LG Bonn, Beschluss vom 02.07.2009 - 8 S 122/09
Fundstelle
openJur 2011, 70576
  • Rkr:
Verfahrensgang

Der nichteheliche Lebensgefährte gehört nicht zu den Hinterbliebenen i.S.d. § 8 BestG NW. Zum Kostenerstattungsanspruch des nichtehelichen Lebensgefährten gegen die Kinder trotz zerrütteter Familienverhältnisse.

Tenor

1.) Die Kammer weist die Parteien darauf hin, dass sie beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das am 13.05.2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bonn (11 C 404/08) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2.) Die Beklagten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.

3.) Der Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten zu 2.) vom 18.06.2009 wird zurückgewiesen.

Gründe

1.) Die zulässige Berufung der Beklagten hat nach dem einstimmigen Ergebnis der Beratung der Kammer keine Aussicht auf Erfolg. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung der Kammer zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 522 Abs. 2 S. 1 ZPO).

Das Amtsgericht hat die Beklagten zur Recht als Gesamtschuldner zur Tragung der Bestattungskosten verurteilt. Der Klägerin steht unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 670, 679, 683 BGB) der geltend gemachte Befreiungsanspruch zu. Abweichend zur Auffassung des Amtsgerichts ist dieser Anspruch nicht nur anteilig, sondern zu 100 % gegeben. Die Organisation der Beerdigung des Verstorbenen war für die Klägerin als nicht eheliche Lebensgefährtin des Verstorbenen ein rein fremdes Geschäft. Zu Unrecht hat das Amtsgericht gestützt auf § 8 Abs. 1 BestG NW die Beerdigung als auch eigenes der Klägerin bewertet. Soweit in dieser Vorschrift "Lebenspartner" als Bestattungspflichtige aufgeführt sind, zählt die Klägerin als Lebensgefährtin des Verstorbenen nicht zu diesem Personenkreis. Der Begriff "Lebenspartner" ist vielmehr im Rechtssinne gemäß den Vorschriften des Lebenspartnerschaftsgesetzes zu verstehen. Nach § 1 Abs. 1 LPartG begründen zwei Personen gleichen Geschlechts, die gegenüber dem Standesbeamten die Erklärung abgeben, eine Lebenspartnerschaft auf Lebenszeit führen zu wollen, eine Lebenspartnerschaft.

Die Auslegung dahin, dass der Begriff "Lebenspartner" in § 8 BestG im Sinne des § 1 LPartG zu verstehen ist, folgt zum einen aus dem Umstand, dass das Bestattungsgesetz vom 17.06.2003 stammt und somit in Kenntnis des am 01.08.2001 in kraft getretenen LPartG ergangen ist. Zum anderen ist diese Auslegung auch nach Sinn und Zweck geboten, denn nur Lebenspartner gelten gemäß § 11 Abs. 1 LPartG als Familienangehörige und lassen sich insofern in die Auflistung der übrigen Hinterbliebenen in § 8 BestG einreihen. Die in § 8 normierte Bestattungspflicht ist Ausfluss der familienrechtlichen Verhältnisse, die über den Tod hinaus wirken (vgl. VGH Bad. Württemberg Urteil v. 19.10.2004, 1 S 681/04). Ein nicht ehelicher Lebensgefährte zählt nicht zu diesem Kreis der Familienangehörigen.

Da die Organisation der Beerdigung für die Klägerin ein ausschließlich fremdes Geschäft war, wird ihr Fremdgeschäftsführungswille vermutet (vgl. BGH NJW 2007, 63).

Soweit die Beklagten in der Berufungsbegründung darauf abstellen, dass die Organisation der Beerdigung für die Klägerin erkennbar nicht dem Willen der Beklagten entsprochen habe, geht dieser Einwand fehl. Zutreffend hat das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung dargelegt, dass ein entgegenstehender Wille der Beklagten nach § 679 BGB unbeachtlich ist. Der Hinweis der Beklagten, dass die im Urteil zitierte Fundstelle im Palandt (67.Aufl. § 679 Rz. 3) auf die Bezahlung von Beerdigungskosten für einen Erben abstellt, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Nach dem Wortlaut des § 679 BGB muss es sich um eine Pflicht des Geschäftsherrn handeln, die im öffentlichen Interesse liegt. Um eine solche Verpflichtung handelt es sich bei der in § 8 BestG normierten Bestattungspflicht. Die Erfüllung dieser Pflicht dient der Gefahrenabwehr (s. VG Bad. Württemberg, Urteil v. 19.10.2004, 1 S 681/04).

Die Bestattungspflicht für die Beklagten ist auch nicht im Hinblick auf die von Beklagtenseite behaupteten zerrütteten Familienverhältnisse aufgehoben. Das BestG NW rechnet die volljährigen Kinder zu den bestattungspflichtigen Angehörigen ohne darauf abzustellen, ob und in welchem Umfang diese nach zivilrechtlichen Grundsätzen dem Verstorbenen gegenüber unterhaltspflichtig gewesen oder ob die Familienverhältnisse intakt gewesen sind. Die Anordnung der Bestattungspflicht und die Festlegung ihrer Reihenfolge beruht auf einem vom Zivilrecht unabhängigen, der Kompetenz des Landesgesetzgebers unterliegenden Rechtsgrund. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber an die den nächsten Angehörigen gewohnheitsrechtlich obliegende Totenfürsorge anknüpft und dies auch bei gestörten Familienverhältnissen vorgesehen hat (s. VG Karlsruhe NJW 2002, 3491 zu BadWürttBesttG).

Hinsichtlich der gesamtschuldnerischen Haftung der Beklagten und der Höhe der Beerdigungskosten wird auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

2.) Aus den vorstehenden Gründen war der Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten zu 2.) mangels Erfolgsaussichten zurückzuweisen.