nur auf eine Sachregelung und nicht auf die Zurückweisung eines Widerspruchs beziehen. Demzufolge kann ein Bescheidtenor "Der Widerspruch wird zurückgewiesen" nicht für sofort vollziehbar erklärt werden (hierzu u.a. Senat, Beschlüsse vom 12.05.2010 - L 11 KA 9/10 B ER - und 20.05.2009 - L 11 KA 5/09 KA ER -).

b) Soweit sich der Antragsteller demgegenüber mit dem Antrag zu 2) gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der dem Beigeladenen erteilten Genehmigung wendet, ist dieses Begehren als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 07.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2010 statthaft, denn eine vollzugsfähige Regelung ist vorhanden.

aa) Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Zwar ist in § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG lediglich die Rede von der Anordnung der aufschiebenden Wirkung, doch wird wegen der gleichen Zielrichtung auch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von dieser Norm erfasst (Senat, Beschluss vom 20.05.2009 - L 11 B 5/09 KA ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.10.2006 - L 10 B 15/06 KA ER -; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 03.08.2006 - L 4 B 269/04 KA ER -). Bei den Entscheidungen nach § 86b Abs. 1 SGG hat eine Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen stattzufinden. Dabei steht eine Prüfung der Erfolgsaussichten zunächst im Vordergrund. Auch wenn das Gesetz keine materiellen Kriterien für die Entscheidung nennt, kann als Richtschnur für die Entscheidung davon ausgegangen werden, dass das Gericht dann die aufschiebende Wirkung wiederherstellt, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist und der Betroffene durch ihn in subjektiven Rechten verletzt wird. Am Vollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes besteht kein öffentliches Interesse (Düring in Jansen, a.a.O., § 86b Rdn. 11). Sind die Erfolgsaussichten nicht offensichtlich, müssen die für und gegen eine sofortige Vollziehung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen werden. Dabei ist die Regelung des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu beachten, dass in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG (Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben) die Vollziehung ausgesetzt werden soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Auch über diese ausdrückliche Regelung hinaus ist das aus den Regelungen des § 86a SGG hervorgehende gesetzliche Regel-Ausnahmeverhältnis zu beachten: In den Fallgruppen des § 86a Abs. 2 Nr. 2 bis 4 SGG ist maßgebend, dass der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine davon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen (BVerfG, Beschluss vom 10.10.2003 - 1 BvR 2025/03 - zu § 80 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO). In den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG haben Widerspruch und Klage hingegen grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Es ist ein öffentliches Vollzugsinteresse oder ein überwiegendes Interesse eines Beteiligten erforderlich. Nur dann wird (ausnahmsweise) die sofortige Vollziehung angeordnet. Das Gericht hat insbesondere zu berücksichtigen, wie schwerwiegend die Beeinträchtigung durch die aufschiebende Wirkung gerade im grundrechtsrelevanten Bereich ist. Bei Eingriffen in die Berufsfreiheit müssen die Gründe für den Sofortvollzug in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Eingriffs stehen und ein Zuwarten bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptverfahrens ausschließen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 28.08.2007 - 1 BvR 2157/07 -; 11.02.2005 - 1 BvR 276/05 -; BVerfG, NJW 2003 S. 3618, 3619; Senat, Beschlüsse vom 20.05.2009 - L 11 B 5/09 KA ER -, 19.03.2009 - L 11 B 20/08 KA ER -, 17.06.2009 - L 11 B 6/09 KA ER -; vgl. auch Düring, a.a.O., § 86b Rdn. 11).

bb) Ausgehend hiervon ergibt sich:

(1) Die formalen Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG liegen vor. Widerspruch und Klage des Antragstellers gegen die dem Beigeladenen erteilte Genehmigung haben aufschiebende Wirkung (§ 86a Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Antragsgegnerin hat die sofortige Vollziehung ihrer Entscheidung angeordnet (§ 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG).

(2) Die Entscheidung der Antragsgegnerin, dem Beigeladenen die begehrte Genehmigung zu erteilen (Bescheid vom 07.01.2010), erweist sich als (noch) rechtmäßig (a). Allerdings ist die sofortige Vollziehung formal fehlerhaft angeordnet worden (b). Indessen kann sich der Antragsteller hierauf nicht berufen, da er insoweit nicht anfechtungsberechtigt ist (c).

(a) Nach § 4d Abs. 4 Satz 1 DSP-Vereinbarung erteilt die Antragsgegnerin im Einvernehmen mit der Kommission nach § 4c eine Teilnahmegenehmigung für Diabetologische Schwerpunktpraxen, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 oder 2 erfüllt sind. Ein Anspruch auf Teilnahme an dieser Vereinbarung besteht nach § 4d Abs. 4 Satz 2 DSP-Vereinbarung nicht.

Ob aus § 4d Abs. 4 Satz 2 DSP-Vereinbarung mit dem SG hergeleitet werden kann, dass die Genehmigung eine Ermessensentscheidung darstellt, mag dahinstehen. Jedenfalls sind die Teilnahmevoraussetzungen des § 4d Abs. 1 und Abs. 2 DSP-Vereinbarung nicht erfüllt.

(aa) Nach § 4d Abs. 1 DSP-Vereinbarung nehmen Diabetologische Schwerpunktpraxen, die bereits zum 30.09.2009 genehmigt waren, an der Vereinbarung teil, ohne dass es einer erneuten Teilnahmeerklärung bedarf. Diese Voraussetzungen sind schon deswegen nicht gegeben, weil dem Antragsteller keine entsprechende Genehmigung erteilt war.

(bb) In § 4d Abs. 2 DSP-Vereinbarung wird bestimmt:

Weitere diabetologische Schwerpunktpraxen können nur dann genehmigt werden, wenn sie die Teilnahmevoraussetzungen nach §§ 4 a ff. erfüllen und nach Anlage 9 noch keine ausreichende Versorgung sichergestellt ist. Die Begrenzung der teilnehmenden diabetologischen Schwerpunktpraxen wird hierbei analog zum Verfahren nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Festlegung von Über- und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte) in der jeweils gültigen Fassung ermittelt. Die Festlegung erfolgt mit dem Faktor 65 bezogen auf die im 3. Abschnitt der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte festgelegte Einwohner/Arzt-Relation (allgemeine Verhältniszahlen) für Hausärzte. Zuvor findet eine Zuordnung zu den raumordnungsspezifischen Planungskriterien (Regionstyp, Ordnungs-Nr.) nach Anlage 3.1 und 3.2 der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte statt. Ist in einer Region die Versorgung nach Anlage 9 an diabetologische Schwerpunktpraxen erfüllt, können grundsätzlich keine weiteren Genehmigungen erteilt werden.

Hinsichtlich der Strukturqualität verlangt § 4a Abs. 1 DSP-Vereinbarung als Qualitätsanforderungen u.a.

Diabetologen DDG oder

eine mindestens gleichwertige Qualifikation (80-stündiges Curriculum der DDG und

- mindestens zweijährige internistische Weiterbildung mit mindestens einjähriger Tätigkeit in einer Diabeteseinrichtung

Im Übrigen verweist § 4a Abs. 5 DSP-Vereinbarung hinsichtlich Strukturqualität und Teilnahmevoraussetzungen der Diabetologischen Schwerpunktpraxen auf Anlage 1a. Das Genehmigungsverfahren wiederum regelt § 4c DSP-Vereinbarung wie folgt:

(1) Für das Genehmigungsverfahren einer Diabetologischen Schwerpunktpraxis errichten die Vertragspartner eine paritätisch besetzte Kommission bei der KVWL. Je ein Vertreter der Diabetologischen Schwerpunktpraxen sowie des MDK WL können beratend hinzugezogen werden. Die Kommission nach § 4 c prüft im Rahmen des Genehmigungsverfahrens, ob die Voraussetzungen nach §§ 4 a, 4 b (vgl. Anlagen 1 a) vorliegen. Sie kann Sachverständige beauftragen, die die personellen, räumlichen, apparativen und sonstigen Voraussetzungen in der Praxis überprüfen.

(2) Die KVWL entscheidet im Einvernehmen mit der Kommission über die Genehmigung von Diabetologischen Schwerpunktpraxen. Dabei ist die in der Anlage 9 formal berechnete Zahl der teilnehmenden diabetologischen Schwerpunktpraxen zu brachten. Die entscheidungsrelevanten Unterlagen werden von der KVWL aufbereitet. Ist die Versorgung nach den in der Anlage 9 festgelegten Kriterien erfüllt, können keine weiteren Genehmigungen erteilt werden. Eine Genehmigung kann nur erfolgen, wenn für die antragstellende Praxis unter dem Gesichtspunkt einer regionalen Unterversorgung das Erfordernis zur Teilnahme an dieser Vereinbarung auch im Einzelfall durch die Kommission bejaht wird. Sofern eine aus Sicht der Kommission erforderliche Versorgungsstruktur anders nicht erreicht werden kann, kann die Kommission im Einzelfall einvernehmlich von der in Anlage 9 formal berechneten Zahl abweichen sowie eine die Untergrenze nach Anlage 1 a unterschreitende Patientenzahl zugrunde gelegten und erforderlichenfalls ergänzende Auflagen erteilen. In diesen Fällen sind die Regelungen und Empfehlungen der RSAV zu berücksichtigen. Soweit unter mehreren Bewerbern für den gleichen Versorgungsbereich um die Teilnahme an dieser Vereinbarung auszuwählen ist, gilt § 103 Abs. 4 Sätze 3 und 4 SGB V entsprechend. (3) (12)

Die Antragsgegnerin ist an die Vereinbarung gebunden. Die DSP-Vereinbarung hat Rechtsnormcharakter (vgl. Senat, Beschluss vom 28.12.2010 - L 11 KA 60/10 B ER -: SSB-Ergänzungsvereinbarung; LSG Niedersachsen-Bremen - Urteil vom 26.11.2008 - L 3 KA 169/06 -: SSB-Vereinbarung). Sie stellt einen Gesamtvertrag i.S.d. § 83 Abs. 1 Satz 1 SGB V dar. Gesamtverträge sind öffentlichrechtliche Verträge (§ 53 SGB X), die als Kollektivvertrag für die Gesamtvertragspartner und die Mitglieder der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung verbindlich sind. Demzufolge handelt es sich um Normenverträge (vgl. Axer in Schnapp/Wigge, Handbuch für das Vertragsarztrecht, 2. Auflage, 2006, § 10 Rdn. 27). Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist die Antragsgegnerin mithin an die Vorgaben der in den Vertrag einbezogenen Anlage 9 gebunden. Hiernach besteht für den Kreis N2 ein Bedarf von 2,8 DSP-Ärzten. Da nach dem Ausscheiden von Frau Dr. S mit Ablauf des 31.12.009 noch zwei DSP-Ärzte verblieben sind, musste die Antragsgegnerin eine Auswahlentscheidung zwischen den konkurrierenden Bewerbern treffen. Die maßgebenden Auswahlkriterien bestimmt § 4c Abs. 2 Satz 8 DSP-Vereinbarung durch Bezugnahme auf § 103 Abs. 4 Sätze 3 und 4 SGB V. Die Vorschrift lautet in der Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15.12.2008 (BGBl Teil I 2426 ff.):

(4) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Erreichen der Altersgrenze, Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger fortgeführt werden soll, hat die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben diesen Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind die berufliche Eignung, das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen, ferner, ob der Bewerber der Ehegatte, ein Kind, ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich ausgeübt wurde. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt.

Ausgehend von dieser Gesetzesfassung läuft die Bezugnahme in § 4c Abs. 2 Satz 8 DSP-Vereinbarung leer, denn § 103 Abs. 4 Sätze 3 und 4 SGB V enthalten die maßgebenden Auswahlkriterien nicht. Die fehlerhafte Bezugnahme ist in dessen unschädlich. Die Sätze 2 bis 4 des § 103 Abs. 4 SGB V in der bis zum 31.12.2009 geltenden Fassung sind gem. Art. 1 Nr. 2a GKV-OrgWG m.W.v. 01.01.2009 zu den Sätzen 3 bis 5 geworden. Zwar datiert die DSP-Vereinbarung vom 30.09.2009, hätte also richtigerweise auf § 103 Abs. 4 Sätze 4 und 5 SGB V verweisen müssen, indessen handelt es sich insoweit erkennbar um ein redaktionelles Versehen.

Im Zeitpunkt der Bescheiderteilung (hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.11.2005 - L 10 KA 29/05 -) erweist sich die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin als rechtmäßig. Das Gericht prüft, ob der Beurteilung ein vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, kein Verfahrensfehler begangen wurde, die gesetzlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums eingehalten sind, kein Verstoß gegen höherrangiges Recht (insbesondere Grundrechte) vorliegt, die Subsumtionserwägungen in der Begründung des Verwaltungsakts verdeutlicht sind, sodass eine zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar ist, ob sachfremde Erwägungen angestellt wurden und ob allgemeine oder besondere Wertmaßstäbe, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind (zur Sonderbedarfszulassung: Senat, Urteil vom 11.02.2009 - L 11 KA 98/08 - m.w.N.). Bei der Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern ist der Antragsgegnerin ein Ermessen eingeräumt; hier prüft das Gericht, ob ein Ermessensfehler, ein Ermessensnichtgebrauch oder eine Ermessensreduzierung "auf Null" vorliegt (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.11.2005 - L 10 KA 29/05 -).

Kriterien für die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Auswahlentscheidung sind die berufliche Eignung, das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit (§ 103 Abs. 4 Satz 5 SGB V n.F. bzw. § 103 Abs. 4 Satz 4 SGB V a.F.). Diese Kriterien sind nicht abschließend (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.11.2005 - L 10 KA 29/05 -). Im Zusammenhang mit der Bezugnahme in § 4c Abs. 2 Satz 8 DSP-Vereinbarung gilt zudem, dass § 103 Abs. 4 Sätze 3 und 4 SGB V a.F. entsprechend anzuwenden sind. Demzufolge sind die Kriterien der beruflichen Eignung und der Dauer der ärztlichen Tätigkeit in Bezug auf theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen in der Diabetologie zu verstehen. Hierbei ist maßgeblich auf die in § 4a DSP-Vereinbarung in Verbindung mit Anlage 1a aufgeführten Qualifikationsanforderungen bzw. fachlichen Voraussetzungen des Arztes, der eine Diabetologische Schwerpunktpraxis führen will, abzustellen.

Diese Voraussetzungen werden in der Anlage 1a dahingehend konkretisiert, dass ein Facharzt für Allgemeinmedizin entweder: 1.) eine Anerkennung als Diabetologe DDG erhalten haben oder 2.) ein 80-stündiges Curriculum der DDG absolviert und eine mindestens zweijährige internistische Weiterbildung mit mindestens einjähriger Tätigkeit in einer Diabeteseinrichtung durchlaufen haben muss. Für einen Facharzt für Innere Medizin wird vorausgesetzt: entweder 1.) die Anerkennung als Diabetologe DDG oder 2.) ein 80-stündiges Curriculum der DDG und eine mindestens einjährige Tätigkeit in einer Diabeteseinrichtung oder 3.) die Berechtigung zum Führen der Schwerpunktbezeichnung Endokrinologie und eine mindestens einjährige Tätigkeit in einer Diabeteseinrichtung.

Nach dem Willen der Vertragsparteien sind die in diesen Alternativen gelisteten Qualifikationen gleichwertig. Anhaltspunkte für ein Rangverhältnis sind der DSP-Vereinbarung weder nach Wortlaut noch nach Sinn und Zweck zu entnehmen. Da § 4c Abs. 2 Satz 8 DSP-Vereinbarung nicht auf § 103 Abs. 4 Satz 5 SGB V a.F. verweist erstreckt, besteht allerdings kein Anlass, vorrangig diabetologisch qualifizierte Hausärzte zu berücksichtigen. Genauso wenig lässt sich - trotz längerer Weiterbildungszeit - regelmäßig ein Vorrang für den diabetologisch ausgerichteten Facharzt für Innere Medizin annehmen.

Antragsteller und Beigeladener erfüllen beide die in Anlage 1a genannten fachlichen Voraussetzungen für die Führung einer Diabetologischen Schwerpunktpraxis. Der Beigeladene hat als Facharzt für Allgemeinmedizin am 23.04.2001 die ärztliche Qualifikation Diabetologe DDG erlangt; der Antragsteller besitzt ebenfalls die Anerkennung der ärztlichen Qualifikation als Diabetologe DDG und erfüllt darüber hinaus die Voraussetzungen der für Fachärzte für Innere Medizin geltenden dritten Alternative, weil er berechtigt ist, die Schwerpunktbezeichnung Endokrinologie zu führen und drei Jahre (bis Ende 2009) als Oberarzt in einem Diabeteszentrum beschäftigt war. Allerdings besitzt er diese Qualifikationen erst seit 27.04.2006 bzw. 18.10.2008 und damit für einen deutlich kürzeren Zeitraum als der Beigeladene. Dieser ist zudem wesentlich länger diabetologisch tätig. Der Antragsteller war vom 01.10.2003 bis 31.12.2009 (75 Monate), davon drei Jahre als Oberarzt, im Diabeteszentrum beschäftigt. Hingegen hat der Beigeladene dort zunächst 18 Monate als Arzt im Praktikum und danach 68 Monate als Assistenzarzt gearbeitet. Anschließend hat er sich zum 01.10.2003 in einer Gemeinschaftspraxis mit diabetologischer Ausrichtung niedergelassen. Sein Praxispartner Dr. C war bis 2009 zur Weiterbildung in Diabetologie befugt. Zudem war der Beigeladene in einem Umfang schwerpunktmäßig diabetologisch tätig, dass ihm die von der Ärztekammer Westfalen-Lippe eingeführten Zertifikate Spezielle Diabetologie und Ernährungsmedizin zuerkannt worden ist und er am 19.11.2005 erfolgreich die Prüfung in der Zusatz-Weiterbildung Diabetologie hat ablegen können. Nach Erlangen der fachlichen Qualifikation für eine Diabetologische Schwerpunktpraxis am 23.04.2001 ist der Beigeladene insgesamt 104 Monate, der Antragsteller nach (erstmaligem) Erlangen seiner DSP-Qualifikation am 27.04.2006 aber nur 44 Monate diabetologisch tätig gewesen.

Auch das in § 103 Abs. 4 Satz 4 SGB V a.F. (§ 103 Abs. 4 Satz 5 n.F.) genannte und auf den Zeitraum seit Erteilung der Approbation abstellende Kriterium des Approbationsalters spricht nicht für eine Auswahl des Antragstellers. Dieser wurde am 27.05.1998, der Beigeladene hingegen bereits am 01.07.1996 approbiert.

Die in § 103 Abs. 4 Satz 4 SGB V a.F. unter "ferner" gelisteten Kriterien (Verwandtschaftsverhältnis usw.) scheiden nach dem Umständen des Falles von vornherein als relevante Ermessensgesichtspunkte aus.

Da § 4c Abs. 2 Satz 8 DSP-Vereinbarung hinsichtlich der Auswahlkriterien nur auf § 103 Abs. 4 Satz 3 und 4 SGB V a.F. verweist, ist anderen Gesichtspunkten kein oder allenfalls nachrangiges Gewicht für die Auswahlentscheidung beizumessen. Zutreffend hat die Antragsgegnerin im Rahmen der Abwägung nicht auch auf die wirtschaftlichen Auswirkungen für die Praxisvorgängerin Frau Dr. S oder für den Antragsteller abgestellt, denn auf § 106 Abs. 4 Satz 5 SGB V a.F. (§ 106 Abs. 4 Satz 7 SGB V n.F.) verweist § 4c Abs. 2 Satz 8 DSP-Vereinbarung nicht.

Ob die Antragsgegnerin als weiteres Auswahlkriterium auf die zeitliche Reihenfolge der gestellten Anträge abheben durfte (hierzu Senat, Beschluss vom 12.05.2010 - L 11 KA 9/10 B ER - ), erscheint als zweifelhaft. Im Nachbesetzungsverfahren (§ 103 Abs. 4 SGB V) ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste (§ 103 Abs. 5 Satz 3 SGB V) nur ergänzend zu berücksichtigen. Sie hat im Vergleich zu den in § 103 Abs. 4 Satz 4 SGB V gelisteten Eignungskriterien eine geringere Bedeutung (Senat, Urteil vom 10.12.2008 - L 11 KA 48/08 -; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 03.08.2006 - L 4 B 269/06 KA ER - ). Hinzu kommt, dass § 4c Abs. 2 Satz 8 DSP-Vereinbarung nicht auf § 103 Abs. 5 Satz 3 SGB V verweist, mithin viel dafür spricht, dass das sog. "Windhundprinzip" insoweit kein Ermessenskriterium ist. Indessen kann dies letztlich dahin stehen, denn die Antragsgegnerin hat diesen Gesichtspunkt nur hilfsweise angeführt. Rechtlich erheblich für ihre Auswahlentscheidung ist allein der in den Vordergrund gestellte Gesichtspunkt der besseren Qualifikation des Beigeladenen.

Soweit der Antragsteller beanstandet, die Gemeinschaftspraxis des Beigeladenen sei im Versorgungsgebiet überrepräsentiert, hat die Antragsgegnerin angesichts der relativ geringen Entfernung zur Praxis des Antragstellers - vertretbar - einen im Wesentlichen übereinstimmenden Einzugsbereich angenommen und wiederum vertretbar darauf hingewiesen, dass dem Beigeladenen die Erteilung der personenbezogenen Abrechnungsgenehmigung, die nur während seiner Tätigkeit in der Gemeinschaftspraxis gilt und damit im Vergleich zu der Genehmigung der Teilnahme als Diabetologische Schwerpunktpraxis rechtlich ein Minus darstellt, ihm in der Konkurrenzsituation nicht zum Nachteil gereichen darf.

Soweit der Antragsteller meint, das SG habe sich mit dem Kriterium der "beruflichen Eignung" nicht hinreichend auseinandergesetzt, führt das nicht weiter. Zutreffend ist zwar, dass weder das SG noch die Antragsgegnerin sich ausdrücklich darauf bezogen haben, dass der Antragssteller als Oberarzt, hingegen der Beigeladene (nur) als Assistenzarzt im Herz- und Diabeteszentrum tätig war. Indessen kommt es hierauf nicht an. Rechtlich unerheblich ist, ob und inwieweit das SG sich im angefochtenen Beschluss auf diesen Umstand bezogen hat, denn maßgebend sind die Erwägungen der Antragsgegnerin und nicht jene des SG. Die Antragsgegnerin hat den Gesichtspunkt "Oberarzt/Assistenzarzt" expressiv verbis nicht in ihre Abwägungsentscheidung einbezogen. Sie wäre nicht gehindert gewesen, das zu machen. Geschieht das nicht, macht das die Entscheidung jedenfalls vorliegend nicht fehlerhaft. Dieser Gesichtspunkt ist nicht tragend. Vielmehr gilt: Würde allein hierauf abgestellt, wäre die dann zugunsten des Antragstellers zu treffende Entscheidung fehlerhaft.

Der Oberarzt fungiert vorzugsweise in einem Klinikum als ständiger Vertreter des Chefarztes. Zu seinen Hauptaufgaben gehört es, die auf seinem Feld meist in der Weiterbildung tätigen Ärzte zu beraten und zu überwachen (Laufs in Laufs/Uhlenbrock, Handbuch des Arztrechts, 3. Auflage, 2002, § 12 Rdn. 10). Der Assistenzarzt ist in einem Krankenhaus unter Aufsicht, Weisung und Verantwortung des leitenden Arztes tätig und zwar in der Regel zum Zweck der Weiterbildung, dennoch aber voll verantwortlich handelnd (Laufs, a.a.O., Rdn. 11). Der Antragsteller war nach Auskunft der Ärztekammer Westfalen-Lippe 6 ¼ Jahre im Herz- und Diabeteszentrum tätig, davon drei Jahre als Oberarzt. Demgegenüber war der Beigeladene dort insgesamt sieben Jahre und zwei Monate zunächst als Arzt im Praktikum und sodann als Assistenzarzt tätig. Angesichts dieses Zeitablaufs lässt sich im Hinblick auf einen etwaigen Ermessensfehlgebrauch nicht feststellen, dass die dreijährige Oberarzttätigkeit des Antragstellers dermaßen schwer wiegt, dass die Antragsgegnerin sie im Rahmen der Auswahlentscheidung ausschlaggebend zu seinen Gunsten hätte berücksichtigen müssen. Soweit also die Antragsgegnerin sich im Bescheid vom 06.06.2010 darauf bezieht, dass der Beigeladene aus anderen Gründen über die bessere Qualifikation verfügt, ist dies (noch) vertretbar.

Das Vorbringen des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe es versäumt, seine "äußerst seltene Qualifikation" als niedergelassener Endokrinologe zu berücksichtigen, führt nicht weiter. Ausweislich des Abschnitts B Ziff. 12.3.2 (Facharzt für Innere Medizin und Endokrinologie und Diabetologie) der Weiterbildungsordnung (WBO) der Ärztekammer Westfalen-Lippe vom 09.04.2005 in der Fassung vom 01.10.2008 (MBl. NRW 2008 S. 446) ist Ziel der entsprechenden Weiterbildung die Erlangung der Facharztkompetenz Innere Medizin und Endokrinologie und Diabetologie nach Ableistung der vorgeschriebenen Weiterbildungszeiten und Weiterbildungsinhalte einschließlich der Inhalte der Basisweiterbildung. Die hier aufgeführten Weiterbildungsinhalte belegen eine ausgeprägte Affinität dieser Weiterbildung zu diabetetischen Erkrankungsformen. Demgegenüber ist der Beigeladene als Facharzt für Allgemeinmedizin niedergelassen. Er verfügt u.a. über spezielle von der Ärztekammer eingeführte Zertifikate betreffend Diabetologie und Ernährungsmedizin. Zudem hat er nach Auskunft der Ärztekammer Westfalen-Lippe nachgewiesen, in Weiterbildung und in seiner hausärztlichen Funktion überwiegend diabetologisch tätig gewesen sein und über die Voraussetzungen für die Zulassung zur Facharztprüfung "Innere und Allgemeinmedizin" (hierzu Abschnitt B Ziffer 12.1 WBO) zu verfügen. Angesichts dieser Umstände ist es (noch) vertretbar und nicht offensichtlich fehlsam, wenn die Antragsgegnerin sich zu Gunsten des Beigeladenen entschieden hat. Diese Erwägungen finden sich, wenngleich äußerst rudimentär, im Bescheid vom 08.06.2010 (Seite 3 - drittletzter Absatz) wieder.

Die Auffassung des Antragstellers, Anlage 9 zur DSP-Vereinbarung enthalte lediglich Rechenbeispiele, sei inhaltlich überholt und lasse demzufolge neben dem Beigeladenen eine weitere Schwerpunktpraxis zu, trägt sein Begehren nicht. Ob die Anlage 9 sachlichinhaltlich überholt ist, kann dahinstehen. Jedenfalls ist sie integraler Teil der DSP-Vereinbarung, hat mithin normativen Charakter. Soweit Seite 2 der Anlage 9 ein Rechenbeispiel enthält, dient dies allein illustrativen Zwecken, ändert aber nichts daran, dass die dem zugrunde liegenden Daten normativer Natur sind.

(cc) Aus alledem ergibt sich, dass die äußerst knapp begründete Auswahlentscheidung jedenfalls nicht offensichtlich fehlerhaft ist, mithin als vertretbar erscheint. Das wiederum bedeutet, dass der angeordnete Sofortvollzug nicht schon infolge materieller Rechtsmängel des Bescheides vom 08.06.2010 aufgehoben werden kann.

(b) Allerdings ist der Sofortvollzug formell fehlerhaft angeordnet worden. Die Voraussetzungen des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG sind nicht dargetan. Danach erfordert die Anordnung der sofortigen Vollziehung, dass das hieran bestehende besondere Interesse schriftlich begründet wird.

An die Begründung sind hohe Anforderungen zu stellen. Sie muss erkennen lassen, warum im konkreten Fall das öffentliche Interesse oder das Individualinteresse eines Beteiligten am Sofortvollzug überwiegt und warum dies dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entspricht (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86a Rdn. 21b). Das den Sofortvollzug tragende öffentliche oder individuelle Interesse ("besonderes Interesse") muss mehr als das den Erlass des Verwaltungsaktes rechtfertigende Interesse sein, denn die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass des Verwaltungsaktes reichen für die Begründung des Sofortvollzugs nicht aus (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.11.2004 - L 10 B 14/04 KA -; vgl. Frehse in Schnapp/Wigge, a.a.O., § 23 Rdn. 103). Etwas anders mag nur dann gelten, wenn das besondere Vollzugsinteresse schon aus der Eigenart der Regelung folgt (Senat, Beschluss vom 06.01.2004 - L 11 B 17/03 KA ER -). Der Senat hat im Beschluss vom 17.12.2005 - L 11 B 52/05 KA ER - ausgeführt (vgl. auch Senat, Beschluss vom 02.04.2009 - L 11 KA 2/09 ER - sowie LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.11.2003 - L 10 B 15/03 KA ER -):

Nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG bedarf die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer schriftlichen Begründung. Die Vollziehungsanordnung ist somit grundsätzlich mit einer auf den konkreten Einzelfall abgestellten und nicht lediglich formelhaften Begründung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes zu versehen. Die Begründung muss erkennen lassen, aus welchen Gründen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung im konkreten Fall das Interesse des Betroffenen überwiegt. An die Begründung sind im Hinblick auf die mit ihr verbundene Warnfunktion für die Behörde sowie die dadurch bezweckte Transparenz und Rechtsklarheit hohe Anforderungen zu stellen (Keller, a.a.O. Rdn. 21b m.w.N., OVG Brandenburg, Beschluss vom 25.01.2005 - 5 B 163/03 -).

Zwar beziehen sich die Darlegungen des Senats im Beschluss vom 17.12.2005 - L 11 B 52/05 KA ER - auf eine Zulassungsentziehung, sie beanspruchen vorliegend jedoch gleichermaßen Geltung, denn die Anforderungen an die sofortige Vollziehung sind nicht davon abhängig, ob Rechte - wie hier - eingeräumt oder aber entzogen werden, zumal jeweils Dritte betroffen sind (Senat, Beschluss vom 29.10.2010 - L 11 KA 64/10 B ER -).

Nach diesen Maßstäben hat die Antragsgegnerin die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht ausreichend begründet. Zur Begründung hat wird im Bescheid vom 18.05.2010 lediglich ausgeführt (Anm.: Nummerierung durch Senat):

(1) Nach § 86a Abs.2 Nr. 5 SGG ist die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes anzuordnen, wenn sie im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist. Im Rahmen einer Ermessensentscheidung sind zunächst die Interessen der Beteiligten abzuwägen. Entscheidend dafür sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs, hier des Drittwiderspruchs.

(2) Die Genehmigung zur Teilnahme als DSP vom 07.01.2010 ist rechtmäßig. Die Diabetes-Kommission hat das Auswahlverfahren ermessensfehlerfrei durchgeführt.

(3) Bewerben sich mehrere Ärzte im gleichen Versorgungsbereich um die Teilnahme als DSP hat nach § 4c Abs. 2 der DSP-Vereinbarung ein Auswahlverfahren stattzufinden, für das die Regelungen in § 103 Abs. 4 Sätze 3 und 4 SGB V entsprechend gelten. Zu berücksichtigen sind insbesondere die berufliche Eignung und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit der Bewerber, nicht aber die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Arztes mangels Hinweis auf § 103 Abs. 4 Satz 7 SGB V.

(4) Die Diabetes-Kommission hat zu Recht festgestellt, dass Sie im Vergleich zu Herrn R über die bessere Qualifikation verfügen, weil sie über die Anerkennung der "speziellen Diabetologie", die Anerkennung als Diabetologe DDG (25.04.2001) und die Zusatzweiterbildung "Diabetologie" verfügen, während Herr R lediglich die Anerkennung als Diabetologe DDG (27.04.2006) hat.

(5) Selbst bei qualitativ gleicher Eignung der Bewerber wäre es nicht zu beanstanden, dass die Diabetes-Kommission als Entscheidungskriterium auf den Zeitpunkt der Antragsstellung abgestellt hat, weil dies sachgerecht ist.

(6) Gegen die Genehmigung spricht auch nicht die fehlende Sicherstellung der Patienten vor Ort bzw. eine überproportionale Verlagerung der Patientenversorgung an Ihrem Praxissitz, weil Ihre Praxis lediglich 5,5 km von der Praxis von Herrn R entfernt ist.

(7) Im Ergebnis hat daher die Diabetes-Kommission eine ermessensfehlerfreie Entscheidung getroffen.

(8) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung liegt zudem auch im öffentlichen Interesse.

(9) Aufgrund der durch den Widerspruch ausgelösten aufschiebenden Wirkung der Genehmigung würden die Patienten der ehemaligen Praxis Frau Dr. S unversorgt bleiben, so dass die Sicherstellung der Versorgung der Patienten mit Diabetes mellitus im Kreis N2 nicht mehr gewährleistet wäre.

(10) Ohne die Anordnung des Sofortvollzugs würde Ihre Rechtsposition zudem geschmälert bzw. vereitelt, weil sie trotz einer rechtmäßigen Genehmigung keine Leistungen erbringen könnten.

(11) Die Anordnung des Sofortvollzuges ist daher geboten, um einerseits den Eintritt schwerer und unzumutbarer, nicht anders abwendbarer Nachteile für Sie, andererseits für die Patienten zu vermeiden. Ihrem Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung gebührt daher angesichts der Rechtslage der Vorzug gegenüber den Belangen des anfechtenden Dritten. Da sich für den Widerspruchsführer keinerlei unmittelbaren Vorteile aus der Hemmung Ihrer Genehmigung ergeben, überwiegt Ihr Vollzugsinteresse.

Absatz 1 ist schon deswegen nicht geeignet, die angeordnete sofortige Vollziehung zu rechtfertigen, weil hierin lediglich die gesetzliche Voraussetzungen dieser Maßnahme referiert werden. Die Absätze 2 bis 7 tragen die sofortige Vollziehung gleichermaßen nicht. Wiederum werden nur die gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen der Genehmigungsentscheidung vom 06.06.2010 sowie der inhaltlich als rechtmäßig erachtete Subsumtionsvorgang wiedergeben. Das führt schon deswegen nicht weiter, weil eine prospektive Erfolgsabschätzung der sofortigen Vollziehung auf Verwaltungsebene wesensfremd ist, denn die Verwaltung muss notwendigerweise davon überzeugt sein, dass ihre Regelung rechtmäßig ist, ansonsten diese zu unterbleiben hat (Senat, Beschluss vom 10.11.2010 - L 11 KA 87/10 B ER -). Soweit die Antragsgegnerin sich in Absatz 8 auf ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung beruft, mag dieses vorhanden sein. Indessen verlangt die sofortige Vollziehung eines Bescheides ein darüber hinausgehendes "besonderes" öffentliches Interesse. Dieses ist mit den Darlegungen in Absatz 9 nicht dargetan. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wird hiernach allein von der Erwägung getragen, dass ohne sofortige Vollziehung die an Diabetes mellitus leidenden Patienten der ehemaligen Praxis Frau Dr. S unversorgt bleiben. Ist schon das eine nur schwerlich nachvollziehbare Behauptung, ist diese Erwägung der Antragsgegnerin ohnehin durch ein derart hohes Abstraktionsniveau gekennzeichnet, dass hiermit nahezu in jedem Fall, in dem ein Leistungserbringer "ausfällt", die sofortige Vollziehung anordnet werden könnte (vgl. auch Senat, Beschluss vom 10.11.2010 - L 11 KA 87/10 B ER -). Schließlich bezieht sich Absatz 10 auf das Individualinteresse des Beigeladenen. Die Erkenntnis, dass der Beigeladene infolge des Drittwiderspruchs ohne die angeordnete sofortige Vollziehung trotz rechtmäßiger Genehmigung keine Leistungen erbringen könnte, rechtfertigt die sofortige Vollziehung nicht einmal im Ansatz. Mittels dieser Erwägung verkehrt die Antragsgegnerin das Regel-Ausnahmeverhältnis des § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG in das Gegenteil. Letztlich führt auch Absatz 11 nicht weiter. Die darin vorgenommene Interessenabwägung setzt denknotwendig voraus, dass die Grundvoraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Daran fehlt es.

Soweit die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren ausführt, einer ausführlichen Begründung des Sofortvollzugs bedürfe es nicht, weil im Rahmen der GKV eine besondere diabetologische Versorgung in Form einer Diabetologischen Schwerpunktpraxis notwendig sei, führt das nicht weiter. Einem solchen Versorgungssystem mag ein hoher Stellenwert für solche Patienten mit Diabetes mellitus beizumessen sein, bei denen eine "Standardversorgung" nicht mehr ausreicht. Indessen ist hiermit nicht dargetan, dass das besondere Vollzugsinteresse schon aus der Eigenart der Regelung folgt. Denn es liegt nahe, dass der Beigeladene seine Patienten mit DSP-Genehmigung nicht anders versorgt als ohne. Im Übrigen unterhält auch der Antragsteller - nach eigenen Angaben - einen Betrieb, der dem einer Diabetologische Schwerpunktpraxis in vollem Umgang identisch ist.

Dem Senat ist es verwehrt, eine unzureichende Begründung der Antragsgegnerin nachzubessern. Das folgt schon daraus, dass auch die Antragsgegnerin gehindert ist, eine fehlende Begründung nachzuholen (Senat, Beschluss vom 06.01.2004 - L 11 B 17/03 KA -; Düring in Jansen, a.a.O., § 86a Rdn. 14) oder eine unzureichende Begründung auszuwechseln, denn gegen eine solche Möglichkeit sprechen die mit § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG bezweckte Warnfunktion (LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 03.08.2006 - L 4 B 269/06 KA ER -) und das Klarstellungsinteresse der Verfahrensbeteiligten (Senat, Beschlüsse vom 03.05.2010 - L 11 B 23/09 KA ER - und 29.10.2010 - L 11 KA 64/10 B ER -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86a Rdn. 21c; vgl. auch Düring a.a.O., § 86aRdn. 14).

(c) Ungeachtet dessen kann sich der Antragsteller auf diese Mängel nicht berufen, da er insoweit nicht anfechtungsberechtigt ist.

Die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten erfolgt zweistufig (vgl. BSG, Urteile vom 28.10.2009 - B 6 KA 42/08 R - und 17.10.2007 - B 6 KA 42/06 R -; Senat, Beschluss vom 23.12.2010 - L 11 KA 71/10 B ER -). Zunächst ist zu klären, ob der Vertragsarzt berechtigt ist, die dem konkurrierenden Arzt erteilte Begünstigung (z.B. Zulassung, Ermächtigung) anzufechten (verneinend für Dialysegenehmigung: BSG, Urteil vom 07.02.2007 - B 6 KA 8/06 R -). Ist das zu bejahen, so muss geprüft werden, ob die angefochtene Entscheidung in der Sache zutrifft (BSG, Urteil vom 17.06.2009 - B 6 KA 25/08 R -). Unter welchen Voraussetzungen Vertragsärzte berechtigt sind, zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidungen anzufechten (sog. defensive Konkurrentenklage), hat das BSG in seinem Urteil vom 07.02.2007 - B 6 KA 8/06 R - im Einzelnen dargestellt. Danach bestehen drei Voraussetzungen für die Anerkennung einer Drittanfechtungsberechtigung, nämlich (1) dass der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten, weiterhin, (2) dass dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt wird, und ferner, (3) dass der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig ist. Letzteres ist der Fall, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt, der von den bereits zugelassenen Ärzten nicht abgedeckt wird (vgl. auch BSG, Urteil vom 17.06.2009 - B 6 KA 25/08 R -).

Unter Zugrundelegung der dargestellten Rechtsgrundsätze ist der Antragsteller nicht berechtigt, die dem Beigeladenen erteilte DSP-Genehmigung anzufechten.

Die Voraussetzung (1) ist zwar erfüllt. Die Praxis des Antragstellers ist ca. 5,5 Km von der Praxis des Beigeladenen entfernt. Die Voraussetzung (2) ist hingegen zu verneinen. Die DSP-Genehmigung verschafft weder den Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung noch erschließt sie dem Beigeladenen einen qualifikationsabhängigen weiteren Leistungsbereich. Die grundlegende Entscheidung des BVerfG vom 17.08.2004 - 1 BvR 378/00 - zur Drittanfechtung betrifft die Anfechtung einer Ermächtigung, also einer Statusgewährung, die den Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung eröffnet. Damit ist von der Grundrechtsrelevanz her eine DSP-Genehmigung nicht vergleichbar. Deren Erteilung kann den Antragsteller schon deswegen nicht in seinen Rechten aus Art. 12 Abs. GG betreffen, weil Grundrechte kein Recht auf Fernhaltung von Konkurrenz geben.

Im Übrigen sind selbst Abrechnungsgenehmigungen von ihrem inhaltlichen Gewicht her bezogen auf Art. 12 Abs. 1 GG nicht mit einer Ermächtigung vergleichbar. Nur Ermächtigungen und andere Statusgewährungen, die den Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung eröffnen (wie z.B. auch Sonderbedarfszulassungen) oder ihn erweitern (wie z.B. eine Ermächtigungserweiterung), haben im Sinne der sog. Stufentheorie des BVerfG eine erhebliche Grundrechtsrelevanz. Sie sind zwar, da auf den vertragsärztlichen Bereich der Berufsausübung beschränkt, ebenso wie vertragsärztliche Zulassungen nicht der Berufswahl als solcher, aber immerhin der Kategorie sog. berufswahlnaher Rechtspositionen zuzurechnen. Ein solches rechtliches Gewicht kommt indessen sog. bloßen Abrechnungsgenehmigungen nicht zu. Sie betreffen jeweils nur die Erweiterung des durch die Facharztqualifikation eröffneten Kernbereichs ärztlicher Tätigkeit, nicht diesen Kern selbst und den ihm zugrunde liegenden "Basis-Status" (so BSG, Urteil vom 07.02.2007 - B 6 KA 8/06 R - zu Dialysegenehmigungen).

Nichts anderes gilt im Ergebnis für die DSP-Genehmigung. Ziel der DSP-Vereinbarung ist u.a. die Sicherung einer integrativen, arbeitsteilig gestalteten diabetologischen Versorgung zur Verbesserung der Versorgung von Diabetikern (§ 1 Abs. 2 Satz 2). Die nicht an der Vereinbarung teilnehmenden Vertragsärzte sind nicht gehindert, gleichwohl diabetologische Leistungen zu erbringen und abzurechnen. Demzufolge wird weder der durch die Facharztqualifikation eröffnete Kernbereich ärztlicher Tätigkeit erweitert noch wird i.S.d. Voraussetzung (3) der "Basis-Status" berührt.

Nach alledem ist der Antragsteller nicht berechtigt, die dem Beigeladenen erteilte Genehmigung anzufechten. Demzufolge kann er sich auf die dargestellten Bescheidmängel nicht berufen. Infolgedessen konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.

III.

1. Die Entscheidung über den Streitwert ergeht gesondert.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 155 Abs. 4, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 und Abs. 4 VwGO. Grundsätzlich fallen demjenigen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat (§ 154 Abs. 2 VwGO). Abweichend hiervon bestimmt § 155 Abs. 4 VwGO, dass durch Verschulden eines Beteiligten entstandene Kosten diesem auferlegt werden können.

Bezogen auf die Antragsgegnerin sind die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt. § 155 Abs. 4 VwGO erfasst auch das vorprozessuale Verhalten eines Beteiligten. Die Pflicht, einen Verwaltungsakt zu begründen, besteht rechtsschutzbezogen, so dass eine unzureichende oder irreführende Begründung regelmäßig Anlass zur Anwendung des § 155 Abs. 4 VwGO bieten kann (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage, 2007, § 155 Rdn. 20). Der Begriff des Verschuldens entspricht dem des § 60 Abs. 1 VwGO. Es genügt dafür jedoch, dass der Beteiligte das Ergebnis zu vertreten hat (Kopp/Schenke, a.a.O., § 155 Rdn. 19). Angesichts der aufgezeigten Bescheidmängel ist das zu bejahen; es bestand Veranlassung, die Bescheide vom 08.12.2009/12.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2010 einer gerichtlichen Überprüfung zuzuführen. Nicht unberücksichtigt kann in diesem Zusammenhang ferner bleiben, dass die Antragsgegnerin den im Verwaltungsverfahren gestellten Antrag auf Sofortvollzug nicht hinreichend begründet hat.

Die Kosten des Beigeladenen waren dem Antragsteller und der Antragsgegnerin aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO). Dies entspricht der Billigkeit, denn der Beigeladene hat sich am Verfahren inhaltlich und durch erfolgreiche Stellung von Anträgen beteiligt.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).