LAG Köln, Beschluss vom 06.09.2010 - 5 TaBV 14/10
Fundstelle
openJur 2011, 74522
  • Rkr:
Verfahrensgang

. Auch bei der sog. Vertrauensarbeitszeit hat der Betriebsrat grundsätzlich einen Auskunftsanspruch nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, um die Einhaltung der Ruhezeit nach § 5 Abs. 1 ArbZeitG und der Ruhepausen nach § 4 ArbZeitG kontrollieren zu können (im Anschluss an BAG, Beschl. v. 6.5.2003 – 1 ABR 13/02, AP Nr. 61 zu § 80 BetrVG 1972).

2. Der Umfang der Auskunft richtet sich nach der Erforderlichkeit der Angaben für die Durchführung der Kontrollaufgaben.

3. Soweit durch die im Betrieb geltende Rahmenregelung zur Vertrauensarbeitszeit die Einhaltung der gesetzlichen Ruhezeiten und Ruhepausen strukturell gesichert ist, reduziert sich der Umfang des Auskunftsanspruchs.

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Be-schluss des Arbeitsgerichts Köln vom 07.12.2009

– 15 BV 83/09 – wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Beteiligten streiten über die Auskunftsansprüche des antragstellenden Betriebsrats (Beteiligter zu 1.).

Die Antragsgegnerin (Beteiligte zu 2.) ist Entwicklerin und Betreiberin eines Kabelnetzes in NRW. Der Antragsteller ist der Betriebsrat für den Betrieb in Köln (Hauptverwaltung).

Für die bei ihr beschäftigten außertariflichen Angestellten (AT-Angestellte) praktiziert die Antragsgegnerin seit einigen Jahren die sogenannte Vertrauensarbeitszeit und verzichtet darauf, die genauen Arbeitszeiten dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erfassen.

Zuletzt mit Schreiben vom 15.08.2008 (Bl. 42 d. A.) verlangte der Antragsteller, ihm monatlichen Angaben zu jedem AT-Angestellten zu liefern zu Beginn der täglichen Arbeitszeit, Ende der täglichen Arbeitszeit und Lage der arbeitstäglichen Pausen.

Mit Schreiben vom 15.09.2008 (Bl. 43 d. A.) teilte die Antragsgegnerin mit, dass die vom Antragsteller gewünschte Dokumentation nicht existiere und verwies auf die vorliegenden Zeiterfassungsbögen der AT-Angestellten.

Mit Schreiben vom 09.04.2009 (Bl. 44 d. A.) forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin nochmals auf, ab sofort entsprechende Informationen vorzulegen. Die Antragsgegnerin beschränkte sich jedoch darauf, Arbeitszeiterfassungsbögen (wie Anlage 1 Bl. 69 d. A.) vorzulegen.

Mit dem seit dem 23.04.2009 anhängigen Beschlussverfahren verfolgte der Antragsteller sein Begehren weiter.

Zur Begründung hat der Antragsteller vorgetragen, er wolle anhand der begehrten Auskünfte die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften nach § 5 Abs. 1 AZG (Ruhezeiten) und § 4 AZG (gesetzliche Ruhepausen) überwachen.

Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, sie könne den begehrten Auskunftsanspruch aus tatsächlichen Gründen nicht erfüllen. Die AT-Mitarbeiter hätten eine individuell vereinbarte Vertrauensarbeitszeit. Eine Dokumentation existiere nicht. Es sei Sinn und Zweck der Vertrauensarbeitszeit, dass Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und die Lage der Pausen nicht erfasst würden. Dies sei eine unternehmerische Entscheidung, die so auch schon seit Jahren umgesetzt werde.

Durch Beschluss vom 07.12.2009 hat das Arbeitsgericht der Antragsgegnerin aufgegeben, dem Antragsteller für jeden Monat Auskunft über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeiten (sämtliche Arbeitstage des Monats) der AT-Angestellten, die nicht leitende Mitarbeiter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG sind, sowie die Lage der arbeitstäglichen Pausen der AT-Angestellten zu geben.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegt Beschwerde der Antragsgegnerin.

Die Antragsgegnerin verweist zur Begründung ihrer Beschwerde darauf, dass die AT-Mitarbeiter einen vorgegebenen zeitlichen Rahmen hätten, in dem sie ihre Arbeitsziele erreichen müssten. Es bestehe weder eine bestimmte Anwesenheitspflicht noch eine Kernarbeitszeit. Die konkrete zeitliche Befassung der Arbeitnehmer mit ihren Arbeitsaufgaben sowie Beginn und Ende der Arbeitszeit würde nicht dokumentiert. Die Antragsgegnerin verzichte jedoch nicht auf eine Kenntnisnahme der tatsächlichen Arbeitszeit der AT-Mitarbeiter. Vielmehr nehme die Antragsgegnerin Kenntnis über die Arbeitszeiterfassungsbögen gemäß § 16 Abs. 2 AZG, die die AT-Mitarbeiter auszufüllen hätten. Die Antragsgegnerin nimmt insoweit Bezug auf die Arbeitszeiterfassungsbögen (Anlage BF 3 a, 3 b – Bl. 274 f. d. A.).

Der Betriebsrat könne nicht Anspruch auf Daten erheben, die der Arbeitgeber selbst nicht erfasse. Auskunft müsse nur über vorhandene Daten und Informationen gegeben werden. Die erstinstanzliche Entscheidung habe die Antragsgegnerin in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Denn die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts erschöpften sich darin, die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 05.06.2003 – 1 ABR 13/02 zu zitieren. Mit den ablehnenden Stimmen im Schrifttum habe sich das Arbeitsgericht nicht auseinandergesetzt und zudem die Besonderheit des vorliegenden Falles nicht beachtet. Denn während in dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 05.06.2003 zugrunde gelegen habe, der dortige Arbeitgeber überhaupt keine Arbeitszeiten der AT-Angestellten erfasst habe, würden im Unterschied dazu im vorliegenden Fall über die Arbeitszeiterfassungsbögen durchaus relevante Daten erfasst. Über diese Daten hinaus könne die Antragsgegnerin nicht über den Weg des Auskunftsbegehrens gezwungen werden, weitere Daten zu erheben. Bei der erstinstanzlichen Entscheidung sei das Arbeitszeitmodell "Vertrauensarbeitszeit" als ein aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung eingeführtes Modell nicht ausreichend berücksichtigt worden. Das Arbeitsgericht habe zudem verkannt, dass der Antragsteller einen Auskunftsanspruch nur zum Vorteil der betroffenen Arbeitnehmer geltend machen könne. Es stelle sich zudem die Frage, welchen Zweck die Kontrollrechte des Betriebsrates noch haben sollten, wenn der Arbeitgeber selbst auf die Kontrolle der Arbeitnehmer und damit verbundene Belastung verzichten wolle.

Da § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG keinen Anspruch auf Herstellung (Datenbeschaffung) kenne und insoweit ein Widerspruch zwischen Auskunfts- und Herstellungsanspruch bestehe, müsse dieser gegebenenfalls so aufgelöst werden, dass der Betriebsrat dann eben nur einen Anspruch auf mündliche Auskunft über die Arbeitszeiten habe.

Die Antragsgegnerin beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 07.12.2009 – 15 BV 83/08 den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsteller verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Die Antragsgegnerin verkenne, dass die Vorschrift des § 80 Abs. 2 BetrVG nicht dispositiv sei und die Auskunftsrechte des Betriebsrats nicht durch die Einführung von Vertrauensarbeitszeit eingeschränkt werden könnten. Dies gelte erst Recht, wenn, wie im vorliegenden Fall die Vertrauensarbeitszeit ohne Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG in der Vergangenheit praktiziert worden sei. Zudem sei es die gesetzliche Aufgabe des Betriebsrats, nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, unter anderem die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes zu überwachen, völlig unabhängig davon, ob der Arbeitgeber diesbezüglich auf eine Überwachung- und Kontrolle verzichten wolle.

Nach Verkündung der erstinstanzlichen Entscheidung haben sich in einem anderen Beschlussverfahren der Gesamtbetriebsrat der Antragstellerin und die Antragsgegnerin am 03.05.2010 vergleichsweise darauf geeinigt, Verhandlungen über eine Regelung zu Arbeitszeit für AT-Angestellte gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrAVG aufzunehmen und bei Scheitern dieser Verhandlungen bis zum 03.08.2010 eine Einigungsstelle zu errichten (Bl. 266 f. d. A.). Da bis zum 03.08.2010 keine Einigung erzielt wurde, ist die Einigungsstelle eingerichtet worden. Hierzu hat die Antragsgegnerin (Bl.268 ff. d. A.) und der Gesamtbetriebsrat (Bl. 280 ff. d. A.) jeweils einen Entwurf für eine Betriebsvereinbarung vorgelegt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die zulässige, insbesondere statthafte und form- und fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Antragsgegnerin über Auskunft verpflichtet.

Der Antrag des Antragstellers ist zulässig. Insbesondere ist das vorliegende Beschlussverfahren ordnungsgemäß eingeleitet worden. Zu Recht hat das Arbeitsgericht insoweit auf den Einleitungsbeschluss vom 24.11.2009 (Bl. 113 f. d. A.) verwiesen. Zu der entsprechenden Betriebsratssitzung ist ordnungsgemäß eingeladen worden (Einladungsschreiben Bl. 110 d. A.). Aus der übersandten Tagesordnung (Bl. 111 d. A.) ergibt sich das unter Tagesordnungspunkt 6 verhandelt werden sollte die Einleitung eines Beschlussverfahrens mit dem Ziel, dem Arbeitgeber aufzugeben, den Betriebsrat für jeden Monat Auskunft über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeiten der AT-Angestellten sowie die Lage der arbeitstäglichen Pausen der AT-Angestellten zu geben und hierzu die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zu beauftragen (Bl. 111 d. A.). Das Sitzungsprotokoll enthält sodann das Abstimmungsergebnis, wonach dieser Beschluss einstimmig gefasst wurde.

Die Einleitung des Beschlussverfahrens ist damit ordnungsgemäß beschlossen worden. Im Beschwerdeverfahren hat die Antragsgegnerin diesbezüglich auch keine Einwendungen mehr erhoben.

Der Auskunftsanspruch ist zum Entscheidungszeitpunkt begründet.

Der Anspruch erfolgt aus § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG. Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf rechtszeitige und umfassende Unterrichtung. Der Zusammenhang mit der Aufgabendurchführung des Betriebsrats ist gegeben. Denn nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat der Betriebsrat darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden. Hier ist bezüglich der Überwachungszuständigkeit des Betriebsrats aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrAVG das Arbeitszeitgesetz (AZG) relevant. Denn die Überwachungszuständigkeit des Betriebsrates schließt es ein, darüber zu wachen, dass die nach § 5 Abs. 1 AZG vorgeschriebene ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden eingehalten wird. Ebenfalls ist von der Überwachungszuständigkeit gedeckt, zu überwachen, dass die in § 4 AZG vorgeschriebenen Ruhepausen eingehalten werden.

Nicht durchzudringen vermag die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang mit ihrem Vorbringen, der Betriebsrat dürfe nicht zu Ungunsten der Beschäftigten seine Überwachungszuständigkeit ausüben, weil die Beschäftigten die Freiheit von einer Arbeitszeitkontrolle als Vorteil empfinden würden. Denn die gesetzlichen Arbeitszeitvorschriften sind unabhängig davon einzuhalten, ob die Beschäftigten ihre Anwendung als Vorteil empfinden oder im Sinne größtmöglicher Arbeitszeitfreiheit von ihr abweichen möchten. Dies bedeutet, dass auch dann, wenn die Beschäftigten eigentliche entgegen den gesetzlichen Bestimmung keine Ruhepause machen, sondern ihre Arbeit frühzeitiger beenden möchten, oder keine Ruhezeit von 11 Stunden einhalten möchten, um an bestimmten Tagen weniger arbeiten zu müssen, die gesetzlichen Bestimmungen maßgeblich bleiben. Der Betriebsrat nach der klaren Festlegung in § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG auch darüber zu wachen hat, dass die gesetzlichen Mindestvorgaben bezüglich Ruhezeit und Ruhepausen tatsächlich eingehalten werden.

Der Antragsteller hat zutreffend einen Auskunftsanspruch geltend gemacht. In welcher Form dieser Auskunftsanspruch erfüllt werden muss, ist vom Gesetz nicht festgelegt. § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG ermöglicht sowohl die schriftliche wie auch die mündliche Auskunftserteilung. Ob die Antragsgegnerin die begehrten Auskünfte schriftlich oder mündlich erteilt, ist folglich im Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung nicht festgelegt. Es ist folglich in das Praktikabilitätsermessen der Antragsgegenerin gestellt, ob sie die Auskünfte mündlich oder schriftlich erteilt, wobei ohne weiteres nachvollziehbar ist, wenn die Antragsgegnerin davon ausgeht, dass eine mündliche Auskunftserteilung äußerst zeitaufwendig und damit unpraktikabel ist.

Aus dem Umstand, dass es vorliegend um Vertrauensarbeit geht, folgt nicht, dass insoweit das Unterrichtungsrecht des Betriebsrats aufgehoben wäre. Zutreffend hat das Arbeitsgericht dazu die einschlägige höchstrichterliche Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Beschluss vom 06.05.2003 – 1 ABR 13/02 – AP Nr. 61 zu § 80 BetrVG) herangezogen.

Nach dieser Entscheidung benötigt der Betriebsrat die Informationen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit an jedem Arbeitstag, um die Einhaltung des § 5 Abs. 1 AZG überprüfen zu können. Die danach gebotene 11- stündige Ruhezeit könne der Betriebsrat nicht überwachen, wenn ihm das Arbeitszeitende und der erneute Arbeitszeitbeginn unbekannt blieben. Die eigenständige Unterrichtung über die Lage der arbeitstäglichen Pausen sei erforderlich, um die Einhaltung der gesetzlichen Pausenzeiten nach § 4 AZG zu überwachen. Den Auskunftsansprüchen stehe nicht entgegen, dass der Arbeitgeber die tatsächlichen Arbeitszeiten der AT-Mitarbeiter bewusst nicht erfasse. Denn eine Pflicht des Arbeitgebers zur Erteilung der in Rede stehenden Auskünfte bestehe auch dann, wenn er über die entsprechenden Kenntnisse selbst bislang nicht verfüge. Ein Widerspruch dazu, dass der Arbeitgeber grundsätzlich nicht verpflichtet sei, Unterlagen zu beschaffen, die er selbst nicht besitze, bestehe nicht. Denn die genannten Informationen seien zur Überwachung der Arbeitszeitgrenze nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unentbehrlich. Sinn der Vertrauensarbeit sei es zwar, bei der Arbeitszeitgestaltung einen größeren Freiraum zu gewähren. Dieser durch die Vertrauensarbeitszeit zusätzlich eingeräumte Spielraum finde aber seine Grenzen darin, dass die gesetzlichen tariflichen und gegebenenfalls betrieblichen Höchstarbeitszeitgrenzen beachtet würden. Der Arbeitgeber habe daher die betreffenden Informationen auch dann selbst zu beschaffen, wenn er eigentlich meine, auf sie verzichten zu können. Andernfalls hätte es der Arbeitgeber in der Hand, die Aufgabenwahrnehmung zu verhindern oder doch den Betriebsrat gegen dessen Willen zu eigenen Erkundigungen und Datenerhebungen zu zwingen (BAG, Beschluss vom 06.05.2003 – 1 ABR 13/02 – AP Nr. 61 zu § 80 BetrVG).

Die gegen diese Rechtsprechung gerichtete Kritik der Antragsgegnerin überzeugt nicht. Zunächst ist es bereits nicht zutreffend, dass die Entscheidung im Schrifttum überwiegend auf Kritik gestoßen wäre. So stimmt Fitting, Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz 24. Auflage § 80 BetrVG Randziffer 59 dieser Entscheidung ausdrücklich zu. Anders als die Antragsgegnerin es darstellt, wird die Entscheidung auch von Kania im Erfurter Kommentar, § 80 BetrVG Randziffer 24 zustimmend zitiert. Die Gegenauffassung überzeugt nicht. Denn sie würde darauf hinauslaufen, dass sich der Arbeitgeber hinsichtlich der Fakten, die auf mögliche Gesetzesverletzungen hindeuten, blind stellen könnte und damit die Durchführung der Kontrollaufgaben des Betriebsrats nach § 80 Abs. 1 BetrVG unmöglich machen würde.

Der Umfang des Unterrichtungsanspruchs des Betriebsrats wird durch die von der Antragsgegnerin veränderten Formulare zur Arbeitszeiterfassung nicht erfüllt. Nach diesen Formularen haben die Beschäftigten lediglich für jeden Tag mit Ja/Nein anzugeben, ob die ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden und die Ruhepausen gemäß § 4 AZG eingehalten worden sind. Da das Arbeitszeiterfassungsformular keinerlei näheren Angaben verlangt, ist für den antragsstellenden Betriebsrat eine Überprüfung dieser Pauschalangaben unmöglich. So kann aus der Pauschalangabe, es sei die Ruhezeit von 11 Stunden eingehalten worden, kein Aufschluss darüber gewonnen werden, wann die Arbeitszeit an einem Tag beendet worden ist, und wann die Arbeit am folgenden Tag wieder aufgenommen worden ist. Im Hinblick auf die dem Betriebsrat zugewiesene Kontrollaufgabe in § 80 Abs. 1 BetrVG ist mit diesen Pauschalangaben keinerlei , schon gar keine effiziente Kontrolle der gesetzlichen Arbeitszeitgrenzen möglich.

Der erforderliche Umfang der Auskunft ist von den im Einzelfall im Betrieb geltenden Arbeitszeitregelungen abhängig. Insoweit besteht auch eine Abhängigkeit zu der Kontrollmöglichkeit. Je einfacher die Kontrolle möglich ist, desto weniger umfangreich muss die Auskunft sein. Ist beispielsweise durch die Arbeitszeitregelung selbst, etwa durch den Arbeitszeitrahmen gesichert, dass die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes im Hinblick auf Ruhezeit und Ruhepausen gesichert sind, vermindert sich der Umfang der Auskunftspflichten auf diejenigen, die den Rahmen nicht eingehalten haben. Denn stehen beispielsweise Pausenzeiten oder ein Arbeitszeitrahmen fest, so wird sich der Unterrichtungsanspruch auf die ausnahmeweise erfolgten Überschreitungen fokussieren. Je uferloser hingegen die Arbeitszeit bestimmt werden kann, desto umfassender ist der Auskunftsanspruch.

Ist durch die Arbeitszeitregelungen hingegen strukturell gesichert, dass die gesetzlichen Ruhezeiten und Ruhepausen eingehalten werden, so vereinfacht dies die Kontrolle für den Betriebsrat und reduziert damit den Umfang des Auskunftsaufwandes. Wäre etwa, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 06.09.2010 beispielhaft erörtert, der Arbeitszeitrahmen innerhalb der Vertrauensarbeitszeit auf einen insgesamt 13-stündigen Zeitrahmen begrenzt, etwa von 07:00 Uhr bis 20:00 Uhr, wäre strukturell gesichert, dass die Beschäftigten die 11-stündige Ruhezeit nach § 5 Abs. 1 AZG einhielten. In einem solchen Fall wäre für den Betriebsrat eine Kontrolle von Verstößen sehr einfach möglich, weil die Anwesenheit von Beschäftigten vor Beginn des Arbeitszeitrahmens, also vor 07:00 Uhr, oder nach Ende des Arbeitszeitrahmens, also nach 20:00 Uhr, und damit ein Verstoß leicht festzustellen wäre. In einem solchen Fall wäre es daher zur Durchführung der Kontrollaufgaben des Betriebsrats nicht mehr erforderlich, den Betriebsrat über Arbeitszeitbeginn und Arbeitszeitende im Einzelnen zu informieren, um ihm die Kontrolle der Ruhezeiten des § 5 Abs. 1 AZG möglich zu machen.

Gleiches würde hinsichtlich der Pausenzeiten gelten, wenn insoweit ein verbindlicher Pausenrahmen zeitmäßig festgesetzt wäre.

Die Antragsgegnerin hat es daher in der Hand, die Vertrauensarbeitszeit unter Beibehaltung des Prinzips höchstmöglicher Arbeitszeitsouveränität so zu gestalten, dass sich der Unterrichtungsaufwand vermindert bzw. strukturell überflüssig wird.

Von solchen Möglichkeiten hat die Antragsgegnerin aber bisher und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht keinen Gebrauch gemacht. Dies obliegt ihrer Entscheidung und im Übrigen auch den Verhandlungen in der bereits gebildeten Einigungsstelle zur Vertrauensarbeitszeit.

Solange aber die Vertrauensarbeitszeit, wie bisher, ohne jegliche Rahmensetzung besteht, muss von einer vollumfänglichen Auskunftsverpflichtung ausgegangen werden.

3. Aus den genannten Gründen hatte die Beschwerde der Antragsgegnerin daher keinen Erfolg und musste zurückgewiesen werden. Die Rechtsbeschwerde konnte nicht zugelassen werden, da über die Erforderlichkeit der Auskunftserteilung auf der Basis der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgrund der betrieblichen Umstände im Einzelfall zu entscheiden war.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss ist kein weiteres Rechtsmittel gegeben. Hinsichtlich einer Nichtzulassungsbeschwerde wird auf die Voraussetzungen des § 92 a ArbGG verwiesen.

Dr. Griese Spicker Janssen