VG Gelsenkirchen, Urteil vom 19.02.2010 - 12 K 1310/08
Fundstelle
openJur 2011, 72193
  • Rkr:

Die beamtenrechtliche Regelaltersgrenze (hier: Universitätsprofessor: 65 Jahre) verstößt nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Erben des Klägers tragen die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Erben des Klägers dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der am 00. Juli 19** geborene und am 00. November 200* verstorbene Kläger stand bis zum 31. Juli 2005 als Universitätsprofessor im Dienst der Beklagten.

Am 27. Februar 2004 beantragte der Kläger, seinen im Jahre 2005 bevorstehenden Eintritt in den Ruhestand um 3 Jahre beziehungsweise bis zur Berufung eines Nachfolgers hinauszuschieben. Mit Schreiben vom 1. Juli 2004 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass die vom Kläger besetzte Planstelle mit einem Haushaltsvermerk (Kw-Vermerk) versehen sei und im Rahmen des Qualitätspaktes zwischen der Hochschule und dem Land Nordrhein-Westfalen zum 1. August 2005 abgesetzt werde.

Mit Ablauf des Monats Juli 2005 trat der Kläger in den Ruhestand.

Am 28. Juli 2006 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Wiedereintritt in den aktiven Dienst bei amtsangemessener Beschäftigung und amtsentsprechender Besoldung auf Basis einer C 3 Professur. Zur Begründung trug er vor, dass die Zurruhesetzung auf der Grundlage der §§ 44, 202 LBG NRW erfolgt sei. Diese Regelung verstoße gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 des Gleichstellungsgesetzes in Verbindung mit der Richtlinie 2000/78/RG des Rates der Europäischen Union zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Die Altersregelung diskriminiere ihn allein unter Berücksichtigung des Differenzierungsmerkmals des Lebensalters. Es handele sich insbesondere weder um eine objektive noch um eine angemessene unterschiedliche Behandlung, die auch nicht durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sei.

Mit Schreiben vom 16. August 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass man davon ausgegangen sei, dass sich der Antrag des Klägers auf Hinausschieben des Ruhestandes erledigt habe, nach dem er sich in dieser Angelegenheit nach ihrem ablehnenden Schreiben vom 1. Juli 2004 nicht mehr gemeldet habe.

Hiergegen legte der Kläger am 24. August 2007 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass er sich über den 31. Juli 2005 hinaus weiterhin im aktiven Dienst befunden habe, da die Ruhestandsregelungen der §§ 44, 202 LBG gegen höherrangiges Recht verstießen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger bestandskräftig in den Ruhestand versetzt worden sei. Die Rechtsgrundlagen für den Eintritt in den Ruhestand seien rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere liege kein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beziehungsweise gegen die Richtlinie 2000/78/EG des Rates der Europäischen Union vor.

Der Kläger hat am 29. Februar 2008 Klage erhoben, die seine Erben nach dessen Tod fortgeführt haben. Zur Begründung tragen sie vor, dass die Zurruhesetzung eines Professors mit dem 65. Lebensjahr kein legitimes Ziel verfolge. Auf dem Lehrstuhl des verstorbenen Klägers habe kein jüngerer Professor eingesetzt werden können. Eine Nachwuchsförderung sei auf der Planstelle nicht vorgesehen gewesen. Bei Professoren, die der Forschung und Lehre verpflichtet seien, führe die Zwangszurruhesetzung im Alter von 65 Jahren zu einem schonungslosen Abbau des Forschungsstandorts Deutschland, zum Abbruch von Bildungsgängen, zur Reduzierung der Bildungsangebote, zur Abwanderung der Spitzenforscher ins Ausland. Sie sei lediglich ein formeller Akt, der weder zeitgemäß noch durch ein legitimes Ziel gedeckt sei. Der Kläger habe letztlich seine Tätigkeit auch nach seiner Zurruhesetzung weiterhin ausgeübt, wovon Forschung, Lehre und Studenten profitiert hätten.

Die Erben des Klägers beantragen sinngemäß,

die Beklagte zu verpflichten, den verstorbenen Kläger besoldungsrechtlich so zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn er bis zu seinem Tod den aktiven Dienst versehen hätte.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht ist zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung befugt, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Die Klage ist zulässig. Die Erben des Klägers sind als Gesamtrechtsnachfolger in dessen Prozessrechtsverhältnis eingetreten und haben gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 250 ZPO die Fortführung des zuvor gemäß § 246 Abs. 1 ZPO unterbrochenen Verfahrens erklärt.

Eine Erledigung der Hauptsache ist durch den Tod des Klägers nicht eingetreten. Das ursprüngliche Begehren des verstorbenen Klägers war auf die Fortsetzung seines Beamtenverhältnisses im Rahmen des erreichten Status gerichtet. Zwar handelt es sich bei dem damit zugleich verbundenen Anspruch auf Übertragung dienstlicher Aufgaben um einen höchstpersönlichen Anspruch, der nicht auf die Erben übergehen kann. Der Anspruch auf Besoldung, für den gleichfalls die Frage der Stellung als aktiver Beamter von maßgeblicher Bedeutung ist, kann jedoch von den Erben des Klägers weiterhin geltend gemacht werden.

Die Erben des Klägers sind nicht auf eine - insoweit vorrangige - Anfechtung der Zurruhesetzung zu verweisen. Der Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze nach § 44 des Landesbeamtengesetzes Nordrhein-Westfalen (LBG) a.F. (jetzt: § 31 LBG) ist eine Statusänderung kraft Gesetzes und daher nicht von einer Maßnahme der Beklagten abhängig.

Vgl. GKÖD, BBG, § 41 Rn. 2; Summer, PersV 2009, S. 164.

Eine Verpflichtungsklage auf "Wiedereinstellung" kommt ebenfalls nicht in Betracht, da bei einer Nichtanwendung der Bestimmung des zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung noch geltenden § 44 Abs. 1 LBG (a.F.) der Kläger nicht kraft Gesetzes mit Erreichen des 65. Lebensjahres in den Ruhestand getreten wäre und sich damit bis zu seinem Tod in einem aktiven Dienstverhältnis befunden hätte.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

1. Ein Anspruch auf Besoldung nach C3 BBesO entsprechend dem zuletzt innegehabten Amt gemäß § 80 Abs. 1 LBG i.V.m. § 3 BBesG stand dem verstorbenen Kläger schon deshalb nicht zu, weil das aktive Beamtenverhältnis mit Ablauf des Monats Juli 2005 durch den gesetzlich angeordneten Übertritt in den Ruhestand wegen Erreichens der gesetzlichen Altersgrenze von 65 Jahren beendet wurde.

Die gesetzliche Altersgrenze verstößt nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung, das in Umsetzung u.a. der Vorgaben der Richtlinie 2000/78/EG des Rates der Europäischen Union vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (AbBl Nr. L 303 S. 16) durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz - AGG - seinen Niederschlag im nationalen Recht gefunden hat.

Es ist dabei im Ergebnis unerheblich, dass das AGG zu dem Zeitpunkt, als der verstorbene Kläger in den Ruhestand getreten ist, noch nicht in Kraft getreten und die (verlängerte) Umsetzungsfrist des deutschen Gesetzgebers noch nicht abgelaufen war. Das durch die Richtlinie 2000/78/EG statuierte Verbot der Altersdiskriminierung stellt einen allgemeinen und eng auszulegenden Grundsatz des Gemeinschaftsrechts dar, dessen Wahrung nicht vom Ablauf der Frist abhängt, die den Mitgliedstaaten zur Umsetzung einer Richtlinie eingeräumt worden ist, die die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen des Alters bezweckt. Es obliegt daher unabhängig davon dem nationalen Gericht, bei dem ein Rechtsstreit über das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters anhängig ist, im Rahmen seiner Zuständigkeiten den rechtlichen Schutz, der sich für den Einzelnen aus dem Gemeinschaftsrecht ergibt, zu gewährleisten und die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts zu garantieren, indem es jede möglicherweise entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lässt.

Vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2005 - Rs C-144/04 "Mangold" - Rn. 74 ff. (juris); Baßlsperger, ZBR 2008, S. 339, 342, jeweils mit weiteren Nachweisen.

Die Richtlinie statuierte insoweit schon vor ihrer Umsetzung ein unbedingtes Recht der Betroffenen auf Nichtdiskriminierung wegen des Alters, das nunmehr seine nationale Entsprechung im AGG gefunden hat. Dieses Recht wird jedoch durch die in § 44 Abs. 1 LBG (a.F.) normierte Regelaltersgrenze von 65 Jahren, die nach § 31 Abs. 2 LBG nach wie vor für Beamte gilt, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, nicht verletzt.

Der Kläger fällt in den persönlichen Geltungsbereich der RL 200/78/EG und des AGG. Nach § 24 Nr. 1 AGG gelten die Vorschriften des AGG entsprechend für Beamte unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung. Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie gilt sie für alle beruflich tätigen Personen, gleich ob sie im privaten oder im öffentlichen Bereich einschließlich öffentlicher Stellen tätig sind. Das schließt auch Beamte ein.

HessVGH, Beschluss vom 28. September 2009 - 1 B 2487/09 -(juris); Baßlsperger, ZBR 2008, S. 339, 340.

Die Altersgrenzen für die Versetzung in den Ruhestand unterfallen auch dem sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes, denn die Festlegung einer Altersgrenze, mit deren Erreichen der Beamte zwangsweise in den Ruhestand tritt, führt dazu, dass dieser Beamte allein wegen seines Alters von der weiteren aktiven Berufstätigkeit bei seinem Dienstherrn ausgeschlossen wird und stellt damit eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG bzw. im Sinne von Art. 2 Abs. 2 a der Richtlinie 2000/78/EG dar.

Die Ungleichbehandlung ist jedoch gerechtfertigt. Gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie kann eine unmittelbare Ungleichbehandlung wegen des Alters von den Mitgliedstaaten als nicht diskriminierend eingestuft werden, sofern sie objektiv und angemessen ist, im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich sind. Als Beispiel für derartige zulässige Ungleichbehandlungen nennt Art. 6 Abs. 1 Satz 2a) ausdrücklich "die Festlegung besonderer Bedingungen für Entlassung und Entlohnung, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Arbeitnehmern und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen". Von der hierdurch eingeräumten Befugnis hat der Gesetzgeber Gebrauch gemacht und eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters allgemein für zulässig erachtet, wenn sie objektiv und angemessen durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein (§ 10 Satz 1 und 2 AGG). Die Regelung ist Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Hierbei ist den nationalen Gesetzgebern nicht nur bei Bestimmung der Ziele, sondern auch bei der Wahl der Mittel, mit denen sie ein legitimes Ziel erreichen wollen, ein Gestaltungsspielraum für einen gerechten Ausgleich der widerstreitenden Interessen eingeräumt, bei dem politische, wirtschaftliche, soziale, demografische und auch haushaltsbezogene Erwägungen Berücksichtigung finden können.

EuGH, Urteil vom 22. November 2005 - C-144/04 - (Mangold); Urteil vom 16. Oktober 2007 - C-411/05 - (Palacios); BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2009 - 2 C 18/07 -; Hess.VGH, Beschluss vom 28. September 2009 - 1 B 2487/09 - (juris).

Den genannte Kriterien wird die in § 44 Abs. 1 LBG (a.F.), § 31 Abs. 2 LBG (n.F.) festgesetzte Altersgrenze gerecht. Hiermit verfolgt der Gesetzgeber ein legitimes Ziel im Sinne des § 10 Satz 1 AGG. Zwar enthält und enthielt die gesetzliche Regelung keinen ausdrücklichen Hinweis auf das mit der Altersgrenze verfolgte Ziel. Dies ist jedoch nicht erforderlich. Es genügt vielmehr, wenn andere, aus dem allgemeinen Kontext der betreffenden Maßnahme abgeleitete Anhaltspunkte die Feststellung des hinter der Maßnahme stehenden Zieles ermöglichen.

Vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2005 - C-144/04 - (Mangold); Urteil vom 16. Oktober 2007 - C-411/05 - (Palacios); BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2009 - 2 C 18/07-; Hess.VGH, Beschluss vom 28. September 2009 - 1 B 2487/09 -.

Die in Streit stehende beamtenrechtliche Regelaltersgrenze dient unter anderem der beständigen Einstellung von Nachwuchsbeamten und dem beruflichen Fortkommen aktiver Beamter im Interesse sowohl der Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik als auch einer bestmöglichen Aufgabenwahrnehmung der Verwaltung auf der Grundlage einer ausgewogenen Altersstruktur der Beamtenschaft.

Plog/Wiedow, BBG, § 41 Rn. 1 b); Summer, Die Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand - Probleme durch Europarecht -, ZBR 2007, 369; Baßlsperger, ZBR 2008, 339, 345 f.; Kämmerer, ZBR 2008, 325 ff.; zu § 50 des hessischen Beamtengesetzes: LT-Drucks. Hessen IV/Abs. I Nr. 940, S. 2636 sowie VG Gießen, Beschluss vom 22. April 2008 - 5 L 729/08 -; zur ausgewogenen Altersstruktur auch: BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2009 - 2 C 18/07 - (betreffend Höchstaltersgrenze).

Daneben unterstellt der Gesetzgeber mit der Festsetzung der Altersgrenze in hohem Maße generalisierend und pauschalierend durch unwiderlegliche Vermutung, dass der Angehörige einer bestimmten Beamtengruppe ohne Rücksicht auf seine individuelle Leistungsfähigkeit den dienstlichen Anforderungen nicht mehr genügt, die ihm in dem übertragenen abstrakten Funktionsamt abverlangt werden, und deshalb in den Ruhestand tritt. Denn die den Beamten grundsätzlich treffende Pflicht zur lebenslangen Dienstleistung findet ihre Schranke in der Dienstfähigkeit des Beamten. In diesem Bereich hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum und kann auf der Grundlage von Erfahrungswerten generalisierende Regelungen dazu treffen, bis zu welchem Zeitpunkt er die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit der jeweiligen Beamtengruppe noch als gegeben ansieht.

BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 23. Mai 2008 - 2 BvR 1081/07 -; Urteil vom 10. Dezember 1985 - 2 BvL 18/83 -; Urteil vom 4. Mai 1983 - 1 BvL 46/80, 1 BvL 47/80 -; HessVGH, Beschluss vom 28. September 2009 - 1 B 2487/09 - (juris).

Das verfolgte Ziel einer günstigen Schichtung des Altersaufbaus in der Beamtenschaft stellt ein legitimes Ziel im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie bzw. § 10 Abs. 1 Satz 1 AGG dar. Der Ruhestandseintritt älterer Beschäftigter ermöglicht Berufsanfängern erst den Zugang zum Berufsbeamtentum. Darüber hinaus soll dieser Prozess unter personalplanerischen Gesichtspunkten möglichst kontinuierlich und vorhersehbar ausgestaltet werden, damit sich innerhalb der Belegschaft Beamte aller Altersgruppen wiederfinden und geeigneter Nachwuchs rechtzeitig rekrutiert werden kann.

Hess.VGH, Beschluss vom 28. September 2009 - 1 B 2487/09 -; VG Gießen, Beschluss vom 22. April 2008 - 5 L 729/08 -.

Durch das planbare und kontinuierliche Freiwerden von Beförderungsstellen entsteht außerdem ein zusätzlicher Anreiz für nachrückende Beschäftigte, sich verstärkt zu engagieren, wodurch die Motivation im öffentlichen Dienst insgesamt verbessert werden kann. Dem entspricht es, dass die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses entscheidender Grund des Landesgesetzgebers des Landes Nordrhein-Westfalen für die Herabsetzung des Emeritierungsalters von Professoren von 68 auf 65 Jahre zum 1. Januar 1980 war. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Zusammenhang das Ziel, der Überalterung entgegenzuwirken und die Zukunftschancen Jüngerer zu fördern, als gewichtiges Interesse der Allgemeinheit anerkannt.

BVerfG, Urteil v. 10. April 1984 - 2 BvL 19/82 - (mit Nachweisen zur Gesetzesbegründung).

Die schrittweise Anhebung das Rentenalters auf 67 Jahre (§ 31 Abs. 2 Satz 2 LB) steht nicht im Widerspruch zu dieser Zielsetzung. Vielmehr wird innerhalb der Grenzen des Gestaltungsspielraums das Gesamtkonzept an die veränderte demographische Entwicklung angepasst und es wird dem Umstand Rechnung getragen, dass mit einer erhöhten Lebenserwartung auch der Abfall der Leistungsfähigkeit später einsetzt.

Soweit die Erben des Klägers vortragen, dass die Stelle des Klägers eingespart und deshalb nicht wiederbesetzt worden sei, wird das generalisierend beschriebene Ziel ebenfalls nicht in Frage gestellt. Im Übrigen ist gerade in Zeiten knapper Haushaltsmittel davon auszugehen, dass die Einsparung einer Professorenstelle auch dazu dient, andere Stellen zu erhalten und gegebenenfalls neu zu besetzen oder jüngeren Wissenschaftlern das berufliche Fortkommen durch Beförderung zu ermöglichen. Auf eine konkrete Neueinstellung für einen bestimmten, aus Altersgründen ausgeschiedenen Beamten kommt es daher nicht an.

Vgl. Summer, Die Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand - Probleme durch Europarecht, ZBR 2007, S. 369.; Baßlsperger, ZBR 2008, 339 ff; HessVGH, Beschluss vom 28. September 2009 - 1 B 2487/09 - (juris).

Im Übrigen ergeben sich aus jeder gesetzlichen Regelung der Altersgrenze im Einzelfall Unebenheiten, Friktionen und Mängel, die in Kauf genommen werden müssen, solange sich für die Gesamtregelung ein plausibler und sachlich vertretbarer Grund anführen lässt.

BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 3. Mai 2008 - 2 BvR 1081/07 - m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 30. September 2009 - 1 B 1412/09 - (juris).

Vor dem Hintergrund des bestehenden Wertungsspielraums des Gesetzgebers ist die günstige Altersschichtung ein Allgemeinwohlbelang, der nicht bloß individuellen Belangen eines Dienstherrn Rechnung trägt, sondern einem auf den Geltungsbereich der Regelung insgesamt bezogenes Gesamtbild einer sinnvollen Verteilung der Arbeitsplätze (Generationengerechtigkeit), der eine Beziehung zur Beschäftigungspolitik und zum Arbeitsmarkt immanent ist. Es ist nicht erforderlich, dass der Gesetzgeber im Einzelnen eine konkret "günstige" Altersschichtung nach der Anzahl der Beschäftigten in einer bestimmten Alters- und/oder Besoldungsgruppe beschreibt oder gar einzelne Belegschaften in den Blick nimmt. Ebenso wenig ist er gehalten, dies noch nach Beschäftigungsbereichen oder aktuellen Rahmenbedingungen wie der demographischen Entwicklung zu variieren oder ein allumfassendes Gesamtkonzept vorzulegen, in das die von ihm gewünschte Schichtung des Altersaufbaus eingegliedert ist.

HessVGH, Beschluss vom 28. September 2009 - 1 B 2487/09 -; vgl. auch: BVerwG, Urteil v. 19. Februar 2009 - 2 C 18/07 - (juris).

Eine starre Altersgrenze von (bisher) 65 Jahren ist zur Erreichung dieses im Allgemeininteresse liegenden Ziels im Verhältnis zum Bestreben des verstorbenen Klägers, weiterhin in seinem bisherigen Beruf tätig sein zu können, angemessen und erforderlich. Bei dem vorzunehmenden Ausgleich der widerstreitenden Interessen bei der Festlegung einer Altersgrenze ist nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshof vom 16. Oktober 2007 insbesondere dem Umstand Bedeutung zuzumessen, dass dem von der Altersgrenze Betroffenen ein finanzieller Ausgleich in Form einer Altersrente zukommt.

EuGH, Urteil v. 16. Oktober 2007 - C 411/05 (Palacios) -.

Auf Grund der Pflicht des Dienstherrn zur Versorgung der Beamten nach Maßgabe des statusrechtlichen Amtes steht ihnen ein Alimentationsanspruch auch für die Zeit nach der Zurruhesetzung zu, der gegenüber einer gesetzlichen Rentenleistung sogar günstiger ist, so dass auf Seiten des Beamten keine übermäßige Beeinträchtigung vorliegt.

Eine feste Altersgrenze erweist sich auch im Verhältnis zu einem individuellen Ausscheiden aus dem Dienst als erforderlich. Mag man der Auffassung, dass das Erreichen der Altersgrenze die unwiderleglichen Vermutung der Dienstunfähigkeit beinhaltet, auch kritisch gegenüberstehen,

vgl. Baßlsperger, ZBR 2008, S. 339, 345 (insbesondere bei "rein geistigen Tätigkeiten"; ebenso: Kämmerer, ZBR 2008, 325, 332 f.,

so wäre doch ab einer bestimmten Altersgrenze eine regelmäßige Überprüfung der Leistungsfähigkeit des Beamten sowohl im Interesse des Beamten als auch im Interesse der Funktionsfähigkeit der Verwaltung indiziert. Der regelmäßige Nachweis der Berufstauglichkeit wäre allerdings mit einer großen Belastung für den Beamten verbunden.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Mai 1983 - 1 BvL 46/80, 1 BvL 47/80 - (juris).

Eine derartige in jedem Einzelfall notwendige Überprüfung würde zugleich erhebliche personelle Ressourcen allein für die behördeninterne Feststellung der Dienstunfähigkeit binden und könnte zu einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten und internen Auseinandersetzungen über die Frage der Dienstfähigkeit führen, die den Arbeitsablauf innerhalb der Behörden stören sowie dem Ansehen der Beamtenschaft insgesamt Schaden zufügen würden.

Vgl. HessVGH, Beschluss vom 28. September 2009 - 1 B 2487/09 -.

Die Belastung des Beamten durch eine starre Altersgrenze hat zudem durch die Regelung des § 32 LBG (für Professoren schon zuvor durch § 202 Abs. 4 LBG a.F.) eine Abschwächung erfahren, wonach auf Antrag ein Hinausschieben des Ruhestandes um bis zu drei Jahren möglich ist.

2. Soweit in dem Begehren des verstorbenen Klägers, sein aktives Dienstverhältnis fortzusetzen, zugleich ein Antrag auf Verlängerung der Dienstzeit nach § 202 Abs. 4 LBG a.F. zu sehen ist, steht einer Entscheidung in der Sache entgegen, dass ein dahingehender ausdrücklicher Antrag des Klägers vom 27. Februar 2004 bereits mit Bescheid vom 1. Juli 2004 bestandskräftig abgelehnt wurde.

Wegen der obigen Ausführungen kommt es nicht auf die Frage an, ob den Erben des verstorbenen Klägers der geltend gemachten Anspruch auf Besoldung schon ab dem Zeitpunkt der Zurruhesetzung oder erst ab dem Zeitpunkt des Antrages auf Fortsetzung des Dienstverhältnisses zustehen würde.

Soweit der verstorbene Kläger auch nach dem Eintritt in den Ruhestand weiterhin einige Aufgaben an der Universität wahrgenommen hat, ist aus dieser Tätigkeit kein aktives Dienstverhältnis entstanden, das für die Begründung eines Besoldungsanspruchs Voraussetzung ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.