OLG Hamm, Urteil vom 29.04.2010 - 4 U 198/09
Fundstelle
openJur 2011, 74324
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 022 O 33/09
Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 02. Oktober 2009 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die und/oder Verknüpfung im Tenor des angefochtenen Urteils entfällt.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Klägerin, zu deren Mitgliedern sämtliche Industrie- und Handelskammern in Deutschland gehören, wendet sich gegen Werbung der Beklagten für das M-Spiel mit einem Aufsteller, der am 2. Mai 2008 vor einer Annahmestelle der Beklagten in S aufgestellt war. In diesem wurde blickfangmäßig auf den Jackpot hingewiesen, der an diesem Samstag rund 4 Millionen (Euro) beinhalten sollte. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl.2 der Akten sowie auf die Anlage K 3 des Anlagenbandes zur Klage Bezug genommen.

Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen eines in dieser konkreten Werbemaßnahme gesehenen Gesetzesverstoßes mit Schreiben vom 19. Mai 2008 erfolglos ab (Anlage K 26). Sie hat die Beklagte auf Unterlassung solcher Werbung und Erstattung ihrer Abmahnauslagen in Höhe von 208,65 € in Anspruch genommen.

Die Klägerin hat behauptet, dass zu ihren Mitgliedern verschiedene Glückspielanbieter gehören und insbesondere auch der H e.V., der selber klagebefugt sei. In der Sache hat sie auch im Verfahren geltend gemacht, die Aufstellerwerbung verstoße gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 5 Abs. 1, 7 GlückStV. Sie fordere die Verbraucher zumindest mittelbar zur Teilnahme an dem Glückspiel auf, wobei die rechtlich zulässige Information über den Jackpot reklamehaft als Blickfang in den Vordergrund gerückt werde, während die nach §§ 5, 7 GlückStV erforderliche Aufklärung zurücktrete und kaum zu lesen sei.

Sie hat zunächst bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel die Unterlassung begehrt,

im geschäftlichen Verkehr bei der Bewerbung der Lotterie "M" die Höhe des möglichen Gewinns (Jackpot) mitzuteilen, wenn dies wie in der nachstehend erfolgten Abbildung der konkret beanstandeten Werbung (Bl.398) geschieht.

Auf Anregung des Landgerichts hat sie hilfsweise die Unterlassung der Mitteilung der Höhe des möglichen Geldgewinns begehrt, wenn dies -wie oben abgebildet- in der Weise geschieht, dass der mögliche Jackpotgewinn blickfangmäßig hervorgehoben wird und/oder drucktechnisch größer als die Warn- und Aufklärungshinweise dargestellt wird.

Die Beklagte hat sich gegen die Klage verteidigt. Sie hat zunächst gemeint, die Klägerin sei nicht klagebefugt und in diesem Zusammenhang bestritten, dass zu ihren Mitgliedern Glücksspielanbieter gehörten. Sie hat ferner gemeint, der Unterlassungsantrag sei nicht hinreichend bestimmt, weil allein aus der Abbildung der beanstandeten Werbung nicht hinreichend deutlich werde, was an dieser Art der Mitteilung des Jackpots als gesetzeswidrig beanstandet werde. Die Begründung des Antrags weise darauf hin, dass die Klägerin offenbar die Jackpotwerbung auf Aufstellern generell verbieten wollte. Darauf habe sie aber keinen Anspruch. Die Beklagte hat mit näheren Ausführungen deutlich gemacht, dass sie nach ihrer Ansicht auch im Rahmen der konkreten Werbung nicht gegen § 5 Nr.1 GlüStV verstoßen habe, der eine Werbung unter Mitteilung der Gewinnmöglichkeiten grundsätzlich zulasse. § 7 GlüStV sei ohnehin als Verbotsnorm nicht einschlägig, weil die gesetzlich gebotenen Aufklärungsmaßnahmen nicht zwingend im Rahmen der Werbung erfolgen müssten.

Das Landgericht hat die Klage nach dem hilfsweise gestellten Unterlassungsantrag und dem Zahlungsantrag zugesprochen. Es hat den Kläger mit näheren Ausführungen als klagebefugt angesehen, den Hauptantrag nicht für hinreichend bestimmt gehalten, wohl aber den Hilfsantrag. Zur Begründetheit hat es ausgeführt, die Beklagte verstoße mit der Werbung gegen § 5 Abs. 1 und 2 des am 1. Januar 2008 in Nordrhein-Westfalen in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrages und damit gegen eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG. Die Aufmachung der beanstandeten Aufstellerwerbung überschreite durch die blickfangmäßige Herausstellung des Höchstgewinnbetrages gegenüber den nur relativ klein gehaltenen Warn- und Aufklärungshinweisenden den nach § 5 Abs. 1 GlüStV zulässigen Inhalt der Werbung für Glücksspiel. Die dort formulierte Beschränkung auf eine schlichte Information und die Aufklärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel werde nach § 5 Abs. 2 S. 1 GlüStV dahin konkretisiert, dass eine an sich zulässige Werbung nicht gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen und aufmuntern dürfe. Ein angemessener Ausgleich zwischen der nötigen Bewerbung eines legalen Angebotes zur Kanalisierung der Spielsucht und eines zu offensiven, einem Appell zum Spielen gleichkommenden Werbens könne nur durch eine Abwägung aller Umstände im Einzelfall erfolgen. Hier spreche der entscheidende Gesamteindruck, den die Werbemaßnahme auf die angesprochenen Verkehrskreise mache, für eine Überschreitung des noch zulässigen Werbens. Entscheidend dafür seien das blickfangmäßige Herausstellen der erzielbaren Gewinnsumme und die nur in wesentlich kleinerer Schrift erfolgten Hinweise zur Gewinnwahrscheinlichkeit. Für die in den Vordergrund gestellte Höhe des Jackspots spreche auch die Farbgestaltung. Durch den gelben Hintergrund mit den auffallenden roten Kreuzchen und die drucktechnische Hervorhebung des Wortes "Jackpot" und der Höhe desselben entstehe ein Aufforderungscharakter, der durch den Slogan unter dem Logo "Jetzt du!" verdeutlicht werde. Gerade solche Slogans, die unmittelbar zum Mitspielen aufforderten, stellten eine unzulässige Ermunterung dar. Im Hinblick auf sie könne die Beklagte auch nicht auf eine Verkehrsgewöhnung verweisen.

Die Erstattung der Abmahnpauschale schulde die Beklagte gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Die innerhalb der gewährten Schriftsatzfrist vorgelegte Abmahnung vom 19. Mai 2008 sei berechtigt gewesen, weil auch sie das verbotswidrige Verhalten zum Gegenstand gehabt habe.

Die Beklagte greift das Urteil mit der Berufung an. Sie rügt zunächst, dass das Landgericht sie auf den Hilfsantrag der Klägerin verurteilt habe, ohne die Klage im Übrigen mit einer entsprechenden Kostenfolge abzuweisen. Auch der Hilfsantrag sei zu unbestimmt und daher unzulässig, weil er den auslegungsbedürftigen Begriff "blickfangmäßig" verwende und auch nicht klar sei, was unter "drucktechnisch größer als die Warn- und Aufklärungshinweise dargestellt wird" zu verstehen sei. Im letzteren Fall könne das bedeuten, dass die Nennung der Jackpothöhe nicht größer sein dürfe als die Darstellung sämtlicher Hinweise zusammen, oder auch, dass die Jackpotdarstellung nicht größer sein dürfe als die Abbildung auch nur eines der geforderten Hinweise. Es komme hinzu, dass die Fassung des Tenors eine einschränkende Voraussetzung formuliere, nämlich ihr aufgebe, künftig die Jackpot-Werbung in einem bestimmten Größenverhältnis zu gestalten. Dies sei rechtsfehlerhaft, weil es allein Sache des Unterlassungsschuldners sei, wie er aus dem Verbot herauskomme.

Die Beklagte meint auch, das Landgericht habe § 5 GlüStV falsch ausgelegt. Die Vorschrift gestatte den legalen Glücksspielanbietern die Werbung, verpflichte sie aber nicht zur Aufklärung. Die Werbung dürfe nur nicht im Widerspruch zu den Zielen des § 1 GlüStV stehen, insbesondere nicht gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern. Als Ausgangspunkt für die Prüfung, ob das der Fall sei, komme es nicht auf den Gesamteindruck der Werbung an, sondern auf eine Abwägung aller Umstände. Dabei sei zu beachten, dass der Aufforderungscharakter immer das gewichtigste Element einer Werbung sei. Eine rein sachliche Werbung ohne jeden Aufforderungscharakter sei nicht vorstellbar. Daraus sei zu folgern, dass das Sachlichkeitsgebot in § 5 Abs. 1 GlüStV nicht überbetont werden dürfe und in Zusammenhang mit dem in § 5 Abs. 2 GlüStV enthaltenen Verbot vor allem unangemessene, unsachliche Werbung unterbinden solle. Im Rahmen des zur Kanalisierung der Spielsucht erforderlichen legalen Glücksspielangebotes müsse eine ansprechende Werbung erlaubt sein, um die Kunden überhaupt erreichen zu können. Nach diesen Kriterien könne allein das blickfangmäßige Herausstellen der erzielbaren Gewinnsumme noch nicht als übertriebenes Anlocken angesehen werden. Das gelte erst recht, wenn entscheidend darauf abgestellt werde, dass die Informationen über die Höhe des Jackpots in den Vordergrund gestellt würden. Denn dabei handele es sich um zentrale Informationen, die gerade im legitimen Interesse von möglichen Kunden lägen. Denn diese träfen die Entscheidung zur Teilnahme am Glücksspiel gerade auch im Hinblick auf eine ausreichende Höhe des Jackpots. Auch der reklamehaften Aufmachung des Aufstellers könne keine entscheidende Bedeutung zukommen, weil Reklame nach § 5 Abs. 1 GlüStV erlaubt sei. Die Farbgestaltung der Werbung könne Verbraucher auch nicht übermäßig anlocken, zumal sie nicht als "knallig" bezeichnet werden könne. Auch auf das Vorhandensein des kaum lesbaren Slogan "Jetzt du!" könne das Verbot nicht gestützt werden, da es nicht Gegenstand des Verbotes sei. Die Beklagte könne aber gut damit leben, in Zukunft auf den Slogan im Rahmen ihrer Werbung zu verzichten. Es fehle auch an einer Anspruchsgrundlage für die Verurteilung, den möglichen Jackpotgewinn nicht drucktechnisch größer als die Warn- und Aufklärungshinweise darzustellen. Während nach § 5 Abs. 2 S. 3 GlüStV im Hinblick auf das Verbot der Teilnahme Minderjähriger, die Suchtgefahren und die Hilfsmöglichkeiten ein deutlicher Hinweis verlangt werde, gelte das für den Hinweis nach Ziffer 2 des Anhangs im Hinblick auf die Aufklärung über die Wahrscheinlichkeit von Gewinn und Verlust nicht. Insoweit werde offensichtlich eine vergleichbare Deutlichkeit nicht für erforderlich gehalten. § 5 Abs. 2 S. 3 GlüStV mache es aber nicht erforderlich, die Hinweise in gleicher Größe darzustellen wie die Nennung der Jackpothöhe. Das zeige schon ein Vergleich mit der Tabakwerbung. Das Landgericht habe offenbar die Wertung des § 7 GlüStV in § 5 GlüStV hineingelesen, obwohl es sich dabei nur um Vertriebspflichten handele. Bei einer so strengen Vorgabe wäre auch eine sinnvolle Werbung nicht mehr möglich.

Im Hinblick auf die Verurteilung zur Zahlung der Abmahnkosten rügt die Beklagte, dass die Klägerin die Abmahnung nicht im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegt, sondern erst in einem Schriftsatz nach Schluss der mündlichen Verhandlung nachgereicht habe. Dieser als verspätet gerügte Schriftsatz hätte nicht mehr verwertet werden und die Verurteilung zur Zahlung der Abmahnpauschale mangels schlüssigen Vortrags nicht erfolgen dürfen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die

und/oder Verknüpfung im angefochtenen Urteil entfällt.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Sie sieht in der fehlenden Entscheidung über den Hauptantrag eine offenbare Unrichtigkeit des Urteils, die auf Antrag der Beklagten berichtigt werden könnte, ohne dass sich dadurch an der Kostenentscheidung etwas ändere, da der Hilfsantrag nur eine weitere Konkretisierung des bereits hinreichend konkreten und bestimmten Hauptantrages gewesen sei. Die Klägerin macht noch einmal deutlich, dass der ursprüngliche Antrag keine Verallgemeinerung mit anschließender Konkretisierung auf die Verletzungshandlung zum Gegenstand gehabt habe. Er habe sich vielmehr nur gegen die abgebildete Art der Werbung als konkrete Verletzungsform gerichtet. Auf Vorschlag des Gerichts sei die konkrete Verletzungsform dann unter Bezugnahme auf die blickfangmäßige Hervorhebung und die drucktechnisch größere Darstellung des möglichen Jackpotgewinns als die der Warn- und Aufklärungshinweise weiter konkretisiert worden.

In der Sache führt die Klägerin unter Hinweis auf die Systematik des § 5 GlüStV aus, dass § 5 Abs. 2 S. 1 GlüStV keinen Regelungsgehalt habe, der das Sachlichkeitsgebot des § 5 Abs. 1 GlüStV beschränken solle, sondern ausschließlich klarstellenden Charakter habe. Das werde durch die amtlichen Erläuterungen bestätigt, nach denen sich das klarstellende Verbot des § 5 Abs. 2 S. 1 GlüStV vor allem gegen unangemessene unsachliche Werbung richte. Deshalb verstoße eine Werbung für öffentliches Glücksspiel nicht nur dann gegen die Generalklausel des § 5 Abs. 1 GlüStV, wenn sie unangemessen und unsachlich im Sinne der Beispielsfälle des § 5 Abs. 2 GlüStV sei. Im Rahmen des Spannungsverhältnisses zwischen Informationsauftrag und Beeinflussungsverbot sei vielmehr im Sinne der Entscheidung des BVerfG WRP 2006, 562 -Staatliches Sportwettenmonopol) die Grenze zu einer unzulässigen Beeinflussung dann überschritten, wenn bei einer Werbung des Glücksspieleanbieters in Folge der Aufmachung von Plakaten der Informative Gehalt eindeutig hinter die reklamehafte Aufmachung zurücktrete.

Die Abmahnung sei auf Bitten des Gerichts fristgemäß vorgelegt worden. Für eine Vorlage habe bis dahin kein Anlass bestanden, da es unstreitig gewesen sei, dass die Beklagte wegen der im Rechtsstreit geltend gemachten Verstöße abgemahnt worden sei.

II.

Die Berufung ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkostenpauschale zu.

1) Die Rüge der fehlenden Entscheidung des Landgerichts über den Hauptantrag, die das landgerichtliche Urteil zu einem unzulässigen Teilurteil machen könnte, ist sachlich nicht gerechtfertigt. Ungeachtet der vom Landgericht gewählten Nomenklatur ging es hier nicht um einen Hilfsantrag. Das von der Klägerin begehrte Klageziel hat sich im sogenannten "Hilfsantrag" nicht geändert. Die Klägerin wollte erstinstanzlich gerade nicht in der Hauptsache ein bestimmtes Klageziel verfolgen und hilfsweise ein anderes. Wie sie auch in der Berufungserwiderung noch einmal klargestellt hat, erstrebte die Klägerin von Anfang an nur ein Verbot der beanstandeten Werbung in der konkreten Verletzungsform, die auch in den Antrag einbezogen worden war. Auch die Abmahnung macht hinreichend deutlich, dass sie nie ein Schlechthinverbot von Jackpot-Werbung begehrte, wie die Beklagte dem gestellten Antrag entnehmen wollte. Die mit dem "Hilfsantrag" verbundenen Einschränkungen betreffen eine eingehendere Beschreibung des bereits durch die Einbeziehung der Werbung verdeutlichten Verbots, die die Klägerin im Unterschied zum Landgericht nicht für erforderlich hielt. Sie beschreiben, aufgrund welcher Eigenschaften der konkreten Werbung das Verbot ausgesprochen worden ist, somit den Verbotsgrund. Die Klägerin hat insoweit nur deutlich gemacht, dass sie sich auch mit der vorgeschlagenen verdeutlichten Verbotsfassung begnügen wollte, wenn das Landgericht die ursprüngliche Fassung für zu unbestimmt halten sollte. Die Antragsfassungen unterschieden sich somit nur darin, wie das dasselbe Klageziel betreffende Verbot dieser konkreten Werbung formuliert werden sollte, insbesondere ob die weitere Klarstellung durch Beschreibung der Verbotsgründe erforderlich war. Das Landgericht hat lediglich dem noch konkreter gefassten Antrag dann entsprochen. Es gab nichts abzuweisen.

2) Die Klagebefugnis der Klägerin ist nicht mehr ernsthaft im Streit. Die Zentrale hat als Verein ihren Sitz in C, auch wenn hier das Büro N2 als abmahnende Stelle im Rubrum aufgeführt ist. Die Klägerin ist nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Der Klägerin gehören nicht nur die Industrie- und Handelskammern an, die ihrerseits klagebefugt sind, sondern unstreitig auch der H e.V., der nach dem von der Beklagten selbst vorgelegten Urteil des OLG Frankfurt (Bl.449 ff.) selbst klagebefugt ist, weil diesem Verein eine erhebliche Anzahl von Unternehmen angehören, die bundesweit Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art anbieten wie die Beklagte.

3) Der Antrag ist jedenfalls nach der erfolgten weiteren Klarstellung bestimmt genug im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist. Verbotsgegenstand ist -wie schon ausgeführt worden ist- die beanstandete Werbung, die von Anfang an als konkrete Verletzungshandlung in den Antrag einbezogen worden ist. Da es hier ähnlich wie bei einer irreführenden Werbung für die Zulässigkeit auf den Gesamteindruck ankommt, wird das Charakteristische dieser Jackpot-Werbung durch die einbezogene Verletzungsform ausreichend erkennbar. Die Beklagte kann damit selbst beurteilen, was als kerngleicher Verstoß anzusehen wäre. Sie kann ausreichend erkennen, was ihr verboten ist, wie sie nicht mehr werben darf. Die im "Hilfsantrag" und damit in dem im Urteil ausgesprochenen Verbot erfolgte beispielhafte Aufzählung der blickfangmäßigen Hervorhebung des Jackpotgewinns und der drucktechnisch größeren Darstellung des Höchstgewinns gegenüber den Aufklärungs- und Warnhinweisen machen das Verbot nicht unbestimmt. Sie enthalten keine inhaltliche Einschränkung des Verbots, sondern betreffen den Verbotsgrund. Sie sollen nur deutlich machen, aus welchen Besonderheiten der Werbung sich insbesondere die Unzulässigkeit ergibt. Zwar mögen die Zusätze der Beklagten -an sich unnötigerweise- einen Weg weisen, wie sie unter anderem aus dem Verbot herauskommen könnte. Dieser Weg wird aber nicht bindend festgelegt. Insofern ist es unschädlich, dass der Begriff "blickfangmäßig" an sich unbestimmt sein mag. Es wird der Beklagten somit auch nicht zwingend aufgegeben, dass die Warnhinweise mindestens in gleicher Größe angebracht werden müssen wie der Hinweis auf den Höchstgewinn. Wie sie aus dem Verbot herausfindet, bleibt nach wie vor ihr überlassen.

4) Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 i.V.m. §§ 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GlüStV zu. Die Passivlegitimation der Beklagten ergibt sich hier aus § 8 Abs. 2 UWG, weil sich die Beklagte das Werbeverhalten ihrer Annahmestelle in S zurechnen lassen muss.

a) Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwider handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Eine solche Vorschrift ist § 5 des am 1. Januar 2008 in Nordrhein-Westfalen in Kraft getretenen Glückspielstaatsvertrages (GlüStV). Sie dient dem Schutz der Spieler und Spielinteressenten vor Glückspielsucht und setzt zu diesem Zweck den Werbeauftritten von Anbietern öffentlichen Glückspiels auf dem Markt Grenzen ganz im Sinne der Entscheidung "Staatliches Sportwettenmonopol" des Bundesverfassungsgerichts (OLG München, GRUR-RR 2008, 310, 311 -Jackpot-Werbung; OLG Oldenburg, GRUR-RR 2009, 67 -Mehrwochenschein vor Urlaub; KG, GRUR-RR 2010, 22 -Jackpot).

b) Die von der Klägerin beanstandete Aufstellerwerbung stellt einen Verstoß gegen den nach § 5 Abs. 1 GlüStV zulässigen Inhalt der Werbung für öffentliches Glückspiel dar. Im Rahmen der erforderlichen Abwägung zwischen dem Informationsauftrag und dem Beeinflussungsverbot als den widerstreitenden Interessen steht hier die Aufforderung zur Teilnahme am Glückspiel zu sehr im Vordergrund, weil durch die hier erfolgte blickfangmäßige Herausstellung des im Jackpot befindlichen Betrages gegenüber den nur sehr klein gehaltenen Warn- und Aufklärungshinweisen von einer schlichten Information der Interessenten und Aufklärung über die Möglichkeit zum legalen Glücksspiel keine Rede mehr sein kann. Damit wird nämlich entgegen den Zielen des § 1 GlüStV zu einseitig auf die Möglichkeit besonders hoher Gewinne hingewiesen (vgl. OLG München, a.a.O. S. 311; KG, a.a.O. S. 26).

aa) Unzweifelhaft ist es den öffentlich rechtlichen Glücksspielanbietern erlaubt, für ihre Angebote zu werben. Die Werbung erscheint sogar erforderlich, damit diese ihren nach dem Glückspielstaatsvertrag für sie vorgesehenen Aufgaben gerecht werden können. Sie ist jedoch nach den Zwecken des Vertrages nicht innerhalb der gesetzlichen Grenzen frei, sondern hat ihre eigenen Grenzen, wie § 5 Abs. 1 GlüStV deutlich macht. Diese Grenzen werden durch § 5 Abs. 2 S. 1 dahin konkretisiert, dass die Werbung nicht gezielt zur Teilnahme am Glückspiel auffordern, anreizen oder ermuntern darf. Damit ist vor allem eine unangemessene und unsachliche Werbung gemeint, da keine Werbung auf gewisse Anreizmomente verzichten kann. Unangemessen in diesem Sinn ist eine Werbung, die unmittelbar und vorrangig auf die Teilnahme am Spiel gerichtet ist im Sinne einer Appellfunktion (vgl. KG, a.a.O). Bei einer solchen Werbung kommen dann nämlich die wichtigen Hinweise entsprechend Ziffer 2 des Anhangs und die deutlichen Warnhinweise nach § 5 Abs. 2 S. 3 GlüStV zu kurz.

bb) Eine besondere Anreizwirkung kommt im Rahmen der Werbung für eine Teilnahme am Glücksspiel der Angabe der Höhe des Jackpots zu, die für viele Verbraucher insoweit von entscheidender Bedeutung ist. Gerade weil die Kenntnis vom Umfang des Jackpots aus Sicht der Teilnehmer so wichtig ist, kann auch ein werbender Hinweis darauf im Rahmen der Aufklärung über die Möglichkeit zur Teilnahme am legalen Glückspiel als solcher noch nicht zu beanstanden sein. Das ergibt sich auch aus Nr. 2 des Anhangs zum Glückspielstaatsvertrag. Danach ist eine (zulässige) Information über Höchstgewinne mit der Aufklärung über die Wahrscheinlichkeit von Gewinn und Verlust zu verbinden. Entscheidend dafür, ob der Werbung eine unzulässige Appellfunktion zukommt, ist somit, auf welche Weise ein solcher vom Gesetz zum Ausgleich für erforderlich gehaltener Hinweis erteilt wird. Die Grenze wird überschritten, wenn die reklamehafte Aufmachung gegenüber dem informativen Gehalt des Angebots unter Einschluss des Wahrscheinlichkeitshinweises und den nach § 5 Abs. 2 S. 3 GlüStV deutlich zu machenden Warnhinweisen unausgewogen im Vordergrund steht.

cc) Bei der beanstandeten Werbung steht eindeutig die reklamehafte Aufmachung in diesem Sinne in unausgewogener Weise im Vordergrund. Das hat bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt. Sowohl die hervorgehobenen und doppelt angebrachten Aufschriften "Jackpot" in schwarz auf gelbem Grund als auch der im Leuchteffekt besonders deutlich mitgeteilte Betrag von 4 Millionen Euro, die beide von roten Kreuzen umgeben sind, fallen dem Betrachter besonders und schon aus einiger Entfernung auf. Der auf dem Werbeträger im oberen Bereich in unauffälliger Kleinschrift angebrachte Hinweis auf die Wahrscheinlichkeit von Gewinn und Verlust kommt demgegenüber viel zu kurz. Er ist von weitem überhaupt nicht lesbar und kann auch bei näherer Betrachtung angesichts der Herausstellung des Jackpots und seiner Größenordnung schnell überlesen werden. Das gilt allerdings auch für den auffordernden und somit an sich unzulässigen Zusatz "Jetzt du!" unter dem Logo von M. Auch dieser wird im Zweifel überlesen und prägt die Werbung deshalb nicht entscheidend mit. Das ändert aber nichts daran, dass der Aufklärungseffekt hier völlig zurücktritt. Wie sehr das der Fall ist, zeigt gerade auch die Tatsache, dass die weiteren erforderlichen Aufklärungs- und Warnhinweise im Rahmen der Werbung jedenfalls nicht deutlich genug gemacht werden. Sie können allenfalls in Kleinschrift auf dem äußersten linken Rand des Aufklebers angebracht sein und sind selbst in der Vergrößerung nicht zu lesen.

c) Wie die schon zitierten obergerichtlichen Entscheidungen zutreffend ausführen, wird der Wettbewerb im Interesse der Teilnehmer, insbesondere der zu schützenden Verbraucher hier auch spürbar im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG beeinträchtigt, wenn die Grenze der zulässigen Werbung auch unter Hinweis auf die Größenordnung des Jackpots wie hier überschritten wird.

5) Die Klägerin kann auch nach § 12 Abs. 1 Satz 1 UWG die von ihr geltend gemachte Abmahnpauschale in Höhe von 208,65 € erstattet verlangen. Die Klägerin hat die Beklagte wegen der streitgegenständlichen Werbung am 19. Mai 2008 berechtigt abgemahnt, wie sich auch aus der mit nachgelassenem Schriftsatz vom 13. August 2009 vorgelegten Kopie der Abmahnung ergibt.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision, die sich aus § 543 Abs. 2 ZPO ergeben, liegen hier nicht vor.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.