VG Düsseldorf, Urteil vom 10.01.2011 - 18 K 3229/10
Fundstelle
openJur 2011, 73014
  • Rkr:
Tenor

Der Beklagte wird verpflichtet, die im Oktober 2008 erfolgte Daten-übermittlung an die C GmbH dahingehend zu berichtigen, dass dem Kläger in der polizeilichen Strafanzeige vom 14. Oktober 2008 nicht vorgeworfen wurde, mehrfach gefährliche Gegenstände, sondern einmal einen unbekannten Gegenstand, wahrscheinlich einen Be-cher, auf Polizeikräfte geschleudert zu haben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu vier Fünftel und der Beklagte zu einem Fünftel.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung gegen Sicher-heitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Im Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Das Gericht hat das Rubrum der vormals zutreffend gegen das Polizeipräsidium gerichteten Klage wegen des ersatzlosen Wegfalls von § 5 AG VwGO NRW (Behörden als Verfahrensbeteiligte) mit Ablauf des 31. Dezember 2010 (durch Art. 2 Nr. 28 des Gesetzes zur Modernisierung und Bereinigung von Justizgesetzen im Land Nordrhein-Westfalen vom 26. Januar 2010, GV. NRW. S. 29) von Amts wegen dahingehend berichtigt, dass Beklagter seit dem 1. Januar 2011 das Land Nordrhein-Westfalen (vgl. § 1 POG NRW) ist.

Die Klage ist zulässig, jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Der den Löschungsantrag ablehnende Bescheid des Beklagten vom 7. April 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Löschung der über ihn in der Verbunddatei "Gewalttäter Sport" des Bundeskriminalamtes gespeicherten Daten.

Die Voraussetzungen des Löschungsanspruchs beurteilen sich nach § 32 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (Bundeskriminalamtgesetz - BKAG). Danach hat das Bundeskriminalamt die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Hinsichtlich des Datensatzes betreffend die im Februar 2008 von dem Kläger auf der Rückfahrt von dem Spiel W gegen C begangene Körperverletzung fehlt es bereits an der Passivlegitimation des Beklagten. Die Verbunddatei "Gewalttäter Sport" ist Bestandteil des polizeilichen Informationssystems (INPOL) nach § 11 BKAG. Bei in Dateien dieses Informationssystems gespeicherten personenbezogenen Daten überträgt § 32 Abs. 9 BKAG die Pflicht zur Löschung im Sinne des Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift der Stelle, welche die datenschutzrechtliche Verantwortung nach § 12 Abs. 2 BKAG trägt. Die datenschutzrechtliche Verantwortung für die bei der Zentralstelle gespeicherten Daten, namentlich die Rechtmäßigkeit der Erhebung, die Zulässigkeit der Eingabe sowie die Richtigkeit oder Aktualität der Daten, obliegt im Rahmen des polizeilichen Informationssystems gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 BKAG der Stelle, welche die Daten unmittelbar eingegeben hat. Dementsprechend hat nach § 11 Abs. 3 Satz 1 BKAG nur diese Behörde die Befugnis zur Änderung, Berichtigung oder Löschung der Daten.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2010 - 6 C 5/09 -, DVBl 2010, 1304 ff.

Unmittelbar eingegeben hat den Datensatz betreffend den Vorfall aus Februar 2008 nicht der Beklagte, sondern die Bundespolizei. Demgemäß kann allenfalls diese zur Löschung verpflichtet sein. Folglich hätte der Kläger das Löschungsbegehren insoweit gegenüber der Bundesrepublik Deutschland geltend machen müssen.

Im Übrigen, hinsichtlich der vom Polizeipräsidium N1 eingegebenen, sich auf den Vorwurf des Landfriedensbruchs aus Oktober 2008 beziehenden Daten des Klägers, sind die Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG für eine Löschung nicht erfüllt.

In dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist die Speicherung der Daten nicht gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG unzulässig.

Entgegen der Ansicht des Klägers stehen verfassungsrechtliche Gründe der weiteren Speicherung der Daten in der Datei "Gewalttäter Sport" nicht entgegen. Zwar stellt diese Maßnahme einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Der Eingriff beruht jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage, die durch eine Kompetenz des Bundes gedeckt und auch sonst verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

Jedenfalls seit dem Inkrafttreten der auf § 7 Abs. 6 BKAG beruhenden Verordnung über die Art der Daten, die nach den §§ 8 und 9 des Bundeskriminalamtsgesetzes gespeichert werden dürfen (BKA-Daten-Verordnung), am 9. Juni 2010 (BGBl. I 2010, 716) wird die Speicherung der Daten des Klägers in der Verbunddatei "Gewalttäter Sport" durch §§ 2 und 7 bis 13 BKAG gesetzlich hinreichend legitimiert.

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die genannten Vorschriften ergibt sich aus Art. 73 Nr. 10 GG in Verbindung mit Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG. Gemäß Art. 73 Nr. 10 GG hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebung über die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes. Ferner sieht Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG ausdrücklich vor, dass durch Bundesgesetz Zentralstellen für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen eingerichtet werden. In dem hierdurch vorgegebenen Rahmen erstreckt sich die Bundeszuständigkeit mangels Einschränkung auf die gesamte Breite des polizeilichen Aufgabenbereichs, also auch auf die Bereitstellung von Daten zur Unterstützung der präventivpolizeilichen Tätigkeit. Dass sich die §§ 2 und 7 bis 13 BKAG i.V.m. mit der BKA-Daten-Verordnung nicht auf die Vorhaltung einer technischen Infrastruktur für polizeiliche Datensammlungen beschränken, sondern darüber hinaus detailliert regeln, welche Daten zu welchem Zweck von wem eingegeben, gespeichert und übermittelt werden dürfen, ist unschädlich. Diese letztlich dem Datenschutz dienenden Bestimmungen sind von der Bundeskompetenz zur Einrichtung einer Zentralstelle für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen kraft Sachzusammenhanges miterfasst. Denn der Bund kann die ihm zur Gesetzgebung zugewiesene Materie verständigerweise nicht regeln, ohne die datenschutzrechtlichen Bestimmungen bundeseinheitlich mitzuregeln. Da Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung voraussetzen, dass ihr Zweck bereichsspezifisch, präzise und normenklar bestimmt ist,

vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94 -, BVerfGE 100, 313 ff. (359 f.); Beschlüsse vom 3. März 2004 - 1 BvF 3/92 -, BVerfGE 110, 33 ff. (53) und vom 13. Juni 2007 - 1 BvR 1550/03 -, BVerfGE 118, 168 ff. (187 f.),

und diese Bestimmung nur einheitlich durch den Gesetzgeber erfolgen kann, der über die Kompetenz zur Einrichtung der zentralen Datensammlung verfügt, ist der Bund nicht nur berechtigt, sondern verfassungsrechtlich verpflichtet, diejenigen Regelungen zu treffen, die zu einer grundrechtskonformen Ausgestaltung der zentralen Datensammlung erforderlich sind.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 2. März 2010 - 1 BvR 256/08 u.a. -, BVerfGE 125, 260 ff. (314 f.) zur Vorratsdatenspeicherung.

Die §§ 2 und 7 bis 13 BKAG i.V.m. mit der BKA-Daten-Verordnung genügen inhaltlich den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Sie stellen eine gesetzliche Ermächtigung dar, die Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs bereichsspezifisch, präzise und normenklar festlegt.

Gemäß § 2 Abs. 3 BKAG unterhält das Bundeskriminalamt als Zentralstelle ein polizeiliches Informationssystem (INPOL). Im Rahmen dieser Aufgabe ist das Bundeskriminalamt Zentralstelle für den elektronischen Datenverbund zwischen Bund und Ländern (§ 11 Abs. 1 Satz 1 BKAG). Das Bundesministerium des Innern bestimmt im Einvernehmen mit den Innenministerien und Senatsinnenverwaltungen der Länder die in das polizeiliche Informationssystem einzubeziehenden Dateien (§ 11 Abs. 1 Satz 2 BKAG). Die in das polizeiliche Informationssystem einbezogene Datei "Gewalttäter Sport" ist eine sog. Verbunddatei, d.h. eine vom Bundeskriminalamt als Zentralstelle für den elektronischen Datenverbund zwischen Bund und Ländern geführte Datei. Die Länder können in eigener Zuständigkeit gewonnene Daten dezentral und unmittelbar in das Verbundsystem eingeben; die Daten werden im System für alle Verbundteilnehmer (dazu gehören u.a. alle Polizeibehörden der Länder, vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1 BKAG) zum Abruf bereitgehalten.

Vgl. Petri, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, S. 855 Rz. 79.

Die Systematik des Bundeskriminalamtgesetzes sieht eine abgestufte Regelung für die Art der zu speichernden Daten vor. Das Gesetz selbst beschreibt in den §§ 8 und 9 generalisierend die grundlegenden Merkmale und Zwecke der Daten, die gespeichert werden dürfen. Weil der Aufgabenbereich des Bundeskriminalamtes als Zentralstelle in § 2 BKAG sehr weit gefasst und der Umfang der Daten, deren Kenntnis für die Erfüllung der Zentralstellenfunktion notwendig ist, daher konkretisierungsbedürftig ist, sieht § 7 Abs. 6 BKAG vor, dass das Bundesministerium des Innern mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Näheres über die Art der Daten, die nach den §§ 8 und 9 BKAG gespeichert werden dürfen, bestimmt.

Vgl. zu alledem Nieders. OVG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - 11 LC 229/08 -, NdsVBl. 2009, 135 ff.; VG Karlsruhe, Urteil vom 14. April 2010 - 3 K 1988/09 -, juris.

In Ausführung dieses gesetzlichen Regelungsauftrages ist am 9. Juni 2010 die erwähnte BKA-Daten-Verordnung in Kraft getreten. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 dieser Verordnung führt das Bundeskriminalamt auf der Grundlage des § 8 BKAG sog. Gewalttäterdateien, die (u.a.) der Verhinderung gewalttätiger Auseinandersetzungen und sonstiger Straftaten im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen, insbesondere mit Fußballspielen (Buchst. b), dienen. Zu den Daten, die nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 BKAG zu diesem Zweck gespeichert werden dürfen, gehören gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung u.a. Familienname (Nr. 1), Vornamen (Nr. 2), Geschlecht (Nr. 12), Geburtsdatum (Nr. 13), Geburtsort (Nr. 14) und Staatsangehörigkeit (Nr. 18) des Beschuldigten, ferner gemäß § 1 Abs. 2 Lichtbilder (Nr. 1) und Angaben zu Identitätsdokumenten wie dem Personalausweis; zu den weiteren personenbezogenen Daten im Sinne des § 8 Abs. 2 BKAG zählen gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung Angaben zu Art und konkreten Umständen der Tatbegehung (Nr. 11) sowie Beziehungen zu Personen und Gruppenzugehörigkeit (Nr. 13).

Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2010 - 6 C 5/09 -, a.a.O.

Schließlich legt - auf einer dritten Ebene - die gemäß § 34 BKAG erlassene behördliche Errichtungsanordnung bezogen auf die konkrete Datei im Wesentlichen fest, nach welchen Regeln (etwa hinsichtlich der Frage, wie die Speicherung zu erfolgen hat, wer Daten liefern und abrufen darf, wie die Datei erschlossen werden kann, an wen Daten übermittelt werden dürfen und welche Prüf- bzw. Speicherungsfristen einzuhalten sind) sie zu führen ist (wobei sich im Einzelnen Überschneidungen mit der BKA-Daten-Verordnung ergeben). Diese Anordnung dient sowohl der Selbstkontrolle der speichernden Stelle als auch der Tätigkeit der Aufsichtsbehörde einschließlich des Datenschutzbeauftragten. Es handelt sich um eine behördeninterne Organisationsmaßnahme, der keine Rechtsnormqualität zukommt.

Vgl. Petri, a.a.O., S. 944 Rz. 372.

Das dargelegte, auf §§ 2 und 7 bis 13 BKAG i.V.m. mit der BKA-Daten-Verordnung beruhende detaillierte Regelungssystem genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die an die Bestimmtheit der gesetzlichen Eingriffsermächtigung zu stellen sind. Es ist nicht erkennbar, wie Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs über die vorhandenen gesetzlichen Vorschriften hinaus noch konkreter sollten festgelegt werden können. Insbesondere ergibt sich für die Datei "Gewalttäter Sport" - nur diese ist hier Streitgegenstand - aus § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b BKA-Daten-Verordnung eine bereichsspezifische und hinreichend präzise Zweckbestimmung der zu speichernden Daten, indem die Vorschrift darauf abstellt, dass die Datei der Verhinderung gewalttätiger Auseinandersetzungen und sonstiger Straftaten im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen, insbesondere mit Fußballspielen, und damit präventiven Zwecken der Gefahrenabwehr dient.

Die gesetzliche Eingriffsermächtigung trägt ferner dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausreichend Rechnung. Die zentrale Speicherung der Daten von Personen, die durch Gewalttätigkeit im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen, insbesondere Fußball-Bundesligaspielen, in Erscheinung getreten sind, ist geeignet, den Polizeibehörden der Länder Informationen über gewaltbereite Fußballfans, die in anderen Bundesländern gewonnen wurden, zu vermitteln und dadurch zur Verhinderung gewalttätiger Ausschreitungen beizutragen. Da Bundesligaspiele deutschlandweit stattfinden und sog. Problemfans zu Auswärtsspielen ihrer Mannschaft in anderen Bundesländern reisen, ist eine zentrale Speicherung der Daten erforderlich, um den Polizeibehörden aller Länder eine möglichst breite Erkenntnisgrundlage bereitzustellen. Die Maßnahme erweist sich auch als angemessen. Dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung steht die Aufgabe der Polizei gegenüber, gewalttätige Aktionen sog. Problemfans anlässlich von Fußball-Bundesligaspielen möglichst einzudämmen. Mit dieser Aufgabe nimmt die Polizei einen gewichtigen Gemeinwohlbelang wahr. Die betreffenden Fans treten überwiegend in Gruppen auf und sehen das Fußballspiel als Gelegenheit, aus Spaß an der Gewalt Auseinandersetzungen zu suchen, wobei auch Straftaten (z.B. Landfriedensbruch, Körperverletzungen, Sachbeschädigungen) begangen werden. Gegner sind dabei überwiegend die Problemfans der anderen Seite, mit denen Treffpunkte oft schon vorab ausgemacht werden; häufig werden aber auch Polizeibeamte und unbeteiligte Personen in die gewalttätigen Auseinandersetzungen einbezogen. Ohne bundesweiten Austausch von Informationen über Personen, die in der beschriebenen Weise auffällig geworden sind, wäre eine effektive polizeiliche Gefahrenabwehr in diesem Bereich kaum möglich. Demgegenüber muss das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der in der Datei "Gewalttäter Sport" erfassten Personen zurückstehen, zumal die Daten nicht dauerhaft gespeichert bleiben, sondern nach Ablauf der Speicherungsfrist gelöscht werden.

Aus einfachgesetzlichen Gründen ist die Speicherung der personenbezogenen Daten des Klägers in der Verbunddatei "Gewalttäter Sport" ebenfalls nicht unzulässig. Insbesondere ist § 8 Abs. 3 BKAG nicht einschlägig, da der Kläger in dem letzten Strafverfahren wegen Landfriedensbruchs nicht rechtskräftig freigesprochen und das Verfahren auch nicht eingestellt worden ist. Vielmehr hat das Amtsgericht N1 ihn zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten auf Bewährung verurteilt; über seine Revision ist noch nicht entschieden. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass die Kenntnis der gespeicherten personenbezogenen Daten im Sinne des § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG für die Aufgabenerfüllung der Polizei nicht mehr erforderlich wäre. Der Kläger ist wiederholt durch Gewalttätigkeit anlässlich von Fußball-Bundesligaspielen in Erscheinung getreten. Zweimal, im Juni 2004 und im Mai 2008, wurde er deshalb bereits rechtskräftig verurteilt. Nur wenige Monate nach der letzten Verurteilung, im Oktober 2008, geriet er als Teil einer gewalttätigen Menge, die anlässlich der Begegnung C gegen den G die Konfrontation mit einer Gruppe Ger Fans suchte, erneut in das Blickfeld der Polizei (weshalb es zu dem aktuellen Verfahren wegen Landfriedensbruchs kam). Damit ist die Gewaltbereitschaft des Klägers hinreichend dokumentiert und zugleich die Prognose gerechtfertigt, dass er auch künftig die Spiele von C zum Anlass nehmen wird, sich mit anderen "Fans" zu prügeln. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sich inzwischen von der einschlägigen Szene abgewandt hat, liegen nicht vor; insbesondere lässt sich seinem Vorbringen im gerichtlichen Verfahren hierzu nichts entnehmen.

Mit dem Hilfsantrag hat die Klage dagegen teilweise Erfolg.

Allerdings hat der Kläger keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Richtigstellung gegenüber C, dass die Weitergabe der Daten an den Verein rechtswidrig erfolgt ist und diese daher vom Verein nicht zu dem überlassenen Zweck genutzt werden dürfen. Der Beklagte war berechtigt, C von dem Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs in Kenntnis zu setzen.

Als Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung kommt indessen nicht § 10 Abs. 3 Satz 1 BKAG in Betracht, wonach das Bundeskriminalamt personenbezogene Daten für Zwecke der Gefahrenabwehr auch an nicht-öffentliche Stellen übermitteln kann. Diese Vorschrift ist nicht einschlägig, weil hier die Daten nicht vom Bundeskriminalamt, sondern vom Polizeipräsidium N1 übermittelt wurden. Ausweislich des in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen befindlichen Computerausdrucks (Beiakte Heft 1 Seite 6) wurde der Datensatz betreffend das Verfahren wegen Landfriedensbruchs am 5. November 2008 in die beim Bundeskriminalamt geführte Datei "Gewalttäter Sport" eingegeben. Schon zuvor, unter dem 30. Oktober 2008, hatte C dem Kläger wegen der gegen ihn erhobenen Beschuldigung Stadionverbot erteilt. Die zu Grunde liegende Information kann der Verein nicht vom Bundeskriminalamt - das zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht im Besitz der Daten war -, sondern nur vom Polizeipräsidium erlangt haben.

Die Berechtigung des Beklagten zur Übermittlung der Daten an C ergibt sich jedoch aus § 29 Abs. 1 PolG NRW. Danach kann die Polizei von sich aus personenbezogene Daten an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs übermitteln, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben (Nr. 1) oder zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder zur Abwehr einer schwer wiegenden Beeinträchtigung der Rechte einer Person (Nr. 2) erforderlich ist.

Die genannte landesrechtliche Vorschrift wird nicht von § 10 Abs. 3 Satz 1 BKAG verdrängt. Mit letzterer Befugnisnorm beabsichtigte der Bundesgesetzgeber nicht, eine ausschließliche Kompetenz des Bundeskriminalamtes zur Übermittlung von Daten aus dem polizeilichen Informationssystem an private Stellen zu schaffen. Dies folgt aus der Begründung des Gesetzentwurfs, in dem es heißt, dass die Übermittlung personenbezogener Daten an Private zur Abwehr einer Gefahr in erster Linie Aufgabe der Polizeien der Länder ist und eine Übermittlung unmittelbar durch das Bundeskriminalamt nur in bestimmten Fällen, etwa wegen Eilbedürftigkeit, in Betracht kommt.

Vgl. BT-Drs. 13/1550, S. 27.

Die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW liegen vor. Die Datenübermittlung an C war zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl erforderlich. Die Maßnahme verfolgte das Ziel, den Verein in die Lage zu versetzen, eigenverantwortlich die Erteilung eines Stadionverbotes zu prüfen. Ausweislich der Präambel der Richtlinien des Deutschen Fußballbundes zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten (Stand März 2008) bezwecken derartige Verbote, die Sicherheit und Ordnung bei Ligaspielen zu gewährleisten und hierbei Ausschreitungen unfriedlicher Personen zu verhindern bzw. zu reduzieren sowie den ordnungsgemäßen Spielbetrieb zu gewährleisten; dies sei Aufgabe aller im Zusammenhang mit dem Fußball tätigen Verantwortungsträger. Die Erfüllung der beschriebenen Aufgabe ist den Vereinen nur möglich, wenn die Sicherheitsbehörden ihnen Erkenntnisse, die über einzelne gewalttätige Fans vorliegen, mitteilen. Anderenfalls wären den Vereinen weitgehend die Hände gebunden; sie hätten mangels Kenntnis praktisch kaum die Möglichkeit, durch Stadionverbote ihrerseits einen Beitrag zur Bekämpfung der Hooliganszene zu leisten, was zugleich zur Folge hätte, dass der Polizei die ohnehin schwierige Aufgabe der Gefahrenabwehr in diesem Bereich noch weiter erschwert würde. Die Entscheidung darüber, ob tatsächlich ein Stadionverbot erteilt wird, obliegt allein den Vereinen. Die Erteilung stellt keineswegs die zwangsläufige Folge der Datenübermittlung dar; letztere vermittelt den Vereinen lediglich die Informationsgrundlage, um in eigener Zuständigkeit prüfen zu können, ob nach den Richtlinien des Deutschen Fußballbundes zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten die Voraussetzungen für eine solche Maßnahme vorliegen, gegebenenfalls, welche Art von Stadionverbot (örtlich/überörtlich) verhängt wird und für welchen Zeitraum es gelten soll. Der Einwand des Klägers, die Datenübermittlung sei zur Zweckerreichung ungeeignet, da er noch nie in einem Fußballstadion negativ ausgefallen sei, ist daher nicht relevant. Zu dem beabsichtigten Zweck, den Verein in die Lage zu versetzen, über ein Stadionverbot zu entscheiden, ist die Datenübermittlung durchaus geeignet. Abgesehen davon überzeugt die Argumentation des Klägers auch sonst nicht. Es liegt auf der Hand, dass eine drohendes Inkenntnissetzen des Vereins und - als mittelbare Folge - ein drohendes Stadionverbot eine verhaltenssteuernde Wirkung auch gegenüber solchen Gewalttätern zu entfalten vermag, die "nur" vor und nach dem eigentlichen Spiel die Auseinandersetzung mit "Fans" der gegnerischen Mannschaft suchen. So spricht es für sich, dass der Kläger seit Verhängung des Stadionverbotes, soweit erkennbar, nicht erneut einschlägig in Erscheinung getreten ist.

Mit Blick auf das Vorbringen des Klägers sei angemerkt, dass die Datenübermittlung auch auf der Grundlage des § 10 Abs. 3 Satz 1 (i.V.m. Abs. 2 Nr. 3) BKAG nicht zu beanstanden wäre. Danach kann das Bundeskriminalamt für Zwecke der Gefahrenabwehr personenbezogene Daten auch an nicht-öffentliche Stellen übermitteln. Die einschränkende Regelung des § 10 Abs. 5 Satz 1 BKAG, wonach Daten, die den §§ 41 und 61 BZRG unterfallen würden, nur den dort genannten Stellen zu den dort genannten Zwecken übermittelt werden können, kommt hier nicht zur Anwendung. Denn die Verurteilung des Klägers zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten wegen Landfriedensbruchs würde dem § 41 BZRG nicht unterfallen (der Auskünfte aus dem Erziehungsregister betreffende § 61 BZRG ist von vornherein nicht einschlägig), da sie in ein Führungszeugnis aufzunehmen wäre (vgl. § 32 BZRG). Die Verwendung des Konjunktivs ("unterfallen würden") in § 10 Abs. 5 Satz 1 BKAG bedeutet, dass eine Verurteilung nicht Voraussetzung für die Datenübermittlung ist, erst recht nicht die Rechtskraft des Urteils und damit die Eintragung im Bundeszentralregister. Dies ergibt sich auch aus der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 10 Abs. 5 BKAK

vgl. BT-Drs. 13/1550, S. 27,

in der es heißt:

"Absatz 5 schränkt Übermittlungen personenbezogener Daten an Stellen außerhalb der Vollzugspolizeien ein. An diese Stellen dürfen Daten, die den §§ 41, 61 des Bundeszentralregistergesetzes unterfallen würden, nur dann nach den Absätzen 2 und 3 übermittelt werden, wenn sie auch nach den §§ 41, 61 des Bundeszentralregistergesetzes auskunftsberechtigt wären.

Mit der Vorschrift wird eine Harmonisierung zwischen den verwendungsbegrenzenden Bestimmungen in den §§ 41, 61 des Bundeszentralregistergesetzes und den Übermittlungsregelungen in den Absätzen 2 und 3 angestrebt. Es soll insbesondere eine Umgehung der Auskunftsbegrenzung nach den §§ 41, 61 des Bundeszentralregistergesetzes verhindert werden, die sich ergeben könnte, wenn einem Antragsteller die Auskunft aus dem Bundeszentralregister unter Hinweis auf diese Vorschriften verweigert wird und er anschließend versucht, die gewünschten Daten über Auskünfte aus den beim Bundeskriminalamt geführten Dateien oder Akten zu erhalten."

Der hiernach in der Verhinderung einer Umgehung der einschränkenden Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes liegende Regelungszweck kann nur in den Fällen zum Tragen kommen, in denen überhaupt eine Eintragung im Bundeszentralregister vorliegt. Ist dies nicht der Fall, sind die einschränkenden Vorschriften des Bundeszentralregisters für die Erteilung von Auskünften nicht einschlägig mit der Folge, dass sie auch nicht umgangen werden können.

Allerdings muss die Datenübermittlung, soll sie ihren Zweck, den Ligaverein in die Lage zu versetzen, die Erteilung eines Stadionverbotes zu prüfen, erfüllen, zutreffend sein, das heißt die vorhandenen polizeilichen Erkenntnisse n den wesentlichen Punkten richtig wiedergeben. Dies ist hier nicht der Fall, weshalb die Klage insoweit Erfolg hat.

Der Beklagte hat C ausweislich der Begründung des Stadionverbots mitgeteilt, der Kläger habe mehrfach gefährliche Gegenstände auf die Polizeikräfte geworfen. Dies ist von dem Inhalt der polizeilichen Strafanzeige vom 14. Oktober 2008 nicht gedeckt. Aus dieser ergibt sich weder, das der Kläger einen gefährlichen Gegenstand geworfen hat, noch dass er dies mehrfach getan hat. In der Strafanzeige wird ihm vielmehr vorgeworfen, aus dem Schutz der Masse einen unbekannten Gegenstand, wahrscheinlich einen Becher, auf die eingesetzten Polizeikräfte geschleudert zu haben. Da es für die Entscheidung, ob ein Stadionverbot verhängt werden soll, einen nicht unerheblichen Unterschied macht, ob jemanden mehrfach einen gefährlichen Gegenstand oder einmal einen Becher auf Polizisten geworfen hat, ist der Beklagte insoweit gegenüber dem Verein zur Richtigstellung verpflichtet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.