OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.06.2010 - 8 A 2764/09
Fundstelle
openJur 2011, 75226
  • Rkr:
Tenor

Die Berufungen des Beklagten und der Beigelade-nen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gel-senkirchen vom 12. November 2009 werden zu-rückgewiesen.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte, wobei sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte und die Beigeladene können die Voll-streckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterle-gung des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen eine in ca. 270 m Entfernung von ihrem Wohnhaus geplante Windkraftanlage mit einer Gesamthöhe von rund 150 m.

Die Klägerin ist seit 2005 Eigentümerin eines etwa 100 Jahre alten Drei-Familienhauses, das aus einem Hauptgebäude (Vorderhaus zur Straße hin) und einem damit verbundenen L-förmigen Anbau (Hinterhaus) besteht. Die Klägerin nutzt das gesamte Erdgeschoss des Hauptgebäudes einschließlich eines Teils des rückwärtigen Anbaus selbst zu Wohnzwecken. Das Ober- und Dachgeschoss des Vorderhauses ist jeweils vermietet, ebenso ein Teil des Erdgeschosses des separat zugänglichen Anbaus; hier befindet sich eine Tierarztpraxis.

Die Wohnung der Klägerin erstreckt sich über das Erdgeschoss des Vorderhauses, das über ein Schlafzimmer, eine Küche und ein Bad verfügt, in den rückwärtigen Anbau hinein; in dem Anbau befinden sich ein Esszimmer sowie - über eine Innentreppe erreichbar - ein Wohnzimmer und unmittelbar angrenzend eine Dachterrasse.

Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans "P. " C. I des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk vom 7. Dezember 1967, mit dem - ausweislich der Begründung des Bebauungsplans - der als Erholungsgebiet dienende regionale Grünzug P1. vor einer unerwünschten Bebauung gesichert werden sollte. Für das klägerische Grundstück wird in dem Plan - ebenso wie für den Vorhabenbereich der geplanten Windkraftanlage - landwirtschaftliche Nutzung festgesetzt. Das Gebäude der Klägerin ist im Plan als vorhandener Bestand eingezeichnet.

Die Stadt C. hat der Klägerin mit Pachtvertrag vom 13. März 2006 eine ca. 3.600 qm große Teilfläche des südöstlich des klägerischen Grundstücks befindlichen städtischen Grundstücks Gemarkung H. , Flur , Flurstück zur Nutzung als Pferdeweide verpachtet. Der Vertrag läuft gem. § 2 Abs. 1 Ende 2010 aus.

Mit immissionsschutzrechtlicher Genehmigung des ehemaligen Staatlichen Umweltamtes (StUA) vom 16. Dezember 2005 wurde der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage vom Typ Enercon E-70 E 4 in C. , Gemarkung H. , Flur , Flurstück , mit 99 m Nabenhöhe, 71 m Rotordurchmesser und einer Gesamthöhe von 134,5 m erteilt. Mit Änderungsbescheid vom 13. Mai 2008 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die Genehmigung zur wesentlichen Änderung der Windenergieanlage hinsichtlich der Lage durch Verschiebung des genehmigten Standorts um ca. 25 m nach Nordwest sowie der Beschaffenheit durch Änderung des Anlagentyps von Enercon E-70 auf Enercon E-82 mit 108,38 m Nabenhöhe. Die Gesamthöhe der Anlage ist mit 149,38 m, der Rotordurchmesser mit 82 m festgelegt. In dem Änderungsbescheid wird auf einen Nachtrag zur Genehmigungsurkunde des StUA vom 20. März 2006 und einen Fristungsbescheid der Bezirksregierung Arnsberg vom 14. Dezember 2007 hingewiesen, mit dem die Frist zur Errichtung und Inbetriebnahme der Anlage bis zum 17. April 2009 verlängert wurde (Änderungsbescheid, S. 2 und 13).

Nachdem sich erste Bauarbeiten abzeichneten, wandte sich die Klägerin Anfang April 2009 an die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen und bat um Kontaktaufnahme. Eine Durchschrift ihres Schreibens übersandte sie an die Stadt C. mit der Bitte um Information darüber, wer für die Genehmigung und den Bau der Windenergieanlage zuständig sei. Mit Schreiben vom 29. April 2009 erläuterte der Beklagte, dem die Stadt C. das Schreiben zuständigkeitshalber weitergeleitet hatte, der Klägerin die Zuständigkeiten sowie Einzelheiten des Genehmigungsverfahrens zur wesentlichen Änderung der Windenergieanlage Enercon E-82 in C. , Gemarkung H. , Flur , Flurstück ; ein genaues Bescheiddatum oder nähere Einzelheiten zu der ursprünglichen Genehmigung wurden in dem Schreiben nicht genannt. Nachdem die Beigeladene Mitte April - deutlich sichtbar - mit Bauarbeiten begonnen hatte, beantragte die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 21. Juni 2009 beim Beklagten - u.a. unter Hinweis auf die optisch bedrängende Wirkung der Anlage -, die Bauarbeiten sofort zu unterbrechen und die Genehmigung vom 13. Mai 2008 aufzuheben. Sie habe von der Genehmigung erst "vor wenigen Tagen durch Dritte inoffiziell (ohne Rechtsmittelbelehrung) Kenntnis erlangt". Der Turm der Anlage war zu diesem Zeitpunkt bereits in einer Höhe von 85 m installiert.

Die Klägerin hat am 6. Juli 2009 beim Verwaltungsgericht Klage erhoben (8 K 2882/09). Ihren Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Verfahren 8 L 808/09 hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 22. September 2009 abgelehnt, nachdem es zuvor am 26. August 2009 einen Erörterungstermin durchgeführt und dabei die Örtlichkeit in Augenschein genommen hatte.

Am 22. Oktober 2009 hat die Klägerin auch gegen die der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erteilte Genehmigung der StUA vom 16. Dezember 2005 i.V.m. dem Nachtrag zur Genehmigungsurkunde vom 20. März 2006 Widerspruch bei der Bezirksregierung Arnsberg sowie vorsorglich beim Beklagten eingelegt.

Zur Begründung ihrer Klage hat sie vorgetragen: Die Genehmigung sei wegen optisch bedrängender Wirkung des Vorhabens rechtswidrig. Wegen der Standortänderung durch die angefochtene Genehmigung habe der ursprüngliche Genehmigungsbescheid vom 16. Dezember 2005 seine Gültigkeit verloren; jedenfalls sei er rechtswidrig geworden, weil eine Standortverlagerung durch Änderungsgenehmigung unzulässig sei. Die optische Bedrängungswirkung könne wegen der Höhe der Anlage weder durch architektonische Selbsthilfe noch durch Anpflanzungen beseitigt werden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Genehmigung des Beklagten zur Errichtung einer Windenergieanlage vom Typ E-82 in C. , Gemarkung H2. , am 13. Mai 2008 erteilt, zu Gunsten der Beigeladenen aufzuheben.

Der Beklagte und die Beigeladene haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie halten die angefochtene Genehmigung für rechtmäßig. Der Klägerin seien Vorkehrungen zuzumuten, die etwaige von der Anlage ausgehende nachteilige optische Effekte begrenzten.

Nachdem der erkennende Senat unter Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses die aufschiebende Wirkung der Klage der Klägerin gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung vom 13. Mai 2008 durch Beschluss vom 6. November 2009 im Verfahren 8 B 1473/09 wiederhergestellt hatte, hat das Verwaltungsgericht - unter Bezugnahme auf diesen Beschluss - der Klage mit Urteil vom 12. November 2009 stattgegeben.

Die Klage sei als Anfechtungsklage zulässig. Rechtsbehelfe der Klägerin seien nicht verwirkt. Die Klage sei auch begründet, weil der Klägerin das geltend gemachte Abwehrrecht nach Maßgabe von § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO wegen optischer Bedrängungswirkung der Windenergieanlage zustehe.

Die Frage einer Belastung des Abwehrrechts der Klägerin durch die nunmehr mit Widerspruch angegriffene Genehmigung vom 16. Dezember 2005 sei - unter Aufgabe der zuvor im Beschluss vom 22. September 2009 geäußerten Einschätzung - mit Blick auf den Beschluss des erkennenden Senats vom 6. November 2009 zu verneinen. Diesen Beschluss verstehe das Gericht dahin, dass durch die Verschiebung des Standortes der Anlage um ca. 25 Meter nach Nordwest die Genehmigungsfrage insgesamt neu aufgeworfen und deren Beantwortung damit einer vollumfänglichen Anfechtung durch Dritte zugänglich gemacht worden sei.

Wegen der auch zur Windenergieanlage ausgerichteten Fensterfront des Hauses der Klägerin und wegen der durch nachteilige optische Effekte seitens der Windenergieanlage ebenfalls belasteten Nutzung des Gartens sowie der Grünflächen des klägerischen Grundstückes sei die Annahme einer optischen Bedrängungswirkung angesichts des geringeren Abstandes als das Zweifache der Gesamthöhe der Windenergieanlage und mangels besonderer diese Annahme entwertender Umstände vorliegend berechtigt. Zumutbare architektonische Selbsthilfe komme hier nicht in Betracht.

Soweit der Beklagte und die Beigeladene auf das Angebot der Stadt C. verwiesen, Anpflanzungen als Sichtschutz vorzunehmen, sei dieser Hinweis mit Blick auf den Streitgegenstand, den Genehmigungsbescheid vom 13. Mai 2009 und die darin getroffenen Regelungen wegen Unerheblichkeit nicht hilfreich.

Der erkennende Senat hat die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen mit Beschluss vom 25. Februar 2010 zugelassen, um sich einen eigenen Eindruck von den tatsächlichen Gegebenheiten zu verschaffen.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen zur Begründung ihrer fristgerecht erhobenen Berufungen vor: Die Klägerin sei schon nicht schutzwürdig, da ihre derzeitige Wohnnutzung im Hinterhaus formell und materiell illegal sei. Wegen der konstruktiven Verbindung und der einheitlichen Nutzung zu Wohnzwecken erfasse die formelle Illegalität der Hinterhausbebauung auch die des Vorderhauses. Eine nachträgliche Legalisierung komme für das im Außenbereich befindliche Gebäude wegen der Gefahr der Verfestigung einer Splittersiedlung sowie aus Gründen des Brandschutzes und des Abstandsflächenrechts nicht in Betracht.

Die Rechtsprechung des Senats zur optisch bedrängenden Wirkung von Windkraftanlagen müsse für eng besiedelte Gebiete, die wie das Ruhrgebiet durch ihre industrielle Vergangenheit geprägt sind, neu bewertet werden. Außerdem sei zu beachten, dass Windkraftanlagen inzwischen mehr Bodenfreiheit und eine geringere Laufgeschwindigkeit (max. Drehzahl 19,5 U/min statt 24 U/min) aufwiesen. Selbst wenn man von der bisherigen Rechtsprechung ausgehe, entfalte das Vorhaben keine optisch bedrängende Wirkung. Hierzu verweist die Beigeladene auf das von ihr vorgelegte Sichtbeziehungsgutachten der F. Umweltgutachten GbR vom 8. Januar 2010. Im Übrigen müsse die bereits auf dem klägerischen sowie dem benachbarten Grundstück vorhandene Bepflanzung sowie die inzwischen von der Stadt C. angebotene weitere Bepflanzung auf städtischen Grundstücken - Pflanzung von 8-10 m hohen Baumreihen - bei der Frage der optischen Bedrängungswirkung mit beachtet werden.

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Klage unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 12. November 2009 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Die Klägerin macht geltend, ihr Grundstück befinde sich im unbeplanten Innenbereich i.S.d. § 34 BauGB. Ihre Wohnnutzung sei - jedenfalls in Bezug auf das Haupthaus - formell und materiell legal. In den Kriegsjahren sei offenbar die Genehmigungsakte für das Vorderhaus samt Anbau untergegangen. Aus der noch vorhandenen Bauakte ergebe sich die nachträgliche Genehmigung von Fenstern und einer Garage; der Einwand der Illegalität der bestehenden Bebauung sei dabei offenbar nie erhoben worden. Auch aus einer etwaigen ungenehmigten Nutzungsänderung des Anbaus ergebe sich aufgrund der funktionalen Trennung der beiden Gebäudeteile keine formelle Illegalität des Vorderhauses. Selbst wenn man dies anders sähe, spreche jedenfalls nichts für eine materielle Illegalität; die Behauptung, Abstandsflächen und Brandschutzvorgaben seien nicht eingehalten, seien nicht näher belegt worden. Zur Zeit werde ein Antrag auf Änderungsgenehmigung vorbereitet.

Das vorgelegte Sichtbeziehungsgutachten sei wenig überzeugend, da es nur die vertikale Ausdehnung des Rotors beachte. Dass an den meisten Tagen die horizontale Ausrichtung kaum sichtbar sei, könne nicht nachvollzogen werden.

Eine architektonische Selbsthilfe scheide aus, da sich die derzeit vorhandene Bepflanzung, die einen gewissen Sichtschutz biete, weitgehend auf dem Grundstück der Familie S. und nicht auf dem eigenen Grundstück befinde. Die von der Stadt C. angebotene Bepflanzung auf einem städtischen Grundstück sei nachbarschaftswidrig.

Zur planungsrechtlichen Absicherung der streitigen Windenergieanlage - insbesondere zur Gewährleistung eines Sichtschutzes - ist seit Anfang 2010 ein Bebauungsplan (Nr. 908 - C3. I.---weg / D. I.---weg ) in Aufstellung. Die Abgrenzung des Plangebietes erfolgte anhand eines Radius von 450 m um die in Bau befindliche Anlage; dies entspricht dem Dreifachen der geplanten Anlagenhöhe und soll der Senatsrechtsprechung zur optischen Bedrängung von Windenergieanlagen Rechnung tragen. Wegen der geringen Entfernung zwischen Wohnbebauung und Windenergieanlage ist der Sichtschutz teilweise auf den Grundstücken der betroffenen Eigentümer geplant. Über die Beschlussvorlage der Verwaltung haben bislang der Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur und Stadtentwicklung sowie die Bezirksvertretung C. -Nord beraten.

Der Senat hat die Örtlichkeit am 19. April 2010 in Augenschein genommen.

Den Beteiligten ist mit gerichtlicher Verfügung vom 20. April 2010 Gelegenheit gegeben worden, zur Möglichkeit einer Entscheidung über die Berufungen durch Beschluss auf der Grundlage von § 130 a Satz 1 VwGO Stellung zu nehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

Der Senat kann gemäß § 130 a Satz 1 VwGO durch Beschluss über die Berufungen entscheiden, weil er die Berufungen einstimmig für unbegründet sowie eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält. Die Sach- und Rechtslage ist ausführlich mit den Beteiligten im Termin am 19. April 2010 erörtert worden. Die Beteiligten sind zu der Möglichkeit der Entscheidung nach § 130 a VwGO mit gerichtlicher Verfügung vom 20. April 2010 angehört worden.

Die zugelassenen und auch im Übrigen zulässigen Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen haben keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

Die Klage ist zulässig; auch steht der Klägerin ein - nicht durch die frühere Genehmigung beschränktes - vollumfängliches Anfechtungsrecht gegen die Neugenehmigung einer größeren Anlage zu; hinsichtlich beider Punkte nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die angefochtene Entscheidung Bezug (vgl. § 130 b Satz 2 VwGO).

Die Klage ist auch begründet. Der Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 13. Mai 2008 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Genehmigung verstößt gegen das in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB verankerte drittschützende Gebot der Rücksichtnahme, weil von der geplanten Windkraftanlage eine optisch bedrängende Wirkung ausgeht. Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung zur optischen Bedrängung von Windkraftanlagen fest (1). Bei Zugrundelegung dieser Rechtsprechung ist im vorliegenden Fall von einer optisch bedrängenden Wirkung der geplanten Anlage, die eine Gesamthöhe von 149,38 m und einen Rotordurchmesser von 82 m aufweist und von dem Grundstück der Antragstellerin nur ca. 270 m entfernt ist, auszugehen (2). Auf Verstöße gegen das Bauplanungsrecht (hier: Fehlen von Befreiungen) kann die Klägerin sich nicht berufen, weil diesen kein Drittschutz zukommt (3).

1. Der Senat hält auch in Ansehung der hiergegen im vorliegenden Verfahren vorgebrachten Kritik an seiner Rechtsprechung zur optischen Bedrängung von Windkraftanlagen fest.

a) Hiernach erfordert die Prüfung, ob von einer Windkraftanlage eine optisch bedrängende Wirkung ausgeht, stets eine Würdigung aller Einzelfallumstände, wobei sich für die Ergebnisse der Einzelfallprüfungen grobe Anhaltswerte prognostizieren lassen:

Beträgt der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe (Nabenhöhe + ½ Rotordurchmesser) der geplanten Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu dem Ergebnis kommen, dass von dieser Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeht. Bei einem solchen Abstand treten die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den Hintergrund, dass ihr in der Regel keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der Wohnbebauung zukommt.

Ist der Abstand geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend zu einer dominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Anlage gelangen. Ein Wohnhaus wird bei einem solchen Abstand in der Regel optisch von der Anlage überlagert und vereinnahmt. Auch tritt die Anlage in einem solchen Fall durch den verkürzten Abstand und den damit vergrößerten Betrachtungswinkel derart unausweichlich in das Sichtfeld, dass die Wohnnutzung überwiegend in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird.

Beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus und der Windkraftanlage das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des Einzelfalls.

OVG NRW, Urteil vom 9. August 2006 8 A 3726/05 -, BauR 2007, 74 = DVBl. 2006, 1532 = NWVBl. 2007, 59 = ZNER 2006, 361, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2006 4 B 72.06 -, RdL 2007, 63; OVG NRW, Beschluss vom 22. März 2007 - 8 B 2283/06 -, BauR 2007, 1014 = RdL 2007, 156; vgl. auch BayVGH, Urteil vom 29. Mai 2009 - 2 B 08.1785 -, ZUR 2009, 497 = juris Rn. 24.

b) An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten.

Da es sich bei den maßgeblichen Normen um bundesrechtlich einheitliche Bestimmungen handelt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB, § 15 BauNVO), scheidet eine generelle Sonderbehandlung dicht besiedelter Gebiete wie das Ruhrgebiet, wie sie die Beigeladene für geboten hält, von vornherein aus. Dies schließt allerdings nicht aus, dass im Einzelfall eine bereits vorhandene Situationsprägung durch eine frühere Nutzung etwa durch Industriebauten - im Rahmen der Prüfung des Rücksichtnahmegebotes zu beachten ist.

Vgl. allgemein BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1993 4 C 19/90 -, BauR 1993, 445 (Schweinemaststall), sowie Ziegler, in: Brügelmann, Baugesetzbuch, Kommentar, Stand: Januar 2010, § 15 BauNVO Rn. 191.

Soweit der Beklagte und die Beigeladene auf bestimmte technische Veränderungen von Windkraftanlagen wie etwa deren größere Höhe und geringere Drehgeschwindigkeit hinweisen, rechtfertigt dies ebenfalls kein generelles Abrücken von der dargestellten Senatsrechtsprechung. Die vom Senat aufgestellten "groben Richtwerte" sollen vor allem eine Orientierung für die Rechtsanwendung geben und eine sichere Beurteilung bei der Einzelfallprüfung ermöglichen. Wie sich eine besonders hohe bzw. langsam laufende Anlage im Einzelfall auswirkt, ist wiederum im Rahmen der - ohnehin gebotenen - Einzelfallprüfung zu untersuchen.

2. Ausgehend von der Senatsrechtsprechung ist im vorliegenden Fall von einer optisch bedrängenden Wirkung der geplanten Anlage zulasten der Klägerin auszugehen.

a) Allerdings kann sich nur derjenige auf Abwehrrechte berufen, dessen eigene Nutzung formell und materiell legal ist,

vgl. zum (fehlenden) Schutz einer formell und materiell illegalen Wohnnutzung gegen unzumutbare Schallimmissionen OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2008 - 8 A 929/07 -, BauR 2008, 1114 = DÖV 2008, 730; BVerwG, Urteil vom 24. September 1992 - 7 C 6.92 - BVerwGE 91, 92,

wobei die Beweislast für die formelle Legalität den Bauherrn trifft.

OVG NRW, Beschluss vom 18. Januar 2001 - 10 B 1898/00 -, BauR 2001, 758.

Die Legalität des rückwärtigen Anbaus ist hier unter verschiedenen Gesichtspunkten zweifelhaft (offenkundig nicht genehmigte gewerbliche Nutzung als Tierarztpraxis, Erstreckung der Wohnnutzung des Vorderhauses in den rückwärtigen Anbau sowie insbesondere Errichtung der Dachterrasse). Der Senat kann die hiermit zusammenhängenden Fragen aber - wie bereits im Eilbeschluss vom 6. November 2009 im Verfahren 8 B 1473/09 - offen lassen, da die Auswirkungen der Windenergieanlage auf das Vorderhaus einschließlich des Gartens für die Annahme einer optischen Bedrängung genügen. Ob sich die Klägerin hinsichtlich der bedrängenden Wirkung der Anlage - zusätzlich - auf das Wohnzimmerfenster des rückwärtigen Anbaus und die dort befindliche Terrasse berufen kann, bedarf deshalb keiner Klärung.

Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass auch die Errichtung des Vorderhauses und dessen Nutzung zu Wohnzwecken nicht legal sein könnten, liegen nicht vor. Das Vorderhaus wird unstreitig seit ca. 100 Jahren als Wohnhaus genutzt. Nach Aktenlage spricht derzeit alles für dessen formelle und materielle Legalität: Der - allerdings kriegsbedingt nur unvollständig vorhandenen - Bauakte der Stadt C. lässt sich entnehmen, dass im Jahre 1963 im Vordergebäude der Einbau von Badezimmern und im Jahre 1969 der Einbau neuer Fenster genehmigt wurde. Im November 1989 wurde die Errichtung einer PKW-Doppelgarage genehmigt. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Veränderungen "unter den Augen der Baupolizei" genehmigt worden wären, wenn es grundsätzliche Legalitätsbedenken gegeben hätte.

Vgl. zu einer ähnlichen Konstellation OVG NRW, Urteil vom 17. Januar 2008 10 A 2795/05 -, BRS 73 Nr. 172, unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 12. Januar 1995 4 B 197.94 -, BauR 1995, 365.

Ebensowenig gibt es durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass sich eine etwaige Illegalität des Hinterhauses auf das Vorderhaus erstrecken könnte. Die insoweit vom Beklagten herangezogene Rechtsprechung,

OVG NRW, Urteil vom 13. Februar 1987 - 10 A 29/87 -, Urteil vom 20. Februar 1995 - 7 A 57/93 -, Beschluss vom 17. Februar 1997 - 7 B 209/97 -,

betrifft andere Fallgestaltungen; sie kann auf die hier vorliegende Situation einer im Grundsatz abgeschlossenen Erdgeschosswohnung, die über mehrere Räume einschließlich eines Badezimmers und einer Küche verfügt, nicht übertragen werden.

b) Ebenso kann die Frage unentschieden bleiben, ob sich das Grundstück der Klägerin im Innen- oder Außenbereich befindet.

Da es sich bei dem gem. § 233 Abs. 3 BauGB fortgeltenden Bebauungsplan des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk vom 7. Dezember 1967 um einen einfachen Bebauungsplan handelt, bemisst sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach §§ 34, 35 BauGB (vgl. § 30 Abs. 3 BauGB); es kommt mithin auf die örtlichen Gegebenheiten an. § 34 Abs. 1 BauGB setzt das Vorhandensein eines Bebauungszusammenhanges voraus. Unter den Begriff der Bebauung im Sinne dieser Vorschrift fällt allerdings nicht jede beliebige bauliche Anlage. Gemeint sind vielmehr Bauwerke, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sind. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen.

Vgl. genauer zu den Anforderungen an den Bebauungszusammenhang: BVerwG, Beschluss vom 2. März 2000 - 4 B 15.00 -, BauR 2000, S. 1310 f. (S. 1311) m.w.N.

Für eine Außenbereichslage sprechen hier die großen Lücken in der Bebauung entlang des D. I1.---wegs . Aus den im Erörterungstermin genannten Gründen dürfte auch der mit einer Kleingartensiedlung bebaute Bereich westlich des klägerischen Grundstücks nicht geeignet sein, den Bebauungszusammenhang herzustellen. Die Einzelheiten können aber offen bleiben, denn der aus dem Gebot der Rücksichtnahme abgeleitete Abwehranspruch steht der Klägerin auch dann zu, wenn ihr Grundstück dem Außenbereich zuzuordnen sein sollte.

c) Zwar muss im Außenbereich grundsätzlich mit der Errichtung privilegierter Vorhaben - wie auch einer Windkraftanlage und ihren typischen Begleiterscheinungen (Lärm, Schattenwurf etc.) - gerechnet werden. Nicht hinnehmen muss ein im Außenbereich oder an dessen Rande wohnender Nachbar aber, dass eine Anlage so nahe an seine bestandsgeschützte Wohnbebauung heranrückt, dass es zu einer optisch bedrängenden Wirkung kommt.

Aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten, von denen sich der Senat im Ortstermin einen eigenen Eindruck verschafft hat, ist hier für das Wohngebäude der Klägerin (Vorderhaus), das lediglich 270 m von der Anlage entfernt ist und damit einen Abstand aufweist, der deutlich geringer ist als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage, eine solche optisch erdrückende Wirkung anzunehmen. Zwar fällt der Blick wegen der Hauptwindrichtung nicht überwiegend auf die volle Rotorfläche. Gleichwohl sind aufgrund der Nähe der Anlage zu der Wohnnutzung und der Ausrichtung der Räumlichkeiten und des Außenwohnbereichs unzumutbare optische Beeinträchtigungen zu erwarten. Der rückwärtige Teil des Wohnhauses sowie der gesamte Außenwohnbereich - einschließlich des Nutzgartens - sind in Blickrichtung zur geplanten Anlage ausgerichtet. Die Klägerin kann den erheblichen Sichtbeziehungen zu der geplanten Anlage, deren Rotor eine Fläche von immerhin 5281 qm bestreicht, weder durch architektonische Selbsthilfe ausweichen noch bestehen hinreichende Abschirmungsmöglichkeiten auf ihrem Grundstück.

Im Einzelnen ergibt sich diese Einschätzung aus Folgendem:

Sämtliche drei Wohnungen des Hauptgebäudes werden in beachtlichem Umfang - nämlich in zum Wohnen und nicht nur zum kurzfristigen Aufenthalt bestimmten Bereichen wie Badezimmern oder Küchen - durch optische Sichtbeziehungen zu der Anlage gestört. Die Mietwohnung im 1. Obergeschoss hat sowohl ein Schlaf- als auch ein Wohnzimmerfenster in Blickrichtung zu dem Standort der geplanten Anlage. In der von der Klägerin selbst bewohnten Erdgeschosswohnung ist das Schlafzimmer betroffen; hinzu kommt der gesamte Gartenbereich. In der Dachgeschosswohnung ist ebenfalls das Wohnzimmer zur Anlage hin ausgerichtet. Zumutbare architektonische Umgestaltungen, mit denen den Sichtbeziehungen zu der geplanten Windkraftanlage ausgewichen werden könnte, sind innerhalb der jeweiligen Wohnungen nicht möglich, da die Fenster der vorderen Räume auf eine relativ stark befahrene Straße weisen und sich hier zudem die sanitären Anschlüsse für Bad und Küche befinden. Dass die zur Anlage hin ausgerichteten Räume teilweise nur über ein einziges Fenster verfügen (so die beiden genannten Schlafzimmer sowie das Wohnzimmer im 1. Obergeschoss) und es sich bei den Fenstern um vergleichsweise kleine Fenster handelt, so dass die Windkraftanlage nicht zwangsläufig von jedem Standort im Raum aus gesehen werden könnte, hält der Senat letztlich nicht für ausschlaggebend, da die Anlage jedenfalls nicht so stark seitwärts vom Haus errichtet werden soll, dass keine relevanten Blickwinkel mehr übrig blieben. Es kommt hinzu, dass sich gerade bei einem einzigen kleinen Fenster eine Einschränkung der "freien Sicht" nach außen besonders bemerkbar macht. Deshalb kommt auch dem vorgelegten Sichtbeziehungsgutachten, das im Wesentlichen auf prozentuale Flächenanteile - unterschieden nach verschiedenen Augenhöhen - abstellt, keine entscheidende Bedeutung zu, zumal das Gutachten die Besonderheit aufweist, dass es lediglich die Sichtbeziehung zur vertikalen Rotorachse - und damit nur einen Teil der Beeinträchtigungswirkung - abbildet (vgl. S. 2 unter "2. Methodisches Vorgehen" sowie unter "3.2 Anmerkungen"). Im Hinblick auf die Feststellungen im Ortstermin ist zudem zu beachten, dass der derzeit errichtete Mast nur 85 m hoch ist, während die gesamte Anlage eine Höhe von 150 m erreichen würde; hinzu käme das "Unruheelement" durch die Rotorbewegungen

- vgl. genauer hierzu OVG NRW, Urteil vom 9. August 2006, a.a.O., juris Rn. 74 -,

mögen diese hier auch durch die Rotordrehzahl von 6-19,5 U/min im Vergleich zu kleineren Anlagen leicht abgemildert werden.

Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten kann die Klägerin auch im Außenbereich den erheblichen Sichtbeziehungen zu der geplanten Anlage - deren Rotor eine Fläche von immerhin 5281 qm bestreicht - nicht wirksam ausweichen. Derzeit besteht keine hinreichende Abschirmung. Die vorhandenen Bäume, die in einem Teil des Gartens für einen gewissen Sichtschutz sorgen (Esche, Kiefern), befinden sich jedenfalls zum Teil auf dem Nachbargrundstück und können deshalb für den Gesichtspunkt der architektonischen Selbsthilfe nicht ohne weiteres herangezogen werden. Im eigenen Garten kann sich die Klägerin nach Einschätzung des Senats mit zumutbarem Aufwand keine wirksamen Abschirmungsmöglichkeiten gegenüber der geplanten Anlage verschaffen. Neue Anpflanzungen müssten zum einen mindestens die Höhe der derzeitig vorhandenen Bäume erreichen und wären deshalb mit einem unzumutbaren finanziellen Aufwand verbunden, zum anderen müssten die Bäume, sollten sie auf dem eigenen Grundstück stehen, aufgrund der räumlichen Gegebenheiten zwangsläufig näher an das Wohnhaus heranrücken, was zu einer deutlichen Abschattung und Verdunkelung des verbleibenden Gartenbereichs führen würde. Auch auf andere Teile des Gartens kann die Klägerin nicht ausweichen, denn der zum Teil als Nutzgarten (Gemüseanbau) dienende weitere Teil des Gartens ist aufgrund seines Zuschnitts (lang und schmal, mit der Längsseite der Anlage zugewandt) optisch kaum wirksam abzuschirmen.

Soweit die Rechtsmittelführer auf die Möglichkeit einer Sichtverschattung durch eine Bepflanzung städtischer Grundstücke (Flurstück Gemarkung H2. , Flur , Flurstück - derzeit an die Klägerin zur Nutzung als Pferdeweide verpachtet - bzw. auf einem Flurstück "südöstlich der Bebauung", vgl. Sichtschutzkonzept der Stadt C. vom 20. November 2009) hingewiesen haben, ist zunächst - in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht - anzumerken, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung eines Nachbarstreits jedenfalls kein in der Zukunft liegender Zeitpunkt ist. Im Übrigen ist selbst ein kurzfristig realisierbares Konzept nicht erkennbar, so dass der Senat auch deshalb den näheren Einzelheiten nicht nachgehen muss. So scheint bereits die Frage der Kostentragung nicht abschließend geklärt; auch auf Nachfrage im Erörterungstermin konnten hierzu keine verbindlichen Angaben gemacht werden. Vor allem aber würden die angedachten Pflanzkonzepte nach übereinstimmender Einschätzung sämtlicher Beteiligter frühestens nach 30 bis 40 Jahren abschirmende Wirkung zeigen; damit wäre sie bei einer durchschnittlichen Laufzeit einer Windkraftanlage von ca. 20 - 30 Jahren ohnehin nicht zu berücksichtigen.

Vergleichbares gilt für die Erwägungen zu dem in Aufstellung befindlichen Bauleitplan Nr. 908 - C3. I.---weg / D. I.---weg . Insoweit fehlt es zum einen an konkreten Angaben, auf welchen Grundstücken und dort auf welchen Standorten und auf wessen Kosten Bepflanzungen erfolgen sollen, zum anderen ist auch hier eine kurzfristig wirksame Abschirmungswirkung nicht realisierbar.

3. Der Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 13. Mai 2008 leidet an weiteren Mängeln, auf die sich die Klägerin allerdings nicht berufen kann.

a) Wie dargelegt enthält der maßgebliche Bebauungsplan "P2. " - C. I des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk vom 7. Dezember 1967 für das Vorhabengrundstück die Festsetzung "Fläche für die Landwirtschaft". Aus der Begründung ergibt sich, dass der als Erholungsgebiet dienende regionale Grünzug P2. vor einer unerwünschten Bebauung gesichert werden sollte. Die Errichtung der Windkraftanlage widerspricht dieser Festsetzung und bedurfte deshalb einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB, die an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geknüpft ist und nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm ("kann befreit werden") im Ermessen steht (vgl. hierzu auch die von der Stadt C. im Genehmigungsverfahren abgegebene Stellungnahme vom 29. Februar 2008, S. 3). Eine solche Ermessensentscheidung wurde jedoch durch den aufgrund der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG auch hierfür zuständigen Beklagten nicht getroffen.

Vgl. genauer zu von § 13 BImSchG miterfassten Entscheidungen mit Ermessen oder Beurteilungsspielraum Seibert, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Bundesimmissionsschutzgesetz, Kommentar, Stand: Juli 2009, § 13 Rn. 77 ff.

Die genannte Befreiungsvorschrift vermittelt der Klägerin allerdings keinen Drittschutz. Drittschutz vermitteln nur solche Vorschriften des öffentlichen Baurechts, die auch der Rücksichtnahme auf individuelle Interessen oder deren Ausgleich untereinander dienen. Ob und inwieweit Festsetzungen eines Bebauungsplans Drittschutz vermitteln, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln.

BayVGH, Beschluss vom 1. Februar 2010 2 ZB 09.2590 -, juris, zu einem vergleich-

baren Fall (Festsetzung von Grünflächen und

einer Bauverbotszone).

Wie dargestellt bezweckte die Festsetzung hier den Schutz eines regionalen Grünzugs als Erholungsgebiet; es ging mithin um öffentliche Belange des Landschaftsschutzes.

b) Gleiches gilt für die Abweichung von den Festsetzungen im Landschaftschutzgebiet Nr. 6 des Landschaftsplanes C. -Mitte/Ost. Auch insoweit ist die nach § 69 Abs. 1 Landschaftsgesetz erforderliche Ermessensentscheidung unterblieben (vgl. auch hierzu die erwähnte Stellungnahme der Stadt C. vom 29. Februar 2008, S. 3 f.).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 154 Abs. 3 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 167 VwGO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich - der ständigen Praxis des Senats folgend - am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von Juli 2004 (DVBl. 2004, 1525).