OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.03.2010 - 6 A 3082/07
Fundstelle
openJur 2011, 74638
  • Rkr:

Erfolgloser Antrag eines Oberamtsrats auf Zulassung der Berufung gegen ein klageabweisendes Urteil betreffend seine dienstliche Beurteilung.

Zur Plausibilisierung einer dienstlichen Beurteilung.

Zu den Darlegungsanforderungen im Hinblick auf eine Aufklärungsrüge.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfah-rens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfah-ren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg; Zulassungsgründe im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO sind nicht dargelegt bzw. nicht gegeben.

Im Hinblick auf den Zulassungsgrund der Divergenz gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO werden die Darlegungsanforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO verfehlt. Hierzu muss ein die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter, aber inhaltlich bestimmter Rechtssatz aufgezeigt werden, der zu einem ebensolchen Rechtssatz in einer Entscheidung eines der in der Vorschrift genannten Gerichte in Widerspruch steht. Es müssen also die angeblich widersprüchlichen abstrakten Rechtssätze einander gegenüber gestellt werden.

Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 28. November 2008 - 6 A 3615/05 -.

Diesen Anforderungen ist nicht genügt. Mit dem Zulassungsantrag beruft sich der Kläger darauf, das Verwaltungsgericht verstoße mit seiner Entscheidung gegen näher bezeichnete Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, denen zufolge die Absenkung der Beurteilung zu plausibilisieren sei, und sei mithin davon abgewichen. Damit wird das Wesen der Divergenzrüge verkannt. Wenn - wie es hier geltend gemacht wird - die Rechtsprechung in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannter Gerichte (lediglich) falsch angewendet wird, liegt darin keine Abweichung im Hinblick auf einen abstrakten Rechtssatz im oben genannten Sinne.

Auch der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht dargelegt bzw. nicht gegeben. Hinsichtlich dieses Zulassungsgrundes bedarf es einer auf schlüssige Gegenargumente gestützten Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts. Dabei ist innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO in substantiierter Weise darzulegen, dass und warum das vom Verwaltungsgericht gefundene Entscheidungsergebnis ernstlich zweifelhaft sein soll. Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn das Gericht schon auf Grund des Antragsvorbringens in die Lage versetzt wird zu beurteilen, ob ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen.

Dafür genügt es nicht, wenn mit dem Zulassungsantrag unter Bezugnahme auf erstinstanzliches Vorbringen der Standpunkt vertreten wird, die im Streitfall vorgenommene Plausibilisierung der Begründung der Beurteilung sei unzureichend. Der Kläger setzt insoweit lediglich das Ergebnis seiner Würdigung der Fallumstände ohne eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Erläuterung der Würdigung des Verwaltungsgerichts entgegen, das seinerseits von den Maßgaben der Senatsrechtsprechung

- vgl. etwa Urteil vom 13. Februar 2001 - 6 A 2966/00 , NWVBl 2002, 351; Beschlüsse vom 13. Dezember 1999 - 6 A 3593/98 - sowie vom 19. Mai 2008 - 6 B 561/08 -, jeweils namentlich zu den Anforderungen an die Begründung einer Absenkung aufgrund eines Quervergleichs mit weiteren Nachweisen -

ausgegangen ist. Die Folgerung des Klägers in diesem Zusammenhang, die Argumentation des Verwaltungsgerichts führe dazu, dass eine Begründung der Absenkung im Einzelfall "überhaupt nicht mehr erforderlich wäre", ist unzutreffend. Dem widerspricht schon, dass das Verwaltungsgericht es für erforderlich gehalten und unternommen hat, die gegebene Begründung eingehend zu überprüfen.

Erfolglos wird mit dem Zulassungsantrag ferner geltend gemacht, dass die angegriffene Entscheidung mit den dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Mai 2002 - 2 BvR 723/99 - zu entnehmenden Maßgaben unvereinbar sei. Die Kritik ist teils unzureichend dargelegt, teils unzutreffend. Soweit dazu vorgetragen wird, es handele sich "hier jedoch um ein Werturteil, das sich auf eine konkrete Tatsachenbehauptung stützt", so dass eine weitere Plausibilisierung erforderlich sei, ist schon nicht dargetan, auf welches Werturteil und welche Tatsachenbehauptung abgehoben wird. Falls - was zu vermuten ist - sich die Beanstandung darauf bezieht, dass dem Kläger "Schwächen der rechtlichen Beurteilung grundsätzlicher Erlasse" vorgeworfen worden sind, geht ferner der Zulassungsantrag nicht auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts ein, wonach der dem zugrunde liegende Sachverhalt zwischen den Beteiligten unstreitig ist und im Hinblick auf dessen Bewertung Uneinigkeit besteht. Dass das Werturteil des Beklagten nicht mit der Selbsteinschätzung des Klägers übereinstimmt, ist indessen unmaßgeblich.

Auch im Hinblick auf die Berücksichtigung der zwischenzeitlich erfolgten Beförderung des Klägers werden die Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Zweifel gezogen. Dabei ist es nicht richtig, wenn im Antrag auf Zulassung der Berufung von "alleinige[r] Inbezugnahme auf die Beurteilungszeitraum erfolgte Beförderung" bzw. von einer "ansonsten nicht begründete[n] Absenkung" die Rede ist, denn der Umstand der im Beurteilungszeitraum erfolgten Beförderung ist nur eines von mehreren Begründungselementen für die Herabstufung. Soweit hierzu mit dem Antrag vorgebracht wird, eine im Beurteilungszeitraum erfolgte Beförderung dürfe nicht "'ohne Wenn und Aber' einer gegebenenfalls weiteren Beförderung entgegenstehen", ist das zutreffend,

vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Februar 2001 - 6 A 2966/00 -, a.a.O.,

aber unbehelflich, denn dergleichen ist im Streitfall nicht angenommen worden. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Senats ausgeführt, aufgrund der höheren Anforderungen des neuen statusrechtlichen Amtes müsse nach einer Beförderung eine deutliche Leistungssteigerung gezeigt werden, damit die Vergabe der gleichen Note wie im vorherigen Amt berechtigt sei. Es sei nicht zu beanstanden, dass dies bei der Beurteilung des Klägers berücksichtigt worden sei. Warum die Wertung, der Kläger habe nach der Beförderung die erforderliche Leistungssteigerung nicht gezeigt, unzutreffend sein soll, macht der Zulassungsantrag nicht ersichtlich.

Schließlich ist mit dem Zulassungsantrag nicht prozessordnungsgemäß dargelegt, dass ein Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vorliegt, auf dem das Urteil beruhen kann.

Der Kläger macht insoweit eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend und trägt zur Begründung vor, das Verwaltungsgericht habe Unterlagen angefordert, und - nachdem diese nicht hätten vorgelegt werden können - nur unzureichend Zeugenbeweis erhoben. Mindestens die Endbeurteilerin hätte noch als Zeugin zum Verlauf der Beurteilungskonferenz gehört werden müssen. Das reicht nicht aus.

Eine Aufklärungsrüge erfordert die Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte, inwiefern das angefochtene Urteil unter Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann und dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Beweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen.

Vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 9. Februar 2010 7 B 41/09 - und vom 26. Januar 2010 - 2 B 47/09 -, jeweils juris.

Ein Gericht verletzt die nach § 86 Abs. 1 VwGO bestehende Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine von einem Rechtsanwalt vertretene Partei nicht beantragt hat.

Vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2009 - 8 B 66/09 -, juris, mit weiteren Nachweisen.

Der Kläger hat unter anderem nicht aufgezeigt, zu welchem Beweisthema die Endbeurteilerin hätte gehört werden sollen und welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte. Jedenfalls hat er zudem in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht eine weitere Beweiserhebung nicht beantragt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).