AG Düsseldorf, Urteil vom 30.07.2010 - 44 C 3557/10
Fundstelle
openJur 2011, 74146
  • Rkr:
Tenor

hat das Amtsgericht Düsseldorf

auf die mündliche Verhandlung vom 09. Juli 2010

durch die Richterin am Amtsgericht X

für R e c h t erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Namen und Anschriften der Mitge-sellschafter/Treugeber der Immobiliengesellschaft Objekte H, E und M XXX KG, in einer für den Kläger lesbaren Datei, hilfsweise durch einen Ausdruck der geforderten Informationen, mitzuteilen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Kostenbetrages.

Tatbestand

Der Kläger begehrt als Treugeber eines Immobilienfonds von der Beklagten als Treuhandkommanditistin Auskunft über die Namen und Anschriften der anderen Treugeber gemäß Treugeberregister des Immobilienfonds.

Der Kläger erwarb im Nennwert von DM 500.000,00/255.645,00 EUR und

DM 300.000,00/153.388,00 EUR Beteiligungen an dem Immobilienfonds Fonds XXX xxx. Treuhandkommanditistin des vorgenannten Immobilienfonds ist die Beklagte. Inwieweit inzwischen Ansprüche aus den vorgenannten Beteiligungen wirksam abgetreten worden sind, ist teilweise streitig. Dem Erwerb der vorgenannten Beteiligungen lag ein Treuhandvertrag zwischen dem jeweiligen Treugeber und der Beklagten als Treuhänderin zugrunde. Weiterhin war in das Vertragswerk mit einbezogen der Gesellschaftsvertrag der Immobiliengesellschaft Objekte H, E und M XXX KG, X. In § 3 des Treuhandvertrages ist bestimmt, dass der Treuhänder der Beteiligungsgesellschaft im Auftrage und für Rechnung des Treugebers beitreten wird. In § 8 des Treuhandvertrages ist in dortiger Ziffer 4 bestimmt, dass der Treuhänder verpflichtet ist, dem Treugeber auf Anforderung jede Auskunft zu erteilen, die der Treuhänder als Kommanditist der Beteiligungsgesellschaft erlangen kann. In § 12 des Treuhändervertrages ist in dortiger Ziffer 2 folgendes bestimmt: "Anderen Personen als den persönlich haftenden Gesellschaftern und den von diesen gemäß § 8 Ziffer 2 des Gesellschaftsvertrages beauftragten Dritten darf der Treuhänder keine Auskünfte über die Beteiligung und die Eintragung im Register erteilen, es sei denn, dass die Offenlegung gegenüber dem zuständigen Finanzamt, den das Beteiligungsvorhaben finanzierenden Kreditinstituten oder einer anderen Bank im Zusammenhang mit der Eigenkapitalfinanzierung erfolgt." In § 15 des Treuhändervertrages ist die Übertragung der Beteiligung des Treugebers geregelt. Es wird dort in Ziffern 2 und 3 bestimmt: "Der Treugeber hat die Übertragung seiner Beteiligung schriftlich dem Treuhänder mitzuteilen und dabei den Namen sowie die Anschrift des Dritten bekannt zu geben. Die Übertragung erfolgt mittels eines Vordruckes, der vom Treuhänder kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Sie wird erst wirksam mit der Eintragung in das Treuhandregister. Übertragung von Beteiligungen und der Rechte daraus ist nur als Ganzes möglich; die ganzzahlige Teilbarkeit durch 5.000 ist zu beachten."

Im Gesellschaftsvertrag der Immobiliengesellschaft Objekte H, E und M XXX KG ist in § 6 folgendes bestimmt:

"1. Der Treuhandkommanditist erwirbt, hält und verwaltet seine Gesellschaftsbeteiligung treuhänderisch für die Treugeber, mit denen er Treuhandverträge geschlossen hat. Der Treuhandkommanditist wird seine Gesellschafterrechte im Interesse der Treugeber ausüben. Er wird dabei den Weisungen der Treugeber Folge leisten.

Im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander werden die Treugeber, für die der Treuhandkommanditist seine Gesellschaftsbeteiligung treuhänderisch hält, wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter behandelt."

In § 11 des vorgenannten Gesellschaftsvertrages ist in Ziffer 2 folgendes vereinbart: "Wenn es das Interesse der Gesellschaft erfordert oder wenn Gesellschafter oder Treugeber, die insgesamt mehr als 25 % des eingezahlten Kommanditkapitals repräsentieren, dies unter Angabe von Tagesordnungspunkten verlangen, ist eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einzuberufen."

Hinsichtlich der übrigen vertraglichen Regelungen wird auf die als Anlage der Klageschrift beigefügten Ablichtungen der jeweiligen Verträge verwiesen.

Der vorgenannte Immobilienfond befindet sich in Liquidation. Mit Schreiben vom 05.11.2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Zustimmung zum Kauf der Immobilie und Liquidation der Gesellschaft vorliege und eine erste Abschlagszahlung aus dem Liquidationserlös in der zweiten Dezemberhälfte 2009 vorgenommen werde.

Der Kläger beabsichtigt zur Beratung über die wirtschaftliche Entwicklung des Fonds XXX xxx die Kontaktaufnahme mit den anderen Treugebern des Fonds mit dem Ziel der Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung.

In vorgerichtlicher Korrespondenz forderte er die Beklagte auf, ihm die Namen und Anschriften der anderen Treugeber zu übermitteln. Die Beklagte verweigerte die Auskunft unter Berufung auf datenschutzrechtliche Vorschriften und § 12 des formularmäßig vereinbarten Treuhandvertrages.

Der Kläger ist der Ansicht, er sei hinsichtlich des Auskunftsbegehrens aktivlegitimiert. Unstreitig trat der Kläger unter dem 23.08.2008 vollumfänglich seine gesamten derzeitigen und zukünftigen Schadensersatz- und sonstigen Ansprüche aus jedem Rechtsgrund einschließlich der Nebenforderungen, die ihm im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Immobiliengesellschaft Objekte H, E und M XXX KG, XXX Fond xxx gegen alle Beteiligten zustehen, insbesondere gegen die Sparkasse, schriftlich an seine Ehefrau ab. Unter dem 18.06.2010 traf der Kläger mit seiner Ehefrau unter der Überschrift "klarstellende Vereinbarung" die schriftliche Regelung, dass von der Abtretungsvereinbarung vom 23.08.2008 nur die Fondbeteiligung im Nominalbetrag von DM 500.000,00/255.645,00 EUR betroffen gewesen sein sollte. Für den Fall der Übertragung der Rechte aus der Gesamtbeteiligung vereinbarten der Kläger und seine Ehefrau die Rückabtretung im Hinblick auf die Beteiligung im Nominalbetrag von DM 300.000,00/153.388,00 EUR. Der Kläger behauptet, die wirtschaftliche Situation des Fonds indiziere grobe

Managementfehler. Er ist der Ansicht, das Auskunftsrecht über seine Mitgesellschafter dürfe, da es Voraussetzung für das Kernrecht eines Gesellschafters zur Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung sei, nicht vertraglich ausgeschlossen werden.

Er beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Namen und Anschriften der Mitgesellschafter/Treugeber der Immobiliengesellschaft Objekte H, E und M XXX KG, XXX xxx, in einer für den Kläger lesbaren Datei, hilfsweise durch einen Ausdruck der geforderten Informationen, mitzuteilen,

hilfsweise Zug um Zug gegen Aufwendungsersatz mit der Feststellung, dass sich die Beklagte im Hinblick auf Aufwendungsersatz in Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation des Klägers. Sie ist ferner der Ansicht, die Auskunft über die weiteren Treugeber des Immobilienfonds verstoße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften. Weiterhin sei die Auskunftserteilung durch § 12 des Treuhandvertrages wirksam ausgeschlossen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Gründe

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Auskunftsanspruch auf Mitteilung der Namen und Anschriften der weiteren Treugeber des Immobilienfonds gemäß §§ 666, 716 BGB in Verbindung mit § 8 Nr. 4 des Treuhandvertrages und § 6 Nr. 1 und 2 des Gesellschaftsvertrages der Immobiliengesellschaft Objekte H, E und M XXX KG.

Zwischen den Parteien besteht ein entgeltliches Auftragsverhältnis. Es ist wirksam ein Treuhandverhältnis hinsichtlich eines Kommanditanteiles an dem XXX Fond vereinbart worden.

Jedenfalls der Auskunftsanspruch gemäß § 666 in Verbindung mit § 8 des Treuhandvertrages steht weiterhin dem Kläger zu. Dieser Anspruch ist nicht wirksam übertragen worden. Jedenfalls ist er aber mit Vereinbarung vom 18.06.2010 an den Kläger zurückübertragen worden. Zwar hat der Kläger unter dem 23.08.2008 sämtliche Ansprüche aus der Beteiligung am XXX Fond xxx an seine Ehefrau abgetreten. Jedoch ist eine Umtragung im Treugeberregister nicht vorgetragen. Eine solche Umtragung war indes gemäß § 15 des Treuhandvertrages Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Abtretung der Beteiligung. Der Auskunftsanspruch des Klägers ist untrennbar mit der Beteiligung verbunden. Bei § 666 handelt es sich um eine Nebenforderung, die nicht selbständig abtretbar ist (vgl. Palandt-Sprau BGB, 67. Auflage, § 666, Rn. 1).

Bei der begehrten Auskunft handelt es sich um eine für die Ausübung der Rechte des Klägers als Treugeber und Auftraggeber erforderliche Information, so dass die Beklagte als Auftragnehmerin und Treuhänderin gemäß ihrer Auskunfts- und Rechenschaftlegungspflicht gemäß § 666 BGB in Verbindung mit 8 Nr. 4 des Treuhandvertrages zur Auskunftserteilung verpflichtet ist.

Gemäß § 1 Ziffer 1 des Treuhandvertrages handelt der Treuhänder im Innenverhältnis ausschließlich im Auftrag und für Rechnung des Treugebers, so dass wirtschaftlich der Treugeber Kommanditist ist. Gemäß § 6 Ziffer 1 ist bestimmt, dass der Treuhandkommanditist seine Gesellschafterrechte im Interesse des Treugebers ausübt und dabei dessen Weisungen Folge leistet. Weiter ist in § 6 des Gesellschaftsvertrages bestimmt, dass im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander die Treugeber wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter zu behandeln sind. Hieraus folgt das Recht des Klägers, der Beklagten die Weisung zu erteilen, eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einzuberufen bzw. die dafür erforderlichen Tätigkeiten zu entfalten. Um diese Weisung zur Wahrnehmung des Gesellschafterrechtes auf Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung zu ermöglichen, bedarf es der Kenntnis der übrigen Treugeber und Gesellschafter. Gemäß § 11 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages kann eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einberufen werden, wenn die Gesellschafter oder Treugeber, die insgesamt mehr als 25 % des eingezahlten Kommanditkapitals repräsentieren, dieses verlangen. Inhalt des Treuhandverhältnisses ist nach den vorgenannten vertraglichen Regelungen, dass der Kläger einem unmittelbar im Außenverhältnis beteiligten Gesellschafter in vollem Umfange gleichzustellen ist. Aus § 716 BGB folgt insoweit ein Unterrichtungsrecht des Klägers, da es sich bei den Namen der Mitgesellschafter um Angelegenheiten der Gesellschaft handelt. Die Treugeber sind als Mitgesellschafter im Sinne dieser Vorschrift einzustufen. Gemäß § 6 Ziffer 2 des Gesellschaftsvertrages sind nämlich im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander die Treugeber wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter zu behandeln.

Die begehrte Auskunft ist auch für die Beklagte zu erlangen. Unstreitig verfügt die Beklagte über die Namen und Anschriften der Treugeber. Bei ihr wird gemäß § 12 des Treuhandvertrages das Treugeberregister geführt, welches die erforderlichen Informationen enthält.

Die Auskunftspflicht des Klägers als Treugeber steht nicht unter der weiteren Voraussetzung, dass Schadensersatzansprüche gegen Vertragsbeteiligte oder Dritte bestehen oder wahrscheinlich sind. Der Auftragnehmer hat vielmehr grundsätzlich einen umfassenden Anspruch auf Erteilung derjenigen Auskünfte, die er benötigt, um seine Rechte als Auftraggeber umfassend und entsprechend seinem wirtschaftlichen und sonstigem Ermessen auszuüben. Es ist auch nicht die Darlegung einer besonderen Gefahrenlage hinsichtlich des betroffenen Fonds erforderlich. Denn das Recht auf Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung besteht bereits bei der Mitwirkung von über 25 % des eingezahlten Kommanditkapitals repräsentierenden Treugebern.

Die Auskunftspflicht ist auch nicht wirksam vertraglich ausgeschlossen worden. Zwar bestimmt § 12 des Treuhandvertrages, dass anderen Personen als den persönlich haftenden Gesellschaftern und von diesen beauftragten Dritten keine Auskünfte aus dem Treugeberregister erteilt werden dürfen. Die vorgenannte vertragliche Bestimmung ist jedoch gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam.

Die §§ 307 ff. BGB sind vorliegend anwendbar. Der Ausnahmetatbestand des § 310 Abs. 4 BGB greift vorliegend nicht ein. Zwar handelt es sich vorliegend um Regelungen aus dem Bereich des Gesellschaftsrechtes. Jedoch gilt dieses nicht für formularmäßige Regelungen bei einer Publikums-KG (vgl. BGH 104, 53; Palandt-Grüneberg, BGB, § 310, Rn. 50).

Es ist vorliegend bei dem Ausschluss des Auskunftsrechts aus dem Treugeberregister ohne jede Einschränkung von einer unangemessenen Benachteiligung des Treugebers gemäß § 307 Abs. 2 BGB auszugehen. Es liegt eine unangemessene Benachteiligung in Form der Tatbestandsalternative Abs. 2 Nr. 2 BGB vor. Der Treugeber bedarf zur Wahrnehmung des Rechtes zur Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung notwendigerweise der Kontaktermöglichung mit den anderen Treugebern. Auf andere Weise kann er die Einberufung, die ein Quorum von 25 % des Kommanditkapitals erfordert, nicht bewirken. Es handelt sich insoweit bei dem Recht zur Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung um ein Kernrecht des Gesellschafters, der allein durch eine solche außerordentliche Gesellschafterversammlung die Chance bekommt, auf den Geschäftsablauf Einfluss zu nehmen und ggf. Verantwortlichkeiten für einen negativen Geschäftsablauf zu ermitteln und insoweit seine Rechte geltend zu machen. Wenn dieses Recht durch den Ausschluss der Erlangung der notwendigen Informationen im Ergebnis leerläuft, so ist hierin eine Einschränkung von wesentlichen Rechten aus dem Vertrag gegeben, die auch relevant für die Erreichung des Vertragszweckes sind. Der Vertragszweck ist vorliegend gekennzeichnet von einem möglichst positiven wirtschaftlichen Ertrag der Beteiligung. Demgemäß ist die Einflussnahme auf den Geschäftsablauf hinsichtlich der Beteiligung, jedenfalls dann, wenn erhebliche wirtschaftliche Nachteile drohen, im Hinblick auf den Vertragszweck unmittelbar relevant. Bei einer entsprechenden Interessenlage hat der BGH eine Unwirksamkeit des Ausschlusses des Auskunftsrechtes gemäß § 242 BGB bejaht (vgl. BGH, Beschluss vom 21. September 2009 - II ZR 264/08 - LG München 1 AG München).

Der Auskunftserteilung stehen auch nicht Vorschriften des BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) entgegen. Die Auskunftserteilung ist von § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG gedeckt. Die Auskunftserteilung stellt eine Tätigkeit für den "eigenen Geschäftszweck" der Beklagten dar. Der Geschäftszweck der Treuhänderin ist die Wahrnehmung der Rechte und Pflichten der Treugeber. Dieses ist nämlich gerade die Zweckbestimmung des Treuhandverhältnisses. Die Treugeber selbst sind aufgrund ihrer Treuepflicht aus dem Innengesellschaftsverhältnis gem. § 6 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages zur Duldung der Weitergaben der Daten aus dem Treuhandregister verpflichtet.

Die Beklagte hat ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Auskunftskosten jedenfalls zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht mehr geltend gemacht. Sie hat vorgetragen, dass die anfallenden Kosten derart gering sind, dass sie nicht geltend gemacht werden.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 709, 91 Abs. 1 Satz 1 erste Alternative ZPO.

Streitwert:. 2.000,00 EUR.