OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.09.2010 - 7 A 1186/08
Fundstelle
openJur 2011, 74939
  • Rkr:
Tenor

Die Berufungen werden zurückgewiesen.

Der Beklagte und der Beigeladene tragen die Kosten des Berufungsverfahrens jeweils zur Hälfte.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Nutzungserweiterung eines Vereinsheims zur Bewirtung Dritter.

Der Beigeladene ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung I.--ringen , Flur 6, Flurstücke 61, 62, 121, 320, 321 und 358 (C.---------weg 38) in I1. , das mit einem Schützenheim bebaut ist. An das Grundstück des Beigeladenen schließen sich in westlicher, östlicher und südlicher Richtung landwirtschaftlich genutzte Freiflächen an. Von Norden wird das Vereinsheim über den im Nordosten von der L 881 (G.---straße) abzweigenden C.---------weg und die als Zufahrt dienende Parzelle 320 angefahren. Stellplätze sind auf der südlichen Seite des Gebäudes vorgesehen. Das Grundstück des Beigeladenen ist im Flächennutzungsplan seit einer Änderung im Jahr 2008 als "Grünfläche, untergliedert nach Schützenplatz" und war zuvor als Fläche für die Landwirtschaft ausgewiesen.

In dem von der L 881 bis zu der genannten Zufahrt zum Vereinsgelände führenden Abschnitt des C1.---------wegs befinden sich nördlich dieser Straße drei mit Wohnhäusern bebaute Grundstücke (C.---------weg 39, 43 und 45), zu denen auch das Grundstück des Klägers gehört (Nr. 43). Die Entfernung zwischen dem Wohnhaus des Klägers und dem Schützenheim beträgt ausweislich der in den Akten befindlichen Deutschen Grundkarte ca. 90 bis 95 m. Südlich des C1.---------wegs liegt in dem genannten Abschnitt neben weit überwiegend landwirtschaftlichen Freiflächen das an die Zufahrt zum Gelände des Beigeladenen grenzende Wohngrundstück C.---------weg 40; das dortige Wohngebäude ist von dem Schützenheim ca. 40 m entfernt. Hinter der Zufahrt zum Gelände des Beigeladenen beschreibt der C.---------weg eine Kurve in nordwestlicher Richtung. In dem an diese Kurve anschließenden Abschnitt, der westlich der Straße im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegt, ist der C.---------weg beidseitig mit Ein- und Zweifamilienhäusern in offener Bauweise bebaut. Dieser Straßenabschnitt endet nördlich der Kurve in einem Wendehammer und ist von dem südöstlich anschließenden Abschnitt verkehrstechnisch abgebunden. Nordöstlich der Kurve liegt das Grundstück C.---------weg 39, das an seiner östlichen Grenze mit einem Wohnhaus bebaut ist. Dessen Entfernung zu der Bebauung des C1.---------wegs jenseits der Kurve beträgt etwa 40 m.

Unter dem 22. Dezember 1983 erteilte der Beklagte dem Beigeladenen die Baugenehmigung zur "Errichtung eines Schützenheimes". In der beigefügten Auflage Nr. 910 wurde bestimmt, die von der Genehmigung erfassten Anlagen seien schalltechnisch so zu errichten, dass die von ihnen verursachten Geräuschimmissionen gemessen und bewertet nach TA Lärm 0,5 m vor geöffnetem, vom Lärm am stärksten betroffenen Fenster des Hauses C.---------weg 40 bei Tage den Wert von 55 dB(A) nicht überschreiten. Ferner dürfe die Anlage "des nachts" nicht betrieben werden; als Nachtzeit gelte die Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr.

Mit Bescheid vom 10. September 1987 lehnte der Beklagte einen Antrag des Beigeladenen auf Erteilung einer Gaststättenerlaubnis für das Schützenheim ab, da eine Schank- und Speisewirtschaft außerhalb der durch die Baugenehmigung zugelassenen Nutzung läge und nach § 35 Abs. 2 BauGB nicht zulässig sei. Die hiergegen nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren erhobene Klage nahm der Beigeladene am 11. November 1988 zurück.

Auf Beschwerden u.a. des Klägers darüber, dass der Beigeladene die Auflage Nr. 910 der Baugenehmigung vom 22. Dezember 1983 nicht einhalte, untersagte der Beklagte diesem mit Ordnungsverfügung unter dem 13. Dezember 1990 die Nutzung des Schützenheims für die Nachtzeit. Auf den Widerspruch des Beigeladenen hob der Regierungspräsident B. die Ordnungsverfügung mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 1992 insoweit auf, als er in Anlehnung an ein in einem Zivilrechtsstreit der Eigentümer der Grundstücke C.---------weg 40, 43 und 45, u.a. des Klägers, mit dem Beigeladenen ergangenes Urteil des Landgerichts Dortmund vom 8. Dezember 1989

1) das Schützenfest,

2) das Sterneschießen mit Kinderfest und

3) zwei Veranstaltungen im Monat

von der Nutzungsuntersagung ausnahm. Die u.a. vom Kläger gegen den Widerspruchsbescheid erhobene Klage wurde unter dem 14. Dezember 1992 zurückgenommen.

Mit Bescheid vom 22. März 1993 änderte der Beklagte die Auflage Nr. 910 der Baugenehmigung vom 22. Dezember 1983, indem er sie um folgende, an die Anordnung, die Anlage dürfe des nachts nicht betrieben werden, anschließende Bestimmung ergänzte:

" Von diesem Verbot ausgenommen sind:

1.) das Schützenfest,

2.) das Sternschießen mit Kinderfest,

3.) zwei Veranstaltungen im Monat.

Ansonsten bleibt die Baugenehmigung in vollem Umfang bestehen."

Nach erfolglosem Widerspruch erhoben der Kläger, sein Vater und weitere Nachbarn gegen diese Änderung der Baugenehmigung Klage vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg. Das vom Vater des Klägers angestrengte Klageverfahren 4 K 5143/93 erklärten die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 29. November 1994 für in der Hauptsache erledigt. Der Beigeladene hatte zuvor erklärt, er sehe " - den sogenannten Brauchtumserlass und den Vereinszweck würdigend - sein der Verbotsausnahme Nr. 3 entsprechendes Wollen als obsolet und die Verbotsausnahme insoweit als gegenstandslos hinfällig an mit Ausnahme folgender 6 Eintagesveranstaltungen pro Jahr", für die er sich "nach Sinn, Zweck und Kontext des angefochtenen Bescheides durch die ausgeworfenen dB(A) von 55 ganztägig (über 24 Stunden hinweg) gebunden" betrachte:

Vereinsjahreshauptversammlung Vereinsfrühlingsfest Vereinsosterfeuer Vereinsherbstfest Vereinsweihnachtsfeier Vereinskinderfamilienfeier.

Der Beklagte hatte daraufhin erklärt, er betrachte "in dem vorgenannten Rahmen und nach der ausformulierten einschränkenden Maßgabe die Verbotsausnahme Nr. 3 als gegenstandsloshinfällig und insoweit rechtlich nicht existent."

Das Klageverfahren des Klägers (4 K 1167/94) wurde auf Vorschlag des Verwaltungsgerichts im April 1995 durch außergerichtlichen Vergleich beendet: Die Beteiligten bekundeten ihre Einigkeit, dass die vorstehend wiedergegebenen Erklärungen des Beigeladenen und des Beklagten unmittelbare Wirkung auch für ihr Verhältnis entfalteten, und erklärten auf dieser Grundlage den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.

Zuvor hatte der Beklagte dem Beigeladenen unter dem 20. März 1995 die Erlaubnis zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft mit Außengaststätte auf seinem Grundstück erteilt. Die Erlaubnis gelte nur im Rahmen der Ordnungsverfügung vom 22. März 1993 in Verbindung mit dem vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg geschlossenen Vergleich vom 29. November 1994, die Genehmigung zur Nutzung der Außengaststätte nur für das Schützen- und Kinderschützenfest. Im Rahmen des vom Kläger anhängig gemachten Widerspruchs- und Klageverfahrens modifizierte der Beklagte den Wortlaut der Gaststättenerlaubnis durch Bescheid vom 2. Mai 2002 sowie zu Gerichtsprotokoll gegebene Erklärungen vom 28. April 2003 und 17. November 2004 im Wesentlichen dahin, dass sie mit Ausnahme des jährlichen Schützenfestes, des Sterneschießens mit Kinderfest und der in der Erklärung vom 29. November 1994 aufgeführten Veranstaltungen nicht für die Nachtzeit sowie über jene Veranstaltungen hinaus nur zur Bewirtung von Vereinsmitgliedern bei vereinsinternen Veranstaltungen gelte; sie erstrecke sich jedoch nicht auf Veranstaltungen von Vereinsmitgliedern, z.B. Geburtstagsfeiern, Hochzeiten oder Beerdigungskaffees, sowie Veranstaltungen der Deutschen Steinkohle oder anderer Vereine. Die gegen die Gaststättenerlaubnis in der Fassung dieser Erklärungen gerichtete Klage des Klägers wies das Verwaltungsgericht Arnsberg mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom 17. November 2004 ab.

Unter dem 5. September 2005 beantragte der Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung zur "Nutzungsänderung der Vereinsgaststätte in eine allgemeine Gaststätte". Am 14. Dezember 2005 reichte er einen vom 24. August 2005 datierenden Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die "Erweiterung der Vereinsheimnutzung für eigene und fremde Veranstaltungen während der Tagzeit" ein. Der Beklagte vermerkte daraufhin, dass der Antrag vom 5. September 2005 durch Neueingang überholt sei. Der Beigeladene erläuterte den neuen Bauantrag dahingehend, dass die Nutzung sich auf die Bewirtung Dritter, d.h. nicht vereinsangehöriger Personen, erweitern solle, die das Heim zu festgelegten Zeiten für Treffen, Veranstaltungen, Sitzungen, u.a. zu Geburtstagsfeiern in Anspruch nähmen; er, der Beigeladene, bleibe jedoch für Bewirtung und Aufsicht allein verantwortlich. Dem Antrag war eine Veranstaltungsliste beigefügt, die neben im Einzelnen bezeichneten vereinsinternen Veranstaltungen 36 als "Geburtstage, Hochzeiten, Beerdigungskaffeetrinken, Kommunion, Konfirmation, Jubiläumsfeiern, Schulungen und ähnliches" bezeichnete Veranstaltungen von Nichtmitgliedern im Jahr in der Zeit von 9.00 bis 22.00 Uhr aufführte. Die notwendigen Stellplätze sollten auf der Südseite des Schützenheims errichtet werden. Der Beigeladene legte ferner eine unter dem 18. Dezember 2005 erstellte Schallimmissionsprognose des B1. G1. Ingenieurbüro für Akustik und Umwelttechnik aus I2. am See vor. Diese kam auf der Basis der Annahme, die Wohngrundstücke am C.---------weg zwischen der L 881 und der Zufahrt zum Vereinsheim der Beigeladenen zählten zum Außenbereich, zu dem Ergebnis, dass die Immissionsrichtwerte der TA Lärm dort um mindestens 7,3 dB(A) unterschritten würden. Auch die Immissionsgrenzwerte nach der 16. BImSchV würden durch den auf dem C.---------weg zu erwartenden Verkehrslärm eingehalten. Wegen der Einzelheiten der Schallimmissionsprognose wird auf Bl. 68 ff. der Beiakte Heft 2 Bezug genommen.

Mit der vorliegend angefochtenen Baugenehmigung vom 22. Dezember 2005 genehmigte der Beklagte die beantragte Nutzungserweiterung. Unter der Überschrift "Bedingungen" führte er u.a. aus, der Beigeladene habe für eine so frühzeitige Beendigung der genehmigten Nutzungen Sorge zu tragen, dass nach 22.00 Uhr ein mit den jeweiligen Veranstaltungen zusammenhängender Fahrzeugverkehr nicht mehr stattfinde. Mit Ausnahme der im "Vergleich" vom 29. November 1994 genannten Traditions- und Brauchtumsveranstaltungen sei eine Nutzung außerhalb des Gebäudes nur im südlichen Terrassenbereich zulässig und dürften ausschließlich die südlich des Vereinsheims gelegenen Stellplätze genutzt werden. Die Veranstaltungsliste sei Bestandteil der Baugenehmigung und zwingend einzuhalten. Hierüber hinaus sei die Nutzung des Vereinsheims als allgemeine Gaststätte zur Bewirtung von jedermann nicht zulässig; die uneingeschränkte Aufsicht durch den Beigeladenen müsse durchgängig sichergestellt werden. Als "Auflage (Nebenbestimmung)" bestimmte der Beklagte ferner, die Schallimmissionsprognose des Dipl.-Ing. G1. sei Bestandteil der Baugenehmigung und zu beachten.

Der Kläger legte am 10. Januar 2006 Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein. Er rügte, die vom 20. September 2005 datierende Zustimmung der Bezirksregierung B. zu dem im Außenbereich gelegenen Vorhaben sei am selben Tag erfolgt, an dem der Beklagte das entsprechende Formular unterschrieben habe; es müsse daher von einer Entscheidung ohne Aktenkenntnis ausgegangen werden. Die Zustimmung beziehe sich zudem auf das ursprünglich als "Nutzungsänderung der Vereinsgaststätte in eine allgemeine Gaststätte" bezeichnete Vorhaben; mit der Streichung dieser Beschreibung liege keine Zustimmung der Bezirksregierung vor. Das erforderliche Einvernehmen der Gemeinde sei mangels Datumsangabe nicht nachgewiesen. Die angefochtene Baugenehmigung setze sich über die Regelungen hinweg, die im Rahmen der den Änderungsbescheid vom 22. März 1993 und die Gaststättenerlaubnis vom 20. März 1995 betreffenden gerichtlichen Verfahren zum Schutz der Nachbarn getroffen worden seien; mit diesen Regelungen seien die zulässigen Veranstaltungen abschließend festgelegt worden. Die Baugenehmigung verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Eine Vorbelastung könne ihm, dem Kläger, nicht entgegengehalten werden, da sie auf der Baugenehmigung vom 22. Dezember 1983 beruhe, die rechtswidrig erteilt worden sei. Das Lärmgutachten des Dipl.-Ing. G1. sei mangelhaft. Es berücksichtige nicht die Ortsunüblichkeit des durch die genehmigten Veranstaltungen ausgelösten Lärms. Die Vorgabe eines Immissionsrichtwerts von 60 dB(A) für die reine Wohnbebauung auf den Grundstücken C.---------weg 39, 40, 43 und 45 sei rechtswidrig; im Übrigen würden selbst diese Werte nicht eingehalten. "Die notwendigen Korrekturfaktoren" wie etwa der Lärm anhaltender Fahrzeuge, deren Fahrer sich mit Fußgängern unterhielten, seien nicht berücksichtigt worden.

Die Bezirksregierung B. wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2007 zurück. Sie führte aus, das Grundstück des Klägers befinde sich ebenso wie das strittige Vorhaben im Außenbereich. § 35 Abs. 2 BauGB vermittle Nachbarschutz nur über das Gebot der Rücksichtnahme, einen darüber hinausgehenden Schutz des Außenbereichs könne der Kläger nicht beanspruchen. Aus der vorgelegten Schallimmissionsprognose folge, dass er keinen unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen ausgesetzt werde. Die vom Kläger beanstandeten Mängel der Prognose lägen nicht vor, unabhängig hiervon würden selbst die für ein allgemeines Wohngebiet geltenden Immissionsrichtwerte der TA Lärm und der 16. BImSchV eingehalten. Eine Zustimmung der oberen Bauaufsichtsbehörde sei zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung nicht mehr vorgesehen gewesen. Dass das Einvernehmen der Gemeinde ohne Datum erteilt worden sei, sei für dessen Geltung und die Rechtsposition des Klägers ohne Belang. Streitgegenstand des Klageverfahrens 4 K 5143/93 sei die Nutzung des Vereinsheims zur Nachtzeit gewesen. Mit dem dort geschlossenen "Vergleich" sei nur bestimmt worden, welche Veranstaltungen abweichend von der Ursprungsgenehmigung auch nach 22.00 Uhr in dem Schützenheim stattfinden dürften. Nutzungserweiterungen zur Tagzeit schließe diese Regelung nicht aus.

Der Kläger hat am 24. Februar 2007 Klage erhoben.

Er hat sein Widerspruchsvorbringen wiederholt und vertieft. Ergänzend hat er geltend gemacht, die Baugenehmigung sei unbestimmt. Mit den nicht näher spezifizierten 36 Veranstaltungen Dritter werde der Nutzungsumfang so offen gehalten, dass auch vereinszweckfremde Veranstaltungen stattfinden könnten. Auch aufgrund der vorgenommenen Änderung der Bezeichnung des Vorhabens sei der Regelungsgehalt der Baugenehmigung nicht mehr erkennbar. Die genehmigte Nutzungserweiterung sei wegen der Lage des Vorhabengrundstücks im Außenbereich unzulässig und verletze seinen, des Klägers, Gebietsgewährleistungsanspruch. Sie entspreche einer Nutzung als Schank- und Speisewirtschaft, obwohl der Beklagte und die Bezirksregierung eine solche Nutzung zuvor ausgeschlossen hätten. Dies bedeute eine Umgehung des Gaststättenrechts. Sein, des Klägers, Grundstück liege innerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Aufgrund der auf die Nutzung des Schützenvereinsgeländes einschließlich des hierdurch ausgelösten Kraftfahrzeugverkehrs zurückzuführenden Lärmbeeinträchtigungen verstoße das Vorhaben gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Die der Baugenehmigung zugrunde liegende Schallimmissionsprognose weise gravierende Mängel auf, insbesondere gebe sie die tatsächlichen Verhältnisse nicht zutreffend wieder. So berücksichtige sie nicht, dass tatsächlich oft weit mehr als 27 Fahrzeuge in der Nähe des Vereinsheims geparkt würden, und zwar nicht nur südlich des Heims, sondern auch auf den anderen Seiten und zusätzlich auf dem C.---------weg . Die prognostizierten Immissionen entsprächen nicht den tatsächlichen Belastungen, die u.a. auf höheren als den angenommenen Fahrgeschwindigkeiten, regelwidrigem Fahrverhalten wie "Kavalierstarts" und unmotiviertem Hupen sowie dem schlechten Zustand der Fahrbahn gerade auch vor seinem, des Klägers, Wohnhaus beruhten. Die Prognose lasse außer acht, dass der Beigeladene Veranstaltungen Dritter in Zelten auf seinem Vereinsgelände gestatte. Zu Unrecht lasse sie einen im Jahr 1987 aufgrund der Baugenehmigung vom 22. Dezember 1983 erstellten Messbericht unberücksichtigt, der bindende Vorgaben zum Messpunkt und den Immissionsrichtwerten enthalte. Die 16. BImSchV sei nicht anwendbar. Die Orientierung an den Immissionsrichtwerten der TA Lärm werde der gesteigerten Schutzwürdigkeit des reinen Wohngebiets nicht gerecht, in dem sich sein, des Klägers, Grundstück befinde. Der in dem Klageverfahren 4 K 1167/94 geschlossene Vergleich stehe der streitgegenständlichen Änderung der Baugenehmigung vom 22. Dezember 1983 entgegen. Mit der getroffenen Regelung habe der gesamte Nutzungsumfang endgültig und abschließend festgelegt werden sollen; auf die Nachtzeit sei sie nicht beschränkt gewesen. Gegenstand jenes Verfahrens seien auch Lärmbelästigungen zur Tagzeit gewesen, denn er, der Kläger, habe seinerzeit Listen ruhestörender Veranstaltungen im Schützenheim in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 26. Juli 1993 eingereicht, die in großer Zahl auch tagsüber stattgefunden hätten. Die Auflage Nr. 910 der Baugenehmigung vom 22. Dezember 1983 und die im "Vergleich" vom 29. November 1994 bezeichneten Ausnahmen bestimmten den Inhalt dieser ursprünglichen Baugenehmigung und seien mit ihr im Sinne einer rechtlichen Einheit "untrennbar verzahnt"; folgerichtig dürfe der Vergleich nicht losgelöst von dieser ursprünglichen Baugenehmigung ausgelegt werden. Auch der Wortlaut des Vergleichs belege, dass von dem Brauchtumserlass und dem Vereinszweck losgelöste Veranstaltungen für die Zukunft hätten ausgeschlossen werden sollen.

Der Kläger hat beantragt,

"die Baugenehmigung des Beklagten vom 22. Dezember 2005 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung B. vom 11. Januar 2007 aufzuheben",

und hierzu erklärt, der Antrag sei dahingehend zu verstehen, dass er begehre,

"den Bescheid des Beklagten vom 22. Dezember 2005 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung B. vom 11. Januar 2007 aufzuheben, soweit dem Beigeladenen die Durchführung von 36 Veranstaltungen für Nichtmitglieder, Geburtstage, Hochzeiten, Beerdigungskaffeetrinken, Kommunion, Konfirmation, Jubiläumsfeiern, Schulungen und ähnliches erlaubt worden ist."

Der Beklagte und der Beigeladene haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat im Wesentlichen auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen und ergänzend vorgetragen, der in dem Klageverfahren 4 K 5143/93 geschlossene "Vergleich" habe nur die Möglichkeit der Nutzung nach 22.00 Uhr geregelt. Gegenstand des Vergleichs sei ausschließlich die Verbotsausnahme Nr. 3 in dem Bescheid des Beklagten vom 22. März 1993 gewesen. Für die Bestimmung des Streitgegenstands komme es weder auf die seinerzeit vom Kläger eingereichten Listen noch auf den rechtlichen Charakter der in der Baugenehmigung vom 22. Dezember 1983 enthaltenen Regelungen an. Auf den Brauchtumserlass und den Vereinszweck habe der "Vergleich" abgestellt, um die mögliche Nutzung zur Nachtzeit den Beteiligten gegenüber konsensfähig zu machen. Wäre eine abschließende Regelung jeglicher Nutzungsmöglichkeiten gewollt gewesen, hätte dies im Vergleich unschwer zum Ausdruck gebracht werden können; dies sei aber gerade nicht geschehen.

Der Beigeladene hat ebenfalls ausgeführt, Gegenstand des Klageverfahrens 4 K 5143/93 und des "Vergleichs" sei die Nutzung des Schützenheims zur Nachtzeit gewesen. Die Nutzung zur Tagzeit habe nicht in Streit gestanden, zumal diese seinerzeit durch die Baugenehmigung vom 22. Dezember 1983 bestandskräftig geregelt gewesen sei. Eine Nutzung als Gaststätte werde durch die vorliegend angefochtene Baugenehmigung gerade ausgeschlossen. Auf den Schutz des Außenbereichs könne sich der Kläger nicht berufen. Die Schallimmissionsprognose des Büros G1. beweise, dass der Kläger keinen unzumutbaren Geräuschimmissionen ausgesetzt werde. Sein Grundstück liege entweder im Außenbereich oder in einem Bereich, das einem Kleinsiedlungsgebiet vergleichbar sei. In beiden Fällen würden die Immissionsrichtwerte eingehalten. Aufgrund der in der Baugenehmigung vorgesehenen Anordnung der Stellplätze sei eine Beeinträchtigung des öffentlichen Verkehrsraums vor dem Grundstück des Klägers nicht zu befürchten. Wenn dennoch Gäste des Schützenheims unerlaubt außerhalb dieser Stellplätze parken sollten, sei der Kläger auf die Instrumente des Ordnungsrechts zu verweisen. Das Zelten auf dem Vereinsgelände sei nicht Gegenstand der Baugenehmigung. Der Messbericht aus dem Jahr 1987 sei beachtet worden. Im Übrigen habe der Kläger durch den Schießstand und Fahrzeuge auf dem Gelände des Schützenvereins ausgelöste Immissionen hinzunehmen, da sie durch die bestandskräftige Baugenehmigung vom 22. Dezember 1983 gesichert seien.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit dem angefochtenen Urteil stattgegeben und die Baugenehmigung aufgehoben, soweit dem Beigeladenen die Durchführung von 36 Veranstaltungen für Nichtmitglieder, Geburtstage, Hochzeiten, Beerdigungskaffeetrinken, Kommunion, Konfirmation, Jubiläumsfeiern, Schulungen und ähnliches erlaubt worden ist. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der in dem Verfahren 4 K 5143/93 geschlossene "Vergleich" stehe der angefochtenen Baugenehmigung entgegen, denn mit ihm sei der Betrieb des Schützenheims umfassend und damit auch bezüglich der während der Tagzeit zulässigen Veranstaltungen geregelt worden. Für eine Beschränkung auf die Nachtzeit bestehe kein tragfähiger Anhaltspunkt, zumal die den Gegenstand des "Vergleichs" bildende Verbotsausnahme ebenfalls zeitlich unbeschränkt gewesen sei. Der "Vergleich" bestimme der Sache nach, dass tagsüber ausschließlich Veranstaltungen mit Bezug zum Vereinsleben zulässig seien. Dies folge aus seinem auf den Brauchtumserlass und den Vereinszweck abhebenden Wortlaut und seiner Vorgeschichte, aufgrund derer allen Beteiligten habe klar sein müssen, dass Veranstaltungen außerhalb des Vereinslebens ausgeschlossen gewesen seien und sein sollten.

Der Senat hat die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen mit Beschluss vom 29. April 2009, diesen zugestellt am 6. bzw. 5. Mai 2009, zugelassen. Der Beklagte und die Beigeladen haben ihre Berufung am 5. Juni bzw. 28. Mai 2009 begründet und jeweils einen Berufungsantrag gestellt.

Der Beklagte bezweifelt das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers mit dem Einwand, die strittige Baugenehmigung beinhalte gegenüber der ursprünglichen Genehmigung vom 22. Dezember 1983 keine Nutzungserweiterung; die Nutzung eines Schützenheims für private Veranstaltungen Dritter der streitgegenständlichen Art sei im ländlichen Raum üblich. Sein erstinstanzliches Vorbringen vertiefend und ergänzend trägt der Beklagte vor, die Schallimmissionsprognose des Sachverständigen G1. belege die Wahrung des Rücksichtnahmegebots gegenüber dem Kläger. Zu dessen im Berufungsverfahren erhobenen Einwänden gegen die Schallimmissionsprognose legt der Beklagte eine ergänzende Stellungnahme des Gutachters G1. vom 10. September 2010 sowie einen selbsterstellten Messbericht vom 16. März 2010 vor, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird. Durch die Nebenbestimmungen zur angefochtenen Baugenehmigung seien die Vorgaben des Gutachtens ausreichend festgeschrieben. Eine etwaige Missachtung dieser Vorgaben führe nicht zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung, sondern zur formellen Illegalität der diese überschreitenden Nutzung. Die dem Gutachten zugrunde liegende Annahme, das Grundstück des Klägers liege im Außenbereich, sei zutreffend. Durch die unbebaute Fläche nordöstlich der Kurve des C1.---------wegs werde der Bebauungszusammenhang zwischen dem Baugebiet nördlich der Kurve und den Häusern C.---------weg 39, 43 und 45 unterbrochen. Die durch diese Häuser gebildete Siedlungsstruktur unterscheide sich grundlegend von der des genannten Baugebiets. Unbeschadet dessen sei mit der angefochtenen Baugenehmigung sichergestellt, dass der Kläger auch mit Blick auf Nr. 7.4 TA Lärm keinen unzumutbaren Lärmimmissionen durch den Verkehr auf dem C.---------weg ausgesetzt werde. Mit der Beschränkung des Verkehrs auf die Tagzeit und die 27 südlich des Vereinsheims anzulegenden Stellplätze habe der Beklagte die erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen zur Minderung des Verkehrslärms getroffen. Der Inhalt des zwischen den Beteiligten im Klageverfahren 4 K 1167/94 geschlossenen Vergleichs sei nicht Gegenstand der bauaufsichtlichen Prüfung. Unabhängig hiervon sei mit dem Vergleich lediglich der Regelungsgehalt des Änderungsbescheids vom 22. März 1993 reduziert worden, um den anhängigen Rechtsstreit zu erledigen. Dieser Regelungsgehalt habe sich jedoch in der Bestimmung von drei Ausnahmen von dem Verbot der Nutzung zur Nachtzeit erschöpft. Eine Erklärung des Inhalts, in Zukunft ohne Zustimmung des jeweiligen Partners des Vergleichsvertrages niemals - baurechtlich zulässige - Änderungen der Baugenehmigung vornehmen zu können, habe er, der Beklagte, nicht abgeben wollen. Für eine derart weitreichende Bindung habe die vorangegangene Auseinandersetzung um nächtliche Nutzungsbeschränkungen keinen Anlass geboten.

Der Beigeladene wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend macht er Zweifel geltend, ob die am 29. November 1994 abgegebenen Erklärungen überhaupt als Vergleich gewertet werden können. An dem Klageverfahren 4 K 5143/93 sei der Kläger jedenfalls nicht beteiligt gewesen. Der Vergleich in dem Klageverfahren des Klägers sei allein zwischen dem Beigeladenen und dem Beklagten geschlossen worden; der Kläger könne schon deswegen hieraus keine Rechte ableiten. Unabhängig hiervon sei die Auslegung des Vergleichs durch das Verwaltungsgericht aus den erstinstanzlich vorgetragenen Gründen unzutreffend. Sämtliche Verwaltungsvorgänge seit der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 13. Dezember 1990 hätten sich auf die Nutzung zur Nachtzeit bezogen. Träfe im Übrigen die Annahme des Verwaltungsgerichts zu, dass im Zeitpunkt des "Vergleichs" klar gewesen sei, dass private Feiern von der Baugenehmigung aus dem Jahr 1983 nicht erfasst gewesen seien, habe für eine zusätzliche Klarstellung keinerlei Anlass bestanden.

Der Beklagte und der Beigeladene beantragen,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das angefochtene Urteil. Ergänzend macht er geltend, der Beklagte und die Bezirksregierung B. hätten selbst immer wieder festgestellt, dass insbesondere aus bauplanungsrechtlichen Gründen eine Ausweitung der Nutzung des Schützenheims für private Veranstaltungen Dritter nicht genehmigt werden könne. Über diese eigene Rechtsauffassung habe sich der Beklagte unter Verletzung der Gebote der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes hinweggesetzt. An dem im Klageverfahren 4 K 1167/94 geschlossenen Vergleich sei er als Kläger beteiligt gewesen. Dieser entfalte drittschützende Wirkung. Die im Vergleich ausgenommenen Vereinskinderfamilienfeiern seien vor 22.00 Uhr beendet. Dies belege ebenfalls, dass mit dem Vergleich auch der Nutzungsumfang während der Tagzeit abschließend und endgültig geregelt worden sei. Im Vertrauen hierauf habe er, der Kläger, davon abgesehen, die Aufhebung der gesamten ursprünglichen Baugenehmigung vom 22. Dezember 1983 zu beantragen. Das Verwaltungsgericht habe seinerzeit zu erkennen gegeben, dass es einem solchem Antrag gegebenenfalls stattgeben würde. Aus einer von ihm, dem Kläger, in Auftrag gegebenen Stellungnahme des A Ingenieurbüros für Schall- und Schwingungstechnik Dipl.-Ing. X. N. VDI vom 3. September 2010 ergebe sich, dass die Schallimmissionsprognose des Ingenieurbüros vom 18. Dezember 2005 an erheblichen Mängeln leide. Wegen der Einzelheiten wird auf die genannte Stellungnahme Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Gründe

Die zulässigen Berufungen sind unbegründet. Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere fehlt dem Kläger nicht das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Entgegen der Auffassung des Beklagten stellt die streitgegenständliche Genehmigung der Nutzung des Schützenheims für 36 Veranstaltungen von Nichtmitgliedern des beigeladenen Schützenvereins in der Baugenehmigung vom 22. Dezember 2005 eine Erweiterung der Baugenehmigung vom 22. Dezember 1983 dar. Die Inanspruchnahme des Schützenheims durch Dritte für Geburtstagsfeiern, Hochzeitsveranstaltungen, Beerdigungskaffeetrinken, Schulungen und ähnliches ist nicht durch die ursprüngliche Baugenehmigung gedeckt. Gegenstand einer Baugenehmigung ist grundsätzlich das Bauwerk mit der ihm zugedachten Funktion.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Mai 1989

- 4 C 1.88 -, BVerwGE 82, 61 = BRS 49, 184.

Die genannten Veranstaltungen weisen keinen funktionellen Zusammenhang mit dem Zweck eines Schützenheims auf. Der Beigeladene wird insoweit nicht in seiner Eigenschaft als Schützenverein, sondern als Wirt im Rahmen einer gaststättenähnlichen Nutzung tätig. Im Übrigen belegt gerade das durchgeführte Baugenehmigungsverfahren, dass der Beigeladene und der Beklagte selbst von einer genehmigungsbedürftigen Nutzungserweiterung ausgegangen sind.

Die Klage ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die Baugenehmigung vom 22. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung B. rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit dem Beigeladenen die Durchführung von 36 Veranstaltungen für Nichtmitglieder, Geburtstage, Hochzeiten, Beerdigungskaffeetrinken, Kommunion, Konfirmation, Jubiläumsfeiern, Schulungen und ähnliches erlaubt worden ist.

Aus dem im Klageverfahren 4 K 1167/94 geschlossenen Vergleich kann der Kläger allerdings keine der angefochtenen Baugenehmigung entgegenstehenden Rechte herleiten. Zwar ist der Kläger entgegen der Darstellung des Beigeladenen Beteiligter dieses Vergleichs und demgemäß berechtigt, sich auf die auch ihm gegenüber wirksamen Erklärungen des Beklagten und des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vom 29. November 1994 im Klageverfahren 4 K 5143/93 zu berufen; aus diesen Erklärungen folgt aber keine vertragliche Bindung, die der angefochtenen Baugenehmigung entgegensteht. Denn der Inhalt des Vergleichs erschöpft sich in einer Regelung der nach Nr. 3 des Änderungsbescheids vom 22. März 1993 ausnahmsweise während der Nachtzeit zulässigen Veranstaltungen und schließt damit die Tagzeit betreffende Nutzungsregelungen wie die hier streitgegenständliche nicht aus.

Der Prozessvergleich hat eine Doppelnatur: Er ist einerseits Prozesshandlung und andererseits öffentlichrechtlicher Vertrag. Als solcher bedarf er der am objektiven Empfängerhorizont orientierten Auslegung. Maßgebend ist, wie ein verständiger Empfänger die abgegebenen Erklärungen nach Treu und Glauben verstehen durfte (vgl. §§ 133, 157 BGB, die insoweit auch im öffentlichen Recht anzuwenden sind).

Das vorstehende Auslegungsergebnis wird schon durch den Wortlaut der besagten Erklärungen angezeigt. Der Beklagte und der Beigeladene haben lediglich "die Verbotsausnahme Nr. 3" bzw. das "der Verbotsausnahme Nr. 3 entsprechende Wollen" in dem näher festgelegten Umfang für "gegenstandslos hinfällig" bzw. rechtlich nicht existent erklärt. Die damit angesprochene Ausnahmeregelung in Nr. 3 des Änderungsbescheids vom 22. März 1993 bezog sich nach dem klaren und unmissverständlichen Wortlaut ("Die Anlage darf des nachts nicht betrieben werden. Von diesem [Hervorhebung durch den Senat] Verbot ausgenommen sind [...] 3.) zwei Veranstaltungen im Monat") ausschließlich auf das grundsätzliche Verbot, das Schützenheim während der Nachtzeit zu nutzen. Diesen Bezug lässt das Verwaltungsgericht bei seiner Darstellung, die genannte "Verbotsausnahme" erlaube die besagten zwei monatlichen Veranstaltungen ohne jede zeitliche Beschränkung, unberücksichtigt. Eine Ausnahmebestimmung wird in ihrer Reichweite durch das Verbot begrenzt, von dem eine Ausnahme gemacht werden soll. Der Regelungsgehalt der Ausnahmebestimmung in Nr. 3 des Änderungsbescheids vom 22. März 1993 ist demzufolge wie das zugrunde liegende Verbot auf die Nachtzeit begrenzt. Dass die betroffenen Veranstaltungen auch tagsüber stattfinden können, folgt nicht etwa aus dieser Ausnahmeregelung, sondern schon aus der Baugenehmigung vom 22. Dezember 1983. Bei dieser Sachlage war der Vergleich zwischen den Beteiligten dem Wortsinn nach allein darauf gerichtet, die lediglich die Nachtzeit betreffende Ausnahmeregelung in Nr. 3 des Änderungsbescheids auf sechs bestimmte Veranstaltungen im Jahr zu reduzieren. Soweit die Erklärung des Beigeladenen den Brauchtumserlass und den Vereinszweck in Bezug nimmt, folgt hieraus nichts anderes. Diese Bezugnahme ist der eigentlichen Erklärung des Beigeladenen vorangestellt und durch Gedankenstriche sowie die Formulierung ("Der Beigeladene erklärt - den sogenannten Brauchtumserlass und den Vereinszweck würdigend - [...]" [Hervorhebungen durch den Senat]) als lediglich die Beweggründe für die anschließende Erklärung verdeutlichender Einschub im Sinne einer Präambel gekennzeichnet; zur zeitlichen Reichweite dieser Erklärung ist damit keine Aussage getroffen.

Das durch den Wortsinn geforderte Verständnis des Vergleichs wird durch den prozessualen Zusammenhang, in dem er zu sehen ist, bestätigt. Als Prozesshandlung diente der Vergleich der Beendigung des Klageverfahrens 4 K 1167/94. Streitgegenstand dieses Verfahrens wie auch derjenige des Klageverfahrens 4 K 5143/94 des Vaters des Klägers war der Änderungsbescheid vom 22. März 1993, d.h. die verfügte Ausnahme vom Verbot, das Schützenheim in der Nachtzeit zu betreiben. Dass der Kläger bzw. sein Vater zur Dokumentation der von dem Grundstück des Beigeladenen ausgehenden Ruhestörungen Veranstaltungslisten eingereicht hatten, die auch Veranstaltungen zur Tagzeit umfassten, ändert an dieser Begrenzung des Streitgegenstands nichts. Dieser wird durch das Klagebegehren bestimmt, das der Kläger als Vertreter seines Vaters ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 29. November 1994 in dem Klageverfahren 4 K 5143/93 dahingehend präzisiert hatte, dass die "Aufhebung der Verbotsausnahme Nr. 3 im Bescheid des Beklagten vom 22. März 1993" verfolgt werde. In der Klageschrift war wie auch in dem eigenen Klageverfahren des Klägers der Antrag angekündigt worden, "den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 22.03.1993 (...) zu verpflichten, gegen ruhestörenden Lärm in der Nachtzeit (Hervorhebung durch den Senat) ordnungsrechtlich vorzugehen".

Der Senat verkennt nicht, dass sich ein Vergleich im Interesse einer endgültigen Befriedung des Verhältnisses der Beteiligten auch auf außerhalb des jeweiligen Rechtsstreits liegende Gegenstände erstrecken kann. Dies muss jedoch dem übereinstimmenden Willen der Vertragspartner und nicht etwa nur demjenigen eines Beteiligten entsprechen; ein solcher Wille muss bei Vergleichsabschluss hinreichend zum Ausdruck gekommen sein. Vorliegend fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass der Beklagte und der Beigeladene mit den abgegebenen Erklärungen den gesamten Umfang der zulässigen Nutzung des Schützenheims auch tagsüber endgültig und abschließend auf unabsehbare Zeit hätten festlegen wollen. Für die Eingehung einer solchermaßen weit über den seinerzeitigen Streitgegenstand hinausreichenden Bindung bestand aus der Sicht des Beklagten und der Beigeladenen kein Anlass. Nicht nur in den genannten Klageverfahren, sondern auch in dem vorangegangenen ordnungsbehördlichen Verfahren und dem vor dem Landgericht Dortmund geführten Zivilrechtsstreit, deren Ausgang den Inhalt des Änderungsbescheids vom 22. März 1993 maßgeblich beeinflusst hatten, stand stets die von den Nachbarn als besonders belästigend empfundene Nutzung zur Nachtzeit im Vordergrund. Ein Bedürfnis nach Befriedung in Bezug auf die Nutzung des Schützenheims zur Tagzeit drängte sich keineswegs auf. Das gilt auch in Ansehung des Vortrags des Klägers, er habe im Vertrauen auf den Vergleich davon abgesehen, die Aufhebung auch der ursprünglichen Baugenehmigung vom 22. Dezember 1983 zu beantragen. Entgegen seiner Auffassung stellt dies kein Zugeständnis an die anderen Beteiligten dar, weil die ursprüngliche Baugenehmigung aufgrund ihrer Bestandskraft nicht mehr mit Erfolg angefochten werden konnte. Dies gilt unabhängig davon, ob das Verwaltungsgericht seinerzeit entsprechend der Behauptung des Klägers die Bestandskraft gegebenenfalls zu Unrecht - in Frage gestellt hat. Jedenfalls ist nicht erkennbar, dass ein solcher Hinweis des Verwaltungsgerichts die Willensbildung des Beklagten und des Beigeladenen dahingehend beeinflusst hätte, sich gegenüber den Nachbarn bezogen auf die Tagzeit weitgehenden Einschränkungen ihrer Nutzungs- bzw. Handlungsmöglichkeiten zu unterwerfen. Insbesondere im Hinblick auf das gegebenenfalls empfindlich betroffene Eigentum des Beigeladenen (Art. 14 GG) hätte ein Wille, jegliche Nutzung des Schützenheims abschließend und umfassend zu regeln, bei Vergleichsschluss deutlich geäußert werden müssen; den vorliegenden Verfahrensdokumenten ist ein solcher Wille nicht andeutungsweise zu entnehmen.

Die Argumentation des Klägers, der Vergleich bestimme den Inhalt der ursprünglichen Baugenehmigung und dürfe daher nicht losgelöst von dieser ausgelegt werden, führt zu keiner anderen Beurteilung. Dies ist zwar zutreffend; in welchem Umfang der Vergleich die ursprüngliche Baugenehmigung modifiziert, ist jedoch gerade die im Mittelpunkt der vorstehenden Ausführungen liegende Auslegungsfrage. Diese gründen im Übrigen maßgeblich auf dem durch den Änderungsbescheid vom 22. März 1993 vermittelten Zusammenhang des Vergleichs mit der ursprünglichen Baugenehmigung.

Das streitgegenständliche Vorhaben ist jedoch rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, weil es gegen das auch den Kläger schützende Gebot der Rücksichtnahme verstößt, das als "öffentlicher Belang" in § 35 Abs. 2 und 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB enthalten ist. Denn jedenfalls die von der streitgegenständlichen Nutzung hervorgerufenen Lärmimmissionen durch den Verkehr auf dem C.---------weg sind dem Kläger nicht zumutbar.

Bauvorhaben, von denen Belästigungen oder Störungen ausgehen, können gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßen. Welche Anforderungen konkret bestehen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Es kommt wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was dem Rücksichtnahmebegünstigen einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1993 - 4 C 5.93 -, BRS 55 Nr. 168.

Für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärmimmissionen kann im Rahmen der Genehmigung von Einzelbauvorhaben in Form von genehmigungsbedürftigen bzw. - wie hier - nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen im Sinne der §§ 22 ff. BImSchG grundsätzlich auf die TA Lärm abgestellt werden. Das gilt auch für Bewirtungsbetriebe wie insbesondere Gaststätten, jedenfalls soweit sie Speisen und Getränke innerhalb geschlossener Räume anbieten und servieren. Für die Bewertung der von derartigen Betrieben ausgehenden Lärmimmissionen einschließlich derjenigen des Zu- und Abfahrtverkehrs auch auf öffentlichen Verkehrsflächen bietet die TA Lärm in aller Regel eine tragfähige Grundlage,

vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. November 2009 7 A 146/08 -, BauR 2010, 585, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 3. August 2010 - 4 B 9.10 -, juris; OVG Berl.-Br., Beschluss vom 28. Juni 2010 - OVG 10 S 46.09 , juris; Bay. VGH, Urteil vom 30. Juli 2008 - 15 B 08.265 -, juris,

wobei allerdings Besonderheiten bei der Bewertung der Zumutbarkeit des durch Menschen verursachten Lärms in Fällen der Außengastronomie eine hierüber hinausgehende wertende Gesamtbetrachtung gebieten können.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. November 2009 7 A 146/08 -, a. a. O., bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 3. August 2010 - 4 B 9.10 -, a. a. O., sowie Beschlüsse vom 15. Juni 2010 2 A 256/09 -, 25. Juni 2008 - 10 A 2525/07 -, juris, und vom 25. August 2003 - 7 B 1477/03 -, juris.

Hiervon ausgehend ist es nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalls sachgerecht, die Zumutbarkeit des vorhabenbedingten Verkehrslärms auf dem C.---------weg unter Heranziehung des sich aus Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm ergebenden Maßstabs zu bewerten. Danach sollen Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen in einem Abstand von bis zu 500 m von dem Betriebsgrundstück in Gebieten nach Nr. 6.1 Buchstaben c) bis f) TA Lärm durch Maßnahmen organisatorischer Art soweit wie möglich vermindert werden, soweit sie den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche für den Tag oder die Nacht rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen, keine Vermischung mit dem übrigen Verkehr erfolgt ist und die Immissionsgrenzwerte der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchV) erstmals oder weitergehend überschritten werden. Mit dieser Regelung sind die Gesichtspunkte, die die Rechtsprechung für die Zuordnung des An- und Abfahrtverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen entwickelt hat, konkretisiert worden. Danach ist maßgeblich, ob das als belastend empfundene Geschehen noch erkennbar als Ziel- bzw. Quellverkehr der zu beurteilenden Anlage in Erscheinung tritt. Solange der an- und abfließende Verkehr nicht mehr bzw. noch nicht in den allgemeinen Straßenverkehr integriert ist, ist er dem Betrieb zuzurechnen. Das Bundesverwaltungsgericht hat insoweit u.a. die tatsächliche Entfernung von der Anlage, die Straßenführung und die Funktion der Verkehrsflächen als für die Beurteilung bedeutsame Umstände angesehen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Mai 1996 - 1 C 10.95 -, BVerwGE 101, 157 = NVwZ 1997, 276.

Unter Berücksichtigung dieses Regelungszwecks und der hierfür maßgeblichen Gesichtspunkte ist eine Orientierung an den Maßgaben der Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm im vorliegenden Fall jedenfalls deshalb angezeigt, weil die öffentliche Verkehrsfläche des C1.---------wegs in dem hier in Rede stehenden, am Grundstück des Klägers vorbeiführenden Abschnitt faktisch weitgehend die Funktion einer Zufahrt zum Schützenheim des Beigeladenen hat. Da ein Durchgangsverkehr zu den Baugebieten nordwestlich der in Höhe des Hauses C.---------weg 39 beginnenden Kurve aufgrund der verkehrstechnischen Abbindung ausgeschlossen ist, führt an dem Grundstück des Klägers neben dem Verkehr von und zum Schützenheim lediglich noch der An- und Abfahrtverkehr zu den Wohnhäusern C.---------weg 39 und 40 vorbei. Demgemäß erschöpft sich das Verkehrsaufkommen nahezu ausschließlich in dem durch die Nutzung des Schützenheims ausgelösten Ziel- und Quellverkehr. Auch die relativ geringe Entfernung des C1.---------wegs zum Schützenheim von ca. 60 m kennzeichnet ihn als "Zufahrtsstraße" im vorgenannten Sinne.

Den Maßstab der Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm zugrundegelegt, überschreiten die mit der streitgegenständlichen Nutzung des Schützenheims verbundenen Verkehrslärmimmissionen auf dem C.---------weg das vom Kläger hinzunehmende Maß. Die genannten kumulativen Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. Die Geräusche des Ziel- und Quellverkehrs von und zum Schützenheim erhöhen den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche für den Tag um mindestens 3 dB(A). Eine solche Erhöhung des Beurteilungspegels entspricht einer Verdoppelung der Schallenergie und damit des Verkehrsaufkommens; zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass nach dem letzten Absatz der Anlage 1 zur - in Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm in Bezug genommenen - 16. BImSchV die errechneten Gesamtbeurteilungspegel auf ganze dB(A) aufzurunden sind. Die streitgegenständliche Nutzung des Schützenheims hat mindestens eine Verdoppelung des Verkehrsaufkommens auf dem C.---------weg im hier in Rede stehenden Bereich zur Folge. Das folgt schon daraus, dass dieser Straßenabschnitt - wie ausgeführt - weit überwiegend von dem An- und Abfahrtverkehr zum Schützenheim in Anspruch genommen wird und ansonsten nur der Erschließung weniger Wohngrundstücke dient. Die Art der durch keinerlei Regelungen der Baugenehmigung hinsichtlich des Verkehrs- bzw. des Besucheraufkommens beschränkten Veranstaltungen wie z.B. Hochzeitsfeiern lässt Veranstaltungen mit einem hohen Verkehrsaufkommen zu. Im Übrigen legt die Schallimmissionsprognose des Ingenieurbüros G1. vom 18. Dezember 2005 selbst unter der Prämisse, dass keine näheren Informationen über die Verkehrsbelegung des C1.---------wegs vorlägen, eine Verdoppelung des Verkehrs zugrunde.

Eine Vermischung des An- und Abfahrtverkehrs zum Schützenheim mit dem übrigen Verkehr auf dem fraglichen Abschnitt des C1.---------wegs wird nicht erfolgen. Entsprechend dem oben dargelegten Regelungszweck ist dieses Tatbestandsmerkmal Ausdruck der Forderung, dass der zurechenbare Verkehr erkennbar als Ziel- und Quellverkehr der Anlage in Erscheinung treten muss.

Vgl. Feldhaus/Tegeder in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Kommentar, Band 4, Stand: Juli 2010, Nr. 7 TA Lärm Rdnr. 49; Hansmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Band II, Stand: 1. März 2010, Nr. 7 TA Lärm Rdnr. 54.

Dies ist hier der Fall. Wie oben dargelegt, besteht das Verkehrsaufkommen in dem an die L 881 angebundenen Bereich des C1.---------wegs fast ausschließlich in dem An- und Abfartverkehr zum Schützenheim.

Die für den Bereich der Wohnbebauung nördlich des C1.---------wegs maßgeblichen Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV werden auf dem Grundstück des Klägers in Folge der strittigen Nutzung überschritten. Einschlägig ist entgegen der der Schallimmissionsprognose des Ingenieurbüros G1. zugrunde liegenden Prämisse nicht der für Kern-, Dorf- und Mischgebiete geltende Grenzwert von 64 dB(A) gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 16. BImSchV, sondern der für reine und allgemeine Wohngebiete sowie Kleinsiedlungsgebiete gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 16. ImSchV maßgebliche Grenzwert von 59 dB(A). Denn das Grundstück des Klägers liegt im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, der als reines oder zumindest allgemeines Wohngebiet einzustufen ist. Damit ist zugleich die Voraussetzung der Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm erfüllt, dass das Grundstück des Klägers einem Gebiet "nach Nummer 6.1 Buchstaben c bis f" zuzuordnen ist.

Bei der Beurteilung, ob ein Grundstück in einem Bebauungszusammenhang liegt, ist maßgebend, ob eine tatsächlich aufeinander folgende, zusammenhängende Bebauung besteht. Selbst unbebaute Flächen können einem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein. Ausschlaggebend ist, wieweit eine aufeinander folgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die in Rede stehende Fläche selbst diesem Zusammenhang angehört. Dies ist nicht nach geographischmathematischen Maßstäben zu entscheiden. Vielmehr kommt es entscheidend auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls an.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 6. November 1968 - IV C 2.66 -, BVerwGE 31, 20, und vom 14. April 1967 - IV C 134.65 -, BRS 18 Nr. 23.

Dies vorausgesetzt, gehört das Grundstück des Klägers einem Bebauungszusammenhang an, der durch die Bebauung östlich (B2. Straße 2, C.---------weg 25 bis 33) und nördlich (C.---------weg 39 bis 45) des C1.---------wegs vermittelt wird. Das ergibt sich aus den örtlichen Verhältnissen, die durch das dem Senat vorliegende und in der mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten erörterte Karten- und Luftbildmaterial veranschaulicht werden. Danach handelt es sich bei den angesprochenen Häusern östlich und nördlich des C1.---------wegs um eine aufeinander folgende Bebauung, die den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Die im Bereich der Straßenkurve zwischen dem Wohnhaus C.---------weg 33 und dem Wohnhaus C.---------weg 39 befindliche Freifläche unterbricht diesen Zusammenhang nicht. Sie ist Bestandteil des mit dem Wohnhaus C.---------weg 39 bebauten Grundstücks Gemarkung I.--------, Flur 6, Flurstück 56. Ein bebautes Grundstück unterbricht den Bebauungszusammenhang in aller Regel nicht, es sei denn, die Bebauung ist im Verhältnis zur Größe des Grundstücks nur von ganz untergeordneter Bedeutung.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 1986 - 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34 = BRS 46 Nr. 62.

Davon kann hier schon mit Blick auf die überschaubare Ausdehnung der Freifläche keine Rede sein, die zur Folge hat, dass das Haus C.---------weg 39 von dem Haus C.---------weg 33 lediglich ca. 40 m entfernt ist. Zu berücksichtigen ist im Übrigen, dass der viertelkreisförmige Zuschnitt des Grundstücks dem Kurvenverlauf des C1.---------wegs angepasst ist; der Bereich der Wohnhausbebauung nimmt mit knapp einem Drittel einen erheblichen Teil der Straßenfront des Grundstücks in Anspruch. Auch unabhängig von dem vorstehenden Gesichtspunkt handelt es sich bei der besagten Freifläche um eine die räumliche Verklammerung zwischen den Häusern B2. Straße 2 und C.---------weg 25 bis 33 einerseits und C.---------weg 39 bis 45 andererseits nicht in Frage stellende Baulücke. Denn bei Zugrundelegung des Maßstabs, der durch die vorhandene, in offener Bauweise errichtete Bebauung des C1.---------wegs vorgegeben wird, ließen sich auf der unbebauten Fläche allenfalls zwei Wohnhäuser errichten; angesichts der durch die Kurvenlage eingeschränkten Grundstückstiefe dürfte schon dies mit Blick auf das Interesse an angemessenen Garten- und Erholungsflächen zu Schwierigkeiten führen. Bei dieser Sachlage fügt sich die Freifläche nach der Verkehrsanschauung als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke in den Bebauungszusammenhang ein. Entsprechendes gilt für die lediglich die Errichtung eines Wohnhauses ermöglichende Baulücke zwischen dem Wohnhaus C.---------weg 39 und dem Wohnhaus des Klägers sowie - ohne dass es für dessen Einbeziehung in den Bebauungszusammenhang darauf ankommt - die Freifläche zwischen diesem Haus und dem Haus C.---------weg 45. Der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung erhobene Einwand, die Siedlungsstruktur der Bebauung östlich des C1.---------wegs nördlich der Kurve unterscheide sich grundlegend von derjenigen nördlich des C1.---------wegs im Abschnitt zwischen der Kurve und der L 881, ist für die Frage des Vorliegens eines Bebauungszusammenhangs ohne Belang. Die Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit einer Bebauung im eingangs genannten Sinne wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Bebauung kein einheitliches Gesamtbild ergibt. Eine unterschiedliche Siedlungsstruktur einzelner Bebauungsbereiche bewirkt keine Unterbrechung des Bebauungszusammenhangs, sondern kann allenfalls für die - an dieser Stelle nicht in Rede stehende - Bestimmung der näheren Umgebung gemäß § 34 Abs. 1 und 2 BauGB relevant sein.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 1986 - 4 C 15.84 -, a. a. O.

Das Grundstück des Klägers liegt in einem reinen oder zumindest in einem allgemeinen Wohngebiet. Dabei bedarf keiner abschließenden Klärung, wo genau die Grenze der für die Bestimmung des Gebietscharakters nach § 34 Abs. 2 BauGB maßgeblichen näheren Umgebung zu ziehen ist, insbesondere, ob insoweit neben der im unbeplanten Innenbereich gelegenen Bebauung nördlich und östlich des C1.---------wegs auch die westlich dieser Straße durch Bebauungsplan als reines Wohngebiet festgesetzten Grundstücke und eventuell auch die südlich der B2. Straße gelegenen Wohngrundstücke einzubeziehen sind. Denn unabhängig von der exakten Grenzziehung ist die nähere Umgebung zumindest weit überwiegend durch Wohngebäude geprägt.

Veranlassung, von den Grenzwerten des § 2 Abs. 1 Nr. 2 16. BImSchV zu Lasten des Klägers aufgrund der Nähe seines Grundstücks zum Außenbereich abzuweichen, besteht nicht. Eine derartige Minderung des dem Kläger zukommenden Schutzanspruchs wäre kein angemessenes Ergebnis des durch das Rücksichtnahmegebot geforderten nachbarlichen Interessenausgleichs. Zum Einen liegt das Grundstück des Klägers - wie vorstehend ausgeführt - in einem nahezu ausschließlich durch Wohnbebauung gekennzeichneten Gebiet, dessen Schutzwürdigkeit dem oberen Bereich des von § 2 Abs. 1 Nr. 2 16. BImSchV umfassten Spektrums zuzuordnen ist. Zum Anderen ist zu Lasten des Beigeladenen zu berücksichtigen, dass er den C.---------weg angesichts des dargelegten Anteils des Ziel- und Quellverkehrs zum Schützenheim am gesamten Verkehrsaufkommen in einem einer privaten Zufahrt vergleichbarem Maß in Anspruch nimmt.

Der hiernach einschlägige Grenzwert von 59 dB(A) tags wird auf dem Grundstück des Klägers mit den auf die streitgegenständliche Nutzung zurückzuführenden Verkehrslärmimmissionen überschritten. Das folgt aus der Schallimmissionsprognose des Ingenieurbüros G1. , die insoweit Beurteilungspegel von 61 dB(A) (in 1,5 und 4,5 m Höhe über Grund) und 60 dB(A) (in 10,5 m Höhe über Grund) errechnet. Der Senat sieht keinen Anlass, die diesem vom Beklagten selbst in Auftrag gegebenen Gutachten zugrunde liegenden Prämissen als zu pessimistisch in Zweifel zu ziehen, zumal die Annahmen des Gutachters den mit der angefochtenen Baugenehmigung ermöglichten Nutzungsumfang nicht vollständig berücksichtigen. Die Schallimmissionsprognose legt zugrunde, dass die genehmigten privaten Veranstaltungen von ca. 100 Personen besucht werden. Der Gutachter geht dabei davon aus, dass die Feierlichkeiten im Vereinsraum mit einer Bestuhlung für 46 Personen stattfinden. Die Baugenehmigung enthält jedoch keine entsprechenden Einschränkungen, sondern lässt weitaus größere Veranstaltungen zu. Sie begrenzt weder die Teilnehmerzahl noch schließt sie aus, dass der mit 126 Plätzen ausgestattete Schützenraum für die genehmigten privaten Veranstaltungen genutzt wird. Die Baugenehmigung lässt auch zu, dass an ein- und demselben Tag private Veranstaltungen Dritter und vereinsinterne Veranstaltungen stattfinden. Vor diesem Hintergrund begegnet es Bedenken, dass das Gutachten von einer Begrenzung der täglichen Fahrzeugbewegungen durch die relativ geringe Zahl der auf dem Grundstück des Beigeladenen zur Verfügung stehenden Stellplätze ausgeht. Vielmehr ist bei sehr gut besuchten Veranstaltungen mit weit über 100 Teilnehmern in Rechnung zu stellen, dass gerade die auf derartige Größenordnungen nicht eingerichteten begrenzten Stellplatzkapazitäten eine Vielzahl zusätzlicher Fahrzeugbewegungen zur Folge haben können. Es liegt nahe, dass Besucher, die auf dem Vereinsgelände keinen Stellplatz mehr vorfinden, wiederholt den C.---------weg befahren und dort einen erheblichen Parksuchverkehr auslösen werden.

Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm ist die Wertung zu entnehmen, dass ein Vorhaben jedenfalls dann die gebotene Rücksichtnahme gegenüber dem betroffenen Nachbarn vermissen lässt, wenn mögliche Maßnahmen organisatorischer Art zur Verminderung der die Voraussetzungen der Vorschrift erfüllenden Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs auf der öffentlichen Verkehrsfläche unterbleiben. Die angefochtene Baugenehmigung sieht derartige Maßnahmen entgegen der Behauptung des Beklagten nicht vor. Das ergibt sich schon daraus, dass der Beklagte bei Erteilung der Baugenehmigung davon ausgegangen ist, die maßgeblichen Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV würden eingehalten; er ist dabei der Einschätzung der Schallimmissionsprognose des Ingenieurbüros G1. , S. 13, gefolgt, es seien "keine Maßnahmen gegen den Verkehr auf öffentlichen Straßen erforderlich". Die vom Beklagten angeführte Begrenzung der Zahl der Stellplätze in der Baugenehmigung stellt im Übrigen auch deswegen keine organisatorische Maßnahme im Sinne der Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm dar, weil die vom Ingenieurbüro G1. prognostizierten Beurteilungspegel eine solche Begrenzung bereits voraussetzen. Wie oben ausgeführt, lassen die relativ geringen Stellplatzkapazitäten sogar zusätzliche Fahrzeugbewegungen auf dem C.---------weg durch Veranstaltungsteilnehmer befürchten, die auf dem Vereinsgelände des Beigeladenen keine Parkmöglichkeit vorfinden. Der Hinweis des Beklagten darauf, dass die Baugenehmigung den Fahrzeugverkehr auf die Tagzeit beschränke, übersieht, dass vorliegend gerade der tagsüber zu erwartende Verkehrslärm in Rede steht. Schließlich sind organisatorische Maßnahmen zur Verminderung dieses Lärms ohne weiteres möglich. In Betracht kommt namentlich, die Zahl der Besucher der strittigen privaten Veranstaltungen zu begrenzen und/oder auszuschließen, dass am selben Tag Veranstaltungen des Schützenvereins stattfinden.

Keiner Entscheidung bedarf aus den vorstehenden Gründen, ob das streitgegenständliche Vorhaben auch aufgrund der unmittelbar von dem Schützenheimgelände auf das Grundstück des Klägers einwirkenden Lärmimmissionen zu Lasten des Klägers gegen das Rücksichtnahmegebot verstößt.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 S. 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.