OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.06.2010 - I-4 W 22/10
Fundstelle
openJur 2011, 75994
  • Rkr:
Tenor

I.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Rechtspfleger - vom 26. Februar 2010, Az.: 11 O 309/06, wird zurückgewiesen.

II.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet, § 127 Abs. 4 ZPO.

Gründe

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Rechtspfleger - vom 26. Februar 2010, mit dem der Prozesskostenhilfebeschluss der Kammer vom 29. November 2006 dahin abgeändert wurde, dass die Klägerin eine einmalige Zahlung von Prozesskosten in Höhe von € 4.276,64 zu erbringen hat, ist war zulässig und insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden, § 127 Abs. 2 ZPO. In der Sache hat die Beschwerde indes keinen Erfolg, denn das Landgericht hat den Prozesskostenhilfebeschluss zutreffend abgeändert.

Die Abänderung des Prozesskostenhilfebeschlusses vom 29. November 2006 ist gemäß § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO zulässig. Danach kann das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgeblichen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse geändert haben. Die Klägerin selbst räumt ein, zwischenzeitlich von der Beklagten aus dem vom Senat am 04. November 2009 festgestellten Vergleich einen Betrag in Höhe von € 70.000,00 erhalten zu haben. Gerade das durch einen Rechtsstreit dazu erworbene Vermögen ist grundsätzlich für die Bezahlung der Prozesskosten einzusetzen (vgl. Philippi, in: Zöller, ZPO, 27. Auflage (2009), § 120 Rdnr. 24; Motzer, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 3. Auflage (2008), § 120 Rdnr. 18). Zuständig ist nach § 20 Nr. 4c RPflG der Rechtspfleger.

Das Landgericht hat den von der Klägerin zu zahlenden Betrag in Höhe von € 4.276,64 zutreffend festgesetzt. Die Abänderung eines Beschlusses über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann insbesondere in der Weise erfolgen, dass die Partei alle auf sie entfallenden Kosten in einer einmaligen Zahlung zu erbringen hat (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. September 1993, Az.: 3 WF 97/93, abgedruckt u.a. in: FamRZ 1994, 1266; Philippi, in: Zöller, ZPO, 27. Auflage (2009), § 120 Rdnr. 29). Der Betrag in Höhe von € 4.276,64 ist rechnerisch richtig, denn in dieser Höhe hat die Landeskasse für die Klägerin Zahlungen erbracht bzw. diese ihr gestundet.

Im Ausgangspunkt ist ganz grundsätzlich die Kostenhaftung des Kostenschuldners gegenüber der Staatskasse von der prozessualen Kostenerstattung zwischen den Parteien nach §§ 91 ff. ZPO und dem Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO zu unterscheiden (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 40. Auflage (2010) Übers. § 22 Rdnr. 1; Dörndorfer, in: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 2007, Vorbemerkung zu § 22 Rdnr. 1; Meyer, GKG, 11. Auflage (2009), Vor § 22 Rdnr. 1).

Die Klägerin schuldet der Landeskasse Gerichtskosten für die erste Instanz in Höhe von € 2.326,10. Dieser Betrag setzt sich aus den Gebühren in Höhe von € 1.968,00, den Zeugenauslagen in Höhe von € 297,80 und dem Auslagenersatz für ausländische Behörden in Höhe von € 60,30. Diese erstinstanzlichen Kosten schuldet die Klägerin gegenüber der Landeskasse zu 100%.

Das GKG kennt mehrere Haftungstatbestände, die auch nebeneinander vorliegen können. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG schuldet in bürgerlichen Streitigkeiten die Kosten, wer das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat (Antragstellerhaftung). Die Kosten schuldet ferner gemäß § 29 Nr. 1 GKG derjenige, dem durch gerichtliche Entscheidung die Kosten des Verfahrens auferlegt sind (Entscheidungsschuldner) oder nach § 29 Nr. 2 GKG u.a. derjenige, der sie durch in einem vor Gericht abgeschlossenen Vergleich übernommen hat (Übernahmeschuldner).

Die Klägerin haftet daher bereits aus § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG im Wege der Antragsstellerhaftung vollumfänglich, denn sie hat die Klage erhoben. Daneben haftet die Klägerin auch nach § 29 Nr. 1 GKG als Entscheidungsschuldner zu 100%, weil das Landgericht der Klägerin mit Urteil vom 08. Januar 2009 die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens auferlegt hat. Diese Haftung gegenüber der Landeskasse ist nicht durch den vom Senat am 04. November 2009 festgestellten Vergleich teilweise erloschen, denn nach § 30 GKG erlischt die durch gerichtliche Entscheidung begründete Verpflichtung zur Zahlung von Kosten nur, soweit die Entscheidung durch eine andere gerichtliche Entscheidung aufgehoben oder abgeändert wird. Werden die Kosten später in einem Vergleich von einem anderen übernommen, wird die Haftung nach § 29 Nr. 1 GKG dadurch nicht beseitigt, denn § 30 Satz 1 GKG verlangt eine andere gerichtliche Kostengrundentscheidung (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 04. Juni 2007, Az.: 4 W 13/07, abgedruckt u.a. in JurBüro 2008, 325; Hartmann, Kostengesetze, 40. Auflage (2010) § 30 Rdnr. 3; Dörndorfer, in: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 2007, § 29 Rdnr. 4; Meyer, GKG, 11. Auflage (2009), § 29 Rdnr. 11 und zum GKG a.F. vgl. BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2000, Az.: II ZR 163/99, abgedruckt u.a. NJW-RR 2001, 285). Hierfür reicht die gerichtliche Feststellung eines Vergleichs nicht aus.

Zwar haftet auch die Beklagte der Staatskasse wegen des Vergleichsschlusses vor dem Senat auf 90% der erstinstanzlichen Gerichtskosten aus § 29 Nr. 2 GKG, weil sie insoweit die Gerichtskosten übernommen hat. Mehrere Kostenschuldner haften nach § 31 Abs. 1 GKG jedoch als Gesamtschuldner, so dass es der Landeskasse grundsätzlich freisteht, insoweit auch die Klägerin in Anspruch nehmen. Die Beklagte ist auch nicht als sogenannter Erstschuldner nach § 31 Abs. 2 GKG vorrangig in Anspruch zu nehmen, denn auch bei der Klägerin handelt es sich um einen Erstschuldner, die untereinander als Gesamtschuldner haften (vgl. Dörndorfer, in: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 2007, zu § 31 Rdnr. 3).

Die Klägerin schuldet der Landeskasse Gerichtskosten für das Berufungsverfahren in Höhe von € 131,20. Dieser Betrag entspricht einem Zehntel der diesbezüglichen Gebühren, für die die Klägerin haftet, weil sie insoweit die Haftung für die Kosten des Berufungsverfahrens durch den vom Senat am 04. November 2009 festgestellten Vergleich übernommen hat.

Die Klägerin schuldet der Landeskasse zudem die Kosten der von dieser an ihren Prozessbevollmächtigten nach § 45 Abs. 1 RVG gezahlten Rechtsanwaltsvergütung in Höhe von € 3.118,52, denn die Landeskasse hat auf entsprechende Anträge des Prozessbevollmächtigten unter dem 05. Februar 2009 einen Betrag in Höhe von € 1.187,03 und unter dem 27. November 2009 einen Betrag in Höhe von € 1.931,49 jeweils festgesetzt und angewiesen.

Von dieser sich aus den vorstehenden Beträgen ergebenden Gesamtsumme in Höhe von € 5.575,82 ist zu Gunsten der Klägerin ein Betrag in Höhe von € 1.299,18 in Abzug zu bringen, der auf den sog. Übergangsanspruch der Landeskasse gegenüber der Beklagten entfällt. Es kann dahinstehen, ob dieser Übergangsanspruch nach § 59 RVG im Hinblick auf die Berechnung des nicht angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23. Dezember 2009 in Rechtskraft erwachsen ist, denn die vom Landgericht vorgenommene Berechnung, deren Richtigkeit auch von der Klägerin im Beschwerdeverfahren nicht widerlegt oder auch nur angegriffen wird, ist zutreffend. Bei der Kostenverteilung nach Bruchteilen geht der Mehrbetrag aus der Differenz des zu erstattenden Betrages einerseits und der Wahlanwaltsvertretung abzüglich bereits erbrachter Leistungen andererseits auf die Landeskasse über (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 40. Auflage (2010) § 59 RVG Rdnr. 10). In der ersten Instanz besteht dieser Betrag in Höhe von € 449,55 (= Erstattungsbetrag in Höhe von € 2.954,38 - € 2.504,83 [entspricht Wahlanwaltsvergütung in Höhe von € 3.691,86 abzüglich erhaltener PKH-Vergütung in Höhe von €1.187,03]) und in der zweiten Instanz in Höhe von € 849,63 (= Erstattungsbetrag in Höhe von € 4.796,74 - € 3.947,11 [entspricht Wahlanwaltsvergütung in Höhe von € 5.878,60 abzüglich erhaltener PKH-Vergütung in Höhe von € 1.931,49]).

Dies alles sagt indes nichts darüber aus, welche Parteien in welcher Höhe die Gerichtskosten im Innenverhältnis der Parteien zu tragen hat. Von daher ist durch die Kostenregelung der Parteien durch den Vergleich insoweit kein Kostenerstattungsanspruch auf die Landeskasse übergangen. Vielmehr steht es der Klägerin frei, sich auch diese Kosten im Wege des Kostenfestsetzungsverfahrens titulieren zu lassen. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23. Dezember 2009 beinhaltet diese Kosten nicht, da die Klägerin diese Kosten bislang nicht angemeldet hat.

K. D. B.