VG Köln, Urteil vom 22.03.2011 - 7 K 8382/09
Fundstelle
openJur 2011, 77485
  • Rkr:
Tenor

Soweit die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich Ziffer 3 des Bescheides der Beklagten vom 11.11.2009 einen Teilvergleich geschlossen haben, wird das Verfahren eingestellt. Im Óbrigen wird Ziffer 4 des Bescheides der Beklagten vom 11.11.2009 insoweit aufgehoben, als dem Kläger die Entfernung eines Schildes, das auf die Praxis hinweist, aufgegeben wird.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist seit 1995 als Tierarzt und seit August 2008 unter der Anschrift N.-----weg 0 in Köln-I. als niedergelassener Tierarzt in eigener Praxis tätig. Die Praxis des Klägers ist an der Ecke N.-----weg /I1.---------straße belegen. Der am N.-----weg belegene Praxiseingang ist ca. 10 m von der Einmündung des N.-----wegs in die I1.---------straße entfernt. Bei der I1.---------straße handelt es sich um eine Hauptverkehrs- bzw. Durchgangsstraße. Vor dem Haus I1.---------straße 000 ist ein Hinweisschild des Klägers mit einem Pfeil, dem V-förmigen Praxis-Emblem sowie der Aufschrift "Tierarzt, hier links, N.-----weg 0" (Vorderseite) und einem Pfeil, dem V-förmigen Praxis-Emblem sowie der Aufschrift "Tierarzt n 20 m rechts, N.-----weg 0" (Rückseite) auf einem Fahrradständer angebracht. Das Hinweisschild hat die Maße 1,50 m x 0,75 m und befindet sich ca. 15 - 20 m vom Praxiseingang auf dem N.-----weg 0 entfernt. Hinsichtlich der genauen örtlichen Verhältnisse und der Gestaltung des Hinweisschildes wird auf die Lichtbildaufnahmen Bl. 9 - 11 des Verwaltungsvorganges Bezug genommen.

Der Kläger führt u.a. auf seinem Briefkopf die Bezeichnung "Tierärztliche Praxis für Kleintiere und Pferde".

Mit Schreiben vom 16.10.2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er die Bezeichnung "Tierärztliche Praxis für Kleintiere und Pferde" ohne die insoweit erforderliche Genehmigung der Beklagten führe und damit gegen die Bestimmungen der Berufsordnung der Tierärztekammer Nordrhein (BO) verstoße. Gleichzeitig teilte die Beklagte unter Verweis auf § 13 Abs. 7 BO mit, dass der Kläger auch das Hinweisschild ohne Genehmigung der Beklagten installiert habe und forderte ihn auf, das Hinweisschild umgehend zu entfernen. Zudem forderte die Beklagte den Kläger zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme sowie einer schriftlichen Bestätigung über die Entfernung des Hinweisschildes auf.

Mit Schreiben vom 08.11.2009 an die Beklagte ließ der Kläger durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt u.a. mitteilen, er führe gemäß § 27 a Abs. 3 BO die Bezeichnung "Tierärztliche Praxis für Kleintiere und Pferde". Zudem werde er das streitgegenständliche Hinweisschild nicht entfernen, da es sich hierbei um eine interessengerechte, sachangemessene und nicht berufswidrige Information zum Auffinden der Praxis handele. Das Hinweisschild sei aufgrund der baulichen Lage der Praxis erforderlich, damit Patientenbesitzer während des täglichen Praxisbetriebes und während der Notdienste die Praxisräume ohne Schwierigkeiten auffinden könnten.

Mit Bescheid vom 11.11.2009, dem vom Kläger bevollmächtigten Rechtsanwalt mit einfachem Brief übersandt, teilte die Beklagte unter Ziffer 3 des Bescheides mit, die Führung der Bezeichnung "Tierärztliche Praxis für Kleintiere und Pferde" sei gemäß § 27 a Abs. 2 BO nur zulässig, wenn die Praxis den Anforderungen der in Anlage 3 zur Berufsordnung beigefügten Richtlinien entspreche und von der Beklagten zugelassen sei. Die Zulassung sei abhängig von einer vor Ort vorzunehmenden Überprüfung der vorgeschriebenen Voraussetzungen durch eine Kommission der Beklagten. Hinsichtlich der Zulassung sei ein schriftlicher Antrag auf Genehmigung zur Führung der Bezeichnung "Tierärztliche Praxis für Kleintiere und Pferde" zu stellen. Nach schriftlicher Antragstellung werde ein Termin zur Besichtigung der Praxisräume vereinbart, bei welchem die Voraussetzungen gemäß Anlage 3 der Berufsordnung nachzuweisen seien. Einem schriftlichen Antrag sehe die Beklagte zu gegebener Zeit entgegen. Unter Ziffer 4 des Bescheides teilte die Beklagte mit, dass zusätzliche Hinweisschilder zum besseren Auffinden der Praxis der Genehmigung der Beklagten bedürften, eine Größe von 50 x 15 cm nicht überschreiten und ausschließlich die Aufschrift "Tierarzt" und einen Hinweispfeil tragen dürften. Diese Anforderungen, insbesondere hinsichtlich Größe, Aufmachung und Aufschrift, erfülle das streitgegenständliche Hinweisschild nicht. Es sei daher unverzüglich zu entfernen und die Entfernung schriftlich bis zum 20.11.2009 zu bestätigen.

Gegen den Bescheid vom 11.11.2009 hat der Kläger am 14.12.2009 Klage erhoben.

Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus:

Das Führen der Bezeichnung "Tierärztliche Praxis für Kleintiere und Pferde" sei gemäß § 27 a Abs. 3 BO lediglich anzeigepflichtig. Dieser Anzeigepflicht sei er mit Schreiben vom 08.11.2009 nachgekommen. Neben der Anzeigepflicht enthalte weder § 27 a Abs. 3 BO, noch § 27 a Abs. 2 BO eine Genehmigungspflicht. § 27 a Abs. 2 BO enthalte nur bestimmte Voraussetzungen, welche die Praxis erfüllen müsse sowie die Aussage, dass die entsprechende Bezeichnung von der Tierärztekammer zugelassen sein müsse. Diese Voraussetzungen lägen im Fall seiner Praxis vor. Eine Genehmigungspflicht folge auch nicht aus den in Anlage 3 zu § 27 a BO enthaltenen Richtlinien. Anlage 3 regle allein die Vorgehensweise der Tierärztekammer, diene der Transparenz und habe im Übrigen einen rein deskriptiven Charakter. Auch die Systematik der Berufsordnung spreche dagegen, aus § 27 a Abs. 2 BO und der Anlage 3 einen Genehmigungsvorbehalt herauszulesen, da Genehmigungsvorbehalte an anderer Stelle - etwa in § 11 BO - eindeutig formuliert seien. Abgesehen davon könne ein Genehmigungsvorbehalt nicht in einer Anlage zu einer Rechtsverordnung statuiert werden. Sofern eine Genehmigungspflicht unterstellt würde, sei die vorgenommene Anzeige des Klägers im Schreiben vom 08.11.2009 als Genehmigungsantrag zu verstehen und entsprechend zu bearbeiten. Die Beklagte sei diesbezüglich untätig geblieben und vereitle die Durchführung des Genehmigungsverfahrens. Die Beklagte dürfe sich dem Genehmigungsantrag nicht verschließen, nur weil dieser nicht wortgenau gestellt worden sei. Letztlich verstoße es gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, wenn die Beklagte einen Genehmigungsvorbehalt ohne Rechtsgrundlage für sich reklamiere.

Hinsichtlich der Entfernung des Hinweisschildes führt der Kläger aus, dieses sei erforderlich um den Patientenbesitzern während des täglichen Praxisbetriebes und in der Nacht im Falle der Teilnahme am tierärztlichen Notdienst das Auffinden der Praxis zu ermöglichen. Die geographische Lage der Praxis stelle einen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Tierärzten dar, so dass es der Aufstellung des Hinweisschildes bedürfe.

§ 13 Abs. 7 BO verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 GG, sei verfassungswidrig und daher nicht anzuwenden. Zudem sei sie mit der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit des europäischen Gemeinschaftsrechts unvereinbar. Es sei nicht erforderlich, die Größe und Beschriftung von Hinweisschildern zu regeln, um das Vertrauen der Bevölkerung und der Patientenbesitzer in den Berufsstand des Tierarztes aufrecht zu erhalten.

Bei dem Hinweisschild handele es sich in der Sache um Werbung. Diese sei sowohl nach § 6 BO, als auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Beschränkung der Werbung für freie Berufe zulässig, soweit sie nicht als berufs- oder standeswidrig einzustufen sei. Bei seinem Hinweisschild handele es sich nicht um berufswidrige Werbung, da es ausschließlich der Orientierung diene. Das Schild sei sachlich, informativ und gerade nicht reißerisch, aufdringlich, kommerzialisierend oder marktschreierisch gestaltet. Es sei daher nicht geeignet, das Vertrauen in den Berufsstand des Tierarztes zu beeinträchtigen. Damit sei das Schild als nach § 6 BO zulässige sachliche Informationswerbung vom Schutz der Berufsfreiheit erfasst und könne nicht verboten werden. Die in § 13 Abs. 7 BO vorgesehenen Größenangaben seien willkürlich gewählt und für die Orientierung nicht zweckdienlich und sachgerecht. Zudem trage die Vorschrift des § 13 Abs. 7 BO dem konkreten Einzelfall nicht hinreichend Rechnung, da sie keine Ausnahmeregelung enthalte. Die Praxis des Klägers liege in einer schlecht einsehbaren Seitenstraße an einer Kreuzung mit Leuchtreklamen anderer Geschäfte, so dass ein Hinweisschild mit den nach § 13 Abs. 7 BO zulässigen Höchstmaßen nicht hinreichend zur Orientierung für potentielle Patientenbesitzer geeignet sei.

Das Hinweisschild sei materiell rechtmäßig, da es nicht gegen § 6 BO verstoße. Folglich sei es von der Beklagten zu genehmigen, da § 13 Abs. 7 BO infolge des nicht gerechtfertigten Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG nichtig und unanwendbar sei. Infolge der Nichtigkeit von § 13 Abs. 7 BO sei die Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Maße durch das streitgegenständliche Hinweisschild irrelevant.

Im Übrigen verstoße die Vorschrift des § 13 Abs. 7 BO gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil § 12 Abs. 3 Berufsordnung der Tierärztekammer Westfalen-Lippe keine Größenangaben für zusätzliche Hinweisschilder enthalte und nur die sachliche Aufmachung regle. Der Staat als Rechtsträger der Körperschaften des öffentlichen Rechts dürfe gleiche Sachverhalte innerhalb desselben Bundeslandes nicht willkürlich ungleich behandeln.

Zudem stelle das streitgegenständliche Hinweisschild keine Benachteiligung anderer tierärztlicher Kollegen dar, die in der Nähe des Klägers niedergelassen sind.

Die Beklagte habe das ihr zustehende Ermessen nicht ausgeübt, da sie sich weder vor noch während des laufenden Gerichtsverfahrens vor Ort ein objektives Bild von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles gemacht habe.

Nachdem der Kläger zunächst auch den Antrag angekündigt hat, den Bescheid der Beklagten vom 11.11.2009 insoweit aufzuheben, als die Beklagte die Führung der Bezeichnung "Tierärztliche Praxis für Kleintiere und Pferde" untersagt (Ziffer 3), haben die Beteiligten insoweit in der mündlichen Verhandlung einen Teilvergleich geschlossen, wegen dessen Inhaltes auf das Sitzungsprotokoll verwiesen wird.

Der Kläger beantragt nunmehr noch,

Ziffer 4 des Bescheides der Beklagten vom 11.11.2009 insoweit aufzuheben, als ihm die Entfernung eines Schildes, das auf die Praxis hinweist, aufgegeben wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt sie Bezug auf ihren Bescheid vom 11.11.2009 und den gewechselten Schriftverkehr im Verwaltungsverfahren. Ergänzend und vertiefend führt sie aus:

Das Aufstellen eines Hinweisschildes sei nur zulässig, wenn die in § 13 Abs. 7 BO enthaltenen Vorgaben eingehalten würden und sie es genehmigt habe. Einen diesbezüglichen Genehmigungsantrag habe der Kläger bislang nicht gestellt. Zudem entspreche das Hinweisschild nicht den Vorgaben des § 13 Abs. 7 BO, weshalb ein etwaig gestellter Genehmigungsantrag abgelehnt werden müsse. Die Ausführungen des Klägers zu § 6 BO und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Beschränkung der Werbung für freie Berufe hätten mit dem konkreten Fall nichts zu tun und seien irrelevant. Die Beklagte habe für die Einhaltung der Berufsordnung und der ethischen Grundsätze des Berufsstandes Sorge zu tragen. Durch Größe und Aufmachung des Hinweisschildes entstehe eine Benachteiligung anderer Tierärzte. Es bestehe aufgrund der geographischen Lage der Praxis keine Notwendigkeit für ein überdimensioniertes Hinweisschild. Eine nachteilige geographische Lage der Praxis des Klägers wird von der Beklagten bestritten. Im Übrigen verstoße § 13 Abs. 7 BO nicht gegen das Willkürverbot, da die Vorschrift für alle Tierärzte gleichermaßen gelte. Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht gegeben, da die gegenüber § 12 Abs. 3 Berufsordnung der Tierärztekammer Westfalen-Lippe inhaltlich abweichende Vorschrift des § 13 Abs. 7 BO von der Satzungsautonomie der Beklagten gedeckt sei. Das Hinweisschild sei zudem auch nach § 12 Abs. 3 Berufsordnung der Tierärztekammer Westfalen-Lippe unzulässig, da die Inhalte nicht mit den gestatteten Inhalten dieser Norm übereinstimmten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Soweit die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich des Führens der Bezeichnung "Tierärztliche Praxis für Kleintiere und Pferde" in Ziffer 3 des Bescheides einen Teilvergleich geschlossen haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 2 Satz 3 VwGO einzustellen.

Die als Teilanfechtungsklage gegen Ziffer 4 des Bescheides der Beklagten vom 11.11.2009 zulässige Klage ist auch begründet. Der Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit die Beklagte dem Kläger die Entfernung des zusätzlichen Hinweisschildes aufgibt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Bei der Anordnung in Ziffer 4 handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt, da mit der Anordnung des Entfernens gleichzeitig das Gebot verbunden ist, ein Hinweisschild mit Maßen und Inhalt des streitgegenständlichen Schildes nicht erneut aufzustellen. Es ist daher auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen, da das materielle Recht keine Regelung hinsichtlich des maßgeblichen Zeitpunktes enthält.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 03.11.1994 - 3 C 17.92 - NJW 1995, 3067, Beschluss vom 23.11.1990 - 1 B 155/90 - NVwZ 1991, 372; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 29.08.2006 - 13 A 3968/04 u. a. - juris, und vom 29.06.2006 - 13 A 1957/03 u. a. -, Urteile vom 10.12.1998 - 13 A 2711/97 - LRE 36, 150, Urteil vom 11.12.2006 - 13 A 2771/03 - NWVBl. 2007, 180.

Maßgeblich sind daher das Heilberufsgesetz Nordrhein-Westfalen (HeilBerG NRW) vom 09.05.2000 in der Fassung der letzten Änderung vom 28.12.2009 sowie die Berufsordnung der Tierärztekammer Nordrhein (BO) vom 15.01.1997 in der Fassung der letzten Änderung vom 07.07.2009.

Ermächtigungsgrundlage für Ziffer 4 des angefochtenen Bescheides ist § 6 Abs. 1 Nr. 6 HeilBerG NRW. Hiernach hat die Kammer als berufliche Vertretung die Erfüllung der Berufspflichten der Kammerangehörigen zu überwachen und die notwendigen Maßnahmen zur Beseitigung berufsrechtswidriger Zustände zu treffen. Hierzu kann sie auch belastende Verwaltungsakte erlassen.

Ziffer 4 des Bescheides ist formell rechtmäßig. Sie ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 37 Abs. 1 VwVfG NRW, da Ziffer 4 des Bescheides die ausdrückliche Aufforderung enthält, das streitgegenständliche Hinweisschild zu entfernen und die Entfernung des Schildes gegenüber der Beklagten schriftlich zu bestätigen.

Der Bescheid ist jedoch insofern materiell rechtswidrig. § 29 Abs. 1 HeilBerG verpflichtet die Kammerangehörigen, ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihnen im Zusammenhang mit dem Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Hierzu gehört auch die Beachtung der in der Berufsordnung geregelten Berufspflichten.

Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 19.12.2007 - 20 K 4984/05, Rn. 33, juris.

Zwar verstößt der Kläger mit der ungenehmigten Aufstellung des streitgegenständlichen Hinweisschildes grundsätzlich gegen die formellen und materiellen Anforderungen der in Ausführung des § 32 Nr. 5 und 9 HeilBerG NRW erlassenen Vorschrift des § 13 Abs. 7 BO. Die Tatbestandsvoraussetzungen der in § 6 Abs. 1 Nr. 6 HeilBerG NRW enthaltenen Ermächtigungsgrundlage sind indes nicht erfüllt, weil die beschränkende Vorschrift des § 13 Abs. 7 BO den Kläger in ungerechtfertigter Weise in seinem Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG einschränkt und daher hier unanwendbar ist.

Als Satzungsbestimmung unterliegt die Vorschrift der Prüfungs- und Verwerfungskompetenz des erkennenden Gerichts. Das Rechtsstaatsprinzip umfasst das Recht, aber auch die Pflicht der Gerichte, die Wirksamkeit der entscheidungserheblichen Rechtsvorschriften - vorbehaltlich der in Bezug auf formelle nachkonstitutionelle Gesetze beschränkten Normverwerfungskompetenz (vgl. Art. 100 Abs. 1 GG) - eigenständig zu prüfen. Die Prüfungs- und Verwerfungskompetenz in Bezug auf Verordnungen und Satzungen überlässt das Grundgesetz dem inzident entscheidenden Fachgericht.

Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.01.2010 - 8 A 2285/09, Rn. 10 f., juris.

Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung bedürfen nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage. Diese kann auch in einer untergesetzlichen Norm bestehen, soweit diese ihrerseits auf einem mit der Verfassung zu vereinbarenden Gesetz beruht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2003 - 3 C 23/02, juris.

Bei der auf Grundlage von § 32 Nr. 5 und 9 HeilBerG NRW erlassenen Vorschrift des § 13 Abs. 7 BO, welche die Aufstellung zusätzlicher Hinweisschilder zum Auffinden der Praxis von der Genehmigung der Tierärztekammer abhängig macht, die Größe auf 50 x 15 cm und den Inhalt auf die Aufschrift "Tierarzt" und einen Hinweispfeil beschränkt, handelt es sich um eine gesetzliche Grundlage in diesem Sinne.

Das Verbot, zusätzliche Hinweisschilder zum Auffinden der Praxis aufzustellen, die nicht den in § 13 Abs. 7 BO normierten Anforderungen entsprechen, erweist sich jedoch als Verletzung der durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsausübungsfreiheit des Klägers, weil kein Gemeinwohlbelang erkennbar ist, der die in dem Verbot liegende Beschränkung der Berufsfreiheit rechtfertigen könnte.

Staatliche Maßnahmen, die geschäftliche oder berufliche Werbung beschränken, sind Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.2009 - 3 C 4/09, juris; BVerwG, Urteil vom 18.03.2003 - 3 C 23/02, juris.

Nach der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Werbung im medizinischen Bereich wird von der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit nicht nur die berufliche Praxis selbst erfasst, sondern auch jede Tätigkeit, die mit der Berufsausübung zusammenhängt und ihr dient. Hierzu zählt auch die berufliche Außendarstellung des Grundrechtsberechtigten einschließlich der Werbung.

Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.09.2010 - 13 A 583/08, Rn. 23, juris.

Die zur Zulässigkeit von Werbung im medizinischen Bereich ergangene Rechtsprechung bezieht sich zwar vorwiegend auf Ärzte und Zahnärzte, ist aber gleichwohl auch auf den Beruf des Tierarztes anwendbar, unabhängig von der Besonderheit, dass es bei einem tierärztlichen Behandlungsverhältnis um tierische Patienten geht und daher auf den Tierhalter als Halter des "Patienten" abzustellen ist.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.02.2002 - 1 BvR 1644/01, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.09.2010 - 13 A 583/08, Rn. 24, juris; Ruffert, in: Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz, Stand: 15.01.2011, Art. 12 GG, Rn. 110.1, 110.5.

Die Werbeverbote und -beschränkungen im Bereich der Heilberufe sollen dem Schutz der Bevölkerung dienen und das Vertrauen der Patienten darauf erhalten, dass der Arzt nicht aus Gewinnstreben bestimmte Untersuchungen vornimmt, Behandlungen vorsieht oder Medikamente verordnet. Die ärztliche Berufsausübung soll sich nicht an ökonomischen Erfolgskriterien, sondern an medizinischen Notwendigkeiten orientieren. Die Werbeverbote und -beschränkungen beugen einer gesundheitspolitisch unerwünschten Kommerzialisierung des Arztberufes vor. Den Angehörigen der freien Berufe ist nicht jede, sondern lediglich die berufswidrige Werbung verboten. Berufswidrig ist Werbung, die keine interessengerechte und sachangemessene Information darstellt. Dem Arzt ist neben der auf seiner Leistung und seinem Ruf beruhenden Werbewirkung eine Reihe von Ankündigungen mit werbendem Charakter unbenommen: Er darf rechtmäßig erworbene Titel und Facharztbezeichnungen führen, seine Tätigkeit durch ein Praxisschild und durch bestimmte Presseanzeigen sowie durch Aufnahme in Adressbücher und sonstige amtliche Verzeichnisse nach außen kundtun. Solange sich die Werbemittel im Rahmen des Üblichen bewegen, kann nicht auf eine Gefährdung der Gemeinwohlbelange der Gesundheit der Bevölkerung und des Schutzes des Vertrauens der Öffentlichkeit in die berufliche Integrität des Arztes oder Tierarztes geschlossen werden. Werbeverbote sind daher nur verfassungskonform, wenn sie dahingehend ausgelegt werden können, dass nur berufswidrige Werbung unzulässig ist. Für interessengerechte und sachangemessene Information, die keinen Irrtum erregt, muss im rechtlichen und geschäftlichen Verkehr hingegen Raum bleiben. Nur übertriebene oder marktschreierische Werbung, die auf eine Vernachlässigung der Pflichten hindeuten könnte, soll vermieden werden.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.02.2002 - 1 BvR 1644/01, juris; BVerfG, Beschluss vom 13.07.2005 - 1 BvR 191/05, juris; BVerfG, Beschluss vom 26.08.2003 - 1 BvR 1003/02, juris; BVerfG, Beschluss vom 17.07.2003 - 1 BvR 2115/02, juris; BVerfG, Beschluss vom 23.07.2001 - 1 BvR 873/00, 1 BvR 874/00, juris; BVerwG, Urteil vom 24.09.2009 - 3 C 4/09, juris; BVerwG, Urteil vom 13.11.1997 - 3 C 44/96, juris.

Es obliegt den Fachgerichten, die Grenzen zwischen erlaubten und verbotenen Handlungsformen - unter Abwägung des Grundrechts auf Berufsausübungsfreiheit mit der Sicherung des Werbeverbots - im Einzelfall zu ziehen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.07.2003 - 1 BvR 2115/02, juris.

Nach den vorstehend genannten Kriterien erweist sich die Vorschrift des § 13 Abs. 7 BO, welche die Aufstellung zusätzlicher Hinweisschilder zum Auffinden der Praxis von der Genehmigung der Tierärztekammer abhängig macht, die Größe auf 50 x 15 cm und den Inhalt auf die Aufschrift "Tierarzt" und einen Hinweispfeil beschränkt als verfassungswidrig. Dem Kläger kann die Verwendung des streitgegenständlichen Hinweisschildes, welches über die in § 13 Abs. 7 BO enthaltenen Angaben zu Größe und Inhalt hinausgeht, nicht untersagt werden.

Das streitgegenständliche Hinweisschild, welches in inhaltlicher Hinsicht neben dem Hinweispfeil und der Aufschrift "Tierarzt" nur das V-förmige Praxis-Emblem und die Entfernungsangaben "hier links, N.-----weg 0" (Vorderseite) bzw. "n 20 m rechts, N.-----weg 0" (Rückseite) enthält und eine Größe von 150 x 75 cm aufweist, dient primär dem Zweck, den potentiellen Praxisbesuchern das Auffinden der Praxisräumlichkeiten zu ermöglichen bzw. zu erleichtern. Sekundär kommt ihm ein zumindest geringfügiger Werbeeffekt zu. Das Schild stellt jedoch eine angemessene Information der potentiellen Praxisbesucher dar, die keinen Irrtum erregt. Es kann nicht als übertriebene, geschweige denn als marktschreierische Werbung qualifiziert werden. Eine Gefährdung der für die Beschränkung beruflicher Werbung im medizinischen Bereich anerkannten Gemeinwohlbelange, hier des Schutzes des Vertrauens der Patientenbesitzer in den Berufsstand des Tierarztes sowie der Schutz der Tiere, sind nicht ersichtlich. Das Schild lässt nicht den Schluss darauf zu, dass die Berufsausübung des Klägers bezogen auf die Behandlung kranker Tiere sich nicht am medizinisch Notwendigen, sondern allein an ökonomischen Erfolgskriterien orientieren könnte.

Für die Beschränkung der Größe des Hinweisschildes auf das Maß von 50 x 15 cm kann keiner der genannten Gemeinwohlbelange und kein sachlicher Grund angeführt werden. Insbesondere im dicht besiedelten Bereich von Großstädten besteht ein Bedürfnis der ansässigen Tierärzte, so auf die räumliche Lage der Praxis hinzuweisen, dass potentielle Praxisbesucher diese ohne größere Schwierigkeiten auffinden können. Diesem Bedürfnis wird ein Hinweisschild mit den Maßen 50 x 15 cm nicht gerecht. Die Praxis des Klägers ist am Anfang einer, von einer viel befahrenen Durchgangsstraße abzweigenden Seitenstraße belegen. Im Abzweigungsbereich sind u.a. eine Apotheke, ein Lebensmittelgeschäft und ein Imbiss ansässig, die ihrerseits über Leuchtreklame verfügen. Insbesondere Besucher, welche die Praxis über die Durchgangsstraße mit dem PKW aufsuchen, können ein Hinweisschild mit den Maßen von 50 x 15 cm nur schwer wahrnehmen. Ein Hinweisschild mit derartigen Maßen ist hinsichtlich der Größe in etwa vergleichbar mit einem längeren und etwas verbreiterten Lineal. Es kann von Praxisbesuchern während der Fahrt kaum wahrgenommen werden, weil es sich gegenüber den im Einmündungsbereich befindlichen Geschäften mit größerer Leuchtreklame rein optisch nicht durchsetzt. Ein zusätzliches Hinweisschild mit den nach § 13 Abs. 7 BO allein zulässigen Maßen, würde den Zweck, die in der Nähe einer viel befahrenen Durchgangsstraße belegene Praxis des Klägers leichter auffindbar zu machen, nicht hinreichend erfüllen. Es muss gerade in städtischen Gebieten die Möglichkeit bestehen, Hinweisschilder mit größeren Maßen als in § 13 Abs. 7 BO vorgesehen, aufzustellen, damit diese angepasst an die örtlichen Gegebenheiten ihren primären Zweck, nämlich das Auffinden der Praxis zu ermöglichen oder zu erleichtern, erfüllen können. Im Übrigen ist auch kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, angesichts der vorgenannten anerkannten Gemeinwohlbelange die Größe von Praxisschildern auf fest vorgegebene Maße zu beschränken. Jedenfalls das streitgegenständliche Hinweisschild des Klägers führt infolge seiner Größe von 150 x 75 cm nicht dazu, dass die darauf enthaltenen Informationen ihren sachlichen Charakter verlieren und damit als berufswidrige Werbung angesehen werden müssten. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das vom Kläger verwendete Hinweisschild im Hinblick auf seine Größe andere Tierärzte benachteiligt. Insbesondere führt es zu keiner Wettbewerbsverzerrung, da es in erster Linie nicht der Anziehung oder Anwerbung neuer und zusätzlicher Patientenbesitzer dient. Vielmehr liegt sein primärer Zweck darin, den in der Regel bereits durch Medien oder andere Weise auf die Praxis des Klägers aufmerksam gewordenen und zum Aufsuchen der Praxis entschlossenen Tierhaltern das Auffinden der Praxis zu ermöglichen. Letztlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Größe des Hinweisschildes in

irgendeiner Weise irreführend auf Tierhalter und damit potentielle Praxisbesucher wirken könnte.

Auch für die Beschränkung der auf dem Hinweisschild enthaltenen zusätzlichen Angaben in Form des V-förmigen Praxis-Emblems und der Entfernungsangaben "hier links, N.-----weg 0" (Vorderseite) bzw. "n 20 m rechts, N.-----weg 0" (Rückseite) ist kein Gemeinwohlbelang ersichtlich. Dies gilt erst recht, soweit das durch die Berufsordnung festgelegte Praxis-Emblem abgebildet ist. Diesem dürfte schon deshalb keine werbliche Wirkung zukommen, weil es von der Berufsordnung als einheitliche Kennzeichnung für den Berufsstand des Tierarztes vorgesehen ist (vgl. § 13 Abs. 4 BO sowie Anlage 1 zu § 13 Abs. 4 BO). Es zeigt dem Tierhalter lediglich, dass der Praxisinhaber dem Berufsstand des Tierarztes angehört. Zudem dient es als Unterscheidungskriterium zu anderen (human)medizinischen Berufen. Es kann daher nicht als übertriebene oder marktschreierische Werbung angesehen werden und lässt keine unerwünschte Kommerzialisierung des Berufsstandes des Tierarztes befürchten. Umso weniger ist es geeignet, das Vertrauen der Tierhalter in den Berufsstand des Tierarztes zu erschüttern.

Gleiches gilt für die auf dem Praxisschild abgebildeten Entfernungsangaben. Sie stellen einen sachlichen und wertfreien Hinweis auf die genaue Belegenheit der Praxis dar und konkretisieren die mit dem Hinweispfeil bereits vorgegebene Richtung. Damit erfüllen sie in gleicher Weise den Zweck, potentiellen Praxisbesuchern das Auffinden der Praxis zu erleichtern, insbesondere deshalb, weil das Hinweisschild nicht genau auf der Höhe der Praxis des Klägers positioniert ist, sondern rund 20 Meter versetzt direkt vor dem Eingang einer Apotheke. Wären die Entfernungsangaben auf dem Hinweisschild nicht enthalten, könnten sich Praxisbesucher veranlasst sehen, die Praxis im Hauseingang der Apotheke zu suchen, was gerade nicht den örtlichen Gegebenheiten entspricht.

Schließlich können die in § 13 Abs. 7 BO enthaltenen Beschränkungen für Hinweisschilder auch vor dem Hintergrund keinen Bestand haben, dass den Angehörigen des Tierarztberufes berufskonforme Werbung gemäß § 6 BO grundsätzlich erlaubt ist. Derartige Werbung wird in der Regel in einem größeren Umfang wettbewerblich geprägt sein, als die Aufstellung eines Hinweisschildes zum Auffinden der Praxis. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die benannten Gemeinwohlbelange eine derart restriktive Praxis bei Hinweisschildern rechtfertigen könnten, wenn den Berufsangehörigen gleichzeitig Werbung grundsätzlich erlaubt ist.

So im Ergebnis auch BVerfG, Beschluss vom 18.02.2002 - 1 BvR 1644/01, juris, zu der in § 14 BO a.F. enthaltenen Beschränkung von Anzeigen.

Der Befund der Verfassungswidrigkeit schließt das grundsätzliche Genehmigungserfordernis des § 13 Abs. 7 BO ein. Die Aufforderung, das Schild zu entfernen, kann damit auch nicht auf dessen formelle Illegalität gestützt werden. Denn es besteht aus sachlichen Gründen keine Notwendigkeit, Inhalt und Größe zusätzlicher Hinweisschilder von einer vorhergehenden Prüfung der Tierärztekammer abhängig zu machen, da den Angehörigen des Berufsstandes berufskonforme Werbung nach § 6 BO ausdrücklich und ohne vorhergehende Genehmigung erlaubt ist. Es bleibt der beklagten Tierärztekammer unbenommen, gegen das Aufstellen von Hinweisschildern, die sich aufgrund ihrer konkreten Ausgestaltung im Einzelfall als berufswidrige Werbung darstellen, im Wege einer nachträglichen Beseitigungsanordnung vorzugehen und somit etwaigen berufswidrigen Zuständen entgegenzuwirken.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO. Hinsichtlich des durch Teilvergleich erledigten Teils der Klage entspricht es nach den Grundsätzen des § 161 Abs. 2 VwGO billigem Ermessen, dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da er mit seinem angekündigten Klageantrag bezogen auf das Führen der Bezeichnung "Tierärztliche Praxis für Kleintiere und Pferde" nach dem bisherigen Sach- und Streitstand schon mangels einer anfechtbaren Regelung in Ziffer 3 des Bescheides unterlegen wäre.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.