SG Düsseldorf, Urteil vom 01.07.2009 - S 2 (14) KA 173/07
Fundstelle
openJur 2011, 71737
  • Rkr:
Tenor

Unter Aufhebung des Bescheides vom 24. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2007 wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Genehmigung zu erteilen, seine vertragsärztliche Tätigkeit auch in Neuss, I 00, auszuüben, wobei ein Umfang von mehr als vier Wochenstunden nicht überschritten werden darf. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Streitig ist die Genehmigung einer Zweigpraxis.

Der Kläger ist als Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in N-S niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Unter dem 20.12.2006 beantragte er bei der Beklagten die Genehmigung, spezielle Ultraschalluntersuchungen außerhalb seiner Praxisräume erbringen zu dürfen. Er verfüge über die Qualifikation "DEGUM II", d.h. die Befähigung zur Ultraschalldiagnostik in der Schwangerschaft zur Erkennung von Fehlbildungen und Durchblutungsstörungen bei ungeborenen Kindern. Diese Leistungen biete er derzeit in seiner Praxis an. Auf Initiative des Chefarztes der Frauenklinik am K-F-Krankenhaus O, H, plane er, in Räumen des Krankenhauses zwei Stunden pro Woche eine Spezial-Ultraschall-Sprechstunde anzubieten. Dabei sollen Risiko-Schwangerschaften, speziell Diabetikerinnen, untersucht werden hinsichtlich kindlicher Fehlbildungen und Versorgungsproblemen durch vorzeitiges Verkalken der Placenta. Diese Sprechstunde werde eingebunden in ein Konzept zur Betreuung diabetischer Schwangerer in Zusammenarbeit mit der Frauenklinik sowie je einem niedergelassenen Neonatologen und einem niedergelassenen Diabetologen. Spezielle Ultraschalluntersuchungen dieser Art würden in O nur von X1 angeboten, der jedoch aus Kapazitätsgründen abgewunken habe, die Sprechstunde zu übernehmen.

Mit Schreiben vom 23.01.2007 präzisierte der Kläger den Termin der geplanten Sprechstunde auf Donnerstag-Morgen ab 08.00 Uhr mit der Option, auf vier Stunden zu erweitern; abzurechnende Gebührenordnungspositionen seien die EBM-Ziffern 01773, 01774 und 01775.

Die Kreisstelle N der Beklagten stimmte dem Antrag zu. Nach ihrer Einschätzung erfahre die Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes in N durch die beantragte Zweigpraxis keine Beeinträchtigung. Demgegenüber sah die Kreisstelle O nach Anhörung von X1, dem P der Gynäkologen in O, keinen Bedarf für eine Zweigpraxis des Klägers; inwieweit die Versorgung verbessert werde, vermöge sie nicht zu entscheiden. Da es ganz offensichtlich darum gehe, spezielle Ultraschall-Leistungen zur Fehlbildungsdiagnostik nach der Qualifikation "DEGUM II" zu erbringen, weise X1 darauf hin, dass diese Leistungen von einem ortsansässigen Gynäkologen, X2, mit einer Wartezeit von ein bis zwei Tagen angeboten würden und darüber hinaus eine sehr enge Anbindung der Neusser Gynäkologen an die Praxis L in Düsseldorf und C in Willich bestehe. Darüber hinaus sei geplant, dass der Praxissitz von I2 durch einen Kollegen übernommen werde, der gleichfalls die Qualifikation DEGUM II besitze.

Mit Bescheid vom 24.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2007 lehnte die Beklagte den Antrag ab: Unabhängig von der Frage, ob die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes durch die beantragte Zweigpraxistätigkeit beeinträchtigt werde, sei festzustellen, dass im Planungsbereich Neuss - und hier speziell in der Stadt Neuss - die beantragten speziellen Ultraschall-Leistungen zur Fehlbildungsdiagnostik zusätzlich zu X1 von einem ortsansässigen Gynäkologen mit einer Wartezeit von ein bis zwei Tagen angeboten werden könnten. Die beantragte Sprechstunde von zwei bis vier Stunden stelle keine nennenswerte Verbesserung der Versorgung dar.

Hiergegen richtet sich die am 31.08.2007 erhobene Klage.

Der Kläger ist der Ansicht, der Gesetzgeber habe im vertragsarztrechtlichen Bereich die berufsrechtlich bereits existierende Möglichkeit umsetzen wollen, auch an weiteren Orten tätig zu sein. Die frühere Rechtslage (§§ 15a BMV-Ä bzw. EKV-Ä), nach der ein Sicherstellungsbedürfnis habe festgestellt werden müssen, sei entfallen. In Anlehnung an die Rechtsprechung zu Ermächtigungen in überversorgten Planungsbereichen möge es geboten sein, darauf abzustellen, ob es sich um ein quantitatives oder qualitatives Bedürfnis resp. eine Verbesserung eines solchen Bedarfes handele. Es werde somit eine ortsnähere Leistungserbringung spezieller Leistungen angeboten, somit sei eine Verbesserung der Versorgung gegeben. Soweit die Leistung nach Nr. 01774 EBM von einem in Korschenbroich niedergelassenen Gynäkologen erbracht werde, spreche dies nicht gegen eine Verbesserung der Versorgung in Neuss. Zudem bestätige

die Beklagte mittelbar dadurch einen Bedarf, dass sich niedergelassene Gynäkologen und damit im Ergebnis Patientinnen an Leistungserbringer in Düsseldorf oder Willich wenden müssten und die Untersuchungen in Neuss offensichtlich nicht oder nicht in gebotenem Umfang (quantitative Verbesserung) vorgehalten würden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 24. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2007 zu verurteilen, ihm die Genehmigung zu erteilen, seine vertragsärztliche Tätigkeit auch in Neuss, I1 , auszuüben,

hilfsweise,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 31. Juli 2007 zu verurteilen, über seinen Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.

Ausweislich der Häufigkeitsstatistiken würden die Leistungen nach den EBM-Ziffern 01773 und 01775 von mehreren in Neuss zugelassenen Gynäkologen in ausreichendem Maße angeboten und erbracht; Wartezeiten seien gering oder bestünden gar nicht. Die spezielle Leistung nach Nr. 01774 EBM falle selten an

und werde von einem in Korschenbroich niedergelassenen Gynäkologen erbracht. Korschenbroich liege im Planungsbereich Neuss und grenze an diese Stadt an. Bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine Zweigpraxis sei auf den Planungsbereich abzustellen. Soweit die Beklagte auf die Anbindung einiger Neusser Gynäkologen an die Praxis L in Düsseldorf und C in Willich abstelle, sei dies darin begründet, dass es sich hierbei um Praxen handele, die sich auf diese Leistungen spezialisiert hätten.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da diese rechtswidrig sind. Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung zur Erbringung vertragsärztlicher Tätigkeiten außerhalb seines Vertragsarztsitzes an dem weiteren Ort Neuss.

§ 24 Abs. 3 Sätze 1, 2 Ärzte-ZV eröffnet mit Wirkung vom 01.01.2007 jedem zugelassenen Vertragsarzt die Möglichkeit, vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb seines Vertragsarztsitzes an weiteren Orten auszuüben, wenn und soweit (1) die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und (2) die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird. Sofern - wie hier - der weitere Ort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung liegt, in der der Vertragsarzt Mitglied ist, hat er bei Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen Anspruch auf vorherige Genehmigung durch seine Kassenärztliche Vereinigung.

Nach ihrem Wortlaut erlaubt die Vorschrift die Leistungserbringung an weiteren Orten nur, "wenn und soweit" die in Satz 1 festgelegten Kriterien erfüllt sind. Dabei darf die Bestimmung von Reichweite und Inhalt dieser Merkmale nicht mit der Bedarfsplanung als Instrument der Sicherstellung kollidieren. Nach § 95 Abs. 2 Satz 9 SGB V sind Zulassungsanträge abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 (wegen Überversorgung) angeordnet sind. Um insofern einen Regelungswiderspruch zu vermeiden, kann eine Verbesserung der Versorgung hinsichtlich eines Leistungsangebotes grundsätzlich dann nicht angenommen werden, wenn eine Überversorgung mit der Leistung besteht. Die Regelungen vertragsärztlicher Zulassungsbeschränkungen bei Überversorgung beruhen auf der Erwägung, dass das Hinzutreten weiterer Leistungserbringer unerwünscht ist, weil aufgrund von Leistungsverzerrungen Gefahren für die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung zu befürchten sind (BVerfG MedR 2001, 639). Nur deshalb kann Berufsanfängern der Zugang am Wunschort verwehrt werden. Es erscheint grundrechtlich jedoch nicht hinnehmbar, wenn zwar einerseits wegen Überversorgung einem Berufsanfänger der Zugang verweigert würde, andererseits einem in einem anderem Planungsbereich praktizierenden Arzt eine nicht auf Teile des fachärztlichen Leistungsspektrums beschränkte Filialtätigkeit unter Hinweis auf ein verbessertes Leistungsangebot genehmigt würde (vgl. Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, München 2008, § 20 Rn. 32). Eine auf Teile des Gebietsspektrums bzw. bestimmte Leistungen beschränkte Tätigkeit ist dagegen auch im gesperrten Bereich genehmigungsfähig, wenn insoweit keine Zuvielversorgung besteht bzw. ein höherer Qualitätsstandard ausnahmsweise eine Verbesserung begründet (vgl. Bayer. Landessozialgericht, Urteil vom 23.07.2008 - L 12 KA 3/08 -).

Vorliegend ist zwar der Planungsbereich Rhein-Kreis Neuss für Frauenärzte gesperrt (Rhein. Ärzteblatt 1/2009, 57). Auch werden die Leistungen nach den Nrn. 01773 und 01775 EBM im Grundsatz von einer hinreichend großen Anzahl von Vertragsärzten im Planungsbereich Neuss in ausreichendem Maße erbracht. Hiervon ist die Kammer nach Auswertung der von der Beklagten mitgeteilten Abrechnungsfrequenzen und Umfrageergebnisse zu den Wartezeiten überzeugt.

Gleichwohl sieht die Kammer in der begehrten Filialtätigkeit unter qualitativen - und hinsichtlich der Nr. 01774 EBM auch unter quantitativen - Gesichtspunkten eine Verbesserung der Versorgung.

Der Kläger verfügt über eine Zertifizierung der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM). Die DEGUM stellt ein Forum für den wissenschaftlichen und praktischen Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet der medizinischen Ultraschallanwendungen dar. Sie vereint Ärzte verschiedener Fachgebiete, medizinische Assistenzberufe, Naturwissenschaftler und Techniker. Mit ca. 6.800 Mitgliedern gehört sie zu den größten medizinischwissenschaftlichen Gesellschaften in Deutschland und zu den größten Ultraschallgesellschaften weltweit. Die Sektion Gynäkologie und Geburtshilfe ist mit dabei mehr als 3.700 Mitgliedern die größte Sektion der DEGUM. Sie befasst sich sowohl mit der Ultraschalldiagnostik als auch mit sonographisch gesteuerten Punktionen im Pränatalbereich, in der Gynäkologie und im senologischen Bereich. Die DEGUM hat vor allem die Aufgabe übernommen, die Qualität der Ultraschalldiagnostik zu sichern. Gut ausgebildete Ultraschallanwender können zum Nachweis ihrer Qualifikation ein DEGUM-Zertifikat erwerben. Abhängig von der Qualifikation wird die Zertifizierung in drei Stufen erteilt. Damit möglichst viele Patienten von einer qualifizierten Ultraschalldiagnostik profitieren können, werden zertifizierte Ärztinnen und Ärzte auf den Internetseiten der DEGUM bekannt gemacht. Wichtige Voraussetzung für eine qualifizierte Ultraschalluntersuchung ist auch die Verwendung eines geeigneten Ultraschallgerätes. Welche Geräte für die verschiedenen DEGUM-Qualifikationsstufen der Anwender geeignet sind, ist aus der Geräteliste der DEGUM zu ersehen. DEGUM-zertifizierte Ärztinnen und Ärzte müssen nachweisen, dass sie über ein hochwertiges Ultraschallgerät verfügen (Selbstdarstellung der DEGUM (www.degum.de)).

In der Verwaltungsakten der Beklagten sind die Qualifikationsanforderungen der Ultraschall-Stufendiagnostik der DEGUM im einzelnen benannt:

Stufe I Das Screening der Stufe I in der Mutterschaftsvorsorge umfasst lediglich die Beurteilung der Gebärmutter, der Fruchtwassermenge und der Plazenta sowie die Einschätzung der Größenentwicklung des ungeborenen Kindes.

Stufe II Hier werden deutlich erhöhte Anforderungen an die Untersucherqualifikation und die Gerätetechnologie gestellt. Es wird eine mehrjährige Erfahrung mit der Methode vorausgesetzt, zwei Untersuchungssysteme sollten vorhanden sein und die Möglichkeit der Videodokumentation zur Verfügung stehen. Außerdem wird Vertrautheit mit den wichtigsten krankhaften Befunden und ihrer Beurteilung erwartet.

Stufe III Bei der Stufe III handelt es sich um hochspezialisierte, wissenschaftlich aktive Zentren, die viele Kliniken und nur wenige Praxen mit konzentrierter Pathologie beinhalten. Es wird höchste Untersucherqualifikation und Gerätetechnologie gefordert

(dazu insgesamt näher: http://www.degum.de/fileadmin/user upload/0 Mehrstufenkonzept Gyn 5.5.09.pdf).

Wenn es sich bei der Zertifizierung nach DEGUM auch nicht um eine staatlich vorgeschriebene Weiterbildung handelt, so stellt sie gleichwohl eine in der medizinischwissenschaftlichen Fachwelt anerkannte Qualifikation hoher Güte einer ärztlichen Eigeneinrichtung dar. Die Kammer geht deshalb davon aus, dass entsprechend zertifizierte Ärzte gegenüber nicht zertifizierten Ärzten und Ärzte mit einer höheren Zertifizierungsstufe gegenüber solchen mit einer geringeren Zertifizierungsstufe über eine höhere Qualifikation bei der Ultraschalldiagnostik in dem Sinne verfügen, dass ihre Tätigkeit als Verbesserung der Versorgung im Sinne des § 24 Abs. 3 Satz 1 Ärzte-ZV angesehen werden kann.

In der Stadt Neuss sind drei zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Gynäkologinnen mit der Qualifikation nach Stufe I niedergelassen (I2, S?) O2 W1; (www.degum.de, Zertifizierte Ärztinnen/Ärzte, Fachgebiet Gynäkologie und Geburtshilfe), Stand: 30.06.2009). Demgegenüber ist der Kläger für das Fachgebiet Gynäkologie und Geburtshilfe nach Stufe II - und für das Fachgebiet Mammasonographie nach Stufe I - zertifiziert und wäre damit der einzige Arzt mit dieser Qualifikation in Neuss. Die Kammer hält dies für eine Verbesserung der Versorgung, insbesondere auch weil die von dem Kläger beabsichtigten speziellen Ultraschall-Untersuchungen in ein umfangreicheres Gesamtkonzept zur Betreuung diabetischer Schwangerer in Zusammenarbeit mit der Frauenklinik sowie je einem niedergelassenen Neonatologen und einem niedergelassenen Diabetologen eingebunden sein sollen.

Soweit die Leistung nach Nr. 01774 EBM von einem in Korschenbroich niedergelassenen Gynäkologen erbracht wird und im übrigen eine sehr enge Anbin- dung der Neusser Gynäkologen an die Praxis L in Düsseldorf (DEGUM Stufe III) und C in Willich (DEGUM Stufe II) besteht, steht dies der Annahme einer Verbesserung der Versorgung der Versicherten in Neuss nicht entgegen. Der Wortlaut des § 24 Abs. 3 Satz 1 Ärzte-ZV stellt auf die Situation an bestimmten "Orten" ab, nämlich auf den "Ort des Vertragsarztsitzes" und die "weiteren Orte". Dies führt nicht nur dazu, dass grundsätzlich die in anderen Planungsbereichen vorgehaltenen Leistungsangebote außer Betracht zu bleiben haben. Auch innerhalb des Planungsbereiches ist ggf. eine kleinzelligere Bewertung erforderlich, um die konkreten Verhältnisse "vor Ort" zu erfassen. Im vertragszahnärztlichen Bereich ist nach § 6 Abs. 6 BMV-Z, § 8a Abs. 1 EKV-Z eine regionale bzw. lokale Betrachtung sogar bundesmantelvertraglich normiert, und auch Schirmer hält in einem KBV-Rundschreiben vom 10.01.2007 eine kleinräumige ("lokale") Bewertung in dem Sinne für erforderlich, ob ärztliche Leistungen, die für die Versorgung der Versicherten erforderlich sind, bisher nicht oder nicht in ausreichendem Maße angeboten werden. Die Erbringung der Leistung nach Nr. 01774 EBM durch einen in Korschenbroich niedergelassenen Gynäkologen vermag daher eine Verbesserung der Versorgung in Neuss nicht auszuschließen.

Die Kammer hält daher die von dem Kläger beabsichtigte Spezial-Ultraschall-Sprechstunde insgesamt für eine Verbesserung der Versorgung der Versicherten in Neuss. Dies gilt trotz des geringen Umfangs der beabsichtigten Tätigkeit von zwei bis vier Stunden. Spezialisierte ultraschallgestützte Vorsorgeuntersuchungen im Sinne der DEGUM-Stufe II kommen nur in einzelnen speziellen Fällen in Betracht, in denen der niedergelassene betreuende Gynäkologe nach einer Ultraschalluntersuchung den Verdacht auf eine Fehlbildung des ungeborenen Kindes geäußert hat. Solche Fälle treten in der niedergelassenen Praxis nur recht selten auf. Daher reicht für die weiterführende Spezialsonographie ein Umfang von zwei bis höchstens vier Stunden pro Woche in der Zweigpraxis aus. Die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertrags- arztsitzes des Klägers in N erfährt nach Einschätzung der dortigen Kreisstelle der Beklagten auch keine Beeinträchtigung.

Der Klage war daher im Hauptantrag auf Erteilung der Genehmigung stattzugeben. Die Kammer hat dabei den Umfang der Filialtätigkeit auf vier Wochenstunden begrenzt. Dies entspricht nicht nur dem maximal beantragten Tätigkeitsumfang, sondern die Kammer sah angesichts des begrenzten Versorgungsbedarfs von ausschließlich Risikoschwangeren an den spezialisierten Ultraschall-Untersuchungen auch nur "soweit" Raum für eine Verbesserung der Versorgung im Sinne des § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).