OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.08.2010 - 2 A 796/09
Fundstelle
openJur 2011, 73638
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfah-rens.

Der Streitwert wird unter Abänderung des erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Instanzen auf jeweils 103.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die mit dem Zulassungsbegehren vorgebrachten, für die Prüfung maßgeblichen Einwände (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO), begründen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) noch ergeben sie besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (2.) oder deren grundsätzliche Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (3.).

1. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Sie sind (nur) begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.

Derartige Zweifel weckt das Antragsvorbringen nicht.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage, den Beklagten unter Aufhebung seines Ablehnungsbescheids vom 13. Mai 2008 zu verpflichten, die Bauvoranfrage der Klägerin für die Errichtung eines Lebensmitteldiscountmarkts auf dem Grundstück Gemarkung I. , Flur 2, Flurstück 685, S.-----------straße 73 in E. vom 27. März 2007 - bei dem Beklagten eingegangen am 11. April 2007 positiv zu bescheiden, als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die Sache sei anderweitig rechtshängig, weil das Verpflichtungsbegehren in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren - 25 K 2379/07 - als zweiter Hilfsantrag und nach Abweisung der diesbezüglichen (Untätigkeits-)Klage bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in dem Berufungszulassungsverfahren - 10 A 330/08 - anhängig sei.

Die Klägerin wendet ein, die Klage habe nicht als unzulässig abgewiesen werden dürfen. Der Ablehnungsbescheid vom 13. Mai 2008 habe in das Berufungszulassungsverfahren - 10 A 330/08 -, das nach Zulassung der Berufung bei dem beschließenden Senat unter dem Aktenzeichen - 2 A 330/08 - als Berufungsverfahren fortgesetzt wird, nicht einbezogen werden können, weil die dortige Antragsbegründungsfrist bereits am 4. März 2008 abgelaufen sei und auf eine Berücksichtigung von Änderungen der Sachlage im Zulassungsverfahren nach Ablauf der Begründungsfrist kein Anspruch bestehe. Zur Verhinderung des Eintritts der Bestandskraft des Ablehnungsbescheids sei sie daher gezwungen gewesen, Klage zu erheben.

Diese Rüge ist - ohne dass es zur dieser Feststellung der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf - unbegründet.

Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, dass der Rechtsmittelführer nach Ablauf der Antragsbegründungsfrist unter Berufung auf eine Änderung der Sach- oder Rechtslage grundsätzlich keine neuen Rügen vorbringen kann. Eine nach materiellem Recht entscheidungserhebliche Änderung der Sach- oder Rechtslage ist im Grundsatz nur in dem durch die Darlegungen des Rechtsmittelführers innerhalb der Antragsfrist vorgegebenen Prüfungsrahmen zu berücksichtigen.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15. Dezember 2003 - 7 AV 2.03 -, NVwZ 2004, 744 = juris Rn. 8 ff. (zu Rechtsänderungen), und vom 11. November 2002 - 7 AV 3.02 -, NVwZ 2003, 490 = juris Rn. 10 ff. (zu nachträglich eingetretenen Tatsachen); OVG NRW, Beschluss vom 28. August 2009 - 7 A 1308/08 -, juris Rn. 6; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 124 a Rn. 257.

Davon abgesehen, dass diese Beschränkung nicht ausnahmslos gilt,

vgl. dazu wiederum Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 124 a Rn. 257; sowie Sächs. OVG, Beschluss vom 31. März 2008 - 5 B 377/06 -, juris Rn. 7 ff.,

zwang sie die Klägerin in der vorliegenden Fallgestaltung nicht dazu, gegen den Ablehnungsbescheid vom 13. Mai 2008 eigens Klage zu erheben, um den Eintritt von dessen Bestandskraft zu verhindern.

Die Klägerin konnte den Ablehnungsbescheid vom 13. Mai 2008 - wie mit Schriftsatz vom 12. März 2009 geschehen - ungeachtet des Ablaufs der Antragsbegründungsfrist in das Zulassungsverfahren - 10 A 330/08 - einbeziehen. Die Einbeziehung des Bescheids in dieses Zulassungsverfahren unterlag nicht den Schranken des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO, weil sie keine neue Rüge ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2007 im Verfahren - 25 K 2379/07 - darstellt. Vielmehr handelt es sich dabei um ergänzendes Vorbringen zu dem fristgerechten, sich auf den zweiten Hilfsantrag dieses Verfahrens beziehenden Zulassungsvortrag in der Zulassungsbegründungsschrift der Klägerin vom 1. Februar 2008.

Das Verwaltungsgericht hat die Abweisung des zweiten Hilfsantrags des Verfahrens - 25 K 2379/07 - darauf gestützt, dass einer positiven Bescheidung des streitigen Vorbescheidsantrags der wirksame und sofort vollziehbare Zurückstellungsbescheid des Beklagten vom 15. Mai 2007 entgegenstehe. Ergänzend hat das Verwaltungsgericht darauf verwiesen, dass dieser Zurückstellungsbescheid rechtmäßig sein dürfte, weil die Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre vorgelegen hätten, nachdem der Rat der Stadt E. am 11. Dezember 2006 die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 1089 - I1. - beschlossen habe.

In dem Vorbringen, die im Streit stehende Bauvoranfrage sei nunmehr mit Bescheid vom 13. Mai 2008 negativ beschieden worden, liegt kein auf einer Änderung der Sach- oder Rechtslage basierender selbständiger Angriff gegen diese Annahme. Der Bescheiderlass als solcher ist weder als maßgebliche Änderung der Sach- noch als erhebliche Änderung der Rechtslage anzusehen; er ist für den Streitgegenstand der Verpflichtungsklage auf positive Bescheidung der Bauvoranfrage ohne Bedeutung. Streitgegenstand bleibt unverändert der von der Klägerin diesbezüglich geltend gemachte Anspruch.

Der Streitgegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist zweigliedrig zu bestimmen. Er richtet sich nach dem Antrag und dem zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalt. Der Streitgegenstand ist identisch mit dem prozessualen Anspruch, der seinerseits durch die erstrebte, im Klageantrag zum Ausdruck zu bringende Rechtsfolge sowie den Klagegrund, nämlich dem Sachverhalt, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll, gekennzeichnet ist.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 2006 - 6 B 47.06 -, NVwZ 2007, 104 = juris Rn. 13, Urteil vom 10. Mai 1994 - 9 C 501.93 -, BVerwGE 96, 24 = NVwZ 1994, 1115 = juris Rn. 9; Ehlers, in: Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Band I, Loseblatt, Stand November 2009, § 41 § 17 GVG Rn. 1.

Im Anschluss daran ist Streitgegenstand einer Verpflichtungsklage der geltend gemachte prozessuale Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts. Nicht zum Streitgegenstand einer Verpflichtungsklage gehört hingegen die Aufhebung des ablehnenden Bescheids. Diese ist ein unselbständiger Anfechtungsannex, der im Interesse der Rechtsklarheit bei einer stattgebenden Entscheidung mittenoriert wird. Der Streitgegenstand wird durch die Aufhebung des entgegenstehenden Verwaltungsakts nicht geändert. Denn der Anspruch auf Bescheiderlass hängt nicht davon ab, ob die Behörde den an sie gerichteten Antrag überhaupt beschieden beziehungsweise, ob sie dies in fehlerhafter Weise getan hat.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 2006 - 6 B 47.06 -, NVwZ 2007, 104 = juris Rn. 13, Urteile vom 24. Januar 1992 - 7 C 24.91 -, BVerwGE 98, 354 = NVwZ 1992, 563 = juris Rn. 8, vom 22. Mai 1987 - 4 C 77.84 -, BVerwGE 77, 317 = NVwZ 1987, 1074 = BRS 47 Nr. 58 = juris Rn. 13, und vom 21. Mai 1976 - IV C 80.74, - BVerwGE 51, 15 = NJW 1976, 1760 = juris Rn. 28; OVG NRW, Urteil vom 8. Mai 1996 - 1 A 5669/94 -, NWVBl. 1997, 142 = juris Rn. 2; Kilian, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 121 Rn. 51; Clausing, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Band II, Loseblatt, Stand November 2009, § 121 Rn. 63; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, § 90 Rn. 9 und § 113 Rn. 179; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 121 Rn. 30; Kuntze, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 4. Auflage 2007, § 121 Rn. 19; von Nicolai, in: Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Auflage 2004, § 121 Rn. 11.

Infolgedessen ist auch die Ersetzung eines Ablehnungsbescheids durch einen anderen Ablehnungsbescheid während eines Verwaltungsprozesses für die Bestimmung des Streitgegenstands der Verpflichtungsklage ohne Relevanz und die Einbeziehung des neuen Ablehnungsbescheids in die Klage keine Klageänderung. Die Behauptung des Klägers, durch den Ablehnungsbescheid in seinen Rechten verletzt zu sein, ist ebenso wie das Begehren, ihn aufzuheben, lediglich ein unselbständiges Element der weitergehenden, der Klage unverändert zugrunde liegenden Rechtsbehauptung, einen Anspruch auf Erlass des beantragten Verwaltungsakts zu haben.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 77.84 -, BVerwGE 77, 317 = NVwZ 1987, 1074 = BRS 47 Nr. 58 = juris Rn. 13; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, § 90 Rn. 9; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 121 Rn. 30.

Nichts anderes gilt in der hier gegebenen Situation der Untätigkeitsklage: Ergeht nach Erhebung der Untätigkeitsklage, nach Ablauf der dreimonatigen Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO und nicht innerhalb einer von dem Gericht gemäß § 75 Satz 3 VwGO gesetzten Nachfrist eine negative Entscheidung der Behörde, kann die Klage unter Einbeziehung der Ablehnung ohne Durchführung eines Vorverfahrens nach § 68 VwGO sowie ohne Beachtung der Klagefrist des § 74 VwGO als Verpflichtungsklage fortgeführt werden. In diesem Fall bedarf es keiner weiteren Verfahrenshandlung des von der Antragsablehnung betroffenen Klägers, der im Besitz der Vergünstigung des § 75 Satz 1 VwGO bleibt.

Vgl. dazu allgemein: BVerwG, Urteile vom 23. März 1973 - IV C 2.71 -, BVerwGE 42, 108 = juris Rn. 31 ff., und vom 4. Juni 1991 - 1 C 42.88 -, BVerwGE 88, 254 = NVwZ 1992, 180 = juris Rn. 10; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 23. August 1996 - 8 S 269/96 -, NVwZ-RR 1997, 59 = juris Rn. 21, und vom 30. April 1984 - 5 S 2079/83 -, NJW 1986, 149; Brenner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 75 Rn. 71 ff.; Dolde/Porsch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Band I, Loseblatt, Stand November 2009, § 75 Rn. 25; Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 4. Auflage 2007, § 75 Rn. 21; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 12. Auflage 2006, § 75 Rn. 18; Kothe, in: Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Auflage 2004, § 75 Rn. 8; Weides/ Bertrams, NVwZ 1988, 673, 676.

Demzufolge unterliegt die Einbeziehung des ablehnenden Bescheids auch nicht der Beschränkung des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO, wenn sie erst nach Ablauf der Antragsbegründungsfrist im Berufungszulassungsverfahren erfolgt, weil der Bescheid erst nach diesem Zeitpunkt erlassen wurde. Ist ein Vorverfahren - wie hier mit Blick auf den Ablehnungsbescheid vom 13. Mai 2008 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 AG VwGO NRW - ohnehin entbehrlich, fällt zudem die Frage, ob gegen den nach Erhebung der Untätigkeitsklage ergangenen Ablehnungsbescheid ein Vorverfahren anzustrengen ist, weg.

Aus dem Vorstehenden folgt zugleich ferner, dass ein nach Erhebung der Untätigkeitsklage ergehender Ablehnungsbescheid auch dann nicht in Bestandskraft erwächst, wenn gegen ihn nicht gesondert Klage erhoben wird. Er ist der Bestandskraft nicht fähig, weil er gewissermaßen schon bei seinem Erlass mit dem in der Untätigkeitsklage antizipierten Widerspruch beziehungsweise mit der (vorweggenommenen) Klage behaftet ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. März 1973 - IV C 2.71 -, BVerwGE 42, 108 = juris Rn. 31 ff.

Nach alledem zeigt die Klägerin nicht auf, dass das Verwaltungsgericht die Klage trotz der anderweitigen Rechtshängigkeit des Verpflichtungsbegehrens als zulässig hätte erachten müssen. Ob sie einen Anspruch auf Erteilung eines Vorbescheids für das beantragte Vorhaben und mit ihrem Verpflichtungsantrag Erfolg hat, ist losgelöst davon, dass der Beklagte den Vorbescheidsantrag vom 11. April 2007 mit Bescheid vom 13. Mai 2008 abgelehnt hat, im Berufungsverfahren - 2 A 330/08 - zu prüfen. Eine Bestandskraft dieses Bescheids wird der Klägerin dort nicht entgegengehalten werden können.

Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass sich daran nichts dadurch ändert, dass das angefochtene Urteil mit der Ablehnung dieses Zulassungsantrags gemäß § 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig wird. Neben dem Gesichtspunkt, dass der Ablehnungsbescheid vom 13. Mai 2008 aus den genannten Gründen der Bestandskraft nicht fähig ist, ergibt sich dies daraus, dass es sich bei dem angegriffenen Urteil um ein Prozessurteil handelt, bei dem nur die Entscheidung in Rechtskraft erwächst, dass die in den Urteilsgründen ausgeführte Sachurteilsvoraussetzung fehlt.

Vgl. zu dieser Rechtsfolge: BVerwG, Beschluss vom 11. November 1998 - 8 B 218.98 -, juris Rn. 5.

2. Die Berufung ist des Weiteren nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen der besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen.

Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Angriffe des Klägers gegen die Tatsachenfeststellungen oder die rechtlichen Würdigungen, auf denen das angefochtene Urteil beruht, begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung gäben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären ließen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern würden.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

Dass der Ausgang des Rechtsstreits in dem vorgenannten Sinn offen ist, lässt sich auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht feststellen.

Die von der Klägerin aufgeworfene Frage nach dem Streitgegenstand der Verpflichtungsklage kann im Zulassungsverfahren ohne Weiteres wie unter 1. ausgeführt beantwortet werden. Der klägerinnenseits als Beleg für eine kontroverse Diskussion über den Streitgegenstand der Verpflichtungsklage angeführten Kommentarliteratur ist keine davon abweichende Auffassung zu entnehmen. Bei Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, § 90 Rn. 9, heißt es: "Wird der (Verpflichtungs-)Klage stattgegeben, so steht damit fest, dass ein Anspruch auf Erlass des Verwaltungsakts bestand und die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts den Kläger im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in seinen Rechten verletzte." Mit dem letzten Halbsatz dieser Zitatstelle, auf den das Zulassungsvorbringen sich insbesondere bezieht, soll augenscheinlich allein zum Ausdruck gebracht werden, dass bei Verpflichtungsklagen im Grundsatz auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen ist. Dass damit keine anderslautende Aussage zum Streitgegenstand der Verpflichtungsklage verbunden ist, zeigt der anschließende Satz: "Bei Unbegründetheit der Verpflichtungsklage wird in Rechtskraft festgestellt, dass kein Anspruch des Klägers auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts bestand." Nicht anders verhält es sich mit Blick auf die in dem Zulassungsantrag außerdem zitierte Kommentierung bei Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Auflage 2004, § 121 Rn. 7. Dort wird zwar allgemein auf "Unklarheiten" in der Dogmatik über den Streitgegenstand in Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen hingewiesen. Eine Relevanz für die vorliegend aufgeworfene Fragestellung erschließt sich daraus nicht. Insbesondere steht auch dieser Kommentar,

vgl. nochmals von Nicolai, in: Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Auflage 2004, § 121 Rn. 11,

auf dem Standpunkt, dass im Falle der Verurteilung einer Behörde zur Vornahme eines Verwaltungsakts aufgrund der materiellen Rechtskraft bindend feststeht, dass ein Rechtsanspruch auf Erlass dieses Verwaltungsakts besteht.

Besondere Schwierigkeiten der Rechtssache begründet die Klägerin weiterhin nicht mit ihrem Verweis auf die in Rede stehende Konstellation einer sich bereits im Berufungszulassungsverfahren befindenden Untätigkeitsklage und des Erlasses des ablehnenden Bescheids nach Ablauf der Zulassungsbegründungsfrist. An die Darstellung unter 1. anschließend konnte die Klägerin den Ablehnungsbescheid vom 13. Mai 2008 in das Berufungszulassungsverfahren - 10 A 330/08 - einbeziehen, ohne Gefahr zu laufen, dass ihr dessen Bestandskraft anspruchsvernichtend entgegengehalten werden könnte. Dieser Befund lässt sich aus der sich mit dem Themenkreis "Untätigkeitsklage und ablehnende Behördenentscheidung nach Klageerhebung" befassenden, ausdifferenzierten Rechtsprechung und Literatur hinreichend sicher ableiten. Ein Berufungsverfahren muss deswegen nicht durchgeführt werden.

3. Die Berufung ist schließlich nicht wegen der grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im betreffenden Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.

Diesen Anforderungen wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.

Die von ihm aufgeworfenen Frage,

"ob in der hier vorliegenden Fallkonstellation, dass sich eine Untätigkeitsklage bereits im Berufungszulassungsverfahren befindet und erst nach Ablauf der Berufungszulassungsbegründungsfrist der negative Bescheid erlassen wird, ein Anspruch des Klägers auf Berücksichtigung dieses Bescheides noch im Berufungszulassungsverfahren besteht oder aber hier eine erneute Klage vor dem Verwaltungsgericht zulässig ist",

bedarf nicht der Klärung in einem Berufungsverfahren. Sie kann - wie unter 1. geschehen - bereits im Zulassungsverfahren beantwortet werden. Überdies kommt ihr wegen der ihr zugrunde liegenden besonderen Fallgestaltung, die - wie die Klägerin selbst anmerkt - allenfalls selten auftreten wird, über den konkreten Fall hinaus keine wesentliche Bedeutung zu, welche die Durchführung eines Berufungsverfahrens gebietet.

Die Kostenentscheidung folgt aus §154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG. Der Senat orientiert sich dabei an Nr. 3 b), Nr. 6 des Streitwertkatalogs der Bausenate des beschließenden Gerichts vom 17. September 2003 (BauR 2003, 1883). Die Befugnis zur Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Sätze 1 und 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).