OLG Köln, Urteil vom 23.12.2010 - 19 U 60/10
Fundstelle
openJur 2011, 77085
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 29 O 137/06
Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16.03.2010 verkündete Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 29 O 137/06 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das Versäumnisurteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 10.06.2008 - 29 O 137/06 - wird teilweise aufgehoben und der Beklag-te verurteilt, an die Klägerin 6.046,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.377,99 EUR seit dem 01.01.2002 und aus weiteren 2.668,68 EUR seit dem 01.04.2003 zu zahlen. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil vom 10.06.2008 auf-rechterhalten.

Die Klägerin trägt die Kosten ihrer erstinstanzlichen Säumnis. Im Übrigen haben die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens die Klägerin zu 17 % und der Beklagte zu 83 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO)

I.

Die zulässige, unter Einhaltung der Frist- und Formerfordernisse der §§ 517, 519 ZPO eingelegte und rechtzeitig begründete Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre Klage weiter, soweit sie mit Rechnung vom 03.08.2000 Installationskosten in Höhe von umgerechnet 1.631,50 EUR für die Erweiterung des Kommunikationssystems und mit Rechnung vom 25.11.2000 Miete in Höhe von umgerechnet 1.746,49 EUR für das Jahr 2001 verlangt hat. Insofern stehen der Klägerin gegen den Beklagten durchsetzbare Zahlungsansprüche zu.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts sind entsprechende Zahlungsansprüche der Klägerin nicht verjährt.

Die Verjährungsfrist für die (der vier- bzw. zweijährigen Verjährungsfrist der §§ 196 Abs. 1 Nrn. 1, 6, Abs. 2 BGB a.F. unterfallenden) Ansprüche auf Ausgleich der Installationskosten sowie auf Zahlung der Miete für das Jahr 2001 ist abweichend von der Annahme des Landgerichts nicht bereits am 31.12.2004 abgelaufen. Vielmehr ist die Verjährung gemäß den §§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB n.F., 167 ZPO durch die Einreichung eines die geltend gemachten Ansprüche hinreichend individualisierenden Antrags der Klägerin auf Erlass eines Mahnbescheids gegen den Beklagten schon vor Ablauf des Jahres 2003 gehemmt worden.

Der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids ist dem Beklagten abweichend von der Einschätzung des Landgerichts "demnächst" im Sinne des § 167 ZPO zugegangen. Ein Antrag ist demnächst zugestellt, wenn die Partei und ihr Prozessbevollmächtigter unter Berücksichtigung der Gesamtumstände das ihnen Zumutbare für die alsbaldige Zustellung getan haben. Dies ist nicht der Fall, wenn und soweit die Partei, der die Fristwahrung obliegt, oder ihr Prozessbevollmächtigter durch nachlässiges Verhalten zu einer nicht nur ganz geringfügigen Zustellungsverzögerung beigetragen haben (vgl. BGH NJW 2005, 291, 292; 2003, 2930, 2831).

Bereits die vom früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin im ursprünglichen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids vom 04.08.2003 angegebene Anschrift N. 000 in E. stellte eine zustellfähige Adresse dar, unter welcher der Beklagte angetroffen werden konnte. Wie sich aus den aktenkundigen Zustellungsunterlagen ergibt und der Prozessbevollmächtigte des Beklagten in der mündlichen Verhandlung zugestanden hat, war an jener Anschrift die T. Außenwerbung GmbH ansässig, bei welcher der Beklagte als Geschäftsführer beschäftigt ist. Eine Zustellung ist aber nicht nur in der Wohnung (§ 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), sondern auch dort zulässig, wo der Adressat - wie nahe liegender Weise an seiner Arbeitsstätte (vgl. §§ 177, 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) - angetroffen wird.

Zudem hat der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin schon am 17.11.2003 erstmals beantragt, den Mahnbescheid an der Anschrift U. XXX in L., wo der Beklagte gemeldet ist und wohnt, zuzustellen. Dass die dortigen (insgesamt fünf) Zustellungsversuche in der Folgezeit nicht erfolgreich waren, weil der Briefzusteller der E. AG jene Anschrift für die Arbeitsplatzanschrift gehalten und den Beklagten dort nicht angetroffen hat, den Beklagten unter der Adresse nicht ermitteln konnte oder die Anschrift in die Adresse N. 000 in E., an die der Beklagte angeblich verzogen sei, geändert hat, fällt nicht in den Verantwortungsbereich der Klägerin, sondern des - für die Zustellung des Mahnbescheids von Amts wegen zuständigen - Amtsgerichts Coburg.

Sofern das Landgericht der Klägerin angelastet hat, dass sie nach den jeweiligen Mitteilungen über die Unzustellbarkeit des Mahnbescheids längere Zeit nichts unternommen habe, um die Zustellung voranzutreiben, kann dies auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalls nicht als Nachlässigkeit der Klägerin gewertet werden.

Es erscheint bereits fraglich, ob der Klägerin aus Rechtsgründen vorgeworfen werden kann, dass sie nach dem Scheitern der Zustellung an den von ihr korrekt angegebenen Adressen beim Amtsgericht Coburg gegebenenfalls nicht sogleich einen neuen Antrag gestellt hat, um eine erneute Zustellung an derselben Anschrift in Angriff zu nehmen.

Der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin hatte mit der Angabe der objektiv zutreffenden Arbeitsplatzanschrift des Beklagten in der N. 000 in E. und dessen Wohnanschrift U. XXX in Köln alles getan, was das Verfahrensrecht von der Klägerin zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Zustellung verlangt. Hat der Kläger aber alle für eine ordnungsgemäße Zustellung von ihm geforderten Mitwirkungshandlungen erbracht, so liegt die weitere Verantwortung für den ordnungsgemäßen Gang des Zustellungsverfahrens ausschließlich in den Händen des Gerichts, dessen Geschäftsgang der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter nicht unmittelbar beeinflussen können. Für eine Verpflichtung oder Obliegenheit des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten, auch noch in diesem Stadium des Verfahrens durch eine Kontrolle des gerichtlichen Vorgehens auf eine größtmögliche Beschleunigung hinzuwirken, fehlt die rechtliche Grundlage. Vielmehr darf der Kläger in dieser prozessualen Situation seinerseits erwarten, dass das Gericht im Weiteren das Zustellungsverfahren in eigener Zuständigkeit ordnungsgemäß betreibt (vgl. BGH NJW 2006, 3206, 3207).

Soweit die höchstrichterliche Rechtsprechung verlangt, dass die Partei und ihr Prozessbevollmächtigter im Sinne einer "möglichsten" Beschleunigung wirken (vgl. BGH NJW 2009, 984, 985; 2003, 2830, 2831; 1994, 1073, 1074; 1978, 215, 216), betrifft dies Fälle, in denen der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter zu dem Zeitpunkt, in dem die Verzögerung eintrat, noch nicht alles getan hatten, was das Verfahrensrecht ihnen zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Zustellung auferlegt. Diese Grundsätze lassen sich nicht ohne Weiteres auf einen Fall übertragen, in dem - wie vorliegend - Zustellungsverzögerungen erst eintreten, nachdem der Kläger alle für eine ordnungsgemäße Zustellung von ihm geforderten Mitwirkungshandlungen erbracht hat (vgl. BGH NJW 2006, 3206, 3207).

(2) Allerdings endete der von der Klägerin in Gang gesetzte Geschäftsbetrieb des Gerichts mit der jeweiligen Mitteilung über die Unzustellbarkeit des Mahnbescheids unter der von der Klägerin zuvor angegebenen Adresse. Selbst wenn man die Klägerin deshalb in Anbetracht des Abschlusses des gerichtlichen Zustellverfahrens und der für sie erkennbaren Notwendigkeit eines neuen Zustellungsantrags für gehalten ansieht, in zumutbarem Rahmen erfolgversprechende Maßnahmen für das Gelingen einer Zustellung zu ergreifen, ist sie dieser Verpflichtung hinreichend nachgekommen. Abzustellen ist dabei auf die Vorgänge nach erstmaliger Beantragung der Zustellung des Mahnbescheids an der Wohnanschrift des Beklagten in der U. XXX in L. am 17.11.2003. Denn die Vorschrift des § 167 ZPO ist auch dann anwendbar, wenn der Kläger kurz vor Ablauf der regulären Verjährungsfrist erstmals einen Antrag auf Erlass und Zustellung eines Mahnbescheids an der zutreffenden Anschrift stellt. Weiter ist zu berücksichtigen, dass nicht vom Zustellungsbetreiber verursachte Verzögerungen im Geschäftsbetrieb dazu führen, dass diese nicht in die Berechnung der relevanten Verzögerung einbezogen werden (vgl. BGH NJW 2000, 2282; Greger in: Zöller, ZPO, 28. Auflage, § 167 Rn. 12).

Nach den Gegebenheiten im konkreten Fall liegen keine mehr als geringfügigen Verzögerungen vor, welche die Klägerin mit Hilfe ihr zumutbarer Maßnahmen hätte vermeiden können und müssen. Im Rahmen eines Mahnverfahrens ist im Hinblick auf die Regelung des § 691 Abs. 2 ZPO eine Verzögerung bis zu einem Monat (und nicht wie im Klageverfahren von zwei Wochen) grundsätzlich als geringfügig und damit unerheblich anzusehen (vgl. BGH NJW 2002, 2794, 2794 f.; OLG Dresden vom 04.10.2006 - 8 U 1272/06 - Rn. 13, zitiert nach juris).

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat, nachdem er mit Schreiben des Amtsgerichts Coburg vom 03.12.2003 über das mangelnde Antreffen des Beklagten unter der Anschrift U. XXX in L. informiert worden ist, am 08.01. 2004 und damit (unter Abzug der Weihnachtsfeiertage sowie von Sylvester und Neujahr) etwa einen Monat später einen Antrag auf Zustellung an der Adresse C. XY in D. gestellt. Angesichts des vorangegangenen Vermerks des Zustellers der F. AG, dass es sich bei der Adresse U. XXX in L. um die Arbeitsplatzanschrift des Beklagten handele, kann der Klägerin die Angabe der Anschrift in D. - bei der es sich ausweislich einer amtsgerichtlich eingeholten Behördenauskunft um die vormalige Wohnanschrift des Beklagten handelte - nicht als Nachlässigkeit angelastet werden.

Sobald dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin die schriftliche Mitteilung des Amtsgerichts Coburg vom 21.01.2004, dass der Beklagte unter der Anschrift C. XY in D. nicht zu ermitteln gewesen sei, am 04.02.2004 zugegangen ist, hat dieser die Stadt L. circa zwei Wochen später mit Schreiben vom 17.02. 2004 - in Anbetracht der fehlgeschlagenen Zustellungsversuche an zwei ihm bekannten Wohnanschriften des Beklagten verständlich - um meldepolizeiliche Ermittlungen gebeten. Nachdem die Stadt L. Ende Mai 2004 schriftlich sowie anlässlich einer telefonischen Rückfrage Anfang Juni 2004 nochmals fernmündlich mitgeteilt hatte, dass der Beklagte unter der Anschrift U. XXX in L. wohnhaft sei, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nach Ablauf von etwa zwei Wochen mit Schreiben vom 14.06.2004 unter Verweis auf das Ermittlungsergebnis der Stadt L. nochmals die dortige Zustellung des Mahnbescheids beantragt.

Nachdem das Amtsgericht Coburg am 20.07.2004 die Nachricht abgesandt hat, dass der Zusteller der F. AG die Adresse U. XXX in L. in die Anschrift N. 000 in E. berichtigt habe, eine dortige Zustellung indessen mangels Antreffens des Beklagten am Arbeitsplatz fehlgeschlagen sei, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 07.09.2004, also sechs bis sieben Wochen später, einen neuen Antrag auf Zustellung unter der (zutreffenden) Wohnanschrift U. XXX in L. gestellt. Dieser ist indessen ausweislich der Mitteilung des Amtsgerichts Coburg vom 17.11.2004, dass der Beklagte laut Vermerk des Zustellers der F. AG zur Firma T. in E. verzogen sei, abermals missglückt.

Sofern der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nach circa einer Woche am 23.11. 2004 die Zustellung des Mahnbescheids unter der Anschrift der Firma T., N. 000 in E. beantragt hat, kann der Klägerin die Angabe dieser Adresse nicht als Nachlässigkeit angelastet werden. Dagegen spricht bereits, dass es sich um die Arbeitsplatzanschrift des Beklagten handelte und eine Zustellung an deren Sitz deshalb erfolgversprechend schien. Im Übrigen ist die Anschrift der T. Außenwerbung GmbH in den Zustellungsantrag aufgenommen worden, weil der Zusteller der F. AG diese Adresse im Rahmen des vorangegangenen Zustellungsversuchs als neue Wohnanschrift des Beklagten angegeben hatte. Dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf die offenkundig überlegenen Kenntnisse des Zustellers vertraut hat, ist nicht zu beanstanden.

Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin von der Erfolglosigkeit auch des Zustellungsversuchs am 28.12.2004 unter der N. 000 in E. benachrichtigt worden ist, hat dieser die nachfolgenden etwa zehn Wochen genutzt, um nunmehr bei der Stadt D. als für den vormaligen Wohnsitz des Beklagten zuständiger Meldebehörde - in Anbetracht der bis dahin dreimal fehlgeschlagenen Zustellung an der Adresse U. XXX in L. verständlicher Weise - die aktuelle Wohnanschrift des Beklagten zu ermitteln. Nach Erhalt der Melderegisterauskunft vom 08.03.2005, dass sich der Beklagte an die Anschrift U. XXX in L. abgemeldet habe, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin sodann unter Verweis darauf eine knappe Woche später mit Schreiben vom 14.03.2005 einen Antrag auf erneute Zustellung des Mahnbescheids unter der Adresse U. XXX in L. gestellt.

Im Anschluss an den Erhalt der Benachrichtigung des Amtsgerichts Coburg vom 14.07.2005, dass der nunmehr mit der Zustellung beauftragte Justizbedienstete den Beklagten unter der Adresse U. XXX in L. nicht habe ermitteln können, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin knapp sieben Wochen später mit Schreiben vom 30.08.2005 - angesichts der Ergebnislosigkeit bisherigen behördlichen Auskünfte nachvollziehbarer Weise - die Stadt L. erneut ersucht, meldepolizeiliche Ermittlungen vor Ort durchzuführen. Nach Eingang der Auskunft am 28.09. 2005 hat er am 18.10.2005 abermals die - schließlich am 29.11.2005 geglückte - Zustellung unter der Anschrift U. XXX in L. beantragt.

Aus den vorstehenden Geschehensabläufen können vom Ansatz her relevante Zeitverzögerungen allenfalls aus einem jeweiligen Zuwarten von mehr als einem Monat bis zum erneuten Zustellungsantrag Mitte September 2004, bis zur Beantragung einer Melderegisterauskunft bei der Stadt D. Anfang des Jahres 2005 und bis zum meldepolizeilichen Ersuchen gegenüber der Stadt L. Ende August 2005 hergeleitet werden. Insofern ist allerdings zu berücksichtigen, dass vorher jeweils eine Mehrzahl von Zustellversuchen an erfolgversprechenden Anschriften fehlgeschlagen war. Angesichts der bereits unternommenen zahlreichen Zustellungsbemühungen ihres Prozessbevollmächtigten kann der Klägerin unter dem - bei der Beurteilung einer Nachlässigkeit im Sinne des § 167 ZPO zu berücksichtigenden - Gesichtspunkt der Zumutbarkeit eine Vernachlässigung ihrer Pflicht zur Förderung des Verfahrens nicht angelastet werden.

Jedenfalls aber ist nicht ersichtlich, dass etwaige von der Klägerin veranlasste Verzögerungen die Zustellung des Mahnbescheids in relevantem Ausmaß verschleppt haben. Dass zügigere (erneute) Zustellungsanträge des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu einer früheren Zustellung des Mahnbescheids geführt hätten, kann nicht ohne Weiteres angenommen werden. Auch nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nämlich schon im Juni 2004 und im März 2005 mitgeteilt hatte, dass es sich bei der Adresse U. XXX um die Wohnanschrift des Beklagten handele, sind die darauf folgenden Zustellversuche fehlgeschlagen. Warum die am 18.10. 2005 beantragte Zustellung schließlich am 29.11.2005 durch Einwurf in den Briefkasten geglückt ist, ist nicht erkennbar. Der Umstand der letztendlich erfolgreichen Zustellung lässt deshalb nicht ohne Weiteres darauf schließen, dass ein früher gestellter Antrag auf Zustellung des Mahnbescheids unter der Anschrift U. XXX in L. zu einer entsprechend zeitnäheren Zustellung geführt hätte. Der Partei sind aber nur solche Verzögerungen zuzurechnen, die sie oder ihr Prozessbevollmächtigter bei gewissenhafter Prozessführung hätten vermeiden können, bei denen sich also feststellen lässt, dass die gebotene Handlung zu einer früheren Zustellung geführt hätte (vgl. BGH NJW-RR 2003, 599, 600; NJW 1994, 1073, 1074; Greger a.a.O. Rn. 10). Eine diesbezügliche zuverlässige Einschätzung erscheint in Anbetracht der zahlreichen Ungereimtheiten beim Fehlschlag der diversen Zustellversuche unter den korrekten Adressen vorliegend ausgeschlossen.

(3) Der Klägerin kann nicht zum Vorwurf gereichen, dass sie nicht den Weg der öffentlichen Zustellung beschritten hat. Zu einer solchen Maßnahme war sie angesichts der Angabe zutreffender Zustellungsanschriften innerhalb der regulären Verjährungsfrist schon aus Rechtsgründen nicht verpflichtet. Zudem war eine öffentliche Zustellung des Mahnbescheids gemäß § 688 Abs. 2 Nr. 3 ZPO unzulässig. Deshalb hätte die Klägerin ihren Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids zurücknehmen und ihre Ansprüche im Klagewege verfolgen müssen, um eine öffentliche Zustellung nach § 185 Nr. 1 ZPO zu erreichen. Ein solches Procedere hätte jedoch schon keine hinreichende Aussicht auf Erfolg gehabt, da der Aufenthaltsort des Beklagten bekannt war. So war dieser nach den Mitteilungen der Zusteller bei der Firma T. in E. beschäftigt und konnte dort bei den Zustellungsversuchen jeweils nur nicht angetroffen werden. Zudem hätten die gebotenen Nachfragen beim Vermieter und bei Nachbarn (vgl. Stöber in: Zöller a.a.O. § 185 Rn. 2) ergeben, dass der Beklagte tatsächlich an der Anschrift U. XXX in L. wohnt. Im Übrigen hätte sich die Klägerin durch die Abstandnahme vom Mahnverfahren der Chance auf eine zeitliche Rückwirkung der Verjährung auf den Zeitpunkt der Beantragung des Mahnbescheids begeben.

Ebenso wenig ist der Klägerin vorzuwerfen, dass sie keine Zustellung des Mahnbescheids im Parteibetrieb veranlasst hat. Dafür, dass ein Gerichtsvollzieher (§ 192 ZPO) erfolgreicher als Zusteller der F. AG oder Justizbedienstete gewesen wäre, bestehen keine Anhaltspunkte. Im Übrigen war eine Zustellung des Mahnbescheids auf Betreiben der Klägerin gemäß den §§ 693 Abs. 1, 495, 166 Abs. 2 ZPO nicht zulässig.

Schließlich war die Klägerin auch nicht zu eigenen Ermittlungen vor Ort gehalten. Vielmehr hat diese mindestens ebenso erfolgversprechende Maßnahmen zur Feststellung einer zustellungsfähigen Adresse durchgeführt, indem sie bei der Stadt D. die aktuelle Wohnanschrift des Beklagten erfragt und bei der Stadt L. Ermittlungen vor Ort veranlasst hat.

(4) Unter diesen Umständen steht der Einordnung der Zustellung des Mahnbescheids als "demnächst" nach seiner Beantragung im Sinne des § 167 ZPO nicht entgegen, dass die Zustellung erst am 29.11.2005 erfolgt ist. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Zustellung als "demnächst" im Sinne der gesetzlichen Regelung erfolgt ist, darf nicht auf eine rein zeitliche Betrachtungsweise abgestellt werden. Vielmehr sollen die Parteien bei der Zustellung von Amts wegen vor Nachteilen durch Verzögerungen innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebs bewahrt werden, weil diese von ihnen nicht beeinflusst werden können. Daher gibt es keine absolute zeitliche Grenze, nach deren Überschreitung eine Zustellung nicht mehr als "demnächst" anzusehen ist (vgl. BGH NJW 2003, 2830, 2831; NJW-RR 2003, 599, 600).

In die deshalb angezeigte (auch) wertende Betrachtungsweise kann entgegen der Auffassung des Landgerichts ein etwaiges Vertrauen des Beklagten in die mit dem Ablauf der regulären Verjährungsfrist verbundene, für ihn günstige Rechtsfolge nicht einbezogen werden. Den Antragsteller, der mit der Einreichung seines Antrags auf Erlass eines Mahnbescheids die Rechtsfolge des Fristablaufs gerade vermeiden will und seinerseits bereits alles für eine ordnungsgemäße Zustellung des Mahnbescheids Gebotene erfüllt hat, trifft auch unter Vertrauensschutzgesichtspunkten keine besondere Verpflichtung zur Beschleunigung des Zustellungsverfahrens. Vielmehr darf er in dieser prozessualen Situation seinerseits erwarten, dass das Gericht im Weiteren das Zustellungsverfahren in eigener Zuständigkeit ordnungsgemäß betreibt (vgl. BGH NJW 2006, 3206, 3207).

Dann aber bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob ein etwaiges Vertrauen des Beklagten auf die mangelnde Durchsetzbarkeit der Klageforderung schutzwürdig wäre. Hat der Beklagte die Verzögerung zu einem wesentlichen Teil verschuldet, wird er nicht unzumutbar belastet, wenn die Zustellung noch als "demnächst erfolgt" angesehen wird (vgl. BGH NJW 1988, 411, 413). Diverse Anhaltspunkte deuten darauf hin, dass der Beklagte mangels Beschriftung des Briefkastens und/oder der Hausklingel am Gebäude U. XXX in L. mit seinem Namen maßgeblich zum Fehlschlagen der dortigen ersten vier Zustellungsversuche beigetragen hat. Dafür spricht, dass auch der auf den vierten Zustellungsantrag eingeschaltete Justizwachtmeister den Beklagten unter der vorgenannten Anschrift nicht ermitteln konnte. Zudem hat die Stadt L. mit Schreiben vom 21.09.2005 mitgeteilt, bei ihren örtlichen Ermittlungen sei ein Briefkasten- oder Klingelschild mit dem Nachnamen des Beklagten nicht feststellbar gewesen. Auch die nachfolgenden Versuche des Landgerichts, die Anspruchsbegründung unter der Anschrift U. XXX in L. - die vom Zusteller in die aktuelle Geschäftsadresse der T. Außenwerbung GmbH korrigiert worden ist - zuzustellen, sind anfänglich fehlgeschlagen.

b) Die Verjährung ist daher gemäß den §§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, 167 ZPO jedenfalls mit dem Antrag der Klägerin auf Zustellung des Mahnbescheids an der Anschrift U. XXX in L. am 17.11.2003 gehemmt worden. Die Hemmung der Verjährung hat in der Folgezeit nicht geendet, da das Verfahren nicht mehr als sechs Monate in Stillstand geraten ist (§ 204 Abs. 2 BGB).

Während des nachfolgenden Mahnverfahrens haben zwischen dem Zustellungsantrag der Klägerin, dem darauf erteilten Zustellungsauftrag des Amtsgerichts Coburg, der Benachrichtigung der Klägerin über die Unzustellbarkeit des Mahnbescheids und deren neuerlichem Zustellantrag jeweils deutlich weniger als sechs Monate gelegen. Auch nach der schließlich erfolgreichen Zustellung des Mahnbescheids am 29.11. 2005 ist das nunmehr streitige Verfahren innerhalb von Zeitabständen unter sechs Monaten weiter betrieben worden. So hat der Beklagte am 22.12.2005 Widerspruch eingelegt und dadurch das Verfahren gefördert (vgl. Peters/Jacoby in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 204 Rn. 138). Im Anschluss an den Erhalt der Widerspruchsnachricht am 29.12.2005 hat die Klägerin am 22.06.2006 die Abgabe an das Prozessgericht beantragt und damit das Verfahren weiter betrieben (vgl. Peters/Jacoby a.a.O.). Nach Eingang des weiteren Gerichtskostenvorschusses am 23.06.2006, der Abgabe des Verfahrens an das Landgericht Köln am 15.07.2006 und dem Zugang der gerichtlichen Aufforderung zur Anspruchsbegründung am 07.08.2006 hat die Klägerin einen entsprechenden Schriftsatz sodann am 05.02.2007 beim Landgericht eingereicht.

Dann aber ist es entgegen der Ansicht des Landgerichts unerheblich, dass die Sache ggf. nicht im Sinne des § 696 Abs. 3 ZPO alsbald nach der Erhebung des Widerspruchs am 22.12.2005 abgegeben worden und Rechtshängigkeit deshalb erst mit Eingang der Akten beim Landgericht am 15.07.2006 eingetreten ist. Für die Verjährungshemmung kommt es nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB allein auf die Zustellung (bzw. nach § 167 ZPO auf die Beantragung) des Mahnbescheids, nicht aber auf die Begründung der Rechtshängigkeit an (vgl. BGH NJW 2009, 1213, 1215; 1996, 2152; Urt. v. 21.01.1971 - VII ZR 137/69 - Rn. 13 f., zitiert nach juris; Vollkommer in: Zöller a.a.O. § 696 Rn. 6; Ellenberger in: Palandt, BGB, 69. Auflage, § 204 Rn. 18 a. E.).

2. Die mit der Berufung noch geltend gemachten Zahlungsansprüche sind gerechtfertigt. Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus den §§ 433 Abs. 2, 631 Abs. 1, 535 Abs. 2 BGB einen vertraglichen Anspruch auf Begleichung der in Rechnung gestellten Installationskosten für die Erweiterung des Kommunikationssystems in Höhe von umgerechnet 1.631,50 EUR sowie der Miete über umgerechnet 1.746,49 EUR für das Jahr 2001.

Sofern sich der Beklagte damit verteidigt hat, nicht er, sondern seine frühere Ehefrau I. J. sei Vertragspartnerin der Klägerin gewesen, hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass der Beklagte das Formular über die Anmietung des Kommunikationssystems vom 22.09.1997 ohne einen Vertretungszusatz über der Zeile "Kunde/Versicherungsnehmer" unterzeichnet und damit den Vertrag im eigenen Namen abgeschlossen hat. Die weitere Ausweisung der "J. Aussenwerbung L." als Vertragspartnerin hat aus Sicht der Klägerin mangels Hinzufügung eines Rechtsformzusatzes oder Ausweisung von Frau I. J. als Alleininhaberin jenes Unternehmens nicht klar gestellt, dass sich der Beklagte, der nur Angestellter der Firma gewesen sein will, nicht persönlich verpflichten wollte. Im Übrigen hat der Beklagte zugestanden, dass er im Juli 1999 Mitinhaber des - jedenfalls seitdem als Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführten - Unternehmens "J. Außenwerbung" geworden ist. Dann aber haftet er analog den §§ 28 Abs. 1, 128 S. 1 HGB für die vertraglichen Verbindlichkeiten von Frau I. J..

Die Vertragspartnerschaft zwischen der Klägerin und dem Beklagten hat sich auch auf die Erweiterung des Kommunikationssystems im Jahr 2000 erstreckt, die nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Klägerin im Auftrag des Beklagten sowie im Rahmen des bestehenden Vertragsverhältnisses erfolgte. Soweit die Klägerin in Folge dessen die Miete für das Jahr 2001 auf umgerechnet 1.746,49 EUR erhöht hat, hat der Beklagte dagegen - ebenso wie hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Installationskosten - keine Einwendungen erhoben.

Die von der Klägerin im Berufungsverfahren weiter verfolgten Zahlungsansprüche sind nicht erloschen. Sofern der Beklagte behauptet hat, die in der Rechnung vom 25.11.2000 erfasste Miete für das Jahr 2001 sei gegenüber seiner früheren Ehefrau tituliert und erfolgreich vollstreckt worden, hat das Landgericht den Beklagten zu Recht für beweisfällig gehalten.

Sofern sich der Beklagte im Hinblick darauf, dass die Rechnungen nicht an ihn persönlich, sondern an die "I. J. Aussenwerbung L. GbR" bzw. an die "J. Aussenwerbung L." gerichtet waren, auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen hat, greift dieser Einwand nicht. Hinsichtlich der Jahresmiete für 2001 ist schon nicht ersichtlich, dass die Klägerin die vertraglich vereinbarten Mietpreise nochmals in einer Rechnung aufzuführen hatte. Im Übrigen bezogen sich beide Rechnungen auf das Außenwerbungsunternehmen J., deren Mitinhaber der Beklagte nach eigenem Eingeständnis jedenfalls ab Juli 1999 war.

3. Der geltend gemachte Zinsanspruch ist ebenfalls gerechtfertigt. Die Klägerin kann vom Beklagten nach den §§ 286 Abs. 1, 284 Abs. 1, 3 S. 1 BGB a.F. bzw. §§ 288 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 BGB n.F. die Verzinsung der im Berufungsverfahren weiter geltend gemachten Summe von 3.377,99 EUR mit 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2002 verlangen.

Die am 25.11.2000 in Rechnung gestellte Jahresmiete 2001 über 1.746,49 EUR war zu den in die Rechnung aufgenommenen Zahlungsterminen des 01.01.2001, 01.04. 2001, 01.07.2001 und 01.10.2001 fällig. Die in Ziffer 3.1 der Allgemeinen Bestimmungen zum Miet-/Programmüberlassungsvertrag vorgesehene Vorleistungspflicht stellt keine unangemessene Benachteiligung des Mieters im Sinne des (gemäß Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB anwendbaren) § 307 Abs. 1 BGB dar (vgl. Weidenkaff in: Palandt a.a.O. § 579 Rn. 3; Grüneberg in: Palandt a.a.O. § 309 Rn. 13). Gleiches gilt für den Umfang der auf drei Monate erstreckten Vorleistungspflicht. Demnach befand sich der Beklagte mit der geschuldeten Mietzinszahlung gemäß § 284 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. bzw. (ab dem 01.01.2003, vgl. Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB) § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB n.F. seit dem 01.01.2002 auch ohne Ausspruch einer Mahnung in Verzug.

Ebenfalls seit dem Jahr 2002 befindet sich der Beklagte mit der Begleichung der am 03.08.2000 in Rechnung gestellten Installationskosten von 1.631,50 EUR in Verzug. Dass die Rechnung vom 03.08.2000 nicht zeitnah zugegangen ist, hat der Beklagte nicht behauptet. Dann aber ist der Anspruch auf Zahlung der Installationskosten gemäß Ziffer 3.3 der Allgemeinen Bestimmungen zum Miet-/Programmüberlassungsvertrag mit Zugang der Rechnung fällig geworden. Dem zu Folge befand sich der Beklagte gemäß § 284 Abs. 3 S. 1 BGB a.F. bzw. § 286 Abs. 3 S. 2 BGB n.F. jedenfalls ab dem 01.01.2002 mit der Rechnungsbegleichung in Verzug.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 344 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Streitwert für das Berufungsverfahren: 3.377,99 EUR