OLG Hamm, Urteil vom 14.06.2010 - I-31 U 48/10
Fundstelle
openJur 2011, 75939
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 1 O 485/08
Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Abweisung des Rechtsmittels im Übrigen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 04.02.2010 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26.250,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.12.2008 Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung des Klägers (Nominalbetrag 25.000,00 Euro) an der W3 GmbH & Co. KG in H bei München sowie aus dem darauf bezogenen Treuhandvertrag des Klägers mit der W2 GmbH in München zu zahlen.

2.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der Rechte aus der Beteiligung des Klägers (Nominalbetrag 25.000,00 Euro) an der W3 GmbH & Co. KG sowie aus dem darauf bezogenen Treuhandvertrag des Klägers mit der W2s-GmbH in Verzug befindet.

3.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, jeden Schaden des Klä-gers aus dem Erwerb der Beteiligung (Nominalbetrag 25.000,00 Euro) an der W3 GmbH & Co. KG zu ersetzen, der ihm über die ausdrücklich klageweise geltend gemachten Forderungen hinaus noch entstehen wird, Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung des Klägers (Nominalbe-trag 25.000,00 Euro) an der W3 GmbH & Co. KG sowie aus dem darauf be-zogenen Treuhandvertrag vom 15.09.2003.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger 1/6 und die Beklagte 5/6.

Die Kosten der Berufungsinstanz werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betra-ges leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger macht Ansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung geltend.

Der Kläger war Kunde der beklagten Bank. Im Jahr 2003 empfahl ihm der Mitarbeiter der Beklagten B2 eine Beteiligung an der W3 GmbH & Co.KG mit Sitz in H bei München. Der Kläger entschied sich, der Empfehlung zu folgen.

Der Fondsbeitritt erfolgte über die Fa. W GmbH als Treuhandkommanditistin.

Der Kläger unterzeichnete am 15.09.2003 einen Zeichnungsschein (Anlage K 1 zur Klageschrift) über eine Beteiligung zum Nennwert von

25.000 EUR

zuzüglich eines Agios von 5 %, also 1.250 EUR.

Der Kläger zahlte also insgesamt 26.250 EUR.

Die Beklagte erhielt für die Vermittlung der Beteiligung von Seiten der Fondsgesellschaft eine Provision in Höhe von 8,25 % der Zeichnungssumme ohne Agio, also 2.062,50 EUR. Darüber wurde der Kläger von dem beratenden Mitarbeiter der Beklagten nicht aufgeklärt.

In dem umfangreichen Fonds-Prospekt (Anlage K 3 zur Klageschrift) heißt es auf S. 68 f. in dem Abschnitt "12. Vertragsgrundlagen" unter der Überschrift "Eigenkapitalvermittlungsvertrag":

"Die Fondsgesellschaft hat die W4 Beratung für Banken AG [...] mit der Organisation und Abwicklung der Eigenkapitalvermittlung beauftragt [...].

Die W4 AG hat das Recht, ihre Rechte und Pflichten aus dieser Vertriebseinbarung auf Dritte zu übertragen, [...].

Hierfür erhält die W4 AG eine Vergütung in Höhe von 8,9 % des Kommanditkapitals. Das von den beitretenden Kommanditisten zu erbringende Agio in Höhe von 5 % ist eine zusätzliche Vergütung für die Eigenkapitalvermittlung. [...]"

Die Provision für die Beklagte war geregelt in einer zwischen der Fondsgesellschaft, der vorgenannten W4 Beratung für Banken AG mit Sitz in H und der Beklagten - diese als "Vertriebspartner" - im Juli/August 2003 getroffenen - aus einer Vielzahl von Parallelverfahren gerichtsbekannten und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörterten - "Vertriebs- und Vergütungsvereinbarung. Die Provision betrug danach 8,25 % des vermittelten Zeichnungsbetrages ohne Agio, wenn ein Mindestvermittlungsvolumen von 5.000.000 EUR erreicht wurde, was der Fall war. Weiter heißt es in Abschnitt (3):

"Der Vertriebsberater [d.h. die Beklagte] verpflichtet sich, bei der Vertriebswerbung und Vertriebsberatung nur Daten und Fakten zu verwenden, die ihm von der W4 AG oder Fondsgesellschaft zur Verfügung gestellt worden sind. Er ist nicht berechtigt, hiervon - insbesondere von den Aussagen des Beteiligungsangebots - abweichende oder darüber hinausgehende Angaben zu machen."

Die Übertragung der Beteiligung bedarf nach § 5 des Gesellschaftsvertrages der Zustimmung der Komplementärin. Wegen des weiteren Inhalts des Vertrags und des Fondsprospekts insgesamt wird auf die zu den Akten gereichte Kopie des Fondsprospekts Bezug genommen.

Die Fondsbeteiligung erbrachte in der Folgezeit nicht den erhofften wirtschaftlichen Erfolg. Zudem erkannte das Finanzamt steuerliche Verlustzuweisungen der Fondsgesellschaften nicht an.

Mit seiner Klage hat der Kläger im Wesentlichen die Rückabwicklung des Anlagegeschäfts begehrt. Er hat u.a. geltend gemacht, er hätte sich an den Fonds nicht beteiligt, wenn die Beklagte ihn darüber informiert hätte, dass sie eine Vergütung in Höhe von 8,25 % des Nennbetrags erhalte.

Die Beklagte hat Ansprüche zurückgewiesen. Sie hat insbesondere geltend gemacht, die Vergütung sei für die Anlageentscheidung unerheblich gewesen. Jedenfalls sei das Unterlassen einer Aufklärung darüber nach dem damaligen Stand der Rechtsprechung schuldlos gewesen. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Beklagte für den Kläger unentgeltlich tätig gewesen sei und (Rück-) Vergütungen üblich (gewesen) seien.

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands in erster Instanz, auch wegen der Anträge der Parteien und wegen des Tenors und der Begründung des Urteils wird auf dieses Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen erster Instanz. Jedenfalls sei es unzulässig, wenn ihr Verhalten nachträglich als schuldhaft sanktioniert werde. Hilfsweise meint die Beklagte insbesondere, Annahmeverzug und die vom Landgericht ausgesprochene Zugum-Zug-Verurteilung schieden aus, da eine Übertragung ohne weitere Mitwirkungsakte von Seiten der Treuhänderin und der Komplementärin nicht möglich sei.

Die Beklagte beantragt, abändernd die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Ihm seien letztlich nicht Steuervorteile, sondern durch die nachträgliche Aberkennung von Steuervorteilen weitere wirtschaftliche Nachteile entstanden.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in dieser Instanz wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen; diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Der Senat hat den Kläger als Partei vernommen; dazu wird auf das Verhandlungsprotokoll Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist im Wesentlichen unbegründet und erfolgreich nur wegen eines Teils des vom Landgericht zugesprochenen Zinsanspruchs.

1.

Zu Recht hat das Landgericht entschieden, dass die Beklagte wegen Verletzung des mit dem Kläger geschlossenen Beratungsvertrags verpflichtet ist, den Kläger so zu stellen, als hätte dieser sich an dem Fonds nicht beteiligt.

a)

Zwischen den Parteien ist, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ein Beratungsvertrag zustande gekommen. § 675 Abs. 2 BGB gilt für diesen nicht.

b)

Die Beklagte war aus diesem Beratungsvertrag verpflichtet, den Kläger über alle für die Anlageentscheidung wesentlichen Umstände zu informieren (vgl. bereits BGH, Urt. v. 06.07.1993 - XI ZR 12/93 unter II 2 a, BGHZ 123, 126 = WM 1993, 1455 - sog. Bond-Urteil). Hierzu gehörte es, den Kläger über die der Beklagten zufließende Vergütung zu informieren (vgl. BGH, Beschl. v. 20.01.2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405; Urt. v. 19.12.2006 - XI ZR 56/06, BGHZ 170, 226 = WM 2007, 487 - sog. Kickback-Urteil).

Wie der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 20.01.2009 (ebd.) überzeugend ausgeführt hat, muss die beratende Bank ihrem Kunden ermöglichen, eine für diesen bestehende Gefährdungssituation zu erkennen. Nach dem zivilrechtlich allgemein anerkannten Grundsatz, dass vertragswidrige Interessenkonflikte zu vermeiden sind (vgl. etwa bereits BGH, Urt. v. 19.06.1985 - IVa ZR 196/83 unter II 2 a und b = Juris-Rn. 13, 16 mit weiterem Nachweis, BGHZ 95, 81 = WM 1985, 1071), ist es geboten, den Kunden über etwaige Vergütungen aufzuklären.

Für die Beklagte und deren Berater bestand wegen der Vergütung in Höhe von 8,25 % der Zeichnungssumme ein ganz erheblicher Anreiz, Anlegern gerade diese Fondsbeteiligung zu empfehlen. Dies gilt, zumal ein Mindestvermittlungsvolumen von 5.000.000 EUR erreicht werden musste. Über die Vergütung und den damit verbundenen Interessenkonflikt musste die Beklagte den Kläger im Rahmen des Beratungsgesprächs informieren, um diesen in die Lage zu versetzen, das Umsatzinteresse der Beklagten einschätzen und beurteilen zu können, ob die Beklagte und ihr beratender Mitarbeiter die Fondsbeteiligung nur deshalb empfahlen, weil die Beklagte selbst daran verdiente.

Der Beschluss vom 20.01.2009 steht - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch in Übereinstimmung mit der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Die Beklagte hat keine Entscheidung aufzuzeigen vermocht, welche eine Pflicht einer beratenden Bank, eine an sie selbst fließende Provision zu offenbaren, verneinen würde, erst recht, wenn diese Provision in der Größenordnung in Höhe von 8,25 % der Zeichnungssumme liegt. Die von der Beklagten angeführten Entscheidungen betreffen entweder von vornherein keine Bankberater, sondern etwa Anlagevermittler (vgl. dazu und zur sog. 15-%-Grenze nur BGH, Urt. v. 12.02.2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110 = WM 2004, 631), oder Fälle, in welchen eine Vergütung an die beratende Bank nicht erörtert wurde; der Bundesgerichtshof hat auch zu keinem Zeitpunkt die Unterscheidung zwischen einer beratenden Bank und Anlagevermittlern aufgegeben (vgl. zur früheren Rechtsprechung bereits Senat, Urt. v. 25.11.2009 - 31 U 70/09, unter II 1 a = Juris-Rn. 51-54 mit weiteren Ausführungen; abrufbar unter www.nrwe.de). Der allein im Rahmen eines Beratungsvertrages auftretende Interessenkonflikt aber ist gerade der maßgebliche Gesichtspunkt, der die Pflicht der beratenden Bank begründet, über Vergütungen an sie zu informieren. Die Rechtsprechung zur sog. 15-%-Grenze gilt hier nicht und vermag die Aufklärungspflichten einer beratenden Bank über Vergütungen nicht einzuschränken.

Mit dem Urteil des III. Zivilsenats vom 15.04.2010 (III ZR 196/09) zu sog. freien Anlageberatern hat der Bundesgerichtshof die vorgenannte Rechtsprechung nicht geändert, sondern es vielmehr (Rn. 10) als anerkannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bezeichnet, dass eine Bank aufklären muss, um einen Interessenkonflikt offenzulegen und den Kunden in die Lage zu versetzen, das Umsatzinteresse der Bank einzuschätzen und zu beurteilen.

Die Ansicht der Beklagten, der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs habe mit seinem Beschluss vom 20.01.2009 den dortigen Parteien den gesetzlichen Richter entzogen und richtigerweise den Großen Zivilsenat des Bundesgerichtshofs anrufen müssen, ist, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, unrichtig. Ohnehin dürfte dies den erkennenden Senat nicht daran hindern, nach Recht und Gesetz zu entscheiden und ggf. zu demselben Ergebnis zu kommen wie der XI. Zivilsenat.

Die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs hat durch dessen Urteile vom 27.10.2009 (XI ZR 338/08, Rn. 31, WM 2009, 2306, vorgehend OLG Frankfurt, Urt. v. 15.10.2008 - 23 U 17/06, Juris; XI ZR 337/08, WM 2009, 2303, vorgehend OLG Frankfurt, Urt. v. 15.10.2008 - 23 U 348/05, OLGR Frankfurt 2009, 488) keine Einschränkung erfahren. Der Bundesgerichtshof hat hervorgehoben, dass es sich dort (1) - anders als im vorliegenden Fall - nicht um eine umsatzabhängige Provision handelte und (2) zudem eine Vergütung an die Bank schon in dem Prospekt zutreffend angegeben war, welcher dem Anleger rechtzeitig übergeben worden war (XI ZR 338/08, Rn. 31; vgl. auch OLG Frankfurt, 23 U 17/06 bei Juris-Rn. 52). Im Übrigen war die Bank auch auf dem Titelblatt des Prospekts genannt (OLGR Frankfurt 2009, 488).

Der Auffassung der Beklagten, an der vorstehenden Beurteilung könne insbesondere unter Berücksichtigung der Anmerkung von Nobbe (WuB I G 1 - 5.10) zu OLG Dresden, Urt. v. 24.07.2009 - 8 U 1240/08 (WM 2009, 1689 - abgeändert zugunsten des dortigen Klägers durch Anerkenntnisurteil des Bundesgerichtshofs vom 16.03.2010 - XI ZR 258/09) nicht festgehalten werden, folgt der Senat nicht. Das dort erwähnte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25.09.2007 (XI ZR 320/06, BKR 2008, 199) befasst sich, soweit ersichtlich, nicht mit der Provision gerade für die beratende Bank und die sich daraus ergebenden Besonderheiten. Nach Auffassung des Senats handelt es sich bei den Provisionen des Streitfalls auch im Sinne von Nobbe um aufklärungsbedürftige, umsatzabhängige "Rückvergütungen", u.a. aus dem Agio. Jedenfalls aber ergab sich aus dem aufgezeigten Interessenkonflikt eine Pflicht der Beklagten, den Anleger konkret darüber aufzuklären, dass und in welcher Höhe eine Vergütung an die Beklagte floss.

Die Informationspflicht der Beklagten bestand, auch wenn der Kläger für die Beratung - abgesehen von der mittelbar aus seinem Vermögen stammenden Vergütung - kein Entgelt an die Beklagte zahlte. Dies ändert nichts daran, dass die Beklagte eine an den Interessen des Klägers orientierte Beratung schuldete und auf etwaige Interessenkonflikte hinweisen musste (vgl. dazu noch unten).

Nicht gefolgt werden kann der im Schriftsatz der Beklagten vom 25.03.2010 (dort S. 19 = Bl. 369) vorgetragenen Auffassung. Dort heißt es: "Wer seinem Vertragspartner keine Vergütung zahlt, kann nicht in gleichem Maße Loyalität verlangen wie derjenige, der seinen Vertragspartner entlohnt." Die Kunden der Beklagten durften von dieser und deren Beratern mit Recht uneingeschränkte Loyalität erwarten.

Die Angaben in dem Fonds-Prospekt ließen die Pflicht der Beklagten zur Aufklärung über die Vergütung nicht entfallen.

Auch wenn der Anleger die Gesamthöhe der Vergütung für die "Eigenkapitalvermittlung" von 8,9 % und weiteren 5 % des Kommanditkapitals kannte und ferner wusste, dass die W4 Beratung für Banken AG das Recht hatte, "ihre Rechte und Pflichten aus d[...]er Vertriebsvereinbarung auf Dritte zu übertragen", musste er deshalb nicht annehmen, dass seine ihn beratende Bank, die Beklagte, bei einer Zeichnung eine Vergütung in Höhe von 8,25 % der Zeichnungssumme erhält. Gerade daraus aber erwachsen die Interessenkollision und die Informationspflicht der Beklagten.

Auf die Frage, ob der Kläger den Prospekt so rechtzeitig vor Zeichnung der Beteiligungen erhielt, dass er den Inhalt des jeweils umfangreichen Prospekts noch zur Kenntnis nehmen konnte, kommt es hiernach nicht an.

Die Informationspflicht entfiel auch nicht etwa deshalb, weil dem Kläger die Vergütung ohnehin von vornherein bekannt gewesen wäre. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass ihm die Höhe der Vergütung von 8,25 % der Zeichnungssumme bekannt war.

c)

Die Beklagte ist ihrer Informationspflicht nicht nachgekommen.

Eine ausdrückliche Aufklärung erfolgte unstreitig nicht.

Der Kläger war aber auch durch den Beteiligungsprospekt nicht hinreichend informiert. Wie bereits ausgeführt, ergab sich daraus nicht, dass die den Kläger beratende Beklagte eine Vergütung in Höhe von 8,25 % der Zeichnungssumme erhielt.

d)

Das Unterlassen der Aufklärung war auch schuldhaft.

Die Beklagte hat nicht dartun können, dass nicht jedenfalls ein fahrlässiges Organisationsverschulden vorliegt. Auch ein schuldloser Irrtum des beratenden Mitarbeiters hinsichtlich des Informationserfordernisses im konkreten Einzelfall ist nicht dargetan. Die Beklagte ist dafür aber darlegungs- und beweisbelastet (vgl. nur BGH, Beschl. v. 17.09.2009 - XI ZR 264/08, BKR 2009, 471; Urt. v. 12.05.2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274).

Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, ihre Organe und Mitarbeiter seien in den Jahren bis 2003 einem unvermeidbaren Rechtsirrtum unterlegen, weil sie nach dem damaligen Stand der Rechtsprechung - insbesondere vor dem oben bereits erwähnten sog. Kickback-Urteil vom 19.12.2006 (BGHZ 170, 226) - nicht hätten erkennen können, dass eine Vergütung dem zu beratenden Kunden zu offenbaren sei.

Nach Auffassung des Senats lag die Pflicht, eine Vergütung in Höhe von 8,25 % der Zeichnungssumme zu offenbaren, bei sorgfältiger Prüfung auf der Hand. Jedenfalls musste sie bei sorgfältiger Prüfung schon im Jahr 2003 (und früher) erkannt werden. Wie bereits gesagt: Für die Beklagte und deren Berater bestand wegen der Vergütung in Höhe von 8,25 % der Zeichnungssumme ein ganz erheblicher Anreiz, Anlegern gerade diese Fondsbeteiligung zu empfehlen. Es bestand ein ohne weiteres, nahe liegendes Interesse der Beratungskunden, darüber informiert zu werden, um beurteilen zu können, ob die Beklagte und ihre Berater die Fondsbeteiligung nur deshalb empfahlen, weil sie selbst daran verdienten.

Dementsprechend hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluss vom 20.01.2009 (a.a.O.) die Aufklärungspflicht lediglich mit wenigen Sätzen begründet und entschieden, dass diese Pflicht erheblich (ebd. Rn. 11) ist für die Beurteilung der - im dortigen Fall - im Jahr 2001 erfolgten Anlageberatung (Rn. 2). Zweifel daran, dass die beratende Bank schon damals die sie treffende Aufklärungspflicht kennen musste, hatte der XI. Zivilsenat demnach nicht; anderenfalls hätte es zudem mehr als nahe gelegen, dem Oberlandesgericht Naumburg, an welchen der Rechtsstreit zurückverwiesen wurde, einen entsprechenden Hinweis zu geben.

Der Beklagten ist freilich einzuräumen, dass sich eine Aufklärungspflicht nicht aus einer ausdrücklichen Gesetzesvorschrift ergab. Auch ist keine Gerichtsentscheidung aus jener Zeit ersichtlich, welche eine solche umfassende und generelle Pflicht für Anlageberater ausdrücklich anerkannt hätte (vgl. aber immerhin - allerdings unter Berücksichtigung weiterer Umstände - OLG Stuttgart, Urt. v. 19.12.1995 - 12 U 150/95, VuR 1996, 333).

Die Pflicht ergibt sich aber, wie bereits angesprochen, zum einen aus der umfassenden Pflicht, den zu beratenden Anleger über alle für die Anlageentscheidung wesentlichen Umstände zu informieren (vgl. dazu nur das bereits erwähnte Urt. v. 06.07.1993, BGHZ 123, 126).

Zum anderen ergibt sich die Pflicht aus dem zivilrechtlich allgemein anerkannten Grundsatz, dass vertragswidrige Interessenkonflikte zu vermeiden sind (so ausdrücklich auch BGH, Beschl. v. 20.01.2009 - XI ZR 510/07, Rn. 12, WM 2009, 405).

Dieser Grundsatz findet sich etwa im Makler- und Auftragsrecht (vgl. zu Letzterem bereits Senat, Urt. v. 25.11.2009 - 31 U 70/09, unter II 1 c bb = Juris-Rn. 64; abrufbar unter www.nrwe.de), ist aber darauf nicht beschränkt (vgl. im vorliegenden Zusammenhang mit weiteren Nachweisen aus der Zeit vor dem Jahr 2003 OLG Celle, Urt. v. 21.10.2009 - 3 U 86/09, Juris-Rn. 45, ZIP 2009, 2288; OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009 - 6 U 126/09, Juris-Rn. 72 f., WM 2009, 2312) und war bereits deutlich vor dem Jahr 2003 auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung erörtert. So ist bei Steuerberatern, welche ihren Mandanten eine Kapitalanlage empfahlen und bei Abschluss des Geschäfts von dem Kapitalempfänger eine dem Mandanten nicht offenbarte Vergütung erhielten, unter Umständen sogar angenommen worden, dass die Provisionsvereinbarung sittenwidrig ist und der Steuerberater wissentlich gegen seine Beratungspflichten verstieß (vgl. nur BGH, Urt. v. 20.05.1987 - IVa ZR 36/86, WM 1987, 960; Urt. v. 19.06.1985 - IVa ZR 196/83, BGHZ 95, 81 mit weiterem Nachweis).

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat diese Rechtsprechung für Steuerberater im Übrigen bereits in einem Urteil vom 29.03.2000 (9 U 159/99, OLGR Stuttgart 2001, 234 - freilich in einem extremen Fall) auf Anlageberater übertragen (Juris-Rn. 32). Der Senat stellt auf dieses Urteil aber nicht entscheidend ab; ob die Beklagte es hätte kennen müssen, bedarf keiner Erörterung.

Die Verpflichtung zur Aufklärung hätte die Beklagte ferner dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2000 (XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235 = WM 2001, 297 = ZIP 2001, 230) entnehmen können und müssen.

Allerdings war in diesem Fall die beklagte Bank nicht Provisionsempfängerin, sondern beteiligte den Vermögensverwalter des dortigen Klägers an ihren Provisionen und Gebühren. Wenn aber die Zahlung einer Bank (welche im Übrigen nicht einmal Anlageberaterin des Klägers war) an den Vermögensverwalter eine Haftung begründet, weil die Bank für den Vermögensverwalter einen Anreiz geschaffen hat, bei den abzuwickelnden Geschäfte nicht allein das Interesse der Kunden, sondern auch das eigene Interesse an Vergütungen der Bank zu berücksichtigen, dann zeigt dies doch, dass ein solcher Anreiz, ein solcher möglicher Interessenkonflikt zu offenbaren ist - im entschiedenen Fall sogar von der Bank als Drittem. Anders als die Beklagte meint, durfte sie aus diesem Urteil nicht etwa herleiten, dass der - seinerzeit nicht in Anspruch genommene - Vermögensverwalter keine Pflichtverletzung begangen hätte, mithin allein der Zahlende, nicht aber der Zahlungsempfänger Schadensersatzansprüchen ausgesetzt wäre (vgl. hierzu nur die Anmerkung von Balzer, ZIP 2001, 232; vgl. ferner das schon zitierte Urteil BGHZ 78, 263, 267, 268).

Es ist, wie bereits erörtert, keine Gerichtsentscheidung ersichtlich, aus welcher die Beklagte ohne Fahrlässigkeit hätte entnehmen dürfen, dass eine Vergütung in Höhe von 8,25 % der Zeichnungssumme von ihr als beratender Bank nicht offenbart werden müsse oder dass eine beratende Bank nur dasselbe schulde wie ein Anlagevermittler (vgl. zur damaligen Rechtsprechung und zum Folgenden bereits Senat, Urt. v. 25.11.2009 - 31 U 70/09, unter II 1 c bb = Juris-Rn. 62-69 mit weiteren Ausführungen; auch abrufbar unter www.nrwe.de; vgl. ferner OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009 - 6 U 126/09, Juris-Rn. 63 ff., WM 2009, 2312).

Bei alldem kommt es nach Auffassung des Senats letztlich nicht darauf an, ob man die von der Beklagten erhaltene Vergütung als "Rückvergütung" oder als "Innenprovision" bezeichnet. Dies ändert an dem Interessenkonflikt und der Erkennbarkeit der daraus folgenden Aufklärungspflicht nichts. Der gegenteiligen Auffassung der Beklagten - mit Hinweis auf die bereits zitierte Anmerkung von Nobbe (WuB I G 1- 5.10) - vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Es ist aber auch keine Gerichtsentscheidung ersichtlich, aus welcher sich ergeben würde, dass bei den Zeichnungen des Fonds W4 3 jeweils "lediglich" eine "Innenprovision" (und keine "Rückvergütung") geflossen wäre und dass deshalb an die Aufklärung durch die Bank geringere Anforderungen zu stellen wären. Im Übrigen aber erfolgten die Provisionszahlungen, wie dargelegt, umsatzabhängig und u.a. aus dem Agio (vgl. dazu Nobbe a.a.O.).

Die Beklagte durfte solches auch nicht etwa dem Gesetzesrecht entnehmen. Aus den Regelungen des Wertpapierhandelsgesetzes und der dazu ergangenen Richtlinie des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel ließ sich nicht etwa herleiten, dass außerhalb ihres Anwendungsbereichs ein Anlageberater nicht verpflichtet sei, seinem Kunden eine Vergütung zu offenbaren. Aus der Gesetzesbegründung zur Änderung des § 31d WpHG (BT-Drs. 16/4028 S. 54 - vom 12.01.2007) kann die Beklagte ohnehin nichts für sich herleiten; diese stammt aus der Zeit nach der hier zu beurteilenden Anlageberatung.

Der Umstand, dass die Beklagte bei der Beratung - abgesehen von der hier in Rede stehenden Vergütung - unentgeltlich tätig wurde, ändert nichts. Daraus durfte die Beklagte nicht ohne Fahrlässigkeit herleiten, dass sie zur Aufklärung nicht verpflichtet sei.

Das Zustandekommen eines Beratungsvertrages setzt, wie bereits angesprochen, nicht voraus, dass die Beratung kostenpflichtig erfolgt (vgl. nur BGH, Urt. v. 04.03.1987 - IVa ZR 122/85 Rn. 12, BGHZ 100, 117 = WM 1987, 495). Die Interessen des Kapitalanlegers sind auch nicht weniger gefährdet, wenn die Beklagte - auf die geschilderte Weise, scheinbar - kostenlos berät. In beiden Fällen kann der Kunde nicht erkennen, dass die Beklagte aufgrund der nicht offen gelegten Vergütungen mit der jeweiligen Empfehlung ein eigenes erhebliches Umsatzinteresse verfolgt (vgl. ebenso OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009 - 6 U 126/09, Juris-Rn. 39, WM 2009, 2312). Der Kunde darf - wie bereits angesprochen - auch im Rahmen einer kostenlosen Beratung uneingeschränkt erwarten, dass die beratende Bank sein Vertrauen nicht missbraucht, insbesondere dass diese nicht den Inhalt ihrer Ratschläge von Zahlungen interessierter Dritter abhängig macht (vgl. auch Heße, Verdeckte Innenprovisionen und Offenbarungspflicht beim Anlagevermittlungs- und Anlageberatungsvertrag, MDR 2009, 1197, 1199).

Den Fondsprospekt und durften die Beklagte und der beratende Mitarbeiter nicht als hinreichende Aufklärung ansehen. Wie bereits dargelegt, ergab sich daraus weder, dass die Beklagte eine Vergütung erhielt, noch gar deren Höhe.

Ebenso wenig durfte die Beklagte und durfte auch der beratende Mitarbeiter ohne Fahrlässigkeit annehmen, den Anlageinteressenten oder jedenfalls dem Kläger sei ohnehin bewusst, dass die Beklagte anderweitig eine Provision für die Vermittlung der Anlage erhalte, und daraus schließen, eine Aufklärungspflicht bestehe nicht.

Für ein solches Bewusstsein bestand kein hinreichender Anhalt. Gerade wenn eine Bank tätig wird, kann sich die Anlageberatung für den Kunden auch als Serviceleistung bei bestehender Geschäftsbeziehung - oder in anderen Fällen als kostenloses Werbeangebot für Neukunden - darstellen (vgl. BGH, Urt. v. 15.04.2010 - III ZR 196/09, Rn. 10; vgl. ferner etwa Nittel/Knöpfel, Die Haftung des Anlageberaters wegen Nichtaufklärung über Zuwendungen - die gar nicht so neue Rechtspechung des BGH, BKR 2009, 411, 413).

Jedenfalls aber - und unabhängig von dem Vorstehenden (Serviceleistung) - durften die Beklagte und auch deren beratender Mitarbeiter nicht ohne Fahrlässigkeit annehmen, dass dem Kläger bekannt gewesen sei, dass die Beklagte eine Provision in Höhe von 8,25 % der Zeichnungssumme erhält. Dem Vortrag der Beklagten, eine Vergütung von 8,25 % der Zeichnungssumme sei an der unteren Grenze des Üblichen gewesen, kann im Übrigen schon deshalb nicht gefolgt werden, weil die Beklagte zugleich vorbringt, sie hätte bei Nachfrage des Klägers eine Reduzierung der Provision veranlasst. Es gab also doch auch preiswertere Zugangsmöglichkeiten zu den in Rede stehenden Fonds.

Verschulden ist vorliegend auch dann nicht zu verneinen, wenn - wie die Beklagte behauptet - Banken in der Vergangenheit (Rück-) Vergütungen allgemein nicht offen gelegt haben. Gleichwohl hätte die Beklagte aus den vorgenannten Gründen erkennen müssen, dass der Interessenkonflikt offen zu legen ist. Allein der Umstand, dass eine Unsitte bzw. Pflichtverletzung weit verbreitet ist, kann diese weder rechtfertigen noch zum Ergebnis haben, dass der Aufklärungspflichtige in diesem Falle schuldlos handelt (vgl. auch Harnos, Rechtsirrtum über Aufklärungspflichten beim Vertrieb von Finanzinstrumenten, BKR 2009, 316, 321). Auch deshalb ist es unerheblich, wenn die Beklagte vorträgt, eine Vergütung von 8,25 % der Zeichnungssumme sei an der unteren Grenze des Üblichen gewesen.

Die Beklagte musste zumindest von einer erkennbar unklaren Rechtslage ausgehen, da die Frage, ob im Rahmen eines (Bank-) Beratungsvertrages über Kapitalanlagen die Zahlung von Vergütungen aufzudecken ist, von der Rechtsprechung ausdrücklich noch nicht entschieden worden war. Ist aber die Rechtslage zumindest unklar und schließt sich der Betroffene einer Auffassung an, welche die Rechtsprechung später nicht teilt, so trägt der Irrende das Haftungsrisiko (vgl. nur BGH, Urt. v. 18.04.1974 - KZR 6/73, NJW 1974, 1903; Urt. v. 07.03.1972 - VI 169/70, WM 1972, 589). Der Betroffene muss aufgrund der unklaren Rechtslage von Anfang an mit einem Unterliegen in einem Prozess rechnen; hält er dennoch an seiner - für ihn günstigeren - Rechtsauffassung fest, trifft ihn der Vorwurf der Fahrlässigkeit.

Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf den sog. Kollegialgerichtsgrundsatz berufen.

Im Amtshaftungsrecht wird danach ein Verschulden des Beamten in der Regel verneint, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht bei zureichender tatsächlicher und rechtlicher Beurteilungsgrundlage (!) die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (vgl. etwa BGH, Urt. v. 04.03.2004 - III ZR 72/03, Juris-Rn. 41, BGHZ 158, 188 = WM 2004, 2031).

Dieser Grundsatz ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt aber von vornherein nicht anwendbar (Beschl. v. 19.02.2009 - III ZR 154/08, Juris). Denn während der hoheitlich handelnde Beamte die Dienstpflicht hat, die in Frage stehenden gesetzlichen Bestimmungen auch dann auf den ihm vorliegenden Fall anzuwenden, wenn die Bestimmungen ihm unklar erscheinen oder sich eine Anwendungspraxis noch nicht herausgebildet hat, geht es hier um eine freie unternehmerische Betätigung der Beklagten. Das Betätigungsrecht der Beklagten ist verbunden mit der Pflicht, sich selbst darüber klar zu werden, welches Risiko sie eingehen wollte.

Im Übrigen könnte der Grundsatz ohnehin nur eingreifen, wenn ein Kollegialgericht nach umfassender Prüfung und Beachtung der Beratungspflichten die Nicht-Offenbarung einer Vergütung in Höhe von 8,25 % als pflichtgemäß (rechtmäßig) beurteilt hätte. Ein solches Urteil ist, wie gesagt, nicht ersichtlich. So erfüllt etwa die kurze Bemerkung in dem Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 10.10.2007 (2 U 96/07 - Juris-Rn. 17) diese Voraussetzung nicht (vgl. dazu den aufhebenden Beschl. v. 20.01.2009 - XI ZR 510/07, Rn. 10, WM 2009, 405). Dass ein Gericht das Verhalten der Beklagten zwar als pflichtwidrig, aber nicht schuldhaft ansieht, genügt nicht.

Die Annahme einer schuldhaften Pflichtverletzung verstößt - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht etwa gegen Art. 12 Abs. 1 GG oder ein sonstiges Grundrecht der Beklagten. Die vertragliche Nebenpflicht, Beratungskunden über Zahlungen der Fondsgesellschaft aufzuklären, verletzt insbesondere nicht die Berufsausübungsfreiheit der Beklagten.

Die Rechtsprechung darf - und muss - auch aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen herleiten, welche Rechte und Pflichten, insbesondere für nicht gesetzlich geregelte Vertragsverhältnisse - wie hier für den Anlageberatungsvertrag -, im Einzelnen bestehen (vgl. ausführlich OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009 - 6 U 126/09, Juris-Rn. 40 ff., 82 ff., WM 2009, 2312). § 241 Abs. 2 BGB bestimmt im Übrigen ausdrücklich, dass ein Schuldverhältnis sich nicht in der Herbeiführung des geschuldeten Leistungserfolgs beschränkt, sondern weitere Verhaltens- und Schutzpflichten begründet. Diese Norm ist nicht etwa verfassungswidrig.

Die vorstehende Beurteilung bedeutet auch keine verfassungswidrige Rückwirkung einer - vermeintlichen - Änderung der Rechtsprechung. Wie aufgezeigt war die nicht offen gelegte Einvernahme von Vergütungen im Rahmen eines Bankberatungsvertrages schon seinerzeit pflichtwidrig.

Der Senat (vgl. u.a. auch bereits Urt. v. 25.11.2009 - 31 U 70/09, Juris; abrufbar unter www.nrwe.de) folgt mit den vorstehenden Erwägungen der mittlerweile verbreiteten Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Celle, Urt. v. 21.10.2009 - 3 U 86/09, ZIP 2009, 2288; Urt. v. 01.07.2009 - 3 U 257/08, WM 2009, 1794; OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009 - 6 U 126/09, WM 2009, 2312; OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 24.06.2009 - 17 U 307/08, OLGR Frankfurt 2009, 828 - dazu noch unten -; OLG Karlsruhe, Urt. v. 03.03.2009 - 17 U 371/08, VuR 2009, 384; ebenso, wie ausgeführt, offenbar auch der XI. Zivilsenat des BGH in dem Beschl. v. 20.01.2009)

Der in den Urteilen des Oberlandesgerichts Dresden vom 24.07.2009 (8 U 1240/08, WM 2009, 1689) und des - diesem folgenden - Oberlandesgerichts Oldenburg vom 11.09.2009 (11 U 75/08, BB 2009, 2390) zum Ausdruck kommenden Bewertung kann sich der Senat nicht anschließen. Das Oberlandesgericht Dresden hat nach hiesiger Auffassung nicht hinreichend berücksichtigt die besonderen Pflichten des Anlageberaters und den (oben aufgezeigten) zivilrechtlich allgemein anerkannten Grundsatz, dass vertragswidrige Interessenkonflikte zu vermeiden sind. So hat es (ebd., Juris-Rn. 39) u.a. auf ein Urteil Bezug genommen, in welchem es um die Pflichten der Verkäuferseite ging (BGH, Urt. v. 14.03.2003 - V ZR 308/02, NJW 2003, 1811). Im Fall des Oberlandesgerichts Oldenburg ging es um eine andere Vergütung als vorliegend (dort Juris-Rn. 2, 57); der dortige Kläger hatte vermutete zudem nicht nur eine Vergütung (Rn. 57), sondern hatte auch über die Höhe des Agio verhandelt (Rn. 2).

Ein Verschulden der Beklagten in beiden hier in Rede stehenden Beratungsfällen könnte im Übrigen - der Senat führt das nur zusätzlich an, ohne bei der vorstehenden Beurteilung darauf abzustellen - jedenfalls deshalb nicht verneint werden, weil die Beklagte auch aus einem anderen Grund die Interessen des beratenen Anlegers gefährdete. Sie hatte sich in der "Vertriebs- und Vergütungsvereinbarung" verpflichtet, bei den Gesprächen mit Anlegern nur Daten und Fakten zu verwenden, die ihr von der Fondsgesellschaft oder der W4 Beratung für Banken AG zur Verfügung gestellt worden sind; hiervon abweichende oder darüber hinausgehende Angaben waren untersagt. Hiernach bestand jedenfalls die Gefahr, dass bei der Information im eigenen Haus durch Mitarbeiter, welche die "Vertriebs- und Vergütungsvereinbarung" kannten, und dann als Folge bei der "Beratung" vor Ort Zweifel an den oder Nachteile der Fondskonzepte(n) verschwiegen wurden. Ein Offenlegen des Interessenkonflikts war um so dringender.

e)

Steht eine Aufklärungspflichtverletzung - wie hier - fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens; der Aufklärungspflichtige muss ggf. beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte (vgl. nur BGH, Urt. v. 12.05.2009 - XI ZR 586/07, Rn. 22 m.w.N., WM 2009, 1274).

Diese Vermutung ist - auch durch die Vernehmung des Klägers als Partei - nicht erschüttert, noch gar widerlegt.

Der Umstand, dass der Kläger, wie er vor dem Senat erklärt hat, annahm, die Beklagte erhalte einen Betrag in Höhe des Agios, also in Höhe von 5 % der Zeichnungssumme, erschüttert diese Vermutung nicht.

Dass eine Vermittlungsvergütung in dieser Höhe von einem Anleger akzeptiert wird, besagt nichts dafür, dass er auch eine erheblich höhere (nämlich um 65 % höhere) Vergütung von 8,25 % der Zeichnungssumme akzeptieren würde. So entspricht es auch der Erfahrung des Senats aus einer Reihe von Parallelverfahren, dass die Anleger, wenn sie von der Vergütung in Höhe von 8,25 % der Zeichnungssumme erfahren, - überzeugend - erklären, dass sie bei einer solchen ganz erheblichen Vergütung angenommen hätten, dass die Beklagte den Fonds vordringlich aus eigenen Interessen und nicht in erster Linie im Interesse des Anlegers empfehle, und dass sie deshalb bei einer solchen Vergütung die Beteiligung nicht gezeichnet hätten.

Auch der Kläger hat bei seiner Anhörung vor dem Senat erklärt, dass er bei einer Vergütung von 8,25 % der Zeichnungssumme die Bank und deren beratenden Mitarbeiter nicht mehr als Berater, sondern als Verkäufer angesehen und kein Vertrauen mehr die Empfehlung gehabt hätte.

Zu dem Einwand der Beklagten, eine Vergütung von 8,25 % habe am unteren Rand des Üblichen gelegen, hat der Senat bereits oben Stellung genommen.

Die Beklagte verweist zum einen darauf, dass der Kläger in erster Linie habe Steuern sparen wollen und im Übrigen das eingesetzte Kapital in voller Höhe für abgesichert gehalten habe. Dies besagt aber nichts Entscheidendes in Bezug auf die Kausalität der Nicht-Aufklärung über die Vergütung für die Anlageentscheidung. Konkrete Umstände, aus welchen sich ergeben könnte, dass der Kläger auch bei Aufdeckung der erheblichen Provision der Empfehlung des beratenden Mitarbeiters der Beklagten gefolgt wäre, sind nicht dargelegt und erst recht nicht in geeigneter Weise unter Beweis gestellt.

Soweit die Beklagte schon in erster Instanz behauptet hat, der Kläger habe gewusst, dass sie ein Eigeninteresse am Vertrieb habe, für ihn seien indes allein Steuerersparnis, Renditechancen und Anlagesicherheit entscheidend gewesen, und sich für ihre Behauptung auf ihren Mitarbeiter als Zeugen berufen hat, ist schon nicht dargelegt worden, welche konkreten Umstände der Mitarbeiter überhaupt bestätigen solle. Es ist nicht ersichtlich, wie dessen Bekundung Rückschlüsse auf eine vermeintliche Kenntnis und Einstellung des Klägers ermöglichen sollte (vgl. zu den Anforderungen an eine solche Darlegung etwa BGH, Urt. v. 11.02.1992 - XI ZR 47/91, NJW 1992, 1899; Urt. v. 30.04.1992 - VII ZR 78/91, NJW 1992, 2489). Im Übrigen ist nichts dafür vorgetragen und auch sonst nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger die konkrete, durchaus erhebliche Höhe der Provision von 8,25 % auch nur für möglich gehalten hätte oder dass ihm diese gleichgültig gewesen wäre.

Die Beklagte behauptet nun pauschal, der Anleger habe "die für die Anlageentscheidung maßgeblichen Umstände", nämlich Steuerersparnis, Renditechancen und Anlagesicherheit, in dem Vertriebsgespräch mitgeteilt. Dieses Vorbringen ist - wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert - gemäß § 531 Abs. 2 ZPO unbeachtlich.

Eine Vernehmung des beratenden Mitarbeiters ist aber - unabhängig davon - auch deshalb nicht geboten, weil sich auch aus dieser Behauptung nicht ergibt, dass es dem Kläger gleichgültig gewesen sei, ob die Beklagte eine Provision von 8,25 % erhielt. Die Frage nach einer Provision und der Unabhängigkeit oder Eigennützigkeit der Empfehlung der Beklagten wurde unstreitig nicht erörtert. Wenn der Anleger dann diesen Aspekt nicht als einen "für die Anlageentscheidung maßgeblichen Umstand" ansprach, so folgt daraus allenfalls, dass er an diesen Aspekt seinerzeit nicht dachte. Es folgt daraus aber nicht, dass er auch bei der gebotenen Aufklärung die Fonds gezeichnet hätte.

Auch aus dem Umstand, dass der Kläger nicht wegen einer Provision oder wegen deren Höhe nachfragte, kann die Beklagte daher nichts für sich herleiten. Es folgt daraus nicht etwa, dass ihm eine Vergütung gleichgültig war, erst recht nicht, dass ihm auch eine Vergütung in Höhe von 8,25 % gleichgültig war.

Der vorstehenden Beurteilung steht das von der Beklagten zitierte Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 24.06.2009 (17 U 307/08, OLGR Frankfurt 2009, 828) nicht entgegen.

Im dortigen Rechtsstreit stand fest, dass der Anleger bei Vertragsschluss bereits Kenntnis von den im Prospekt ausgewiesenen Provisionen hatte; zudem hat das Gericht u.a. auch das prozessuale Verhalten des Anlegers ausgewertet (Juris-Rn. 55 und 59). Es handelt sich um eine Entscheidung des konkreten Einzelfalls. Soweit das Oberlandesgericht Frankfurt - über die tragenden Erwägungen hinaus - der Auffassung gewesen sein sollte, dass die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens in einem Fall wie dem vorliegenden schon durch Kenntnis des Prospekts entkräftet werde, wäre dem nach Auffassung des erkennenden Senats nicht zu folgen und wäre das auch mit den Ausführungen des Bundesgerichtshofs in dem Urteil vom 12.05.2009 (XI ZR 586/07, Rn. 22 m.w.N., WM 2009, 1274) nicht vereinbar.

Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand der Beklagten, ihr Mitarbeiter hätte bei einer entsprechenden Frage des Klägers im konkreten Fall eine Reduzierung der Provision veranlasst (und verrechnet). Dieser Einwand ändert nichts daran, dass die Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten für die tatsächlich vom Kläger getroffene Anlageentscheidung ursächlich war. Will die Beklagte behaupten, dass der Kläger bei Offenlegen der Vergütung deren Reduzierung ausgehandelt und dann die Fonds bei einer entsprechenden Gutschrift für ihn gezeichnet hätte, so beruft sie sich auf einen anderen, hypothetischen Kausalverlauf und müsste diesen beweisen. Beweis ist nicht angetreten.

Bei dem Vorstehenden lässt der Senat den unter d) zuletzt angesprochenen Gesichtspunkt der Verpflichtung der Beklagten aus der "Vertriebs- und Vergütungsvereinbarung" - zu Gunsten der Beklagten - außer Betracht. Er weist im Übrigen darauf hin, dass erst recht nichts dafür vorgetragen ist, dass der Kläger die Beteiligungen auch dann vorgenommen hätte, wenn er nicht nur von der Vergütung, sondern auch davon gewusst hätte, dass sich die Beklagte verpflichtet hatte, bei den Gesprächen mit Anlegern nur Daten und Fakten zu verwenden, die ihr von der Fondsgesellschaft oder der W4 Beratung für Banken AG zur Verfügung gestellt worden waren, und alle hiervon abweichenden oder darüber hinausgehenden Angaben zu unterlassen.

2.

Da somit die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger so zu stellen, als wären die Beteiligung nicht erfolgt, ergeben sich folgende Ansprüche des Klägers.

Tenor zu 1

Der Kläger hat zunächst einen Anspruch auf Erstattung der von ihm gezahlten 26.250 EUR. Der Anspruch besteht Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte an der Treuhandkommanditbeteiligung und aus dem Treuhandvertrag.

Entgegen der Auffassung der Beklagten trifft den Kläger ersichtlich kein Mitverschulden an der Anlageentscheidung oder der Nicht-Aufklärung über die Vergütung. Der Kläger ist nicht dafür verantwortlich, dass die Beklagte ihren Aufklärungspflichten nachkommt.

Der Anspruch des Klägers ist nicht wegen Steuervorteilen zu kürzen. Dass dem Kläger solche Steuervorteile verblieben wären, hat dieser verneint und wird von der Beklagten nicht, jedenfalls nicht konkret vorgetragen. Dafür ist auch sonst nichts ersichtlich (und spricht, wie dem Senat aus mehreren Parallelfällen bekannt ist, nichts).

Neben diesem Hauptanspruch stehen dem Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins zu, allerdings entgegen dem Landgericht nicht bereits seit Rechtshängigkeit, sondern erst seit dem Zeitpunkt des Klageabweisungsantrags zu (§§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Das Zurückbehaltungsrecht der Beklagten wegen Übertragung der Rechte aus Beteiligung und Treuhandvertrag steht diesem Zinsanspruch nicht entgegen; denn die Beklagte befindet sich in Annahmeverzug, seitdem sie mit dem Klageabweisungsantrag das Angebot auf Übertragung endgültig abgelehnt hat (vgl. dazu BGH, Urt. v. 16.03.1973, V ZR 118/71, Juris-Rn. 24, BGHZ 60, 319; Urt. v. 14.01.1971, VII ZR 3/69, BGHZ 55, 198; Leif, Zinsen trotz Zugum-Zug-Verurteilung, MDR 2008, 480).

Der Einwand der Beklagten, die Übertragung der Beteiligung sei nicht ordnungsgemäß angeboten worden, da diese der Zustimmung der Treuhänderin und der Zustimmung der Komplementärin bedürfe, trägt nicht.

Das Fehlen etwaiger Zustimmungen liegt insoweit allein im Risikobereich der Beklagten (vgl. BGH, Beschl. v. 28.11.2007, III ZR 214/06, Rn. 3, Juris). Mit dem Angebot des Klägers, die Rechte zu übertragen, ist den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung hinreichend genüge getan. Die Beklagte kann nicht verlangen, dass der Kläger die in dem Treuhand- und Gesellschaftsvertrag erforderlichen Zustimmungen einholt und die Voraussetzungen für eine (vermeintliche) Wirksamkeit der Übertragung herstellt. Die dort getroffenen Regelungen sind nicht auf eine Übertragung im Rahmen eines Schadensausgleichs ausgerichtet. Würde man der Auffassung der Beklagten folgen, so könnte der geschädigte Kläger, solange ihm die Einholung der nach den Verträgen erforderlichen Erklärungen nicht gelingt, seinen Schadensersatzanspruch nicht durchsetzen. Ein solches Ergebnis wäre mit dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht vereinbar, welcher der Vorteilsausgleichung zugrunde liegt (vgl. BGH, Urt. v. 28.06.2007 - VII ZR 81/06, Rn. 18, BGHZ 173, 83). Die Beklagte würde aus ihrem pflichtwidrigen Verhalten Vorteile ziehen, indem sie dem Geschädigten die Durchsetzung ihres Schadensersatzanspruches verwehren und für die Zwischenzeit sogar Verzugs- und Rechtshängigkeitszinsen verweigern könnte.

Dies gilt erst recht deshalb, weil nicht ersichtlich ist, warum die Beklagte nicht selbst - nach Annahme des Angebots des Klägers auf Übertragung - für die notwendige Zustimmung sorgt.

Tenor zu 2

Wie soeben ausgeführt, befindet sich die Beklagte im Annahmeverzug.

Tenor zu 3

Die Beklagte ist gemäß §§ 249, 280 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Kläger weiteren Schaden, insbesondere Steuernachteile, zu ersetzen. Der Kläger ist so zu stellen, als wenn er die Beteiligung nicht getätigt hätte. Der Senat hat dies durch die Formulierung klargestellt. Entsprechend dem - nur von der Beklagten angegriffenen - Urteil des Landgerichts ist die Feststellung begrenzt auf Schaden, der noch entstehen wird, und die Zugum-Zug-Einwendung.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Soweit der Kläger unterliegt, betrifft dies Nebenforderungen und ist dies verhältnismäßig geringfügig.

Eine Schriftsatzfrist ist der Beklagten nicht einzuräumen. Auf die Frage nach etwaigen - mittelbaren - Vorteilen aus einer Vermittlung für den beratenden Mitarbeiter der Beklagten kommt es nicht an.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Zur Frage einer schuldhaften Verletzung des Beratungsvertrags liegt nach Auffassung des Senats mit dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 20.01.2009 (XI ZR 510/07) bereits eine maßgebliche Entscheidung des Revisionsgerichts vor. Im Übrigen weicht der Senat, wie ausgeführt, nicht von höchstrichterlicher oder anderer obergerichtlicher Rechtsprechung ab.

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