OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.06.2010 - 13 A 2441/07
Fundstelle
openJur 2011, 72312
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 17. Juli 2007 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 10.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die geltend gemachten Zulassungsgründe, die gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO nur im Rahmen der Darlegungen der Klägerin zu prüfen sind, liegen nicht vor.

Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seines klageabweisenden Urteils ausgeführt: Die von der Klägerin u. a. unter den Produktbezeichnungen "Baader-Fleisch" und "3 mm-Fleisch" in den Verkehr gebrachten Fleischerzeugnisse unterlägen der Kennzeichnungspflicht als Separatorenfleisch. Es handele sich bei diesen mittels einer Townsend DMM - 50 Maschine gewonnenen, mit nachfolgendem Baadern hergestellten Erzeugnissen um Separatorenfleisch i. S. d. Definition der Verordnung (EG) Nr. 853/2004, Anhang I Nr. 1.14. Es sei davon auszugehen, dass bereits durch das Abscheren des Fleisches von den Knochen die Struktur der Muskelfasern verändert werde. Dass der Beklagte die Proben vom Endprodukt gezogen habe, sei nicht rechtsfehlerhaft. Denn nur dieses durch - dem Abschervorgang nachfolgenden - Baadern erzeugte Produkt sei das Endprodukt, das die Klägerin tatsächlich in den Verkehr bringe. Rechtsgrundlage der angefochtenen Ordnungsverfügung sei § 6 Abs. 3 LMKV i. V. m. § 11 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 LFGB. Eine von der Kennzeichnung der Erzeugnisse als Separatorenfleisch abweichende Bezeichnung verstoße gegen diese Kennzeichnungsvorschriften. Das Gericht könne aus eigener Sachkunde die Eignung der abweichenden Bezeichnung zur Täuschung feststellen, insbesondere bedürfe es keiner Feststellung der Verbrauchererwartung durch ein Umfragegutachten, denn Schwierigkeiten in der Beurteilung, ob diese Bezeichnung für den Durchschnittsverbraucher irreführend sei, lägen nicht vor. Das Gericht sei davon überzeugt, dass die von der Klägerin für das Separatorenfleisch gewählte Bezeichnung die Gefahr berge, dass die Erzeugnisse an zur Weiterverarbeitung von Separatorenfleisch nicht zugelassene Betriebe verkauft würden. Diese Bezeichnung sei auch geeignet, in einem Durchschnittsverbraucher, der sich über die Zutaten des Fleischprodukts anhand des Etiketts informiere, die - falsche - Vorstellung erwecke, zur Herstellung des Enderzeugnisses sei ein höherwertiges Produkt verwendet worden. Das Gericht halte das Ergebnis für eindeutig. Ein Anlass zur Vorlage an den EuGH bestehe deshalb nicht.

Die dagegen erhobenen Einwände zeigen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht auf.

Die Ordnungsverfügung findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 39 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 11 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 LFGB. Nach § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB treffen die zuständigen Behörden die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren erforderlich sind. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 LFGB ist es verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen. Eine Irreführung liegt nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB insbesondere dann vor, wenn bei einem Lebensmittel zur Täuschung geeignete Bezeichnungen, Angaben, Aufmachungen, Darstellungen oder sonstige Aussagen über Eigenschaften, insbesondere über Art, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung, Herkunft oder Art der Herstellung oder Gewinnung verwendet werden.

Die Tatbestandsvoraussetzungen der den Beklagten zum Einschreiten berechtigenden Befugnisnorm des § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB sind erfüllt. Durch die Bezeichnungen ihrer Erzeugnisse als "SA-Fleisch II Baader", "SA-Fleisch II B" und "SW-Fleisch I SB" sowie die diesen jeweils beigefügten Materialbeschreibungen, in denen es heißt: "Gebaadertes, kleinstückiges Saumagerfleisch mit wenig Bindegewebe. ..." oder "Gebaadertes (3 mm), kleinstückiges Magerfleisch mit wenig Bindegewebe. ...", verstößt die Klägerin gegen die Verbotsnorm des § 11 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 LFGB.

Entgegen der Auffassung der Klägerin finden diese Vorschriften auch Anwendung, obwohl sie ihre Erzeugnisse nicht an den Endverbraucher, sondern an weiterverarbeitende Unternehmen veräußert, diese den Herstellungsprozess ihrer Erzeugnisse kennen und tatsächlich keinem Irrtum über deren Zusammensetzung und Herstellung unterliegen. Das Irreführungsverbot verfolgt den Zweck, jeden Abnehmer von Lebensmitteln vor Irreführung und Täuschung zu schützen. Es setzt nicht voraus, dass die konkrete Bezeichnung des Lebensmittels oder die Angaben darüber im Einzelfall tatsächlich zu einer Täuschung oder gar Schädigung des Abnehmers führen. Vielmehr sind alle Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen irreführend, die geeignet sind, bei dem in Frage kommenden Abnehmerkreis eine falsche Vorstellung über die tatsächlichen Verhältnisse hervorzurufen. Grundsätzlich ist für die Frage, ob Lebensmittel unter irreführenden Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen in den Verkehr gebracht werden, auf die allgemeine Verkehrsauffassung abzustellen. Die Berücksichtigung der Verkehrsauffassung ist aber unzulässig, wenn die inhaltliche Bedeutung einer Kennzeichnung, Angabe oder Aufmachung oder die Beschaffenheit eines Lebensmittels gesetzlich normiert ist. Gesetzliche Vorschriften einschließlich der auf Gesetz beruhenden Vorschriften in Rechtsverordnungen haben Vorrang. Denn Normierungen in Rechtssätzen sind allgemeinverbindlich, was zur Folge hat, dass ein etwa abweichender Handelsbrauch oder eine entgegenstehende Verkehrsauffassung rechtlich unbeachtlich ist.

Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 10. August 2006 11 ME 74/05 -, LRE 53, 410 ff = juris; Zipfel/ Rathke, Lebensmittelrecht, Kommentar, Loseblattsammlung, 139. Ergänzungslieferung, Bd. II, C 102, § 11 LFBG Rdnr. 15, 78, 265, 283 m. w. N.; Meyer in: Meyer/Streinz, LFGB · BasisVO, Kommentar, § 11 Rdnr. 16 - 18.

Die bereits aufgeführten Bezeichnungen der Erzeugnisse sowie die Angaben über deren Art, Beschaffenheit sowie Zusammensetzung und deren Herstellung in den jeweils beigefügten Materialbeschreibungen weichen von der in der in Anhang I Nr. 1.14 der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 allgemein verbindlich getroffenen Bestimmung solcher Erzeugnisse als Separatorenfleisch ab. Danach wird Separatorenfleisch als ein Erzeugnis definiert,

"das durch Ablösung des an fleischtragenden Knochen nach dem Entbeinen bzw. an den Geflügelschlachtkörpern haftenden Fleisches auf maschinelle Weise so gewonnen wird, dass die Struktur der Muskelfasern sich auflöst oder verändert wird".

Die von der Klägerin in den Verkehr gebrachten Erzeugnisse sind gemessen an dieser verbindlichen gemeinschaftsrechtlichen Regelung als Separatorenfleisch einzustufen. Sie unterfallen der dortigen Definition. Aus deren Wortlaut ergeben sich drei wesentliche Voraussetzungen für das Vorliegen von Separatorenfleisch: Die Ablösung des Fleisches von den fleischtragenden Knochen erfolgt nach dem Entbeinen bzw. bei Geflügel an deren Karkassen, also nach dem Prozess der eigentlichen Fleischgewinnung. Diese Restfleischgewinnung muss maschinell geschehen. Die Auflösung oder Veränderung der Struktur der Muskelfasern ist durch die maschinelle Ablösung verursacht.

Die Produkte der Klägerin, von ihr (und wohl auch nach dem Handelsbrauch) als 3 mm-Fleisch bezeichnet, erfüllen die Voraussetzungen dieser Definition.

Das 3 mm-Fleisch wird unstreitig nach dem Entbeinen gewonnen.

Die Restfleischgewinnung von den fleischtragenden Knochen geschieht maschinell und zwar in zwei Schritten, nämlich zunächst durch Ablösung des den Knochen anhaftenden Fleisches mittels einer Kolbenpresse der Marke "Townsend DMM - 50" und sodann durch Bearbeitung in einer so genannten Baadermaschine.

Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, das 3 mm-Fleisch falle schon wegen des zweistufigen Herstellungsvorgangs in unterschiedlichen Maschinen nicht unter die gemeinschaftsrechtliche Begriffsbestimmung, der Ablöseprozess werde schließlich bereits in der Kolbenpresse durchgeführt und abgeschlossen, der Wortlaut der Definition gehe aber davon aus, dass die Veränderung bzw. Auflösung der Struktur der Muskelfasern durch ein (einheitliches) maschinelles Ablösen verursacht werde. Gegen dieses Verständnis der Definition spricht der Erwägungsgrund 20 der Verordnung. Dieser lautet:

"Die Definition sollte so allgemein gefasst sein, dass sie alle Verfahren des mechanischen Ablösens abdeckt. Die rasche Entwicklung in diesem Bereich lässt eine flexible Definition angebracht erscheinen. Ausgehend von einer Risikobewertung für die aus den unterschiedlichen Verfahren resultierenden Erzeugnisse sollten sich jedoch die technischen Anforderungen für Separatorenfleisch voneinander unterscheiden."

Zweck der einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung vorangestellten Erwägungsgründe ist es, die wichtigsten Bestimmungen des verfügenden Teils der Regelung zu begründen, ohne deren Wortlaut wiederzugeben oder zu paraphrasieren. Sie dürfen allerdings keine Bestimmungen mit normativen Gehalt enthalten.

Vgl. hierzu Nr. 10. des Gemeinsamen Leitfadens des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, www.eurlex.europa.eu/de/techleg/10-htm.

Ausgehend hiervon lässt sich dem Erwägungsgrund 20 zunächst entnehmen, dass der Gemeinschaftsverordnungsgeber die Definition des Separatorenfleisches möglichst weit gefasst wissen wollte. Satz 1 des Erwägungsgrundes 20 macht insbesondere deutlich, dass mit den Begriffen "auf maschinelle Weise" jegliches Verfahren der maschinellen Ablösung - also unabhängig von der Art, der Arbeitsweise, der Anzahl der eingesetzten Maschinen oder der durch diese vorgegebenen Arbeitsschritte - gemeint ist.

Zu Unrecht nimmt die Klägerin an, Satz 1 des Erwägungsgrundes könne nicht zur Auslegung der Legaldefinition des Separatorenfleisches herangezogen werden und sei im Übrigen sprachlich ungenau, was dazu führe, dass auch das durch manuellen Knochenputz gewonnene Fleisch als Separatorenfleisch angesehen werden müsse, weil dieses durch "mechanisches" Ablösen gewonnen werde. Zwar ist es zutreffend, dass im Erwägungsgrund von einem "mechanischen" und nicht wie in Anhang I Nr. 1.14 von einem "maschinellen" Ablösen die Rede ist. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine bewusst unterschiedliche Bezeichnung, sondern wohl allein um eine Ungenauigkeit in der Übersetzung. In der englischen Fassung ist in Satz 1 des Erwägungsgrundes von einer "mechanical separation" die Rede und in Anhang I Nr. 1.14 heißt es ebenfalls "mechanical means"; gleichermaßen verhält es sich in der französischen Fassung; dort lautet es im Erwägungsgrund 20 "séparation mécanique" und in Anhang I Nr. 1.14 "moyens mécaniques". Im Englischen kann der Begriff "mechanical" mit "mechanisch" oder aber mit "maschinell" übersetzt werden. Auch im Französischen bedeutet "mécanique" "mechanisch" oder "maschinell". Aus dem Gesamtzusammenhang und Sinn und Zweck der Regelung ist eindeutig zu schließen, dass (auch) in der englischen wie in der französischen Fassung im Erwägungsgrund und unter Nr. 1.14 jeweils der "maschinelle" Ablösevorgang gemeint ist; denn Separatorenfleisch ist ein auf maschinellem Wege gewonnenes Produkt. Dementsprechend kann die deutsche Fassung des Erwägungsgrundes auch nur dahingehend zu verstehen sein.

Es kommt auch nicht darauf an, ob sich ihr Herstellungsverfahren - so wie die Klägerin dies meint - grundlegend vom dem in den bislang für die Herstellung von Separatorenfleisch eingesetzten, mit hohen Drücken arbeitenden Maschinen unterscheidet. Durch den bereits zitierten Satz 2 des Erwägungsgrundes 20 wird klar, dass nach dem Willen des Gemeinschaftsverordnungsgebers auch weiterentwickelte Restfleischgewinnungstechnologien unter die Definition des Separatorenfleisches fallen sollten.

Durch die maschinelle Ablösung des Restfleisches von den Knochen mittels der von der Klägerin eingesetzten Maschinen wird auch das weitere Tatbestandsmerkmal der Begriffsbestimmung, nämlich das der Auflösung oder Veränderung der Strukturen der Muskelfasern, erfüllt. Die vom Ablösevorgang betroffene quergestreifte Skelettmuskulatur setzt sich aus zahlreichen Muskelfaserbündeln zusammen, die wiederum aus bis zu mehreren Zentimeter langen Muskelfasern bestehen und die an ihren Enden über Sehnen am Skelett befestigt sind. Die Muskelfaser ist eine vielkernige Zelle, die aus in Längsrichtung verlaufenden Strukturen, den so genannten Myofribrillen, aufgebaut ist; diese setzen sich wiederum aus fadenförmigen Proteinen, den so genannten Myofilamenten, zusammen. In den Myomeren oder Sarkomeren, den kleinsten kontraktilen Einheiten des Muskels, sind zwei Arten von Myofilamenten (Aktinfilamente und Myosinfilamente) alternierend und überlappend angeordnet und für die Durchführung der Muskelkontraktion verantwortlich. Durch diese Anordnung ergibt sich auch das Querstreifungsmuster der Muskulatur.

Vgl. hierzu Pschyrembel, 261. Auflage, Stichworte: Muskelgewebe, Myofibrillen, Myomere; Wikipedia, Stichworte: Skelettmuskel, Muskelfaser, Muskelfibrille, www.wikipedia.org; DocCheck Flexion,

Stichworte: Myofilamente, Sarkomere, www.flexion.doccheck.com; MedizInfo®Rücken, Stichwort: Aufbau des Muskelgewebes, www.medizinfo.de; s. auch Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Separatorenfleisch: Der Grad der Veränderung der Muskelfaserstruktur ist für die Einstufung unerheblich, Stellungnahme Nr. 038/2006 des BfR vom 16. Juni 2006, S. 3; Dr. G. Anhalt, Niedersächsisches Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Hannover, Separatorenfleisch im neuen EG-Lebensmittelrecht, in: Journal für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Dezember 2006, dort unter Nr. 3 Muskelfaser; s. im Übrigen hierzu auch das von der Klägerin zu den Akten gereichte Gutachten des Instituts Dr. Erdmann vom 11. September 2007 dort unter 4. Wissenschaftliche Begriffsdefinition der Muskelfaser.

Ausgehend hiervon liegt es auf der Hand, dass beim Ablösen des Fleisches von den Skelettknochen immer ein Eingriff in die Struktur der Muskelfasern gegeben ist, unabhängig davon, ob das Ablösen maschinell oder mechanisch erfolgt. Denn jeder (noch so kleine) Schnitt in die Skelettmuskulatur führt - angesichts der dargestellten Muskelfaserstruktur schon denknotwendig - zu einer Veränderung dieser für die Muskelfasern spezifischen Struktur. Dies gilt erst recht bei höheren Zerkleinerungs- und Deformationsgraden des Skelettmuskulaturfleisches, wie sie beim so genannten 3 mm-Fleisch erreicht werden. Es liegt nahe, dass bereits der maschinelle Abschervorgang in der Townsend MMD - 50 Maschine, in der die fleischtragenden Knochen bei einem Druck von 40 bis 80 bar gegeneinander geschert werden, eine Strukturveränderung der Muskelfasern verursacht. Denn bei einem solchen Schervorgang sind wohl - unabhängig vom eingesetzten Druck - Einscherungen in das Muskelfleisch nicht zu verhindern. Das anschließende Baadern, bei dem das Muskelfleisch weiter zerkleinert und durch eine 3-mm-Scheibe gepresst wird, führt jedenfalls zu einer Veränderung der spezifischen Struktur der teilweise mehrere Zentimeter langen Muskelfasern und in Teilen auch zu einer Auflösung von deren quergestreifter Struktur.

Vgl. hierzu auch Dr. A. Pastari, Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg, Separatorenfleisch; Veränderung der Struktur der Muskelfasern in: Journal für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Dezember 2006 und i. d. S. auch Gutachten des Instituts Dr. Erdmann, a. a. O., unter 5. Einfluss von Zerkleinerungsverfahren auf die Struktur der Muskelfaser, wonach mit zunehmendem Zerkleinerungs- bzw. Deformationsgrad die Struktur der Muskelfaser verändert wird und der Vorgang der Strukturauflösung direkt proportional mit zunehmendem Zerkleinerungsgrad steigt.

Der Grad der Veränderung oder Auflösung der Muskelfaserstruktur ist für die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen der Definition ohne Belang. Zwar mag es sein, dass die Muskelfaserstruktur bei dem mittels der mit niedrigerem Druck arbeitenden Townsend MMD - 50 Maschine gewonnenen Restfleisch geringer verändert wird, als dies bei den sonst üblichen Verfahren der Herstellung von Separatorenfleisch der Fall ist. Eine Differenzierung nach dem Grad der Veränderung oder Auflösung der Muskelfaserstruktur lässt sich aber weder dem Wortlaut der Begriffsdefinition noch der Begründung in Erwägungsgrund 20 entnehmen. Danach ist vielmehr davon auszugehen, dass jegliche Veränderung der Struktur der Muskelfasern ausreicht. Denn der Verordnungsgeber hat nicht den Begriff der Muskelzellstruktur verwandt (der ohnehin nicht zielführend gewesen wäre, weil die Muskelzellen der Skelettmuskulatur als Muskelfasern bezeichnet werden) oder zwischen der Zerstörung der Zellmembran oder deren Fragmentierung, der Veränderung oder Zerstörung der Querstreifung oder der Verlagerung der Zellkerne differenziert, sondern auf die Muskelfaserstruktur in ihrer Gesamtheit abgestellt. Insofern spielt es auch keine Rolle, dass sich - wie die Klägerin dies unter Bezugnahme auf verschiedene Publikationen von Sachverständigen meint - solche Strukturveränderungserscheinungen mikroskopisch quantifizieren und gegebenenfalls mit einem Grenzwert vergleichen lassen. Denn aus der umfassenden Einbeziehung aller Verfahren und der Formulierung der Separatorenfleischdefinition ergibt sich, dass es nicht auf die (nur mikroskopisch feststellbare) Veränderung der Feinstruktur der Muskelfasern oder gar den Umfang von deren Veränderung ankommt, sondern dass allein die durch die maschinelle Ablösung verursachte (makroskopisch feststellbare) Veränderung der Grobstruktur der Muskelfasern ausreicht.

Vgl. hierzu auch Dr. A. Pastari, a. a. O.; BfR, a. a. O.

Der in diesem Zusammenhang durch die Klägerin bzw. das Institut Dr. F. gezogene Vergleich zur Hackfleischherstellung ist verfehlt. Denn selbst wenn es bei dieser Art der Fleischherstellung zu einer gleichartigen oder sogar stärkeren Veränderung der Muskelfaserstrukturen kommen sollte, als dies bei der Herstellung des 3 mm-Fleisches der Fall ist, kann diese Fleischart von vornherein nicht unter den Begriff des Separatorenfleisches subsumiert werden. Denn Hackfleisch wird nach der Definition in Anhang I Nr. 1.13 der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 aus entbeintem Fleisch, das durch Hacken zerkleinert wird und nicht - wie aber das Separatorenfleisch - aus Fleisch hergestellt, welches den Knochen nach dem Entbeinen noch anhaftet und infolge des Ablösevorgangs zerkleinert wird. Gleichermaßen verhält es sich mit sonst maschinell gewonnenem Fleisch. Auch ein bspw. vom Knochen maschinell abgelöstes zusammenhängendes Fleischstück wird nicht dadurch Separatorenfleisch, dass die maschinelle Ablösung zu einer Strukturveränderung der Muskelfasern führt. Denn die Ablösung von zusammenhängenden Fleischstücken ist dem originären Prozess der Fleischgewinnung und nicht dem diesem erst nachfolgenden Prozess der Restfleischgewinnung zuzuordnen.

Rechtlich unbeachtlich ist auch, ob das von der Klägerin "schonend" mit niedrigem Druck hergestellte Erzeugnis von höherer Qualität ist, als das unter Einsatz von höherem Druck gewonnene Separatorenfleisch. Die unterschiedliche Qualität von Separatorenfleisch führt lediglich zu Veränderungen der Hygienebedingungen und der Verwendungsmöglichkeiten dieses Fleisches (vgl. Anhang III Abschnitt V Kapitel III Nr. 3 Buchstabe d), Anhang III Abschnitt V Kapitel III Nr. 3, Anhang III Abschnitt V Kapitel III Nr. 4 und Anhang III Abschnitt V Kapitel II Nr. 1. bis 3. Verordnung (EG) Nr. 853/2004 sowie die Begründung dazu in dem bereits zitierten Satz 3 des Erwägungsgrundes 20).

Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 28. März 2007 - 13 B 2254/06 -, juris.

Der Frage, ob eine maschinelle Restfleischgewinnung überhaupt aus dem Anwendungsbereich der gemeinschaftsrechtlichen Begriffsbestimmung des Separatorenfleisches fallen kann, bedarf aus Anlass des Falls der Klägerin keiner weiteren Vertiefung. Denn in dem bei der Klägerin erzeugten, durch das Chemische- und Veterinäruntersuchungsamt Ostwestfalen beprobten 3 mm-Fleisch befanden sich histologisch nachgewiesen - in ihrer Struktur aufgelöste oder veränderte Muskelfasern.

Auch die Behauptung der Klägerin, die Europäische Kommission sei inzwischen von der Einordnung des 3 mm-Fleisches als Separatorenfleisch abgerückt, zudem hätten die Vertreter der Kommission bei einer Besichtigung ihres Betriebs offen zugegeben, bei Erlass der Definition 3 mm-Fleisch nicht vor Augen gehabt zu haben, ändert nichts an der Einschätzung des Senats. Zum einen hat die Klägerin keine Belege für ihre Behauptung vorgelegt, zum anderen geht die Europäische Kommission in ihren Stellungnahmen vom 20. Oktober 2006 - SANCO/E2/RG/ca D (2006) S 21067 - und vom 23. März 2009 - SANCO/E3/BJ/TC/TEG//rzD (2009) 520123 - selbst davon aus, dass sie im Rahmen ihrer derzeitigen rechtlichen Möglichkeiten Separatorenfleisch unabhängig vom Produktionsverfahren nur als Separatorenfleisch bezeichnen könne.

Die von der Klägerin geltend gemachte unterschiedliche Anwendungspraxis der gemeinschaftsrechtlichen Definition in Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Abgesehen davon, dass der Begriff des Separatorenfleisches von den niedersächsischen Behörden jedenfalls im Verhältnis zu den Erzeugern des 3 mm-Fleisches (heute) offenbar keiner anderen Handhabung unterliegt als in Nordrhein-Westfalen,

vgl. hierzu Nds. OVG, Beschluss vom 23. Juli 2009 13 LA 150/08 -, juris, wonach nach der in Niedersachsen geltenden Erlasslage den Interessen der fleischverarbeitenden Industrie zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen in der Weise Rechnung getragen werde, dass die Kennzeichnungspflicht lediglich im Verkehr zwischen den Erzeugern des 3 mm-Fleisches und den Verarbeitern, nicht aber gegenüber dem Endverbraucher durchgesetzt werde,

begründete einen unterschiedliche Auslegungspraxis keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz.

Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 28. März 2007 - 13 B 2254/06 -, a. a. O., m.w.N.

Unbeachtlich ist auch, dass Lebensmittelbehörden anderer europäischer Mitgliedsstaaten (wie bspw. in Belgien, in den Niederlanden oder in Großbritannien) die gemeinschaftsrechtliche Definition des Separatorenfleisches anders auszulegen und das 3 mm-Fleisch nicht als Separatorenfleisch zu qualifizieren scheinen. Eine derartige Verwaltungspraxis in anderen Mitgliedstaaten führt nicht zu einem Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht.

Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 28. März 2007 - 13 B 2254/06 -, a. a. O.; Nds. OVG, Beschlüsse vom 23. Juli 2009 - 13 LA 150/08 -, a. a. O. und vom 8. Juli 2008 - 13 LA 7/08 -, juris.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils liegen nicht deshalb vor, weil das Verwaltungsgericht als Rechtsgrundlage für die angefochtene Ordnungsverfügung neben den Vorschriften aus dem LFGB zudem auf § 6 Abs. 3 LMKV abgestellt hat. Zwar ist der Klägerin insoweit zustimmen, dass diese Verordnung keine Anwendung finden dürfte. Nach § 1 Abs. 1 LMKV gilt die Verordnung für die Kennzeichnung von Lebensmitteln in Fertigpackungen i. S. d. § 6 Abs. 1 EichG, die dazu bestimmt sind, an den Verbraucher (§ 3 Nr. 4 LFGB), also den Endverbraucher, abgegeben zu werden. Hier geht es aber nicht um die Abgabe der Produkte in Fertigpackungen an den Endverbraucher, sondern um die Abgabe des Erzeugers an weiterverarbeitende Betriebe.

Ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr.1 VwGO ergibt sich daraus indessen nicht. Denn Zweifel an der Richtigkeit des Urteils liegen nicht vor, wenn zwar einzelne Rechtssätze oder tatsächliche Feststellungen, welche das Urteil tragen, zu Zweifeln Anlass bieten, das Urteil aber im Ergebnis - wie hier - aus anderen Gründen offensichtlich richtig ist.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, DVBl. 2004, 838 = juris.

Die Klägerin rügt auch zu Unrecht, die Frage, ob sich bei der Herstellung des 3 mm-Fleisches die Struktur der Muskelfasern verändere oder auflöse, habe sich der eigenen Sachkunde des Verwaltungsgerichts entzogen, insbesondere habe das Gericht nicht ohne weiteres auf die Auffassung des Beklagten und des Bundesinstituts für Risikobewertung abstellen dürfen, obwohl eine Vielzahl von sachverständigen Äußerungen zu einem anderen Ergebnis komme. Zum einen lagen dem Verwaltungsgericht die oben bereits angeführten durch das Chemische- und Veterinäruntersuchungsamt Ostwestfalen angefertigten Untersuchungsergebnisse vor, wonach in Proben des bei der Klägerin erzeugten 3 mm-Fleisches Muskelfaserstrukturveränderungen festgestellt worden waren. Zum anderen gehen auch sachverständige Äußerungen von einer Veränderung der Muskelfaserstruktur aus. So führt das Institut Dr. F. in dem bereits erwähnten Gutachten unter "6. Einordnung des 3 mm Schweinefleisches aufgrund der Muskelstruktur" aus: "Wie beim Zerkleinern mit einem Fleischwolf oder anderen Schneid- oder Transportwerkzeugen wie es z. B. bei der industriellen Herstellung von Hackfleisch üblich ist, werden die Muskelfasern im AMRS - Verfahren (gemeint ist das von der Klägerin verwendete Verfahren) in Quer- und Längsrichtung bis auf die endgültige Kalibrierung zerkleinert, zwangsläufig technologisch bedingt ist hiermit die morphologische Veränderung gegenüber der physiologischen Norm nachweisbar." Die Beurteilung, ob das 3 mm-Fleisch (angesichts der auch vom Institut Dr. F. feststellten Muskelfaserstrukturveränderung) Separatorenfleisch i. S. d. gemeinschaftsrechtlichen Definition ist, entzieht sich der Sachkunde eines Sachverständigen. Diese Frage kann vielmehr nur Gegenstand einer dem Gericht vorbehaltenen rechtlichen Bewertung sein, nämlich - wie geschehen - durch Subsumtion unter die Tatbestandsvoraussetzungen der gemeinschaftsrechtlichen Begriffsdefinition.

Es bestehen auch nicht deshalb ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, weil das Verwaltungsgericht kein Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 des am 1. Dezember 2009 in Kraft getretenen Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV - (vormals Art. 234 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EG -) eingeleitet hat. Nach Art. 267 Abs. 3 AEUV (vormals Art. 234 Abs.3 EG) besteht die Verpflichtung zur Vorlage nur für das letztinstanzliche Gericht, also nicht für das Verwaltungsgericht.

Auch der Senat als im Rahmen des Berufungszulassungsverfahrens letztinstanzliches Gericht verneint eine Verpflichtung zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV. Eine Vorlage kann unterbleiben, wenn die Auslegung und richtige Anwendung der in Frage stehenden EG-Vorschrift offensichtlich ist.

Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 94 Rdnr. 21 m. w. N.; Dörr in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 3. Auflage, EVR Rdnr. 128 m. w. N.; so auch Nds. OVG, Beschluss vom 23. Juli 2009 - 13 LA 150/08 -, a. a. O.

Das ist hier der Fall. Der Senat hegt keine Zweifel hinsichtlich der richtigen Auslegung und Anwendung des gemeinschaftsrechtlichen Begriffs des Separatorenfleisches. Diese Auffassung wird auch durch andere dazu ergangene obergerichtliche Rechtsprechung,

Vgl. Nds. OVG, Beschlüsse vom 23. Juli 2009 13 LA 150/08 -, a. a. O., vom 8. Juli 2008 13 LA 7/08 -, a. a. O. und vom 10. August 2008 11 ME 75/04 -, a. a. O.,

und die bereits zitierten Stellungnahmen der Europäischen Kommission bestätigt.

Die Berufung ist nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass Schwierigkeiten solcher Art, die eine Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern könnten, nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat ferner keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage ist nach der dargestellten Rechtsprechung als geklärt anzusehen ist

Auch der geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nicht vor. Für das Verwaltungsgericht als nicht letztinstanzliches Gericht hat eine Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht bestanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.