VG Aachen, Urteil vom 10.06.2010 - 2 K 2270/08
Fundstelle
openJur 2011, 73678
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Aufhebung einer von dem Beklagten angeordneten Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuches als Halterin des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen I. -I4. 0000.

Am 8. Dezember 2007 um 13.58 Uhr wurde mit dem von der Klägerin gehaltenen Fahrzeug auf der Bundesautobahn (BAB) 44 in Richtung Velbert (mittlere Fahrspur) km 91,38 gemäß der Aufzeichnung einer Geschwindigkeitsmessanlage eine Verkehrsordnungswidrigkeit begangen durch Óberschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 27 km/h (festgestellte Geschwindigkeit nach Abzug des Toleranzwertes: 127 km/h). Das zugleich gefertigte Messfoto zeigt eine männliche Person mit Brille und Schnauzbart. Das Ordnungsamt der Stadt Düsseldorf leitete ein Bußgeldverfahren ein und übersandte der Klägerin unter dem 8. Januar 2008 (Eingang 10. Januar 2008) einen Anhörungs-/Zeugenbefragungsbogen. Die Klägerin bat unter dem 16. Januar 2008 per Fax um die Zusendung eines Fotos, welches ihr mit Schreiben vom 17. Januar 2008 (Eingang 18. Januar 2008) übermittelt wurde. Sie teilte unter dem 12. Februar 2008 mit, dass nicht festgestellt werden könne, wer das Fahrzeug zur Tatzeit geführt habe. Normalerweise werde das Fahrzeug von Herrn I1. N. und zeitweise von Herrn N1. N. gesteuert. Ob und inwieweit auch andere Personen mit diesem Fahrzeug fahren, sei nicht bekannt. Unterzeichnet ist das Schreiben von dem Geschäftsführer der Klägerin Herrn N1. N. . Ausweislich eingeholter Auskünfte der Stadt Wegberg über den Gewerbebetrieb vom 30. Januar und 18. Februar 2008 ist Inhaber des Gewerbebetriebes der in Hückelhoven wohnhafte und am 20. Mai 1942 geborene Herr I1. N. . Das Ordnungsamt der Stadt Düsseldorf übersandte erneut einen Anhörungsbogen unter dem 1. Februar 2008 an die Klägerin an eine weitere bekannt gewordene Anschrift.

Mit Schreiben vom 13. Februar 2008 bat das Ordnungsamt Düsseldorf das Ordnungsamt in Wegberg unter Hinweis auf die am 8. März 2008 eintretende Verfolgungsverjährung um eine Fahrerermittlung unter Beifügung des aufgenommenen Fotos. Der Ermittlungsbeamte der Stadt Wegberg teilte unter dem 18. Februar 2008 mit, dass der Fahrer nicht habe ermittelt werden können. Nach den örtlichen Ermittlungen bei der genannten Firma verweigere der Firmeninhaber die Auskunft. Der Fahrzeugführer sei jedoch nicht mit dem Firmeninhaber identisch. Das Ordnungsamt der Stadt Düsseldorf bat ferner das Einwohnermeldeamt der Stadt Wegberg um Vorlage eines Passbildes von Herrn I1. N. . Dieses konnte von der Stadt Wegberg jedoch nicht übersandt werden, da Herr I1. N. nicht in Wegberg gemeldet ist. Das Ordnungswidrigkeitenverfahren wurde am 3. März 2008 eingestellt und die Klägerin darüber unterrichtet.

Am gleichen Tag übersandte das Ordnungsamt Düsseldorf dem Beklagten den Vorgang mit der Bitte um Óberprüfung, ob eine Fahrtenbuchauflage in Betracht kommt. Im Rahmen der Anhörung durch den Beklagten führte die Klägerin aus, dass ihrer Erinnerung nach seinerzeit Ermittlungen zum verantwortlichen Fahrzeugführer durchgeführt und dies auch mit Schreiben vom 12. Februar 2008 dem Ordnungsamt der Stadt Düsseldorf mitgeteilt worden sei. Danach sei zunächst Herr I1. N. als verantwortlicher Fahrzeugführer in Betracht gekommen. Das Ordnungsamt habe es aber unterlassen, insoweit weitere Ermittlungen anzustellen, so dass die Verhängung eines Fahrtenbuches nicht in Betracht komme. Die erteilte Auskunft sei erschöpfend und zielführend gewesen. Im Óbrigen stehe die Verhängung des Fahrtenbuches in keinem Verhältnis zu der vorgeworfenen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Mit Ordnungsverfügung vom 22. Oktober 2008 (zugestellt am 24. Oktober 2008) legte der Beklagte der Klägerin die Pflicht zur Führung eines Fahrtenbuches für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen I. -I4. 0000 sowie für ein anderes ersatzweise angeschafftes Kraftfahrzeug für die Dauer eines Jahres auf. Die Klägerin habe im Bußgeldverfahren nicht den verantwortlichen Fahrzeugführer benannt und sich gegenüber einem Mitarbeiter der Stadt Wegberg auf ihr Aussageverweigerungsrecht berufen. Es habe somit keine Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen gegeben. Es habe lediglich festgestellt werden können, dass der Geschäftsführer - Herr I2. -bert N. - selbst nicht der zur Tatzeit verantwortliche Fahrzeugführer gewesen sei. Es sei grundsätzlich Sache des Halters, Angaben zu der Person des Fahrzeugführers zu machen. Dem Schreiben vom 12. Februar 2008 sei jedoch nur zu entnehmen gewesen, wer "normalerweise das Fahrzeug steuern würde" und sei nicht erschöpfend und zielführend gewesen. Die Angaben hätten sich nicht auf den festgestellten Verkehrsverstoß vom 8. Dezember 2007 bezogen. Zugleich sei in diesem Schreiben mitgeteilt worden, dass man in Bezug auf den Anhörungsbogen nicht habe feststellen können, wer zur Tatzeit das Fahrzeug geführt habe. Auch seien Ermittlungen durch das Ordnungsamt durchgeführt worden, da der Ermittlungsdienst der Stadt Wegberg am 18. Februar 2008 die Klägerin aufgesucht habe. Auch sei die Dauer der Fahrtenbuchauflage im Hinblick auf die Óberschreitung der Höchstgeschwindigkeit und die damit verbundene Eintragung von 3 Punkten im Verkehrszentralregister verhältnismäßig.

Die Klägerin hat am 24. November 2008 Klage erhoben und ausgeführt, dass sie mit Schreiben vom 12. Februar 2008 zur Fahrerermittlung beigetragen habe. Danach seien Herr I1. N. und Herr N1. N. als Fahrzeugführer in Betracht gekommen. Das Ordnungsamt der Stadt Düsseldorf habe jedoch weitere Ermittlungen hinsichtlich der Täterschaft einer dieser beiden Personen nicht durchgeführt. Die Behörde hätte ohne weiteres überprüfen können, ob Herr I1. N. das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt gesteuert habe. Dies sei jedoch unterblieben. Die Ermittlungen zum Fahrzeugführer seien nachlässig durchgeführt worden. Im Óbrigen gebe es bei der Klägerin keinen Inhaber und Geschäftsführer sei Herr N1. N. , also der Sohn des Herrn I1. N. . Ermittlungen zu Herrn I1. N. seien seitens der Stadt Düsseldorf zu keinem Zeitpunkt durchgeführt worden. Es habe noch nicht mal eine diesbezügliche Nachfrage, z. B. bei Mitarbeitern der Klägerin, die sämtlich Herrn I1. N. sehr gut kennen, gegeben. Der Außendienstmitarbeiter habe die Geschäftsräume der Klägerin aufgesucht und dort lediglich mit einer Mitarbeiterin gesprochen. Anwesend sei auch Herr N1. N. gewesen. Der Außendienstmitarbeiter habe sich jedoch weder nach Herrn N1. noch nach Herrn I1. N. erkundigt. Die Klägerin habe letztlich zwei Personen genannt, so dass auch nicht uferlose Ermittlungen notwendig gewesen wären.

Die Klägerin beantragt,

die Ordnungsverfügung des Beklagten über die Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuches vom 22. Oktober 2008 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich zur Begründung auf die Gründe des angefochtenen Bescheides und führt ergänzend aus, dass ein Ermittlungsdefizit im vorliegenden Fall nicht erkennbar sei. Das Schreiben der Klägerin an das Ordnungsamt der Stadt Düsseldorf sei nicht geeignet gewesen, den verantwortlichen Fahrzeugführer zu ermitteln. Der Klägerin sei es möglich gewesen, aus dem eingrenzbaren Kreis der in Frage kommenden Personen anhand der Daten im Anhörungsbogen den Fahrzeugführer zu ermitteln und der Bußgeldstelle der Stadt Düsseldorf zu benennen. Die Aussage sei jedoch verweigert worden. Die verhängte Fahrtenbuchauflage sei zudem verhältnismäßig und orientiere sich an die von dem Verwaltungsgericht Köln entwickelten Leitlinien zur Dauer einer Fahrtenbuchauflage.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die angefochtene Ordnungsverfügung des Beklagten vom 22. Oktober 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Rechtsgrundlage für die angeordnete Fahrtenbuchauflage ist § 6 Abs. 1 Nr. 3 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in Verbindung mit § 31 a Abs. 1 Satz 1 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO). Danach kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuches anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm sind erfüllt:

Mit dem hier in Rede stehenden und von der Klägerin gehaltenen Fahrzeug wurde am 8. Dezember 2007 gegen die Verkehrsvorschrift des § 41 Abs. 2 Nr. 7 StVO i.V.m. Zeichen 274 verstoßen durch Óberschreitung der in dem Bereich der BAB 44 in Fahrtrichtung Velbert - km 91,38 - geltenden Höchstgeschwindigkeit von 100km/h um 27 km/h (toleranzbereinigt). Dies ergibt sich aus den in der Verwaltungsakte enthaltenen Aufzeichnungen und Angaben der Geschwindigkeitsmessanlage. Anhaltspunkte dafür, dass die angezeigte Geschwindigkeitsübertretung nicht erfolgt ist oder durch ein anderes Fahrzeug begangen worden sein könnte, bestehen nicht.

Die Feststellung des Fahrzeugführers war im Anschluss an diese Zuwiderhandlung nicht binnen der dreimonatigen Verjährungsfrist (vgl. § 26 Abs. 3 StVG i.V.m. §§ 31 ff OWiG) möglich. Eine Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers i.S. des § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO ist gegeben, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Zu den angemessenen Maßnahmen gehört grundsätzlich auch, dass der Halter möglichst umgehend (im Regelfall innerhalb von zwei Wochen) von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann. Eine verspätete Anhörung schließt eine Fahrtenbuchauflage allerdings dann nicht aus, wenn feststeht, dass die Verzögerung für die unterbliebene Ermittlung des Täters nicht ursächlich gewesen ist,

vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 13. Oktober 1978 - 7 C 77/74 -, DÖV 1979, 408 (410); Beschlüsse vom 25. Juni 1987 - 7 B 139/87 -, DAR 1987, 393 und vom 23. Dezember 1996 - 11 B 84/96 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 30. November 2005 - 8 A 280/05 -, DAR 2006, 172.

Davon ist insbesondere in Fällen auszugehen, in denen nach den gegebenen Umständen erkennbar ist, dass auch eine frühere Ermittlung nicht zu einem Ermittlungserfolg geführt hätte, weil der Halter des Fahrzeugs ohnehin nicht bereit war, an der erforderlichen Aufklärung mitzuwirken. Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung ist es Sache des Fahrzeughalters, zur Aufklärung eines mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes soweit mitzuwirken, wie es ihm möglich und zumutbar ist. Dazu gehört insbesondere, dass er den bekannten oder auf einem Radarfoto erkannten Fahrer benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten fördert,

vgl. OVG NRW, Urteile vom 29. April 1999 - 8 A 699/97 -, NJW 1999, 3279 und vom 30. November 2005 - 8 A 280/05 -, a.a.O. sowie Beschlüsse vom 10. Dezember 2007 - 8 B 1748/07 - S. 3. und 11. Januar 2008 - 8 B 1932/07 -.

Lehnt der Fahrzeughalter die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben,

vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Oktober 1978 - 7 C 77/74 -, DÖV 1979, 408 und 17. Dezember 1982 - 7 C 3/80 -, BayVBl. 1983, 310 sowie Beschlüsse vom 21. Oktober 1987 - 7 B 162/87 -, NJW 1988, 1104 und vom 9. Dezember 1993 - 11 B 113/93 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 30. November 2005 - 8 A 280/05 -, a.a.O. und Beschluss vom 15. März 2007 - 8 B 2746/06 -, juris.

Nach diesen Maßstäben ist ein Ermittlungsdefizit der Behörde, das für die Nichtermittlung des Fahrzeugführers ursächlich gewesen ist, nicht ersichtlich, auch wenn die Klägerin der Anhörungs- bzw. Zeugenfragebogen erst am 10. Januar 2008 erreicht hat. Die Klägerin ist den ihr obliegenden Mitwirkungspflichten nicht ausreichend nachgekommen und hat dadurch wesentlich zu der Erfolglosigkeit der Fahrerermittlung beigetragen. Sie hat lediglich mit Schreiben 12. Februar 2008 mitgeteilt, dass eine Fahrerfeststellung nicht habe erfolgen können und dargelegt, wer das Fahrzeug "normalerweise" fahre, wobei sie hinzufügte, dass nicht bekannt sei, ob auch noch andere Personen mit dem Fahrzeug fahren. Konkrete Angaben zu der Nutzung des Fahrzeugs am Tattag enthält das Schreiben nicht. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass das der Klägerin übersandte Foto den Fahrer deutlich erkennen lässt und dem Geschäftsführer - Herrn N1. N. -, der auch das Schreiben der Klägerin vom 12. Februar 2008 unterzeichnet hat, eine eindeutige Aussage dazu ermöglichte, ob es sich bei dem abgebildeten Fahrer um seinen Vater - Herrn I1. N. - oder seine eigene Person handelt oder nicht. Weiterführende Angaben erfolgten seitens der Klägerin zudem nicht gegenüber dem Ermittlungsbeamten der Stadt Wegberg, obwohl nach Angaben der Klägerin zu diesem Zeitpunkt auch der Geschäftsführer - Herr N1. N. - bei dem mit einer Mitarbeiterin der Klägerin geführten Gespräch anwesend war. Insgesamt hat die Klägerin durch ihr Verhalten zu erkennen gegeben, dass sie zu einer Aufklärung der Verkehrsordnungswidrigkeit nicht bereit gewesen ist. Es besteht vielmehr der Eindruck, dass das Schreiben der Klägerin vom 12. Februar 2008 angesichts der gegebenen Verwandtschaftsverhältnisse zwischen dem Geschäftsführer und dem Prokuristen der Klägerin bewusst offengehalten gehalten worden ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin wurde mit diesem Schreiben nicht nur ein Ermittlungsansatz - zu der Person des Herrn I1. N. - geliefert. Vor diesem Hintergrund kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass die Bußgeldbehörde weitere Ermittlungsbemühungen hätte durchführen müssen. Ebenfalls ist die aufgetretene Verwechselung der Person des Geschäftsführers und des "Inhabers" der Klägerin durch den Ermittlungsbeamten und die Bußgeldbehörde (und später auch des Beklagten) nicht ursächlich für die fehlende Fahrerfeststellung. Der Ermittlungsbeamte, dem das Foto des Fahrers vorlag, ist offensichtlich davon ausgegangen, dass der bei dem Gespräch ebenfalls anwesende Geschäftsführer - Herr N1. N. - der Firmeninhaber ist und hat diesen jedenfalls nicht als Fahrzeugführer identifiziert.

Im Óbrigen gilt die oben genannte Zwei-Wochen-Frist nicht bei Verkehrsverstößen, die mit Firmenfahrzeugen eines Kaufmanns im geschäftlichen Zusammenhang begangen worden sind, denn bei diesen Fahrzeugen trifft die Geschäftsleitung eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Es fällt in ihre Sphäre, organisatorische Vorkehrungen dafür zu treffen, dass im Falle eines Verkehrsordnungswidrigkeit unabhängig von dem Erinnerungsvermögen einzelner Personen festgestellt werden kann, welche Person zu dem von der Bußgeldbehörde genannten Zeitpunkt ein bestimmtes Geschäftsfahrzeug genutzt hat bzw. zumindest die Person genannt werden kann, der das Fahrzeug zugerechnet werden kann. Es kann nicht Aufgabe der Bußgeldbehörde sein, innerbetriebliche Vorgänge aufzuklären, denen die Geschäftsleitung näher steht. In diesen Fällen genügt die Geschäftsleitung ihrer Mitwirkungspflicht regelmäßig nicht, wenn sie behauptet, eine Erinnerung an den Fahrzeugführer bzw. dessen Erkundung sei ihr nicht möglich,

vgl. dazu auch OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Februar 2010 - 8 A 2401/09 -; 27. Januar 2010 - 8 A 291/09 - und vom 15. Oktober 2009 - 8 A 817/09 - sowie Urteil vom 31. März 1995 - 25 A 2798/93 - NWVBl. 1995,288; BayVGH, Beschluss vom 28. März 2008 - 11 ZB 06.2573 -, juris; OVG Bremen, Beschluss vom 12. Januar 2006 - 1 A 236/05 -, juris und OVG M.-V., Beschluss vom 26. Mai 2008 - 1 L 103/08 -, juris.

Die Klägerin kann der angeordneten Fahrtenbuchauflage nicht entgegen halten, dass das Fahrzeug mit dem Kennzeichen I. -I3. 0000 nicht mehr existiere und zwischenzeitlich abgemeldet worden sei, da der Klägerin gemäß § 31 a Abs. 1 Satz 2 StVZO auch die Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuches für ein anderes ersatzweise angeschafftes Kraftfahrzeug auferlegt worden ist. Damit wird sichergestellt, dass sich der jeweilige Halter nicht etwa durch Veräußerung bzw. Abmeldung des Tatfahrzeuges einer Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuches entziehen kann. Vielmehr erstreckt sich die Fahrtenbuchauflage damit auf alle Fahrzeuge, die die Klägerin anstelle des Tatfahrzeugs nutzt oder zur Nutzung überlässt. Ungeachtet des Umstandes, dass die Klägerin bisher eine Abmeldung dieses Fahrzeuges nicht nachgewiesen hat, kann nach den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin kein Ersatzfahrzeug angeschafft hat bzw. kein anderes Fahrzeug ersatzweise für dieses Fahrzeug nutzt bzw. zur Nutzung überlässt. Nach Angaben des Prozessbevollmächtigten wechselt der Fuhrpark der Klägerin ständig, weil immer eine neue Fahrzeugflotte vorgehalten werden müsse. Ferner ist Herr I1. N. , der das in Rede stehende Fahrzeug nach Angaben der Klägerin genutzt haben soll, seinen Angaben zufolge weiterhin - wenn auch eingeschränkt - für die Klägerin als Prokurist tätig.

Die Anordnung der Fahrtenbuchauflage ist schließlich auch nicht ermessensfehlerhaft. Die Auferlegung des Fahrtenbuches für die Dauer eines Jahres ist nicht unverhältnismäßig. Nach der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung ist für die Frage der Verhältnismäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage und für die Einstufung der Schwere eines Verkehrsverstoßes auf das Punktesystem in der Anlage 13 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) zurückzugreifen und die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage schon bei erstmaliger Begehung eines mit einem Punkt bewerteten Verkehrsverstoßes gerechtfertigt,

vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 - 11 C 12/94 -, NJW 1995, 2866; OVG NRW, Urteile vom 30. November 2005 - 8 A 280/05 -, a.a.O. und vom 29. April 1999 - 8 A 699/97 -, NJW 1999, 3279 - bestätigt mit Beschluss des BVerwG vom 9. September 1999 - 3 B 94/99 -, NZV 2000, 386 - und OVG NRW Beschluss vom 27. Juli 2006 - 8 B 1224/06 -, juris.

Dabei kommt es auf die besonderen Umstände des Einzelfalles, wie etwa die Gefährlichkeit des Verkehrsverstoßes nicht an. Der vorliegende Verkehrsverstoß (Óberschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 27 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften) war nach §§ 24, 26 a StVG i.V.m. § 49 Abs. 3 Nr. 4 i.V.m. § 41 Abs. 2 Nr. 7 (Zeichen 274) StVO i.V.m. Ziffer 11.3.5 der Tabelle 1 lit. c) des Anhangs zu Ziffer 11 (hier: 11.3) der Anlage zu § 1 Abs. 1 der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) mit einem Bußgeld in Höhe von 50.- EUR (BKatV) bedroht. Eine derartige Verkehrsordnungswidrigkeit wird gemäß § 28 Abs. 3 Nr. 3 StVG i.V.m. § 40 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) und Ziffer 5.4 der Anlage 13 zur FeV mit drei Punkten bewertet. Der begangene Verkehrsverstoß erweist sich als ausreichende Grundlage für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage. Auch die Dauer der angeordneten Fahrtenbuchauflage von einem Jahr begegnet keinen Bedenken. Sie ist im Hinblick auf die mit drei Punkten zu bewertende Verkehrsordnungswidrigkeit angemessen und stellt keine übermäßige Belastung dar. Der Beklagte hat seiner Ermessensentscheidung insoweit den von der Bezirksregierung Köln zur Vereinheitlichung der im Regierungsbezirk festgesetzten Zeitdauer von Fahrtenbuchauflagen übermittelten "Maßstab nach Anlage 13 FeV für die Verhängung von Fahrtenbuchauflagen" zugrundegelegt, der sich bei der Bemessung der Höhe der Fahrtenbuchauflage an der jeweiligen Punktebewertung bzw. Dauer von Fahrverboten orientiert. Dies ist nicht zu beanstanden. Auch das Bundesverwaltungsgericht orientiert sich in seiner Rechtsprechung bei der Gewichtung von Verkehrsverstößen in erster Linie an ihrer Einordnung durch den Bußgeldkatalog und der Punktebewertung nach der einschlägigen Anlage zur Fahrerlaubnis-Verordnung. Bereits eine mit einem Punkt bewertete Verkehrsordnungswidrigkeit wird nach der oben aufgeführten Rechtsprechung nicht als ein unwesentlicher, sondern bereits als ein Verkehrsverstoß von einigem Gewicht eingestuft. Die Fahrtenbuchauflage ist eine Maßnahme der Gefahrenabwehr im Straßenverkehr und soll dazu beitragen, dass künftig die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einem Verkehrsverstoß ohne Schwierigkeit möglich ist,

vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 - 11 C 12/94 -,a.a.O.

Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht unverhältnismäßig, dass der Beklagte nicht lediglich die Androhung einer Fahrtenbuchauflage - als eine geringer belastende Maßnahme - ausgesprochen hat.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

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