OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.11.2009 - 7 A 146/08
Fundstelle
openJur 2011, 70159
  • Rkr:
Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Der Beklagte wird über die vom Verwaltungsgericht ausgesprochenen Verpflichtungen hinaus verpflichtet, über den Antrag der Kläger vom 22. Januar 2004 über ein weiteres bauaufsichtliches Einschreiten gegen den Betrieb des von der Beigeladenen betriebenen Gasthofs I. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner ¼ der Kosten des Verfahrens I. Instanz einschließlich ¼ der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Der Beklagte und die Beigeladene tragen jeweils 3/8 der Gerichtskosten I. Instanz und der außergerichtlichen Kosten der Kläger I. Instanz; ihre eigenen außergerichtlichen Kosten I. Instanz tragen sie jeweils selbst, soweit sie nicht von den Klägern zu tragen sind.

Von den Kosten des Verfahrens II. Instanz tragen die Kläger als Gesamtschuldner die Gerichts-kosten und die außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen jeweils zu ½. Der Beklagte und die Beigeladene tragen jeweils zu ¼ die Gerichtskosten und je ¼ der außergerichtlichen Kosten der Kläger; darüber hinaus tragen sie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten, soweit diese nicht von den Klägern zu tragen sind.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Gemarkung S. , Flur 5, Flurstück 416 (An der L. 17) in S. -L1. . Auf dem Grundstück befindet sich ein Einfamilienhaus, das sie selbst bewohnen. Die Straße An der L. zweigt von der Alten L2. Straße ab, führt von dort in nordöstliche Richtung und endet nach ca. 350 m als Sackgasse. In Höhe des Hauses An der L. 13 zweigt von ihr ein ca. 70 m langer Stichweg in westlicher Richtung ab, an dem auch das klägerische Grundstück liegt. Die Straße An der L. und die Alte L2. Straße sind durchgängig mit Wohnhäusern bebaut. Ein Bebauungsplan besteht nicht.

Südlich des klägerischen Grundstücks - ca. 30 m vom Wohnhaus der Kläger entfernt - betreibt die Beigeladene auf ihrem Grundstück Gemarkung S. , Flur 5, Flurstücke 2005 und 2008 (An der L. 3a) den Landgasthof "I. ". Dieser Gasthof besteht als (damals noch einfaches) Ausflugslokal im Grünen bereits seit den 1950er Jahren. Die Wohnbebauung entlang der Straße An der L. und der Alten L2. Straße ist erst im Laufe der 1970er Jahre an die Gaststätte herangerückt. Das Grundstück der Beigeladenen geht nach Westen unmittelbar in die ausgedehnten Waldflächen des Königsforstes über. Südlich grenzt es an das Vereinsgelände eines Tennisclubs, östlich an die Gärten der Hausgrundstücke An der L. 5 bis 11a und nördlich an den Bachlauf des L. . Jenseits dieses Bachlaufs befinden sich das klägerische Grundstück und das Grundstück des Herrn Dr. S1. B. (An der L. 15).

Der seinerzeit hierfür noch zuständige Landrat des S2. -C. -Kreises erteilte der Beigeladenen unter dem 4. Oktober 2000 eine auf § 35 Abs. 4 Nr. 6 BauGB gestützte Baugenehmigung zur Erweiterung ihres Gasthofs durch einen Anbau. Der inzwischen errichtete Anbau schließt sich an den nordöstlichen Teil des Altbaus an. Er umfasst im Erdgeschoss einen "kleinen Gesellschaftsraum" ("Kaminzimmer"), einen "großen Gesellschaftsraum", Küche, Garderobe und Toiletten; im Obergeschoss befinden sich Gästezimmer und sonstige Zimmer. In der Baubeschreibung ist als Betriebszeit angegeben: 10.00 bis 24.00 Uhr an allen Tagen. Zu den von der Anlage ausgehenden Geräuschen heißt es in der Betriebsbeschreibung: "nicht störend". Der zwischenzeitlich hierfür zuständig gewordene Beklagte erteilte der Beigeladenen unter dem 25. September 2001 eine Baugenehmigung, die sich nunmehr auch auf die Errichtung einer Lüftungsanlage an der nördlichen Hausfassade (kleiner dimensioniert als die heute vorhandene Anlage) und einer östlich an den großen Gesellschaftsraum anschließenden Außenterrasse erstreckt. Nebenbestimmung Nr. 1 zu der Baugenehmigung lautet: "Die Nebenbestimmungen und Hinweise der Genehmigung vom 04.10.2000 durch den Landrat des S3. .-C1. . Kreis behalten weiter ihre Gültigkeit." Nebenstimmung Nr. 2 lautet: "Der Betrieb der Außenterrasse ist bis 22:00 Uhr zulässig."

Mit Schreiben vom 22. Januar 2004 beantragten die Kläger durch ihren damaligen Prozessbevollmächtigten beim Beklagten ein "ordnungsbehördliches Einschreiten in Form von nachträglichen Auflagen gemäß § 61 Abs. II S. 1 BauO-NW". Durch den Betrieb des Landgasthofs der Beigeladenen würden sie unzumutbaren Lärmimmissionen ausgesetzt. Zu den aus ihrer Sicht in Betracht kommenden nachträglichen Lärmschutzauflagen gaben die Kläger in dem Schreiben verschiedene "Anregungen".

Am 8. Juni 2004 haben die Kläger Klage erhoben, zunächst nur mit dem Ziel, "den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts den Antrag vom 22.1.2004 der Kläger auf ordnungsbehördliches Einschreiten in Form der Erteilung nachträglicher Auflagen gemäß § 61 Abs. II S. 1 BauO-NW zu bescheiden". Als die Beigeladene im Mai 2005 an der Nordwand des Gasthofs eine neue Lüftungsanlage installieren ließ, haben die Kläger, um dies zu verhindern, zudem einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Diesen hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 5. September 2005 - 2 L 971/05 - abgelehnt. Mit Schriftsatz vom 13. April 2006 haben die Kläger ihre Klage erweitert und begehren nunmehr auch die Aufhebung der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom 25. September 2001. Durch Beschluss vom 19. Dezember 2006 hat das Verwaltungsgericht den vorliegend allein streitgegenständlichen Verpflichtungsantrag abgetrennt und das Verfahren insoweit unter dem neuen Aktenzeichen 2 K 5454/06 fortgeführt. In dem unter dem Aktenzeichen 2 K 4229/04 fortgeführten Verfahren hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 19. Dezember 2006 die angefochtene Baugenehmigung vom 25. September 2001 aufgehoben; der Senat hat durch Urteil vom heutigen Tag - 7 A 528/07 - auf die Berufung der Beigeladenen das angefochtene Urteil geändert und die Klage abgewiesen.

Die Kläger haben im vorliegenden Verfahren vorgetragen: Die Klage sei zulässig. Der Beklagte habe ihren Antrag vom 22. Januar 2004 auf ordnungsbehördliches Einschreiten bisher nicht beschieden. Daher sei nunmehr Untätigkeitsklage geboten. Die Klage sei auch begründet. Nach der Baugenehmigung vom 25. September 2001 in Verbindung mit der Baugenehmigung vom 4. Oktober 2000 sei für das Grundstück der Beigeladenen ein nicht störender Betrieb genehmigt worden. Die vom Grundstück der Beigeladenen ausgehenden Immissionen seien jedoch störend. Ihr, der Kläger, Grundstück liege in einem faktischen reinen Wohngebiet. Sie hätten einen Anspruch auf Einhaltung der nach der TA Lärm für reine Wohngebiete geltenden Lärmrichtwerte. Selbst die Lärmrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet würden indes nicht eingehalten. Besonders lärmintensiv seien die Lüftungsanlage, der Außenbetrieb auf der östlichen Außenterrasse und im westlichen Biergarten und der Innenbetrieb im Kaminzimmer und im Gesellschaftszimmer, wenn die Fenster bzw. die Terrassentür geöffnet seien. Der von der Beigeladenen vorgelegte Messbericht der Fa. L3. vom 14. September 2005, wonach sich die vom Gasthof ausgelösten Lärmimmissionen im Rahmen der zulässigen Werte hielten, sei unbrauchbar. Ein von ihnen in Auftrag gegebenes Gutachten der Fa. H. + Partner vom 26. Oktober 2005, ergänzt durch Stellungnahme vom 30. November 2005, sowie weitere Gutachten der Fa. H. + Partner vom 27. September 2006 und vom 4. Dezember 2006 hätten eine deutliche Überschreitung der einschlägigen Lärmwerte ergeben.

Sie, die Kläger, fühlten sich im Übrigen nicht nur durch den Lärm des Gasthofs, sondern auch durch die Rauch- und Geruchsschwaden belästigt, die von dem Außengrill im westlichen Biergarten auf ihr Grundstück herüberwehen würden. Das Grillen im Freien sei nicht Gegenstand der Betriebsbeschreibung. Dort heiße es unter Punkt 6.1 Luftverunreinigung (z.B. durch Rauch, ..., Geruchsstoffe): "Keine Luftverunreinigung". Im Übrigen stehe Grillen im Freien nicht im Einklang mit den der Baugenehmigung vom 4. Oktober 2000 beigefügten Nebenbestimmungen, wonach - sinngemäß - jegliches offene Feuer auf dem Grundstück der Beigeladenen verboten sei. Der westliche Biergarten sei im Übrigen deutlich größer als nach der Baugenehmigung zulässig.

Die Kläger haben beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, der Beigeladenen gegenüber mittels

sofort vollziehbarer Ordnungsverfügung die Beschränkungen des

Betriebs von Gaststätte und Außengastronomie, wie sie sich aus

der Baugenehmigung vom 25.09.2001 sowie derjenigen

vom 04.10.2000 - 63 20 - 01238/99 - jeweils nebst denselben

beigegebenen Nebenbestimmungen sowie den einschlägigen

Rechtsvorschriften ergeben, wirksam durchzusetzen,

insbesondere der Beigeladenen aufzugeben,

den Biergarten einschließlich Aufräumarbeiten etc. bis maximal

22.00 Uhr zu nutzen und danach jegliche Nutzung sowohl durch

dort sitzende Gäste als auch durch Gäste, die das Restaurant ver-

lassen, um sich vorübergehend im Freien aufzuhalten, zu unterbin-

den,

es zu unterlassen, auf den Außenterrassen oder sonst im Freien für

ihre Gäste zu grillen bzw. diese grillen zu lassen,

die Nutzung der ostwärtigen Terrasse umfassend zu untersagen

und der Beigeladenen aufzugeben, die Tür geschlossen zu halten,

es zu unterlassen, auf den Außenterrassen Musikanlagen aufzustel-

len und zu betreiben,

es zu unterlassen, auf den Außenterrassen Live-Musikveranstal-

tungen durchzuführen,

die zum Grundstück der Kläger weisenden Fenster als verschließ-

bare Schallschutzfenster auszuführen und ständig geschlossen zu

halten,

den westlich der Gaststätte gelegenen Biergarten auf das der Bau-

genehmigung zu entnehmende Maß zu reduzieren,

die dem Grundstück der Kläger zugewandte Lüftungsanlage zu ent-

fernen,

alles unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Kläger Anspruch auf Einhaltung der für ein WR-Gebiet geltenden Immissionsschutzwerte haben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen: Das genehmigte Vorhaben erweise sich unter Lärmschutzgesichtspunkten nicht als rücksichtslos. Nach dem von der Beigeladenen eingereichten Gutachten der Fa. L3. vom 14. September 2005 würden die maßgeblichen Lärmgrenzwerte auf dem klägerischen Grundstück eingehalten. Auch das von ihm, dem Beklagten, eingeholte Gutachten des Staatlichen Umweltamtes Köln vom 5. September 2006 zu den Immissionen der Lüftungsanlage spreche nicht gegen das genehmigte Vorhaben.

Die Beigeladene hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen: Die Klage sei unbegründet. Ausweislich des von ihr eingereichten Gutachtens der Fa. L3. vom 14. September 2005 seien die relevanten Lärmwerte eingehalten. Die Griffe der Fenster zum klägerischen Grundstück seien inzwischen verschließbar. Die vom Staatlichen Umweltamt L4. in seinem Gutachten vom 5. September 2006 gerügte tonale Komponente der Lüftungsanlage sei nach einer Reparatur nicht mehr vernehmbar. In dem von ihr vorgelegten weiteren Gutachten der Fa. L3. vom 16. April 2007 werde ausgeführt, dass die maßgeblichen Lärmwerte eingehalten würden, wenn sie sich bei dem Betrieb ihres Gasthofs in einem bestimmten Rahmen halten werde. Sie sei hierzu bereit. Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2007 habe sie bereits insoweit erklärt:

"Entsprechend der gegenüber dem Beklagten unter dem 29.11.07 abgegebenen Mitteilung, dass sämtliche Fenstergriffe an den Fenstern zur Hausseite der Kläger (Nordseite) nunmehr abschließbar sind und demnach auch von Gästen nicht geöffnet werden können, erklärt die Beigeladene und verzichtet insoweit auf die Ausnutzung der ihr erteilten Baugenehmigung, dass sie den in der nun als Anlage ZA 1 überreichten Schallprognose dargestellten Betriebsabläufen (vgl. S. 7) verbindlich folgt, d.h. z.B. die nach Norden gerichteten Fenster bei jeglicher Nutzung der dahinter liegenden Räumlichkeiten und soweit sie von der hier streitgegenständlichen Baugenehmigung betroffen sind ganztägig geschlossen hält. Gleiches gilt für die nach Osten hin gelegene Terrassentür nachts bzw. tagsüber bei lauterer Beschallung oder Life-Musik (> 80 dB(A))."

Das Verwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Dr.-Ing. X. Q. , Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV). Auf den Inhalt des Gutachtens vom 2. August 2007 wird Bezug genommen.

Mit Urteil vom 6. November 2007 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, gegen die Beigeladene eine Ordnungsverfügung zu erlassen, mit der der Beigeladenen aufgegeben wird:

Die Zu- und Abluftanlagen für das Restaurant, die Küche und den Grill (alle an der Westseite des Betriebes der Beigeladenen) dürfen ab 22.00 Uhr nicht mehr betrieben werden. Die Zu- und Abluftanlagen sind zum Zweck der Durchsetzung dieser Forderung binnen zwei Monaten mit einer verplombten Schaltuhr zu versehen, die die Inbetriebnahme der Anlagen zwischen 22.00 Uhr und 7.00 Uhr verhindert. Die Terrassentür des Gesellschaftsraumes zur Terrasse an der Ostseite des Betriebes der Beigeladenen ist ab 19.00 Uhr abgeschlossen zu halten, wenn in dem anliegenden Gesellschaftsraum eine Veranstaltung stattfindet. Die Terrassentür ist auch vor 19.00 Uhr abgeschlossen zu halten, wenn in dem anliegenden Gesellschaftsraum eine Veranstaltung mit Musikdarbietung stattfindet. "Musikdarbietung" in diesem Sinne ist auch die Nutzung der hausinternen Musikanlage. Alle Fenster an der Nordseite des Gebäudes sind stets während der Nutzung der dahinter liegenden Räume durch Gäste abgeschlossen zu halten. Die Terrasse an der Ostseite darf für den Restaurantbetrieb ohne Musikdarbietung nur bis 22.00 Uhr und nur dann benutzt werden, wenn auch in dem anliegenden Gesellschaftsraum keine Veranstaltung mit Musikdarbietung stattfindet. Der Beigeladenen ist für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine der vorgenannten Forderungen ein Zwangsgeld von 500,00 Euro anzudrohen. Das Zwangsgeld kann wiederholt festgesetzt und erhöht werden.

Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Die Kläger haben rechtzeitig die Zulassung der Berufung gegen das ihnen am 10. Dezember 2007 zugestellte Urteil beantragt, soweit das Verwaltungsgericht ihre Klage abgewiesen hat, und diesen Antrag rechtzeitig - am 10. Februar 2008 - begründet. Durch Beschluss vom 2. Juni 2008 hat der Senat die Berufung zugelassen. Die Kläger haben rechtzeitig die Berufung begründet und einen Berufungsantrag gestellt.

Sie tragen insbesondere vor: Das Verwaltungsgericht habe seine Entscheidung maßgeblich auf das Gutachten des Dr.-Ing. Q. vom 2. August 2007 gestützt. Bei der Auswertung dieses Gutachtens seien ihm jedoch Fehler unterlaufen.

Das Verwaltungsgericht sei u.a. zu dem Ergebnis gekommen, dass der Nachtbetrieb des Gasthofs bei Szenario 6.2.6 (Betrieb der beiden Gesellschaftsräume, Fenster und Terrassentür geschlossen, Geräuschstufe G-III) am Immissionsort IO 1 zu einem Beurteilungspegel von unter 40 dB(A) führen würde, wenn die Lüftungsanlage ab 22.00 Uhr komplett abgeschaltet wäre. Zu diesem Ergebnis habe das Verwaltungsgericht aber nur kommen können, weil es der Auffassung gewesen sei, es könne nicht gleichzeitig maximalen Lärm aus dem Inneren des Gasthofs und maximalen Lärm vom Parkplatz geben, und deshalb die auf diese beiden Lärmquellen entfallenden Werte - anders als im Gutachten - nicht zusammen in Ansatz gebracht habe. Diese Bewertung sei jedoch nicht zwingend. Es entspreche durchaus der Lebenswirklichkeit, dass dann, wenn die motorisierten Gäste (die im Übrigen nicht nur auf dem Parkplatz, sondern auch in den umliegenden Straßen parkten) innerhalb einer Stunde eine Feier verließen, andere, z.B. nicht motorisierte Gäste im Gasthof mit unverminderter Lautstärke weiter feierten. Bei der deshalb gebotenen kumulativen Berücksichtigung beider Lärmquellen lägen die Immissionswerte am klägerischen Grundstück bei diesem Szenario über 40 dB(A) und damit über dem für allgemeine Wohngebiete nach der TA Lärm geltenden Grenzwert, auch wenn die Lüftungsanlage komplett abgeschaltet sei. Der Gutachter habe festgestellt, dass bereits durch die Immissionsanteile aller Fensterflächen des Gesellschaftsraums (vgl. Szenario 6.2.6) der nächtliche Immissionsrichtwert für WA-Gebiete von 40 dB(A) ausgeschöpft würden. Mit einem Abschalten der Lüftungsanlage nach 22.00 Uhr sei es nach alledem nicht getan. Es müssten darüber hinausgehende Maßnahmen wie eine Beschränkung des Innenpegels auf die Geräuschstufe G-II, z.B. durch eine pegelbegrenzte Beschallungsanlage und ein Einbau von Schallschutzfenstern angeordnet, möglicherweise auch die nächtliche Nutzung generell untersagt werden. Abgesehen davon sei nach dem Tenor der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung eine komplette Abschaltung der Lüftung nach 22.00 Uhr gar nicht vorgesehen. Während das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen bei Szenario 6.2.6 neben dem Parkplatzlärm auch die Lärmquellen "Abluft gr. Gesellschaftsraum", "Abluft Kaminzimmer und "Ab- und Zuluft Restaurant St.1" in Abzug gebracht habe, habe es im Tenor seiner Entscheidung lediglich die Verpflichtung ausgesprochen, die Zu- und Abluftanlagen "für das Restaurant, die Küche und den Grill" nach 22.00 Uhr nicht mehr zu betreiben. Die Abluftanlagen für den großen Gesellschaftsraum und das Kaminzimmer seien nicht erwähnt.

Das Verwaltungsgericht sei desweiteren zu dem Ergebnis gekommen, dass es nicht erforderlich sei, die Benutzung der östlichen Außenterrasse umfassend zu untersagen, sondern nur für bestimmte Zeiten und unter besonderen Umständen. Bei der von ihm in diesem Zusammenhang vorgenommenen Prüfung, welche Immissionen beim Tagbetrieb des Gasthofs einschließlich Benutzung der östlichen Außenterrasse entstehen, habe es den vom Gutachter für Szenario 6.2.1 ermittelten Beurteilungspegel von 49,5 dB(A) (Betrieb der beiden Gesellschaftsräume, Fenster und Terrassentür geschlossen, westlicher Biergarten voll besetzt, Geräuschstufe G-II) und den im Gutachten (S. 18) für den Betrieb der östlichen Terrasse ermittelten Beurteilungspegel von 42,3 dB(A) addiert und sei so zu einem Beurteilungspegel von 54,1 dB(A), also unterhalb von 55 dB(A), gekommen. Dabei habe es jedoch unberücksichtigt gelassen, dass bei Szenario 6.2.1 die Terrassentür geschlossen sei. Bei geöffneter Terrassentür - und das Öffnen der Terrassentür sei ja nach dem Urteil außer in bestimmten Ausnahmefällen gestattet - betrage der Beurteilungspegel allein für den Betrieb des großen Gesellschaftsraums ohne Musikveranstaltungen nach dem Gutachten, S. 18, bereits 56,1 dB(A).

Hinzu komme, dass die vom Verwaltungsgericht im Urteil angeordneten - ohnehin unzulänglichen - Maßnahmen nicht hinlänglich kontrollierbar seien.

Das Verwaltungsgericht sei auch zu Unrecht davon ausgegangen, dass sie, die Kläger, nur die Einhaltung der nach der TA Lärm für allgemeine Wohngebiete geltenden Lärmwerte beanspruchen könnten. Zwar sehe Ziffer 6.7 der TA Lärm in der Tat die Bildung einer Art Mittelwert vor, wenn ein faktisches Wohngebiet an den Außenbereich grenze. Unabhängig davon sei jedoch der Stand der Lärmminderungstechnik einzuhalten. Dieser Stand sei hier in Bezug auf die Lüftungsanlage nicht eingehalten. Es fehle - von etwaigen technischen Defekten ganz abgesehen - an einer Isolierung der Lüftungsanlage. Zudem sei die Lüftungsanlage ohne Not und entgegen dem letzten Satz der Ziffer 6.7 der TA Lärm in Richtung der schutzwürdigen Wohnbebauung angebracht worden.

Es sei schließlich auch nicht ausreichend, wenn das Verwaltungsgericht in seinem Urteil nur die Verpflichtung zur Androhung, nicht aber zur Festsetzung von Zwangsgeldern ausgesprochen habe.

Die Kläger beantragen,

das angefochtene Urteil, soweit dem Klageantrag nicht entsprochen

worden ist, zu ändern und im Übrigen vollen Umfangs gemäß dem

erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor: Die Berufung sei unzulässig, soweit die Kläger die Unterlassung begehrten, auf den Außenterrassen oder sonst im Freien für die Gäste der Beigeladenen zu grillen bzw. diese grillen zu lassen, auf den Außenterrassen Musikanlagen aufzustellen und zu betreiben sowie Live-Musikveranstaltungen durchzuführen und soweit sie begehrten, den westlich gelegenen Biergarten auf das der Baugenehmigung zu entnehmende Maß zu reduzieren. Das Verwaltungsgericht habe die Klage insoweit abgewiesen. In der Berufungsbegründungsschrift vom 2. Juli 2008 seien die Kläger auf diese Teile des Streitgegenstandes nicht eingegangen. Nach § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Sätze 4 und 5 VwGO sei die Berufung damit insoweit unzulässig. Unzulässig sei die Berufung auch, soweit die Kläger eine Beschränkung der Nutzung des westlichen Biergartens einschließlich Aufräumarbeiten usw. bis maximal 22.00 Uhr und eine Untersagung jeglicher späterer Nutzung durch Gäste begehrten. Auch insoweit habe das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und sich zur Begründung auf zwei selbständige tragende Gründe gestützt. Zum einen, so das Verwaltungsgericht, hätten die Kläger ein entsprechendes Abwehrrecht verwirkt. Zum anderen würde durch den Betrieb des Biergartens nach 22.00 Uhr das Gebot der Rücksichtnahme gegenüber den Klägern nicht verletzt. Der letztgenannten Erwägung seien die Kläger in ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 2. Juli 2008 nicht entgegengetreten. Auch damit würden sie den Anforderungen des § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Sätze 4 und 5 VwGO nicht gerecht.

Im Übrigen sei die Berufung unbegründet.

Die Kläger hätten keinen Anspruch darauf, dass die Nutzung der östlichen Terrasse umfassend untersagt und der Beigeladenen aufgegeben wird, die Terrassentür dauerhaft geschlossen zu halten. Die Berechnung des Verwaltungsgerichts, wonach bei normalem Tagesbetrieb einschließlich Betrieb der östlichen Terrasse ein Beurteilungspegel von (nur) 54,1 dB(A) am klägerischen Grundstück erreicht werde, sei auch in Ansehung des Berufungsvortrags der Kläger nicht zu beanstanden.

Die Kläger hätten auch keinen Anspruch darauf, dass der Beigeladenen der Einbau von verschließbaren, dauernd verschlossen zu haltenden Schallschutzfenstern aufgegeben werde. Es sei insbesondere nicht zutreffend, dass nachts der maßgebliche Lärmrichtwert von 40 dB(A) überschritten werde. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt habe, sei mit Sicherheit nicht anzunehmen, dass sich der Parkplatz des Gasthofs in der Zeit ab 22.00 Uhr binnen einer Stunde leere, während die Musik im Innern weiterhin im Vollbetrieb laufe. Es sei in der Vergangenheit auch nicht feststellbar gewesen, dass die Besucher des Gasthofs außer auf dem Parkplatz auch in den anliegenden Wohnstraßen ihre Fahrzeuge abstellten und hierdurch zusätzlicher Lärm ausgelöst werde. Vielmehr parkten viele Besucher des Gasthofs auf einem Wanderparkplatz an der L 170.

Die Kläger hätten desweiteren keinen Anspruch auf Entfernung der ihrem Grundstück zugewandten Lüftungsanlage. Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts sei der Betrieb dieser Anlage bereits erheblich einzuschränken. Es sei entgegen dem Vortrag der Kläger auch durchaus erkennbar, auf welche Teile der Lüftungsanlage sich der Urteilsausspruch beziehe. Gemeint sei die miteinander zusammen- hängende Anlage, die der Entlüftung des Restaurants, der Küche und des Grills diene. Die neben der Lüftungsanlage an der Nordwand des Gasthofs befindlichen drei Lüftungskästen, die mit Ventilator betrieben würden und der Belüftung des Gesellschaftszimmers und des Kaminzimmers dienten, seien nicht Teil dieser Lüftungsanlage, weil sie mit ihr in keinem betrieblichen oder funktionalen Zusammenhang stünden.

Der Vortrag der Kläger, dass von ihnen nicht kontrolliert werden könne, ob die vom Verwaltungsgericht ausgesprochenen Verpflichtungen tatsächlich eingehalten würden, greife nicht durch. Es sei nicht Sache der Kläger, die Einhaltung dieser Verpflichtungen zu kontrollieren; dies falle vielmehr in seinen, des Beklagten, Aufgabenbereich. Stichprobenartige Kontrollen, wie sie im Verwaltungsvollzug üblich seien, seien ihm ohne größeren Aufwand möglich. Zur Durchsetzung der Betriebszeitenregelung für die Lüftungsanlage sei es völlig ausreichend, wenn diese mit einer verplombten Schaltuhr versehen sei.

Die Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt sinngemäß vor: Der Lärmrichtwert von 55 dB(A) tags werde am klägerischen Grundstück auch dann nicht überschritten, wenn dem verwaltungsgerichtlichen Urteil entsprechend bis 19.00 Uhr normaler Gaststättenbetrieb einschließlich Betrieb der östlichen Außenterrasse herrsche. Anders als die Kläger meinten, dürfe hier nicht der auf S. 18 des Gutachtens für den großen Gesellschaftsraum (Terrassentür geöffnet) angeführte Wert von 56,1 dB(A) mit einberechnet werden, denn dieser gelte für Gaststätten und Spielhallen mit einer Begrenzung der mittleren Maximalpegel auf 80 dB(A).

Der Lärmrichtwert von 40 dB(A) nachts werde am klägerischen Grundstück ebenfalls nicht überschritten, auch nicht wenn man die vom Parkplatz des Gasthofs ausgehenden Immissionen mitberücksichtige. Der Gutachter habe hier den denkbar ungünstigsten Ansatz (21 Bewegungen zum Ende einer Familienfeier und vollständige Räumung des Parkplatzes) gewählt. Diese Situation entspreche jedoch nicht dem Normalfall.

Die vorhandene Lüftungsanlage entspreche dem Stand der Lärmminderungstechnik. Sie könne auch nicht an anderer Stelle des Hauses angebracht werden.

Der Berichterstatter hat am 1. September 2009 einen Ortstermin durchgeführt. Auf das Protokoll dieses Termins und die in diesem Termin gefertigten Fotografien wird verwiesen.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung den Gutachter Dr.-Ing. X. Q. zu dem von ihm erstinstanzlich eingeholten Gutachten angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Die Berufung ist insgesamt zulässig, insbesondere rechtzeitig und ausreichend begründet worden. Die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung klar gestellt, dass ihr erstinstanzlicher Klageantrag und entsprechend auch ihr Berufungsantrag nicht lediglich auf eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung ihres Antrags vom 22. Januar 2004 auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Beigeladene gerichtet (gewesen) ist, sondern - trotz der insoweit verwendeten Formulierung "insbesondere" - in erster Linie auf eine Verpflichtung des Beklagten, der Beigeladenen die in dem Klageantrag aufgeführten Einzelmaßnahmen aufzugeben. Handelte es sich also - auch im Verhältnis der im Einzelnen geforderten Maßnahmen untereinander - letztlich um eigenständige Streitgegenstände, waren die Kläger gemäß § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Sätze 4 und 5 VwGO auch gehalten, für jede der geforderten Einzelmaßnahmen eine Begründung zu geben, warum insoweit eine Änderung des erstinstanzlichen Urteils für erforderlich erachtet wird. Dem sind sie mit ihren Schriftsätzen vom 27. Juni 2008 und 2. Juli 2008 noch hinreichend nachgekommen. Die hierin enthaltene Berufungsbegründung erstreckt sich auf ihr gesamtes Klagebegehren, soweit es das Verwaltungsgericht abgewiesen hat. Die Kläger haben ausgeführt, dass sie sich durch die vom Gasthof der Beigeladenen verursachten Lärmimmissionen (sowohl vom Innenbetrieb als auch vom Außenbetrieb des Gasthofs, von der Lüftungsanlage und von den Parkplätzen) insgesamt beeinträchtigt fühlen. Dabei haben sie im Einzelnen dargelegt, warum sie die Erwägungen des Verwaltungsgerichts, dass mit den zuerkannten Maßnahmen unter Lärmschutzgesichtspunkten zumutbare Verhältnisse zu erreichen sind, für nicht tragfähig erachten und entsprechend dem formulierten Berufungsantrag eine Entscheidung im Sinne ihres erstinstanzlichen Klageantrags weiter verfolgen. Damit wird zugleich in einer dem Begründungserfordernis hinreichenden Weise verdeutlicht, dass und aus welchen Gründen sie auch die erstinstanzlich geforderten Maßnahmen gegen die Beigeladene weiterverfolgen, die sie in ihren Begründungsschriftsätzen nicht gesondert ausdrücklich erneut benannt haben. Im Einzelnen betrifft das das Verbot, auf den Außenterrassen Musikanlagen aufzustellen und zu betreiben sowie Live-Musikveranstaltungen durchzuführen, den westlich gelegenen Biergarten auf das in der Baugenehmigung zu entnehmende Maß zu reduzieren und eine Nutzung dieses Biergartens einschließlich Aufräumarbeiten usw. bis maximal 22.00 Uhr zu gestatten und jegliche spätere Nutzung durch Gäste zu untersagen. Denn auch diese Begehren zielen letztlich auf eine Minimierung der vom Gasthof ausgehenden Lärmimmissionen und sind mit der hierauf abzielenden Berufungsbegründung mit aufgegriffen: Wenn der westliche Biergarten nicht mehr nach 22.00 Uhr genutzt wird und - so die Kläger - auf die in der Baugenehmigung festgelegte Größe verkleinert würde, verringerten sich die Lärmimmissionen. Die Lärmimmissionen verringerten sich auch, wenn auf den Außenflächen keine Musikanlagen aufgestellt und keine Live-Musikveranstaltungen durchgeführt würden. Auch das Begehren der Kläger, Grillveranstaltungen zu untersagen, wird von der Berufungsbegründung, man fühle sich durch die Lärmimmissionen des Gasthofs beeinträchtigt, gedeckt. So verfügt der Außengrill im westlichen Biergarten über eine eigene Abluftanlage, die Lärm auslöst (vgl. S. 20 des Dr.-Ing. Q. Gutachtens). Außerdem wird durch Grillveranstaltungen möglicherweise zusätzliches Publikum angezogen, das zusätzliche Lärmimmissionen verursacht. Dass die Kläger in der Berufungsbegründung nicht auf die von Grillveranstaltungen ausgehenden Geruchsimmissionen hingewiesen haben, ist daher unschädlich.

Die Berufung hat aber in der Sache nur teilweise Erfolg.

Die gemäß § 75 VwGO zulässige Klage ist unbegründet, soweit die Kläger eine Verpflichtung des Beklagten begehren, der Beigeladenen die von ihnen in ihrem Klageantrag ("insbesondere") aufgeführten - vom Verwaltungsgericht nicht anerkannten - einzelnen Maßnahmen und Unterlassungen aufzugeben. Begründet ist die Klage allerdings insoweit, als die Kläger einen Anspruch darauf haben, dass der Beklagte über ein weitergehendes bauaufsichtliches Einschreiten, als es ihm mit dem bereits in Rechtskraft erwachsenen Teil des angegriffenen Urteils aufgegeben ist, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (neu) entscheidet.

Die Bauaufsichtsbehörde hat nach § 61 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauO NRW nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, dass die öffentlichrechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden.

Liegt ein Verstoß gegen Vorschriften vor, die auch dem Schutz eines Nachbarn zu dienen bestimmt sind, ist das der Bauaufsichtsbehörde durch § 61 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BauO NRW eingeräumte Entschließungsermessen regelmäßig auf eine Verpflichtung zum Einschreiten reduziert.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 13. August 1990 - 7 A 1490/88 - und

vom 7. Dezember 1998 - 7 A 2822/96 -.

Der Verpflichtung der Bauaufsichtsbehörde steht in diesen Fällen ein Anspruch des betroffenen Nachbarn auf Einschreiten gegen den Störer gegenüber.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Dezember 1999 - 4 B 101.99 -,

BRS 63 Nr. 203.

Einen Anspruch auf eine bestimmte Ausübung des Auswahlermessens haben die betroffenen Nachbarn dagegen regelmäßig nicht, wenn verschiedene Möglichkeiten bestehen, rechtmäßige Zustände herzustellen.

Vgl. zu dieser Problematik etwa OVG NRW, Urteil vom 22. August

2005 - 10 A 3611/03 -.

So liegt der Fall auch hier:

Der Beklagte ist verpflichtet, bauordnungsrechtlich gegen den Betrieb des Gasthofs der Beigeladenen vorzugehen. Für diesen Betrieb gilt das auch die Kläger schützende Gebot der Rücksichtnahme, das als "öffentlicher Belang" in § 35 Abs. 2 und 3 BauGB enthalten ist. Dementsprechend ist der Beigeladenen mit der Baugenehmigung vom 25. September 2001 - der von ihr eingereichten Betriebsbeschreibung entsprechend - lediglich ein "nicht störender" Betrieb genehmigt worden. Der Betrieb des Gasthofs ist jedoch störend und verstößt gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Denn die von dem Gasthofbetrieb ausgehenden Lärmimmissionen sind den Klägern nicht (mehr) zumutbar; die dem Beklagten vom Verwaltungsgericht aufgegebenen Maßnahmen reichen zur Sicherung der Rechte der Kläger nicht aus.

Welche Anforderungen das hier vom Tatbestandsmerkmal der öffentlichen Belange umfasste Gebot der Rücksichtnahme stellt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, um so mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, um so weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei diesem Ansatz kommt es für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalls wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1993 - 4 C 5.93 -,

BRS 55 Nr. 168.

Eine Minderung des Schutzanspruchs von Wohnbebauung kommt danach unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass diese sich am Rand zum bauplanungsrechtlichen Außenbereich befindet, da dort (im Außenbereich) grundsätzlich mit der Entstehung von privilegiert zulässigen Vorhaben gerechnet werden muss, die innerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortsteils, namentlich in einem reinen oder allgemeinen Wohngebiet nicht zulässig wären.

Vgl. beispielsweise zur Zumutbarkeit landwirtschaftlicher

Immissionen: BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1977 - IV C 22.75 -,

BRS 32 Nr. 155.

In diesen Fällen kann - wie bei einem Aufeinandertreffen von Baugebieten unterschiedlicher Schutzwürdigkeit - im Rahmen der durch das Rücksichtnahmegebot veranlassten Zumutbarkeitsprüfung für Immissionen eine Art von Mittelwert zu bilden sein, der allerdings nicht das arithmetische Mittel zweier Richtwerte darstellt, sondern als "Zwischenwert" unter Berücksichtigung der Ortsüblichkeit und der Umstände des Einzelfalls die Zumutbarkeit bestimmt.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. September 1993 - 4 B 151.93 -,

BRS 55 Nr. 165.

In die Zumutbarkeitsbewertung sind darüber hinaus die spezifischen Vorhabengegebenheiten sowie konkreten Nachbarschaftsgegebenheiten einzustellen. So kann beispielsweise im absoluten Nahbereich zu einer Wohnnutzung der Betrieb einer Außengastronomie auch dann gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßen, wenn ein auf der Grundlage der VDI 3770 erstelltes schalltechnisches Gutachten den Betrieb gerade noch als zumutbar erscheinen lässt.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juli 2008 - 7 A 1868/07 -.

Das Wohngrundstück der Kläger rechnet einem faktischen reinen Wohngebiet zu, das sich bis an das im Außenbereich gelegene Grundstück der Beigeladenen heran entwickelt hat, ohne den Bebauungszusammenhang des reinen Wohngebiets auf das Gaststättengrundstück zu erstrecken. Dieses ist vielmehr rückwärtig der Wohnbebauung für sich stehend vorhanden, und zwar in einen Bereich eingebettet, der bereits durch die angrenzenden ausgedehnten Waldflächen seinen wesentlichen Charakter erfährt. Nähere Ausführungen sind hierzu entbehrlich, weil diese Bewertung der Örtlichkeit, die der Berichterstatter dem Senat anhand der in den Akten befindlichen Karten und Fotos vermittelt hat, durch die Beteiligten nicht in Abrede gestellt wird.

In einem reinen Wohngebiet muss mit der Entstehung bzw. der Vergrößerung einer Gaststätte grundsätzlich nicht gerechnet werden. Selbst in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet wären nur der Versorgung des Gebiets dienende Schank- und Speisegaststätten allgemein zulässig (vgl. § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Dennoch ist im vorliegenden Fall von der grundsätzlichen Zumutbarkeit einer Gaststätte auch in der Größenordnung und der Betriebsart auszugehen, wie sie durch die Baugenehmigung vom 25. September 2001 genehmigt worden ist. Die Zumutbarkeit ergibt sich allerdings nicht schon auf Grund ihrer Lage im (an ein reines Wohngebiet) angrenzenden Außenbereich. Sie folgt vielmehr daraus, dass die Gaststätte mit Baugenehmigung vom 25. September 2001 genehmigt worden ist, und diese Genehmigung den Klägern gegenüber bestandskräftig geworden ist, denn die Kläger haben ihr Klagerecht gegenüber der Baugenehmigung verwirkt. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tag im Verfahren 7 A 528/07 im Einzelnen ausgeführt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf seine dortigen Ausführungen und macht sie zum inhaltlichen Bestandteil auch der vorliegenden Entscheidung. Die Folgerungen aus der Bestandskraft der Baugenehmigung erstrecken sich auch auf die östliche Außenterrasse, denn diese ist Gegenstand der Baugenehmigung. Soweit von der Baugenehmigung gewisse Anlagenerweiterungen, wie dies von den Klägern hinsichtlich des westlichen Biergartens behauptet wird, nicht erfasst sein sollten, folgt hieraus auf der anderen Seite nicht zugleich, sie wären den Klägern gegenüber unzumutbar. Denn eine baurechtliche Nachbarklage hat nicht schon dann Erfolg, wenn eine Baugenehmigung nicht vorliegt, sondern erst dann, wenn das Vorhaben zu vom Nachbarn nicht hinzunehmenden Rechtsbeeinträchtigungen führt.

Allerdings lässt die Baugenehmigung vom 4. Oktober 2000 in der Gestalt der Baugenehmigung vom 25. September 2001 nur den Betrieb einer "nicht störenden" Gaststätte zu, ohne diese Beschränkung des baurechtlich Zulässigen hinsichtlich der Frage, wann von einer Störung auszugehen ist, näher zu bestimmen. Jedoch muss die Beigeladene aufgrund dieser Regelung in der Baugenehmigung, namentlich aber wegen des reinen Wohngebiets, auf das sie sich mit der Gaststättenerweiterung zubewegt hat, ihrerseits Rücksicht nehmen und auch mit ordnungsbehördlichen Regelungen rechnen, die sicherstellen, dass der Gaststättenbetrieb zu keinen Auswirkungen in der Nachbarschaft führt, die dort nicht mehr hinzunehmen sind. Dass entsprechende Regelungen nicht in dem Sinne maßgeschneidert sein dürfen, dass ein entsprechender Betrieb in der Lebenswirklichkeit tatsächlich nicht regelungsgemäß betrieben werden kann, bedarf hier keiner weiteren Vertiefung. Vorsorglich merkt der Senat an, dass es dabei nicht darum geht, dass die Kläger ohne Weiteres in der Lage sein müssten, betriebsbeschränkende Regelungen zu überprüfen; genügend ist eine eindeutige Kontrollmöglichkeit des Beklagten.

Entscheidender Maßstab für die Beurteilung, in welchem Umfang und in welcher Art des Betriebs die Gaststätte den Klägern gegenüber als zumutbar anzusehen ist, kann nach Auffassung des Senats grundsätzlich auf die auf Grundlage der TA-Lärm ermittelten und bewerteten Lärmimmissionen abgestellt werden, soweit diese auf Gaststätten Anwendung findet. Die TA-Lärm ist jedoch ungeeignet, die besondere Lästigkeit der Immissionen zu erfassen, die mit der Nutzung der östlichen Außenterrasse verbunden sein können.

Die TA-Lärm gilt nicht für Freiluftgaststätten (vgl. Nr. 1 Satz 2 b) TA-Lärm). Zwar handelt es sich bei der Gaststätte der Beigeladenen nicht um eine Freiluftgaststätte, sondern um eine sogenannte gemischte Gaststätte, die sowohl auf einen Innenbetrieb als auch auf einen Außenbetrieb ausgerichtet ist. Die lärmtechnische Zuordnung einer solchen Gaststätte hängt nach Ansicht des vom Senat in der mündlichen Verhandlung gehörten Gutachters Dr.-Ing. X. Q. davon ab, in welcher Art die Gaststätte im Freiluftbereich betrieben wird. Ob diesem Ansatz für den Regelfall zu folgen sein kann, mag dahinstehen. Jedenfalls dann, wenn der Freiluftbereich einer Gaststätte bis auf wenige Meter an den Ruhebereich der Wohngrundstücke eines angrenzenden reinen Wohngebiets heranreicht, ist es nicht sachgerecht, auch diesen Bereich der Bewertung auf der Grundlage der TA-Lärm zuzuführen. Die Unzumutbarkeit bestimmter Lärmauswirkungen in diesen Bereich hinein wird nicht allein dadurch in ihrer Bedeutsamkeit geringer gewichtig, dass bestimmte Immissionsrichtwerte eingehalten werden. Vielmehr entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Gerichts, dass die Bewertung der Zumutbarkeit des durch Menschen verursachten Lärms von einem Bündel von Faktoren abhängt, die nur unvollkommen in einem einheitlichen Messwert aggregierend erfasst werden können. Dies gilt gerade auch für den von Freiluftgaststätten ausgehenden Lärm.

Vgl. zum Biergartenlärm: OVG NRW, Beschluss vom 25. Juni 2008

- 10 A 2525/07 -, juris, m.w.N..

Da andererseits - wie ausgeführt - die östliche Außenterrasse grundsätzlich als den Klägern gegenüber bestandskräftig genehmigter Betriebsbestandteil zu werten ist, ist für diesen Bereich eine solche Nutzung als noch zumutbar anzusehen, die einer Freizeitnutzung von Wohngrundstücken, etwa durch spielende Kinder, vergleichbar ist oder einem kurzzeitigen Aufenthalt im Freien etwa für eine Raucherpause entsprechen mag.

Für den Gaststättenbereich im Übrigen ist als entscheidender Maßstab auf die Bewertung nach den Immissonsrichtwerten abzustellen, die nach Nr. 6.1 d) der TA-Lärm für ein allgemeines Wohngebiet maßgebend sind (55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts). Nur auf diese Weise wird den Anforderungen des Gebots der Rücksichtnahme genügt, die hier - wie ausgeführt - namentlich dadurch gekennzeichnet sind, dass die im Außenbereich gelegene Gaststätte an ein reines Wohngebiet heranrückt, dort aber - wegen der bestandskräftigen Baugenehmigung - grundsätzlich hinzunehmen ist.

Die Einhaltung dieser Werte von 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts ist beim Betrieb des Gasthofs der Beigeladenen derzeit nicht gewährleistet.

Der Senat folgt insoweit dem vom Verwaltungsgericht eingeholten Gutachten des Dr.-Ing. Q. , vom 2. August 2007, das dieser in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergänzend erläutert hat.

Danach gilt Folgendes:

Bei dem unter Nr. 6.2.1 dargestellten Szenario für den Tagbetrieb (normaler Gaststättenbetrieb, Gastronomie in allen Gasträumen und im westlichen Biergarten, Geräuschstufe G-II, Lüftungsanlage eingeschaltet, alle Fenster und die Terrassentür zur östlichen Außenterrasse geschlossen) kommt der Gutachter am Grundstück der Kläger (Immissionsort IO 1) zu einem Beurteilungspegel von 49,5 dB(A). Das Verwaltungsgericht hat erkannt, dass dabei noch der Lärm des Gaststättenbetriebs auf der östlichen Terrasse hinzugerechnet werden muss, soweit er denn überhaupt als zulässig angesehen werden kann. Es hat hierfür in vom Standpunkt des Verwaltungsgerichts aus konsequenter Weise einen Wert von 52,3 dB(A) angesetzt und ist in der Summe zu einem Beurteilungspegel am Immissionsort IO 1 von 54,1 dB(A) gelangt. Nicht berücksichtigt ist bei dieser Berechnung hingegen, dass der Gutachter in Szenario 6.2.1 davon ausgegangen war, dass die östliche Terrassentür geschlossen ist. Findet Gaststättenbetrieb auf der östlichen Terrasse statt, ist davon auszugehen (und Beklagter und Beigeladene haben den entsprechenden Ausführungen der Kläger nicht widersprochen), dass die Terrassentür zum Zwecke der Bedienung geöffnet ist. Es ist dann für das große Gesellschaftszimmer nicht, wie in Szenario 6.2.1 bei geschlossener Terrassentür angenommen, von einem Immissionswert von 26,1 dB(A) (durch die geschlossenen Fenster an der Nordseite) und 29,1 dB(A) (durch die geschlossene Terrassentür), sondern von einem erheblich höheren Immissionswert auszugehen. An anderer Stelle seines Gutachtens (S. 18) hatte der Gutachter für den großen Gesellschaftsraum bei geöffneter Terrassentür und Geräuschstufe G-II einen Immissionswert von 56,1 dB(A) ermittelt. Es liegt auf der Hand, dass bei Hinzurechnung eines Wertes in dieser (aber auch in einer geringeren) Größenordnung der Beurteilungspegel am Immissionsort IO 1 bei vollem Tagbetrieb des Gasthofs und einer Geräuschstufe G-II höher als 55,0 dB(A) ist, wie der Gutachter in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat. Das, so der Gutachter, ergebe sich auch, wenn im (westlichen) Gaststättenbereich nur die Geräuschstufe G II gewertet werde. Eine solche Belastung übersteigt das den Klägern Zumutbare. Bei einem vollen Tagbetrieb des Gasthofs und einer Geräuschstufe G-III (Szenario 6.2.5) liegt der Beurteilungspegel am Immissionsort IO 1 sogar bei 68,3 dB(A).

Bei dem unter Nr. 6.2.2 dargestellten Szenario für den Nachtbetrieb (Minimalkombination aus Betrieb der Geräuschstufe G-II im Restaurant ohne Kaminzimmer und großer Gesellschaftsraum, Fenster und Terrassentür geschlossen, Betrieb der Lüftung auf Stufe 1 und Parkplatzverkehr) kommt der Gutachter zu einem Beurteilungspegel von 41,3 dB(A). Bei dem unter Nr. 6.2.6 dargestellten Szenario für den Nachtbetrieb (Betrieb von Restaurant mit Geräuschstufe G-II und von Kaminzimmer und großem Gesellschaftsraum jeweils mit Geräuschstufe G-III, Betrieb der Lüftung auf Stufe 1, Fenster und Türen geschlossen, Parkplatzverkehr) kommt er sogar zu einem Beurteilungspegel von 44,0 dB(A). Der Erwägung des Verwaltungsgerichts, dass ein Zusammentreffen von Gaststättenbetrieb bei voller angenommener Lautstärke und Parkplatzlärm zur lautesten Stunde nicht der Lebenswirklichkeit entspreche, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Der Gutachter hat dazu in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt, die Erfahrungen aus der Überwachung zeigten, dass in der Regel der Parkplatz einer Gaststätte entleert werde, während die Veranstaltung noch (zu Ende) laufe. Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts würde insbesondere voraussetzen, dass beim Entleeren des Parkplatzes die Musik im Wesentlichen bereits abgestellt werde. Solche Gegebenheiten entsprächen nicht seiner Erfahrung.

An dem sich hieraus ergebenden Befund, dass die vom Gasthof der Beigeladenen ausgehenden Lärmimmissionen den Klägern sowohl im Tag- als auch im Nachtbetrieb unzumutbar sind, ändert auch der Umstand nichts, dass die Beigeladene mit Schriftsatz vom 23. Mai 2007 erklärt hat, auf die Ausnutzung der Baugenehmigung teilweise zu verzichten, und bestimmte im Lärmgutachten dargestellte Betriebsabläufe einhalten zu wollen, namentlich die nach Norden gerichteten Fenster bei jeglicher Nutzung der dahinter liegenden Räumlichkeiten und die nach Osten hin gelegene Terrassentür nachts bzw. tagsüber bei lauterer Beschallung oder Live-Musik (> 80 dB(A)) geschlossen zu halten. Damit allein ist eine den schutzwürdigen Lärmschutzinteressen der Kläger Rechnung tragende Betriebsführung nicht hinreichend gesichert. Sie sichert ihrerseits keinen den Klägern zumutbaren Betrieb. Auch unter Einbeziehung der vom Verwaltungsgericht zugesprochenen und von der Beigeladenen bereits anerkannten Maßnahmen verbleibt eine Betriebssituation, die ein Einschreiten des Beklagten auf der Grundlage des § 61 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BauO NRW rechtfertigt und erfordert.

Der Beurteilungspegel von 55 dB(A) tags wird voraussichtlich auch dann überschritten, wenn die Maßnahmen greifen, zu denen das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet hatte. Nach dem verwaltungsgerichtlichen Urteil ist zwar bei Durchführung von Veranstaltungen im großen Gesellschaftszimmer die Terrassentür ab 19.00 Uhr zu schließen (bei musikalischen Veranstaltungen auch vorher schon); wenn keine Veranstaltung im großen Gesellschaftszimmer stattfindet, darf die Terrassentür zur östlichen Terrasse indes durchgängig bis 22.00 Uhr geöffnet bleiben und auf der Terrasse selbst Restaurantbetrieb stattfinden. Wie bereits ausgeführt, wird nach dem Gutachten des LANUV, dem der Senat folgt, bei vollem Gastronomiebetrieb einschließlich Bewirtung auf der östlichen Terrasse und geöffneter Terrassentür auch ohne (Musik-)Veranstaltung bereits ein Beurteilungspegel am Haus der Kläger von über 55 dB(A) erreicht.

Hinsichtlich der Einhaltung des nächtlichen Lärmwerts von 40 dB(A) gilt Entsprechendes. Bei Umsetzung des verwaltungsgerichtlichen Urteils ist zwar in der Zeit ab 22.00 Uhr die Lüftungsanlage auszuschalten und die östliche Terrassentür zu schließen. Selbst wenn - was nach dem Tenor des verwaltungsgerichtlichen Urteils allerdings zweifelhaft ist - nach 22.00 Uhr nicht nur die Zu- und Abluftanlage für das Restaurant, sondern auch die Abluftanlagen für den großen Gesellschaftsraum und das Kaminzimmer abgeschaltet werden müssten und die dementsprechenden Lärmanteile aus der Berechnung in Szenario 6.2.6 abzuziehen wären, verbliebe nach den Berechnungen des Verwaltungsgerichts immer noch ein Beurteilungspegel von 41,5 dB(A). Hiervon kann - wie bereits ausgeführt - nicht noch der Parkplatzlärm oder der Gaststättenlärm in Abzug gebracht werden.

Darüber hinaus können die Kläger - wie bereits ausgeführt - einen besonderen Schutz hinsichtlich der Nutzung der östlichen Außenterrasse beanspruchen. Der Beklagte wird deshalb dafür Sorge zu tragen haben, dass diese Außenterrasse allenfalls in dem einer Freizeitnutzung von Wohngrundstücken vergleichbaren Rahmen (z.B. spielende Kinder) oder zu einem kurzzeitigen Aufenthalt (etwa zu einer Raucherpause) genutzt wird. Dabei könnte, um eine Kumulation des Lärms aus den Innenräumen und von der Terrasse zu verhindern, auch zu erwägen sein, der Beigeladenen aufzugeben, die Terrassentür ständig - auch tagsüber - geschlossen zu halten und einen Zugang zu der Terrasse nur von außen zu gestatten. Im Übrigen dürfte eine Nutzung der Terrasse zu untersagen sein. Zudem wird der Beklagte ein besonderes Augenmerk auch auf den Betrieb der Lüftungsanlage zu legen haben. Auch diese befindet sich an einem unter Nachbarschutzgesichtspunkten besonders sensiblen Standort, nämlich - wie die östliche Außenterrasse - nur wenige Meter von der Wohnbebauung entfernt. Der Beklagte wird dafür Sorge zu tragen haben, dass der Betrieb der Lüftungsanlage auch tagsüber auf das für eine Nutzung der Räumlichkeiten unbedingt Erforderliche beschränkt wird und zudem weitere Maßnahmen zur Schalldämpfung, etwa durch zusätzliche Ummantelung der lärmintensiven Lüftungsbestandteile, ergriffen werden. Wenn der von der Lüftungsanlage ausgehende Lärm hierdurch nicht spürbar gemindert werden kann, muss die Lüftungsanlage ggf. komplett verlegt werden. Dieser Erwägung kann der Beschluss des Senats vom 17. November 2003 - 7 B 2287/03 - nicht entgegengehalten werden. Diese Entscheidung enthält allein die Hervorhebung, dass Vorhaben im Hinblick auf das in § 34 BauGB enthaltene Rücksichtnahmegebot nicht schon dann unzulässig sind, wenn eine ebenfalls denkbare andere Vorhabenplanung den Nachbarn weniger beeinträchtigen würde. Zu der hier interessierenden Frage, welche Schutzansprüche ein Nachbar hinsichtlich der von einem Vorhaben ausgelösten Immissionen hat, verhält sich die Entscheidung nicht.

Um den Schutz, den die Kläger nach den obigen Ausführungen beanspruchen können, zu gewährleisten, kommt eine Fülle ggf. auch miteinander zu kombinierender Einzelmaßnahmen in Betracht, etwa eine Beschränkung der Betriebszeiten, u.U. getrennt nach Innen- und Außengastronomie, bei letzterer u.U. getrennt nach westlichem Biergarten und östlicher Außenterrasse, Regelungen zum Einbau von Schallschutzfenstern und -türen, zum Öffnen und Schließen der Fenster und Türen, Beschränkungen bei der Art der im Gasthof stattfindenden Veranstaltungen, insbesondere in Bezug auf Musikveranstaltungen, Regelungen zu den Betriebszeiten und zum Standort der Lüftungsanlage und anderes mehr. Es ist nicht so, dass nur bestimmte dieser Maßnahmen geeignet wären, neben den bereits vom Verwaltungsgericht ausgewählten Maßnahmen eine Einhaltung der maßgeblichen Beurteilungspegel zu gewährleisten. Das Auswahlermessen des Beklagten ist insoweit nicht reduziert.

Die Kläger haben nach alledem nur einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags auf bauaufsichtliches Einschreiten des Beklagten, nicht aber auf eine Verpflichtung des Beklagten, der Beigeladenen die von ihnen "insbesondere" begehrten Einzelmaßnahmen aufzugeben. In jenem Umfang verbleibt es bei der Klageabweisung.

Soweit die Kläger auf von dem Gasthof ausgehende Geruchsbelästigungen verweisen und (auch) unter diesem Gesichtspunkt die Unterlassung von Grillveranstaltungen im Freien begehren, bleibt die Klage ebenfalls ohne Erfolg. Wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, dürften Abwehrrechte gegen den Betrieb des Außengrills im westlichen Biergarten bereits verwirkt sein. Abgesehen davon ist auch im Berufungsverfahren nicht substantiiert vorgetragen worden, dass und in welchem Umfang es auf dem Grundstück der Kläger aufgrund dieses Außengrills zu Geruchsbelästigungen kommt. Dass auf der östlichen Außenterrasse Grillveranstaltungen stattgefunden haben, ist nicht vorgetragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 159 Satz 1 und 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die unterschiedliche Kostenquotelung für die Verfahren I. und II. Instanz beruht auf dem unterschiedlichen Umfang des Streitgegenstandes in den beiden Instanzen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.