AG Wuppertal, Beschluss vom 14.03.2011 - 145 IK 723/08
Fundstelle
openJur 2011, 76964
  • Rkr:

Eine Versagung von Amts wegen auf Anregung des Treuhänders wegen Untertauchens des Schuldners ohne vorangegangenen Gläubigerantrag unterfällt nicht § 296 Abs. 2 S. 3 InsO. eine Versagung von Amts wegen ist vom Gesetzgeber ohne vorherigen Gläubigerantrag nicht vorgesehen. Das Verfgahren ist vielmehr kontradiktorisch ausgestaltet. Erforderlich für die Aufgabe zur Erteilung von Auskünften gem. § 296 Abs. 2 S. 3 InsO ist ein zulässiger Versagungsantrag gemäß § 296 Abs. 1 InsO eines Gläubigers. Dies gilt auch dann, wenn der Schuldner nicht befragt werden kann, weil er gerade nicht erreichbar ist.

Tenor

Der Anregung des Treuhänders vom 11. und 30.11.2011 auf Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO von Amts wegen wird nicht entsprochen.

Gründe

I.

Am 06.06.2008 wurde auf Antrag des Schuldners vom 02.06.2008, das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet. Mit Beschluss vom 13.07.09 wurde dem Schuldner die Restschuldbefreiung - wie ebenfalls beantragt - angekündigt und das Verfahren wurde unter dem 13.07.2009 mangels zu verteilender Masse ohne Schlussverteilung aufgehoben.

In seinem Jahresbericht vom 28.09.2010 teilte der Treuhänder noch mit, dass er mit dem Schuldner weiterhin in Kontakt stehe, aber nach wie vor keine Einkommensanteile zur Masse gezogen werden konnten und damit auch in Zukunft nicht zu rechnen sei. Unter dem 05.10.10 teilte der Treuhänder hingegen mit, dass ein dem Schuldner zugesandtes Schreiben als unzustellbar zurückgekehrt sei.

Die Stadt V teilte unter dem 13.10. und 21.12.2010 mit, dass der Schuldner amtl. abgemeldet worden sei. Die ehemalige Ehefrau des Schuldners reagierte nicht auf Anschreiben des Treuhänders, die ehem. Bank hat das Konto bereits vor Insolvenzeröffnung gelöscht, das Steuerbüro des ehem. Arbeitgebers teilte mit, dass der Schuldner unter dem 30.04.2009 ausgeschieden sei. Auch der ehem. Vermieter gab einen "eiligen Auszug" Ende April 2010 an, wobei der Schuldner zurück nach Griechenland gegangen sein soll ohne eine Anschrift zu hinterlassen (vgl. den Bericht des Treuhänders vom 30.11.10, Bl. 154 f. GA und vom 12.01.2011, Bl. 160 GA).

Der Treuhänder regte unter dem 11. und 30.11.2010 letztlich die Restschuldbefreiungsversagung von Amts wegen aufgrund des "Untertauchens" des Schuldners an.

Eine Anfrage unter der im Antrag des Schuldners angegebenen Telefonnummer ergab, dass es sich um die Telefonnummer der Familie des Bruders handelt. Die Schwägerin gab an, dass der Schuldner tats. nach Griechenland verzogen sei, und dort postalisch nicht erreichbar sei. Sie erkundigte sich sodann bei der Mutter des Schuldners in Griechenland und teilte erneut tel. mit, dass diese den Schuldner auch schon eine Woche nicht mehr gesehen habe. Diese spreche ebenso wenig wie ihr Mann Deutsch. Sie könne aber ihren Mann bitten, einem Cousin ein gerichtliches Schreiben mit nach Griechenland zu geben mit der Bitte um Übermittlung an den Schuldner. Das gerichtliche Anhörungsschreiben konnte letztlich trotz 2-fachen Versuches aber nicht mal an die Adresse von der Schwägerin zugestellt werden.

II.

Der Anregung des Treuhänders, dem Schuldner die Restschuldbefreiung nach § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO von Amts wegen zu versagen, war nicht nachzukommen, da die Voraussetzungen für eine solche Versagung nicht vorliegen.

Denn das Gesetz sieht für den hier vorliegenden Fall keine Versagung von Amts wegen vor.

1. Zwar dürfte die materiellrechtliche Voraussetzung für die Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 295 I Nr. 3 InsO vorliegen, da der Schuldner keine Auskunft über seine Einkommensverhältnisse und den Wohnungswechsel nach Griechenland dem Treuhänder und Gericht erteilt hat.

Allerdings fehlt es hier an dem erforderlichen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung durch einen Gläubiger und die Gläubigerbenachteiligung ist fraglich, da der Schuldner ohnehin zu keiner Zeit pfändbare Einkommensanteile erwirtschaftet hat.

2. Insoweit käme - wie angeregt - zwar grds. eine Versagung der Restschuldbefreiung gem. § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO von Amts wegen, welche weder einen Gläubigerantrag noch eine Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger voraussetzt, in Betracht (BGH, Beschl. v. 14.05.2009, IX ZB 116/08, ZInsO 2009, 1268, Rn. 14, und Beschl. v. 08.10.2009, IX ZB 169/08, ZInsO 2009, 2162, Rn. 6).

Jedoch fehlte es hier an einer gescheiterten Auskunftserteilung des Schuldners gegenüber dem Gericht, weil der Schuldner nicht vom Gericht zur Auskunftserteilung mit explizitem Hinweis darauf, dass die Verletzung gegenüber dem Gericht schon alleine zur Versagung führen kann (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 21.01.2010, IX ZB 67/09, ZInsO 2010, 391, Rn. 22), aufgefordert worden ist. Denn unabhängig von der Frage, ob die Zustellung der Anhörung hier unterbleiben kann, da der Schuldner gem. § 10 InsO unbekannten Aufenthalts im Ausland ist, fehlt es bisher bereits an einem das Verfahren überhaupt auslösenden Gläubigerantrag. Die vom Gericht ursprünglich dennoch vorgesehene Anhörung ging zudem ins Leere, da sie eben nicht zugestellt werden konnte.

Einen Gläubigerantrag setzt § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO nach dessen eindeutigen Wortlauts, wonach u.a. der Schuldner vor der Entscheidung über den Antrag (nach § 296 Abs. 1 InsO) zu hören ist, zunächst als vorgeschaltetes Verfahren voraus (a.A. z.B.: AG Hamburg, Beschl. v. 19.02.2010, 67g IN 127/06, ZInsO 2010, 444, oder auch Demme, NZI 10, 710 mit weiteren Zitaten).

Soweit der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 14.05.2009 ausführt, dass für diesen Versagungstatbestand eigener Art kein Gläubigerantrag erforderlich sei, ist nach hiesigem Verständnis gemeint, dass für die Entscheidung über die Versagung nach § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO kein weiterer Antrag eines Gläubigers des Inhalts vorliegen muss, dem Schuldner wegen Verstoßes gegen seine Verfahrensobliegenheiten gemäß § 296 Abs. 2 Satz 2 InsO die Restschuldbefreiung zu versagen. Insofern kann das Gericht ausnahmsweise auch von den angegebenen Gründen zur Versagung im Gläubigerantrag abweichen.

Diese Auffassung wird auch dadurch gestützt, dass das Restschuldbefreiungsversagungsverfahren kontradiktorisch ausgestaltet ist. Zwar soll gem. § 1 S. 2 InsO (nur) der redliche Schuldner Restschuldbefreiung erlangen. Allerdings sieht § 1 S. 2 InsO die gleichmäßige Gläubigerbefriedigung als Ziel der Insolvenzordnung vor und die §§ 290, 296 InsO geben grds. auch nur den Gläubigern das Recht zur Versagungsantragstellung bei Obliegenheitsverletzungen.

Der Treuhänder selber könnte lediglich einen Antrag gem. § 298 InsO bei Vorliegen dessen Voraussetzungen stellen.