OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.10.2010 - 7 A 1298/09
Fundstelle
openJur 2011, 74943
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreck-bar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Errichtung eines Krematoriums in einem Gewerbegebiet.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung E. -L. , Flur 51, Flurstück 64 (X. I. 9) in E. . Das Grundstück ist mit einem gewerblich genutzten Gebäude und einem vom Kläger selbst bewohnten Wohnhaus bebaut. Das gewerblich genutzte Gebäude hat der Kläger an die C. & Co. GmbH vermietet, deren Geschäftsführer er ist. Die Gesellschaft betreibt dort ein Zuliefergewerbe für Fertigungsanlagen von Kraftfahrzeugen.

Die Beigeladene ist Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung E. -L. , Flur 51, Flurstücke 161 bis 163 (H. C1. 10), das mit dem streitbetroffenen Krematorium bebaut ist. Das Grundstück der Beigeladenen ist von dem Grundstück des Klägers in nordöstlicher Richtung ca. 130 m entfernt. Zwischen den beiden Grundstücken liegen die Betriebsgrundstücke der Firmen Kehrmaschinen I1. und G. .

Die Grundstücke des Klägers und der Beigeladenen liegen im östlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 95/4 "Industriegebiet E1. - Teil VII", der das hier betroffene Gebiet nördlich der Straße X. I. als Gewerbegebiet festsetzt. Das Grundstück der Beigeladenen befindet sich dabei im nördlichen Grenzbereich des Gewerbegebiets zum Waldgebiet "I2. /H. C1. " sowie zu einer aus einer Waldwiese und einer Aufforstung bestehenden Ausgleichfläche für den Neubau der östlich des Plangebiets verlaufenden Bundesstraße 474 n.

Am 6. September 2006 schloss die Stadt E. mit der Beigeladenen einen öffentlichrechtlichen Vertrag, in dem die Stadt die Beigeladene als "Übernehmerin" zur Errichtung und zum Betrieb einer Feuerbestattungsanlage berechtigte und verpflichtete. Darin ist geregelt, dass die Übernehmerin kraft des Vertrages Beliehene sei und als Trägerin des Krematoriums hoheitliche Aufgaben wahrnehme. Der Vertrag enthält u.a. Regelungen zu einem Kontrahierungszwang der Beigeladenen in Bezug auf alle verstorbenen Einwohner der Stadt E. , zur Verpflichtung der Beigeladenen, die Totenwürde und die Vorgaben des Gesundheitsschutzes nach dem Bestattungsgesetz - BestG NRW - zu beachten und die Ausstattung und Gestaltung der für den Publikumsverkehr zugänglichen Räume mit der Stadt abzustimmen, sowie zu einer Ersatzvornahme der Stadt E. , falls die Beigeladene ihren Einäscherungspflichten nicht nachkommen sollte. Eine Gewinnerzielung und -optimierung ist nach dem Vertrag ausdrücklich möglich. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 46 ff. der Beiakte Heft 5 Bezug genommen.

Unter dem 28. Dezember 2006 erteilte die Beklagte der Beigeladenen die streitgegenständliche Baugenehmigung zur Errichtung einer Feuerbestattungsanlage und zugehörigen 13 Stellplätzen, wobei sie hinsichtlich der Art der Nutzung eine Ausnahme gemäß § 31 Abs. 1 BauGB i. V. m. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zuließ und ferner von den Festsetzungen des Bebauungsplans insoweit befreite, als die nordöstliche Baugrenze um 7,5 m überschritten und die Stellplätze einschließlich ihrer Zufahrt innerhalb der festgesetzten Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft errichtet werden. Die Bauvorlagen zur Baugenehmigung sehen einen in nördlicher Richtung gegenüber der südwestlichen Nachbarbebauung zurückweichenden Baukörper mit einem in der Mitte nach Süden vorspringenden Gebäudeteil vor, der für die technischen Bereiche der Anlage vorgesehen ist. Westlich dieses Gebäudeteils ist ein von Norden zugänglicher Abschiedsraum geplant, der über eine Glaswand zum Beschickungsraum verfügt. Im östlichen Gebäudebereich sind Räumlichkeiten für die Verwaltung des Betriebs vorgesehen. Die Zufahrt zum Grundstück erfolgt außerhalb des Gewerbegebiets aus nordöstlicher Richtung über eine Stichstraße, die in den parallel zur Bundesstraße 474 n verlaufenden N.------weg (ehemalige Kreisstraße 55) einmündet. Nach der der Baugenehmigung beigefügten Nebenbestimmung Nr. 29 ist das Grundstück der Beigeladenen entlang der westlichen, südlichen und östlichen Grundstücksgrenzen mit einer 2 m hohen umlaufenden und blickdichten Abgrenzung einzufrieden. Darüber hinaus enthält die Baugenehmigung unter den Nrn. 5 bis 16 Nebenbestimmungen zur Begrenzung der Geräuschimmissionen und Schadstoffemissionen sowie zur Sicherstellung der Betriebssicherheit der Feuerbestattungsanlage, die auf einer Stellungnahme des Staatlichen Umweltamtes M.---- vom 12. Dezember 2006 zum Ergebnis der der Baugenehmigung vorangegangenen immissionsschutzrechtlichen Prüfung beruhen. Darin hatte das Staatliche Umweltamt M.----- mitgeteilt, gegen die Erteilung der Baugenehmigung würden bei Aufnahme der genannten Nebenbestimmungen keine Bedenken erhoben; es entspreche nach den vorgelegten Unterlagen den Anforderungen der 27. BImSchV.

Die Beklagte hatte ausweislich interner Vermerke vom 7. August und 8. November 2006 das Krematorium als Anlage für kulturelle Zwecke gewertet und seine Gebietsverträglichkeit aufgrund seiner Lage, seiner Ausrichtung zum Waldgebiet, der eingeschränkten Sichtbeziehung der Grundstücke im Gewerbegebiet zum Krematorium, insbesondere zu seinen das Pietätsgefühl betreffenden Bereichen, sowie der Lage der Zuwegung bejaht. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots im Hinblick auf Emissionen hatte die Beklagte aufgrund der gemäß dem Vorschlag des Staatlichen Umweltamtes in die Baugenehmigung aufgenommenen Nebenbestimmungen ausgeschlossen.

Am 5. Januar 2007 übersandte die Beklagte den damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers die Baugenehmigung. Der Kläger erhob unter dem 2. Februar 2007 Widerspruch und stellte am 9. Februar 2007 beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, mit dem er u.a. um Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieses Widerspruchs nachsuchte. Das Verwaltungsgericht lehnte diesen Antrag mit Beschluss vom 21. März 2007 (2 L 93/07) ab, die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der erkennende Senat durch Beschluss vom 15. August 2007 (7 B 554/07) zurück.

Zwischenzeitlich hatte die Beklagte der Beigeladenen unter dem 30. April 2007 eine Nachtragsgenehmigung zur Änderung des Entsorgungswegs der in der Feuerbestattungsanlage anfallenden Filterstäube erteilt. Auch gegen diese Nachtragsgenehmigung hatte der Kläger Widerspruch erhoben.

Unter dem 4. September 2007 erteilte die Beklagte der Beigeladenen eine weitere Nachtragsgenehmigung für aus den zugehörigen Bauvorlagen ersichtliche Änderungen im Grundriss und in den Ansichten. Ein Rechtsbehelf hiergegen wurde nicht eingelegt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2007 wies der Landrat des Kreises D. die Widersprüche des Klägers zurück. Krematorien mit Pietätsräumen, die als Orte für Ruhe, Besinnung und innere Einkehr dienten, könnten als Anlagen für kulturelle oder soziale Zwecke in Gewerbegebieten ausnahmsweise zulässig sein. Durch die vom Beklagten im Rahmen der Ausnahme genehmigte Feuerbestattungsanlage sei daher der nachbarschutzrelevante Gebietscharakter des Gewerbegebiets nicht verletzt worden. Auch ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot sei zu verneinen, weil der durch den Betrieb der Anlage bedingte Kraftfahrzeugverkehr nicht durch das Bebauungsplangebiet führe und durch den besonderen Standort der Anlage in einem ruhigen und abgeschiedenen Bereich dem Bedürfnis nach einer würdevollen Einäscherung und dem sittlichen Empfinden der Allgemeinheit in angemessener Weise Rechnung getragen worden sei. Auch sei sichergestellt, dass der Kläger durch den genehmigten Betrieb keinen unzumutbaren Belästigungen ausgesetzt werde.

Der Kläger hat am 19. Januar 2008 Klage erhoben.

Er hat eine Verletzung des Gebietsgewährleistungsanspruchs geltend gemacht. Eine Feuerbestattungsanlage sei in einem Gewerbegebiet weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig. Es handele sich nicht um eine Anlage für kulturelle Zwecke im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Der Begriff sei eng zu verstehen und umfasse vor allem Anlagen, die der Kunst, der Wissenschaft und der Bildung dienten. Bei Zugrundelegung eines weiten, die Einäscherung als Teil der Bestattungskultur einschließenden Kulturbegriffs könnte nahezu jedes Bauwerk unter § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO subsumiert werden, weil es beispielsweise als Fabrikgebäude der Industriekultur, als Gaststätte der Trinkkultur oder als Wohnhaus der Wohnkultur diene. Ein Pietätsraum in einem Krematorium sei auch nicht mit einer Kapelle oder einem Betraum vergleichbar. Weder handele es sich um eine kirchliche Einrichtung noch enthalte der vorgesehene Abschiedsraum für eine kulturelle Zeremonie notwendige Kultgegenstände. Darüber hinaus komme eine ausnahmsweise Zulassung der in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO genannten Anlagen nur dann in Betracht, wenn ihre Funktion in Zusammenhang mit den in einem Gewerbegebiet allgemein zulässigen Hauptnutzungen stehe. Hieran fehle es. Es bestehe auch kein Bedarf für die Zulassung einer Einäscherungsanlage in einem Gewerbegebiet. Das Planungsrecht sehe in erster Linie Sondergebiete, Gemeinbedarfsflächen oder Flächen für Friedhofsnutzungen als Standorte für eine solche Anlage vor. Dem Vorhaben stehe § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO entgegen, weil es nach seiner Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widerspreche. Die Gebietsverträglichkeit im Sinne dieser Vorschrift setze voraus, dass das Vorhaben dem Leitbild des in Rede stehenden Baugebiets entspreche, d.h. gemessen an seiner Zweckbestimmung in das Baugebiet hinein passe. Diese Voraussetzung sei nach der Rechtsprechung u.a. des Bundesverwaltungsgerichts nicht erfüllt, weil die in einem Gewerbegebiet vorzufindende Umgebung regelmäßig geeignet sei, die Totenverbrennung in einer Weise gewerblichtechnisch zu prägen, die mit einer pietätvollen Bestattung nach herkömmlicher Anschauung und Erwartungshaltung nicht zu vereinbaren sei. Zwar bezögen sich diese Aussagen der Rechtsprechung auf die allgemeine (Un-)Zulässigkeit von Einäscherungsanlagen in Gewerbegebieten, in Bezug auf deren ausnahmsweise Zulässigkeit könne jedoch nichts anderes gelten. Die Lage des streitgegenständlichen Vorhabens am Rand des Gewerbegebiets rechtfertige keine andere Bewertung, weil sich die Bebauung des Gebiets mit störenden Einrichtungen in Richtung des Krematoriums ausdehnen könne. Die Möglichkeit einer ausnahmsweisen Zulassung im Gewerbegebiet würde ferner die Planungsfreiheit der Gemeinde beschneiden, weil die jeweilige Bauaufsichtsbehörde hierüber entscheide. Schließlich sei keine hinreichende Ermessensentscheidung über die Zulassung einer Ausnahme getroffen worden. Weder der Genehmigungsbescheid noch der Widerspruchsbescheid ließen entsprechende Ermessenserwägungen erkennen; insbesondere fehle jegliche Auseinandersetzung mit den widerstreitenden Interessen der im Einzelfall betroffenen Nachbarn.

Der Kläger hat (schriftsätzlich) sinngemäß beantragt,

die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 28. Dezember 2006 zur Errichtung einer Feuerbestattungsanlage sowie einer Stellplatzanlage mit 13 Stellplätzen sowie die Nachtragsgenehmigung vom 30. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landrats des Kreises D. vom 20. Dezember 2007 aufzuheben.

Die Beklagte und die Beigeladene haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat im Wesentlichen vorgetragen, ein Krematorium mit einem Abschiedsraum könne nicht auf seinen gewerblichen Zweck reduziert werden. Es diene vielmehr der Bestattungskultur, die die mit der Totenbestattung und dem Totengedenken zusammenhängenden Erscheinungsformen erfasse. Pietäts- bzw. Abschiedsräume seien in ihrer kulturellen Zweckbestimmung mit Kapellen und Betsälen vergleichbar. Seine kulturelle Bedeutung erfahre ein solcher Abschiedsraum nicht durch kultische Gegenstände, sondern durch die Möglichkeit für Hinterbliebene, in angemessener und würdevoller Weise vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. Eine bestimmte kulturelle Zeremonie, wie sie der Kläger anspreche, sei dabei nicht notwendig. Die vom Kläger befürchtete Gefahr einer uferlosen Ausdehnung des Begriffs der Anlage für kulturelle Zwecke bestehe nicht. Wohnhäuser, Fabrikationsgebäude und Gaststätten seien in der BauNVO speziell geregelt und hinsichtlich der kulturellen Bedeutung nicht mit Krematorien zu vergleichen. Auch der vom Kläger vermisste Zusammenhang eines Krematoriums mit den in § 8 Abs. 2 BauNVO aufgeführten Hauptnutzungen in einem Gewerbegebiet sei zu bejahen, weil eine solche Anlage ein Gewerbebetrieb sei. Der ausnahmsweisen Zulässigkeit stehe die kulturelle Einbindung eines Krematoriums nicht entgegen. Im Gewerbegebiet könnten sogar Anlagen für kirchliche Zwecke wie etwa Kirchen, Klöster und Kapellen ausnahmsweise zugelassen werden, die in gleicher Weise wie ein Krematorium eine auf das Sittlichkeitsempfinden Rücksicht nehmende Umgebung erforderten.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, abgewiesen.

Am 7. Juli 2010 erteilte die Beklagte der Beigeladenen eine Baugenehmigung für die Errichtung einer zweiten Verbrennungsanlage in der inzwischen errichteten Feuerbestattungsanlage. Eine Feuerbestattungsanlage mit einer zweiten Verbrennungsanlage war bereits Gegenstand der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom 28. Dezember 2006; die Beigeladene hatte jedoch zunächst lediglich einen Verbrennungsofen installiert.

Der Senat hat die Berufung des Klägers mit Beschluss vom 8. Juli 2010 zugelassen. Der Kläger hat die Berufung am 21. Juli 2010 begründet und einen Berufungsantrag gestellt.

Der Kläger wiederholt und vertieft im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt er insbesondere vor, eine weite Auslegung des Kulturbegriffs, etwa im Sinne der Gesamtheit der menschlichen Leistungen, welche über die Gewährleistung des Grundbedarfs hinausgehe, widerspreche dem Sinn und Zweck der BauNVO, möglichst genau zu bestimmen, welche Nutzungen in welchen Baugebieten zulässig sein sollen. Würde ein Krematorium als Anlage für kulturelle Zwecke qualifiziert, wäre es in Kleinsiedlungsgebieten und reinen Wohngebieten ausnahmsweise und in allgemeinen Wohngebieten sogar allgemein zulässig. Das könne der Verordnungsgeber nicht gewollt haben. Der Pietätsraum sei zudem räumlich und wirtschaftlich ein untergeordneter Teil der Gesamtanlage und könne daher nicht bestimmend für die planungsrechtliche Einordnung des Krematoriums sein. Dessen Hauptfunktion bestehe vielmehr in dem technischen Vorgang der Einäscherung. Würde das Krematorium statt mit einer technischen Anlage mit einem Friedhof verglichen, widerspräche es wie ein solcher nach seiner Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets. Im Rahmen der gemäß § 8 Abs. 3 BauNVO zu treffenden Ermessensentscheidung hätte dargelegt werden müssen, warum ausnahmsweise keine Störung der Totenruhe und pietätvollen Abschiednahme auch bei zulässiger Weiterentwicklung des Gewerbegebiets zu erwarten sei. Hieran fehle es. Insbesondere fänden sich in den angefochtenen Bescheiden keinerlei Erwägungen zum besonderen Charakter des Gewerbegebiets, zur Lage des Krematoriums in diesem Gebiet oder zu topographischen Gegebenheiten. Auch die Frage, ob angesichts des im Gewerbegebiet westlich des Grundstücks des Klägers genehmigten Kindergartens und südlich der Straße X. I. vorhandener Einzelhandelsgeschäfte die Zulassung des Krematoriums den Gebietscharakter in Frage stellen würde, sei nicht erörtert worden.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 28. Dezember 2006 zur Errichtung einer Feuerbestattungsanlage sowie einer Stellplatzanlage mit 13 Stellplätzen in der Fassung der Nachtragsgenehmigungen vom 30. April 2007 und 4. September 2007, der Baugenehmigung vom 7. Juli 2010 und des Widerspruchsbescheides des Landrats des Kreises D. vom 20. Dezember 2007 aufzuheben.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Berufungsvorbringen des Klägers unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen. Ergänzend macht sie geltend, sie habe ihre Ermessensentscheidung gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW nicht begründen müssen, weil sie bei Erteilung der Baugenehmigung zutreffend davon ausgegangen sei, dass diese nicht in Nachbarrechte eingreife. Der Landrat des Kreises D. habe in seinem Widerspruchsbescheid die Möglichkeit der Verletzung von Nachbarrechten in seinen Ermessenserwägungen umfassend geprüft und in seine Entscheidung über die ausnahmsweise Zulassung des Vorhabens eingestellt. Dabei habe er sich insbesondere mit dem Standort des Krematoriums und der Führung des durch das Vorhaben ausgelösten Kraftfahrzeugverkehrs auseinandergesetzt.

Die Beigeladene führt im Wesentlichen aus, die vom Kläger befürwortete Beschränkung des Begriffs der Anlage für kulturelle Zwecke sei zu starr, um die notwendige Fortentwicklung bzw. Anpassung des Rechts im Hinblick auf neue bauliche Erscheinungsformen zu gewährleisten, die vom Verordnungsgeber noch nicht in den Blick hätten genommen werden können. Ein weiter gefasster Kulturbegriff wie etwa die vom Kläger genannte Definition sei vor diesem Hintergrund sachgerecht. Die Gefahr einer ausufernden Ausdehnung dieses Begriffs sei damit nicht verbunden. Das Krematorium sei mit einem Friedhof nicht zu vergleichen. Ein Friedhof diene der dauerhaften Bestattung eines Verstorbenen und der Möglichkeit von Angehörigen und Freunden, dessen Grab jederzeit besuchen zu können. Diesem Zweck diene das Krematorium nicht, es lasse sich eher mit einer Friedhofskapelle vergleichen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Pläne sowie der Gerichtsakten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes (VG Münster - 2 L 93/07 -, OVG NRW - 7 B 554/07 -) verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1, 1. Var. VwGO) ist zulässig, aber unbegründet.

Die angefochtene Baugenehmigung vom 28. Dezember 2006 in der Fassung der Nachtragsgenehmigungen vom 30. April und 4. September 2007 und der Baugenehmigung vom 7. Juli 2010 sowie der Widerspruchsbescheid des Landrats des Kreises D. vom 20. Dezember 2007 verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie verstoßen nicht gegen den Kläger schützende Vorschriften des öffentlichen Baurechts.

Das im Wege einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB i. V. m. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zugelassene Vorhaben widerspricht keinen nachbarschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 95/4 der Stadt E. . Der Kläger kann sich insbesondere nicht auf eine Verletzung des sog. Gebietsgewährleistungsanspruchs berufen.

Die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat nachbarschützende Funktion zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet. Der Gebietsgewährleistungsanspruch berechtigt sie, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung im Baugebiet nicht zulässiges Vorhaben selbst dann zur Wehr zu setzen, wenn es an einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Nachbarn fehlt. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlichrechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2007 - 4 B 55.07 -, BRS 71 Nr. 68, m. w. N.

Der Anspruch greift gegenüber Vorhaben, die in dem Bebauungsplan weder allgemein zulässig sind noch nach § 31 Abs. 1 oder 2 BauGB im Wege einer Ausnahme oder Befreiung zugelassen werden können.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Dezember 2006 10 A 930/05 -, juris.

Diese Anspruchsvoraussetzung ist nicht erfüllt, denn das streitgegenständliche Vorhaben konnte gemäß § 31 Abs. 1 BauGB i. V. m. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden.

Es ist allerdings nicht schon nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig. Zwar ist ein Krematorium, das von einem Privaten in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird, ein Gewerbebetrieb. Welche Gewerbebetriebe in einem Gewerbegebiet bei typisierender Betrachtung allgemein zulässig sind, richtet sich aber nicht nur nach dem Wortlaut des § 8 BauNVO, sondern auch nach der Zweckbestimmung des Gebiets. Gewerbegebiete zeichnen sich dadurch aus, dass in ihnen gearbeitet wird. Nach dem Leitbild der BauNVO sind sie den produzierenden und artverwandten Nutzungen vorbehalten. Eine Feuerbestattungsanlage widerspricht jedenfalls dann diesem Leitbild, wenn sie - wie hier - über einen Raum verfügt, der es Trauergästen ermöglichen soll, in einem würdevollen, dem Anlass angemessenen äußeren Rahmen von dem Verstorbenen Abschied zu nehmen. Denn im Gegensatz zu dem kontemplativen Umfeld, in das eine pietätvolle Totenbestattung nach herkömmlicher Anschauung und Erwartungshaltung einzubetten ist, sind Gewerbegebiete nicht durch Stille und Beschaulichkeit, sondern durch werktägliche Geschäftigkeit geprägt. Deshalb sind mit Räumlichkeiten für die Abschiednahme von Verstorbenen ausgestattete Krematorien der allgemeinen Zweckbestimmung von Gewerbegebieten fremd.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2005 - 4 B 71.05 -, BRS 69 Nr. 69.

Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich die genannten Anschauungen über den Umgang mit Verstorbenen in einer Weise gewandelt hätten, die eine andere Beurteilung erforderten.

Ein über einen Abschiedsraum verfügendes Krematorium stellt jedoch eine Anlage für kulturelle Zwecke im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO dar.

Vgl. (offen lassend) BVerwG, Beschluss vom

20. Dezember 2005 - 4 B 71.05 -, a. a. O.; (bejahend) Bay. VGH, Urteil vom 30. Juni 2005

- 15 BV 04.576 -, BRS 69 Nr. 68; (bejahend als Anlage für kulturelle oder soziale Zwecke) OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 28. Oktober 2005

- 8 B 11345/05 -, BRS 69 Nr. 70; a. A. VG Osnabrück, Urteil vom 23. April 2010 - 2 A 21/09 -, juris; verneinend auch Fickert/Fieseler, Baunutzungsverordnung, 11. Aufl. 2008, Vorbem. §§ 2-9, Rdnr. 13.1, m. w. N.

Diese Bestimmung erfasst nur solche Anlagen, die zusätzlich zu der genannten Zweckbestimmung einem Gemeinbedarf dienen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in Bezug auf § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO und § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausgeführt, der systematische und historische Zusammenhang mache deutlich, dass die dort genannten Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke nur die in § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB definierten Gemeinbedarfsanlagen erfassen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 12. Dezember 1996

- 4 C 17.95 -, BVerwGE 102, 351 = BRS 58 Nr. 59, und vom 28. April 2004 - 4 C 10.03 -, BRS 67 Nr. 68 = BauR 2004, 1567; ferner etwa

OVG NRW, Beschluss vom 3. Juni 1997

- 10 B 941/97 -, BRS 59 Nr. 65; Thür. OVG,

Urteil vom 20. November 2002 - 1 KO 817/01 -, BRS 65 Nr. 86.

Für § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO kann nichts anderes gelten. Die Vorschrift verwendet - abgesehen von den Anlagen für sportliche Zwecke - dieselbe Begriffsgruppe wie § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO. Die vom Bundesverwaltungsgericht in dem zitierten Urteil vom 12. Dezember 1996 im Einzelnen dargelegte, sich maßgeblich auf die bewusste terminologische Angleichung des Bundesbaugesetzes vom 23. Juni 1960 und der Baunutzungsverordnung stützende historische und systematische Auslegung bezieht sich auf die generelle Verwendung dieser Begriffsgruppe in der Baunutzungsverordnung; sie belegt, dass diese Begriffsgruppe schon von Anfang an in der - gesamten - Baunutzungsverordnung auf Gemeinbedarfsanlagen beschränkt war.

Derartige Gemeinbedarfsanlagen sind solche, die - ohne dass das Merkmal des Gemeingebrauchs erfüllt zu sein braucht - einem nicht fest bestimmten, wechselnden Kreis der Bevölkerung zugänglich sind. Aus § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB und den Gesetzesmaterialien ergibt sich ferner, dass es sich um eine Einrichtung der Infrastruktur im Rahmen der Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen des öffentlichen und privaten Bereichs handeln muss.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 CN 7.03 -, BVerwGE 121, 192 = BRS 67 Nr. 88.

Auf die Rechtsform des Trägers kommt es nicht entscheidend an. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht den erforderlichen Gemeinwohlbezug einer Anlage oder Einrichtung im Fall eines privaten Rechtsträgers früher (nur) bejaht, wenn eine öffentliche Aufgabe erfüllt wird, hinter der ein privates Gewinnstreben deutlich zurücktritt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996

- 4 C 17.95 -, a. a. O.

Es hat jedoch in seiner jüngeren Rechtsprechung klargestellt, dass es sich hierbei zwar um ein herkömmliches und typisches, aber nicht zwingendes Merkmal von Gemeinbedarfsanlagen handele. Danach kann im Hinblick auf neuere Formen der Grundversorgung der Allgemeinheit mit Dienstleistungen, die das Modell privatwirtschaftlicher Leistungserbringung mit einer besonderen staatlichen Infrastrukturverantwortung verbinden, die marktwirtschaftlich bedingte Nachteile für die Bevölkerung verhindern soll, auch eine hoheitliche Gewährleistungs- und Überwachungsverantwortlichkeit je nach ihrer konkreten rechtlichen Ausgestaltung geeignet sein, den Gemeinwohlbezug auch solcher Anlagen herzustellen, deren Leistungserbringung sich nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen vollzieht und auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 CN 7.03 -, BVerwGE 121, 192 = BRS 67 Nr. 88.

Nach diesen Maßstäben ist das hier streitige Krematorium eine Gemeinbedarfsanlage im vorstehenden Sinne. Es handelt sich um eine Einrichtung der Infrastruktur im Rahmen der Versorgung der Bevölkerung mit Bestattungsdienstleistungen, die einem nicht fest bestimmten, wechselnden Teil der Bevölkerung zur Verfügung steht. Seit 1997 haben sich zunehmend neuere Formen privatwirtschaftlicher Leistungserbringung im Feuerbestattungswesen etabliert, das bis dahin ausschließlich öffentliche Aufgabe war.

Vgl. Schreyger, Kommunale Krematorien im Wettbewerb, in: Friedhofskultur, Zeitschrift für das gesamte Friedhofswesen 2006, 13 (Bl. 22 der Beiakte Heft 3).

Diese die kommunale Ebene betreffende Entwicklung erfordert nicht zuletzt vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates, die - über den Tod hinausreichende - Menschenwürde zu schützen (Art. 1 Abs. 1 GG), eine besondere kommunale Infrastrukturverantwortung, um marktwirtschaftlich bedingte Nachteile für die Bevölkerung zu verhindern. Eine in ihrer konkreten rechtlichen Ausgestaltung diesem Erfordernis gerecht werdende hoheitliche Gewährleistungs- und Überwachungsverantwortlichkeit ist im Bestattungswesen gegeben; sie stellt den erforderlichen Gemeinwohlbezug her.

Vgl. zum bayrischen Landesrecht: Bay. VGH, Urteil vom 30. Juni 2005 - 15 BV 04.576 -, a. a. O.

Nach § 1 Abs. 1 BestG NRW gewährleisten die Gemeinden, dass Tote auf einem Friedhof bestattet und ihre Aschenreste beigesetzt werden können. Die Gemeinde kann die Errichtung und den Betrieb einer Feuerbestattungsanlage gemäß § 1 Abs. 5 BestG NRW mit Zustimmung der Genehmigungsbehörde widerruflich einem Übernehmer übertragen. Dieser ist nach § 6 Satz 1 BestG NRW verpflichtet, den zur Überwachung der für Feuerbestattungsanlagen geltenden Rechtsvorschriften zuständigen Behörden Grundstücke, Räume und Sachen zugänglich zu machen sowie auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen unverzüglich vorzulegen. Diese gesetzlich bestimmte hoheitliche Gewährleistungs- und Überwachungsverantwortlichkeit ist vorliegend zudem durch den zwischen der Stadt E. und der Beigeladenen geschlossenen öffentlichrechtlichen Vertrag vom 6. September 2006 abgesichert. Die Beigeladene nimmt gemäß § 1 Abs. 2 des Vertrages als Beliehene hoheitliche Aufgaben wahr. Änderungen des Eigentümerkreises oder der Geschäftsführung der Beigeladenen bedürfen nach § 1 Abs. 4 des Vertrages der Zustimmung der Stadt; diese kann sie verweigern, wenn die neu eintretende Person nicht die Gewähr dafür bietet, die übertragenen hoheitlichen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen. Gemäß § 4 des Vertrages hat sich die Beigeladene gegenüber der Stadt E. dazu verpflichtet, allen Einwohnern die Feuerbestattung zugänglich zu machen; für den Fall, dass die Beigeladene dieser Pflicht nicht nachkommt, sieht § 12 Abs. 1 des Vertrages die Berechtigung und Verpflichtung der Stadt zur Durchführung einer Ersatzvornahme vor. Schließlich ist die Beigeladene nach § 7 des Vertrages gehalten, die Totenwürde und die Vorgaben des Gesundheitsschutzes nach § 7 BestG NRW zu beachten und die Ausstattung und Gestaltung der für den Publikumsverkehr zugänglichen Räume des Krematoriums mit der Stadt E. abzustimmen.

Das genehmigte Krematorium dient auch kulturellen Zwecken.

Zu den Anlagen für kulturelle Zwecke werden unzweifelhaft Anlagen aus den Bereichen Kunst, Wissenschaft und Bildung gezählt.

Vgl. Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB-Kommentar, Stand: April 2010, § 4 BauNVO Rdnr. 86; ferner die Beispiele bei Fickert/Fieseler, a. a. O., Rdnr. 13.

Das schöpft den Begriff der Kultur jedoch nicht aus. Schon der Wortlaut der Vorschrift, der die kulturellen Zwecke der Anlage weder näher bestimmt noch abschließend festlegt, legt eine offenere Begriffsbestimmung nahe. Eine offene Interpretation des Kulturbegriffs entspricht dem allgemeinen Sprachgebrauch. Dieser bezeichnet im weitesten Sinne als Kultur alles, was der Mensch selbst gestaltend hervorbringt, und umfasst neben formenden Umgestaltungen eines gegebenen Materials auch geistige Gebilde wie etwa im Recht, in der Moral, der Religion, der Wirtschaft und der Wissenschaft.

Vgl. etwa http://de.wikipedia.org/wiki/Kultur, vom 25. Oktober 2010.

Kultur kann dementsprechend in dem Sinne der Gesamtheit der einzigartigen geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Aspekte definiert werden, die sich in einer Gesellschaft ausgeprägt haben.

Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 30. Juni 2005

- 15 BV 04.576 -, a. a. O., m. w. N.

Durchgreifende Gründe, die eine gegenüber diesem allgemeinen Sprachgebrauch wesentlich engere Auslegung des in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO verwandten Kulturbegriffs erforderten, sind nicht gegeben. Soweit der Verordnungsgeber bei Erlass der Vorschrift einem traditionellen Begriffsverständnis folgend mit "Anlagen für kulturelle Zwecke" vor allem die Bereiche der Kunst, Wissenschaft und Bildung im Blick gehabt haben sollte,

vgl. VG Osnabrück, Urteil vom 23. April 2010

- 2 A 21/09 -, a. a. O.; Fickert/Fieseler, a. a. O., Rdnr. 13.1, m. w. N.,

hat eine Beschränkung auf derartige Einrichtungen - wie oben schon ausgeführt - im Normtext keinerlei Niederschlag gefunden. Entgegen steht einer derartigen Verengung des Begriffs auch der Vergleich mit den anderen in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO genannten Anlagen. Deren Zwecke sind nämlich ebenfalls weitgehend offen definiert. So werden als Anlagen für soziale Zwecke alle Anlagen, die in einem weiten Sinn der sozialen Fürsorge und der öffentlichen Wohlfahrt dienen, und als Anlagen für kirchliche Zwecke alle kirchlich geleiteten Anlagen verstanden, soweit sie nicht unter die Anlagen für soziale Zwecke fallen. Auch die gesundheitlichen Zwecke werden tendenziell weit definiert; die Einschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift erfolgt im Wesentlichen über das Erfordernis des Gemeinbedarfs der Anlage.

Vgl. Fickert/Fieseler, a. a. O., Rdnrn. 13,

14 und 15.

Auch das Ziel der BauNVO, eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende geordnete Bodennutzung zu gewährleisten, gebietet keine engere Auslegung.

So aber VG Osnabrück, Urteil vom 23. April 2010 - 2 A 21/09 -, a. a. O.; Fickert/Fieseler, a. a. O., Rdnr. 13.1.

Vielmehr impliziert diese Zielsetzung, dass die Regelungen der BauNVO für neue Erscheinungsformen baulicher Vorhaben offen sind, die vom Verordnungsgeber noch gar nicht in den Blick genommen werden konnten.

Vgl. Gatz, Anmerkung vom 29. Mai 2006 zu BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2005

4 B 71/05 -, a. a. O., juris.

Diesem Erfordernis wird ein starres, auf traditionelle Erscheinungsformen kultureller Anlagen wie etwa Stadtbüchereien, Theatern, Konzerthallen, Museen und Hochschulen begrenztes Verständnis des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nicht gerecht. Entgegen der Auffassung des Klägers verliert der Begriff der Anlage für kulturelle Zwecke damit nicht die für eine praktikable Handhabung erforderliche Bestimmtheit. Eine uferlose Ausdehnung seines Anwendungsbereichs ist nicht zu befürchten.

In diese Richtung tendierend aber VG Osnabrück, Urteil vom 23. April 2010 - 2 A 21/09 -, a. a. O.; Fickert/Fieseler, a. a. O., Rdnr. 13.1.

Denn die notwendige Eingrenzung erfährt der Normtatbestand dadurch, dass es sich bei den genannten Anlagen um Gemeinbedarfsanlagen im oben beschriebenen Sinne handeln muss, also um Anlagen, bei denen das private Gewinnstreben deutlich hinter den Gemeinwohlbezug zurücktritt oder bei denen dieser durch eine rechtlich verankerte hoheitliche Gewährleistungs- und Überwachungsverantwortlichkeit hergestellt wird. Die vom Kläger zum Beleg für seine Befürchtung einer konturenlosen Ausweitung der Vorschrift angeführten Beispiele - Fabrikationsgebäude, Gaststätten und Wohnhäuser - verfangen vor diesem Hintergrund schon deshalb nicht, weil sie keine Gemeinbedarfsanlagen darstellen. Darüber hinaus sind sie in der Baunutzungsverordnung - als Gewerbebetriebe, Schank- und Speisewirtschaften und Wohngebäude - speziell geregelt. Einer uferlosen Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Norm steht ferner entgegen, dass die betreffende Anlage mit dem jeweiligen Gebietscharakter vereinbar sein muss. Das ungeschriebene Erfordernis der Gebietsverträglichkeit bestimmt die Zulässigkeit der den einzelnen Baugebieten allgemein (regelhaft) zugewiesenen Nutzungsarten ebenso wie die Zulässigkeit der Nutzungen, die nach dem Willen des Verordnungsgebers in den einzelnen Baugebieten ausnahmsweise zugelassen werden können. Es gilt für sämtliche Baugebietstypen der §§ 2 bis 9 BauNVO und rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz dieser Vorschriften.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2008 4 B 60.07 -, BRS 73 Nr. 70, und Urteil vom 21. März 2002 4 C 1.02 -, BVerwGE 116, 155 = BRS 65 Nr. 63

Damit ist entgegen der vom Kläger geäußerten Befürchtung ausgeschlossen, dass die Qualifizierung von Krematorien als Anlagen für kulturelle Zwecke in Folge einer allgemeinen oder ausnahmsweisen Zulässigkeit in nahezu allen in der Baunutzungsverordnung bezeichneten Baugebieten zu Ergebnissen führt, die diesem typisierenden Ansatz zuwiderlaufen.

So jedoch VG Osnabrück, Urteil vom 23. April 2010 - 2 A 21/09 -, a. a. O.; Fickert/Fieseler, a. a. O., Rdnr. 13.1.

Schließlich vermag auch der Einwand des Klägers, die Möglichkeit einer ausnahmsweisen Zulassung einer Feuerbestattungsanlage als Anlage für kulturelle Zwecke würde zu einer Beschneidung der Planungshoheit der Gemeinde führen, weil nicht diese, sondern die Bauaufsichtsbehörde über die Zulassung der Ausnahme entscheide, keine einschränkende Auslegung des Kulturbegriffs zu begründen. Denn diese Konsequenz ist mit jeder Zulassung von Ausnahmen auf der Grundlage der BauNVO i. V. m. § 31 Abs. 1 BauGB verbunden und bietet daher keinen tragfähigen Anknüpfungspunkt, um deren Reichweite näher zu bestimmen.

Nach diesen Maßgaben dient das genehmigte Krematorium kulturellen Zwecken. Seine Nutzung erschöpft sich nicht in der technischen, gewerblich betriebenen Verbrennung Verstorbener, sondern ist in einen kulturellen Kontext eingebettet. Denn die Einäscherung ist Teil der Totenbestattung und als solche Teil der (Bestattungs-) Kultur. In allen Kulturen findet seit jeher die Ehrfurcht vor dem Tod und der pietätvolle Umgang mit den Verstorbenen in den verschiedenen Bestattungsformen ihren symbolischen Ausdruck. Die Bestattungskultur erfasst die mit der Totenbestattung und dem Totengedenken zusammenhängenden Erscheinungsformen. Bei der Feuerbestattung gehört dazu nach der - allgemeinem Verständnis folgenden - Vorschrift des § 15 BestG NRW die Einäscherung in einer Feuerbestattungsanlage.

Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 30. Juni 2005 - 15 BV 04.576 -, a. a. O.; OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 28. Oktober 2005 - 8 B 11345/05 -, a. a. O.

Dem kulturellen Bezug wird in dem genehmigten Krematorium auch dadurch Rechnung getragen, dass es über einen abgesonderten Bereich verfügt, in dem den Angehörigen das Abschiednehmen von dem Verstorbenen ermöglicht wird.

Der Einwand des Klägers, der von der Beigeladenen vorgesehene Pietätsraum sei räumlich und wirtschaftlich ein untergeordneter Teil der Gesamtanlage und könne daher nicht bestimmend für die planungsrechtliche Einordnung des Krematoriums sein, geht an diesen Zusammenhängen vorbei. Er lässt außer acht, dass das Krematorium nicht nur mit seinem Abschiedsraum, sondern mit der Gesamtheit seiner Räumlichkeiten der Einäscherung Verstorbener zu dienen bestimmt ist. Dieser einheitliche - nach den vorstehenden Ausführungen kulturelle - Zweck verbietet es, die Gesamtanlage gedanklich gleichsam in einen aus technischen Einrichtungen und Verwaltungsbereich zusammengesetzten Gewerbebetrieb und eine lediglich aus dem Abschiedsraum bestehende kulturelle Anlage aufzuteilen. Fehl geht auch der Einwand des Klägers, der Abschiedsraum verfüge über keinerlei für bestimmte Zeremonien "notwendige" Kultgegenstände. Zur Ausstattung des Abschiedsraums muss sich die Baugenehmigung nicht verhalten. Die maßgebliche kulturelle Funktion des Abschiedsraums, den Angehörigen ein würdevolles Abschiednehmen von dem Verstorbenen zu ermöglichen, setzt keine bestimmte Zeremonie voraus; vielmehr entspricht es diesem Zweck, wenn der Raum nach den Wünschen der jeweiligen Trauergemeinde gestaltet werden kann.

Die Anwendbarkeit des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO auf eine Feuerbestattungsanlage mit Pietätsraum wird entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine solche Anlage wegen des Bedürfnisses, das Abschiednehmen von den Verstorbenen aus Gründen der Pietät in ein kontemplatives Umfeld einzubetten, dem Leitbild eines Gewerbegebiets widerspricht, mithin der allgemeinen Zweckbestimmung von Gewerbegebieten fremd ist. Dies hindert gerade auch nach den vom Kläger in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs lediglich die allgemeine Zulässigkeit derartiger Feuerbestattungsanlagen als Gewerbebetriebe im Gewerbegebiet auf der Grundlage von § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2005 - 4 B 71.05 -; Bay. VGH, Urteil vom 30. Juni 2005 - 15 BV 04.576 -, jeweils a. a. O.

Die genannten Gründe gebieten es hingegen nicht, Krematorien mit Pietätsräumen von vornherein ausnahmslos, ungeachtet ihrer konkreten Lage und Nachbarschaft in Gewerbegebieten als gebietsunverträglich auszuschließen.

Vgl. OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 28. Oktober 2005 - 8 B 11345/05 -, a. a. O.

Soweit Abschiedsräume in Feuerbestattungsanlagen als Orte für Ruhe, Besinnung und innere Einkehr eine unter dem Gesichtspunkt der Pietät angemessene Umgebung erfordern, sind sie u.a. mit Kapellen und Betsälen vergleichbar, deren ausnahmsweise Zulässigkeit in Gewerbegebieten unbestritten ist.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2005 - 4 B 71.05 -, a. a. O.; Gatz, a. a. O.

Von derartigen Anlagen unterscheidet sich ein privat betriebenes Krematorium im Wesentlichen durch den hinzutretenden gewerblichtechnischen Charakter. Dieser ist mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets für sich gesehen sogar eher vereinbar als etwa eine kirchliche Anlage, die ausschließlich als Ort des Gebets, der Andacht und der inneren Einkehr konzipiert ist.

§ 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO setzt tatbestandlich nicht voraus, dass die Funktion der dort aufgeführten Anlagen im Zusammenhang mit einer der in § 8 Abs. 2 genannten Hauptnutzungen steht. Eine derartige Einschränkung findet im Wortlaut der Vorschrift keine Stütze; vielmehr lässt der Umstand, dass lediglich in § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO ein derartiger Zusammenhang vorausgesetzt wird, im Umkehrschluss darauf schließen, dass die in § 8 Abs. 3 Nr. 2 und 3 BauNVO genannten Anlagen nicht unter einem solchen Vorbehalt stehen. Eine anderslautende Aussage hat auch das erkennende Gericht in dem vom Kläger angeführten Urteil vom 3. November 1988 - 11 A 56/86 - (BRS 49 Nr. 89) nicht getroffen. Dort ist lediglich ausgeführt, dass ein Bedürfnis für die Zulassung einer der in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO genannten Anlagen regelmäßig nur im Falle eines solchen Zusammenhangs besteht. Unabhängig davon, ob diesen Ausführungen zu folgen ist, beziehen sie sich nicht auf den Tatbestand des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, sondern auf die Ausübung des durch § 31 Abs. 1 BauGB eingeräumten Ermessens; im Übrigen schließen sie die Berücksichtigung anderer, eine Abweichung von der angenommenen Regel rechtfertigender Gesichtspunkte in diesem Rahmen nicht aus.

Vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a. a. O., § 8 BauNVO Rdnr. 44.

Die ausnahmsweise Zulassung des streitgegenständlichen Krematoriums wird schließlich auch nicht durch § 15 Abs. 1 BauNVO ausgeschlossen. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Ein solcher Widerspruch des - konkreten - Vorhabens zur Eigenart des - konkreten - Baugebiets setzt entgegen der Auffassung des Klägers mehr voraus, als dass das Vorhaben aufgrund seiner - im vorliegenden Zusammenhang allein in den Blick zu nehmenden - Zweckbestimmung ihr lediglich nicht entspricht. Erforderlich ist darüber hinaus ein eindeutiger Gegensatz zu der nach dem konkreten Bebauungsplan unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse angestrebten Struktur des betreffenden Gebiets.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. November 1984 - 4 B 244.84 -, BRS 42 Nr. 206; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19. März 1975 - III 326/74 -, BRS 29 Nr. 25; Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a. a. O., § 15 BauNVO Rdnr. 13; Fickert/Fieseler, a. a. O., § 15 Rdnr. 9.1.

Ein derartiger Gegensatz ist hier nicht festzustellen. Auch im Hinblick auf das Erfordernis eines Umfelds, das es ermöglicht, in einem würdevollen, dem Anlass angemessenen äußeren Rahmen von dem Verstorbenen Abschied zu nehmen, ist das genehmigte Krematorium unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Situation mit dem angestrebten Gebietscharakter des betroffenen Gewerbegebiets vereinbar. Denn durch den gewählten Standort des Krematoriums, seiner baulichen Gestaltung und der Ausrichtung seiner auf Publikumsverkehr ausgerichteten Bereiche ist eine pietätvolle Totenbestattung gewährleistet, die mit der werktäglichen Geschäftigkeit des Gewerbegebiets verträglich ist. Das Vorhaben befindet sich am Rand des Gewerbegebiets an der Grenze zu dem Waldgebiet "I3. /H. C1. ", einer Waldwiese und einer Aufforstung. Die Anlage ist nach den zur Baugenehmigung gehörenden Bauvorlagen so konzipiert, dass lediglich die technischen Bereiche der Anlage dem Gewerbegebiet zugewandt sind, während die unter Pietätsgesichtspunkten maßgeblichen Bereiche für die Besucher, insbesondere der Abschiedsraum, in Richtung der unbebauten Landschaft außerhalb des Gewerbegebiets zurückweichen und gegenüber den technischen Bereichen in der äußeren baulichen Gestaltung deutlich zurückgenommen sind. Die Baugenehmigung sieht vor, dass das Krematorium von den Grundstücken im Gewerbegebiet an allen Seiten durch eine 2 m hohe blickdichte Abgrenzung abzuschirmen ist; eine Sichtbeziehung der im Gewerbegebiet befindlichen Gewerbebetriebe zu dem Krematorium ist hierdurch erheblich eingeschränkt, zu den Besucherbereichen sogar nahezu ausgeschlossen. Dadurch, dass die Zufahrt zum Grundstück der Beigeladenen nicht durch das Gewerbegebiet führt, sondern außerhalb des Gewerbegebiets über eine in den N.------weg einmündende Stichstraße erfolgt, ist zudem sichergestellt, dass Leichenwagen und Trauergäste die Anlage diskret anfahren können, ohne vom Gewerbegebiet aus wahrgenommen zu werden. Bei dieser Sachlage wird der Charakter des betroffenen Gewerbegebiets durch das Vorhaben der Beigeladenen nicht in Frage gestellt. Dies gilt auch in Ansehung des Vortrags des Klägers, die gewerbliche Bebauung könne sich in Richtung des Krematoriums ausdehnen, denn dieser Einwand bezieht sich nicht auf die mit dem Vorhaben zu wahrende Gebietsstruktur.

Es ist auch nicht erkennbar, dass das Krematorium in Zusammenschau mit der Zulassung eines Kindergartens westlich des Grundstücks des Klägers und von zwei Einzelhandelsgeschäften südlich der Straße X. I. den Gebietscharakter gefährdet. Abgesehen davon, dass sich die angesprochenen Einzelhandelsgeschäfte nicht in dem hier in Rede stehenden Gewerbegebiet, sondern in gesondert ausgewiesenen Industrie- und Gewerbegebieten befinden, hat der erkennende Senat bereits in seinem Beschluss vom 15. August 2007 7 B 554/07 ausgeführt, dass im Hinblick auf die nach den eigenen Angaben des Klägers in der Umgebung des Krematoriums zahlreich anzutreffenden typischen Gewerbebetriebe eine solche Gefährdung nicht besteht. Auf diese Ausführungen nimmt der Senat Bezug.

Die angefochtene Baugenehmigung verstößt auch nicht zu Lasten des Klägers gegen das in § 15 Abs. 1 BauNVO verankerte Rücksichtnahmegebot. Der Senat hat hierzu in dem genannten Beschluss festgestellt, dass der Kläger durch das Vorhaben weder unzumutbaren Immissionen insbesondere durch Rauch und Gerüche ausgesetzt wird noch im Hinblick auf die Nutzung des Krematoriums Einschränkungen der gewerblichen Nutzung seines eigenen Grundstücks zu befürchten hat. Auf die entsprechenden Erwägungen wird verwiesen, zumal der Kläger ihnen nicht substantiiert entgegengetreten ist.

Schließlich kann sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die angefochtene Baugenehmigung in der maßgeblichen Gestalt des Widerspruchsbescheides keine hinreichenden Ermessenserwägungen zur ausnahmsweisen Zulassung des Vorhabens nach § 31 Abs. 1 BauGB erkennen lasse. Der Nachbar hat keinen über den Gebietsgewährleistungsanspruch und das Rücksichtnahmegebot hinausreichenden Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung oder gar Begründung der Entscheidung, ob ein Vorhaben im Bebauungsplangebiet ausnahmsweise zugelassen werden soll oder nicht.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Dezember 2004 - 7 B 2327/04 -, juris.

Unabhängig hiervon lässt der Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2007 die für die Erteilung der Ausnahme maßgeblichen Ermessenserwägungen im Rahmen der Ausführungen zum Rücksichtnahmegebot erkennen. Der Landrat des Kreises D. stellt dort sachgerecht darauf ab, dass der durch den Betrieb der Feuerbestattungsanlage bedingte Kraftfahrzeugverkehr nicht durch das Bebauungsplangebiet führt und durch den Standort der Anlage dem Interesse an einer pietätvollen Bestattung in Achtung der Totenwürde sowie dem sittlichen Empfinden der Allgemeinheit in angemessener Art und Weise Rechnung getragen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Rechtssache hat im Hinblick auf die entscheidungserhebliche, bislang vom Bundesverwaltungsgericht offen gelassene Frage grundsätzliche Bedeutung, ob der Begriff der Anlage für kulturelle Zwecke in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO auch (Gemeinbedarfs-) Anlagen umfasst, die wie ein Krematorium - nicht den Bereichen Kunst, Wissenschaft und Bildung zuzurechnen sind.