OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.10.2009 - 5 E 1011/09
Fundstelle
openJur 2011, 69674
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren erster Instanz durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 29. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfah-rens; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Die Beschwerde des Klägers ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt L. aus T. zu Recht abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO). Der streitige Kostenbescheid des Beklagten vom 18. Februar 2009, mit dem der Kläger zu den Kosten für die Sicherstellung und Tierheimunterbringung des Hundes "K. " herangezogen worden ist, wird sich voraussichtlich als rechtmäßig erweisen.

Der angegriffene Bescheid dürfte seine Rechtsgrundlage in § 77 Abs. 1 VwVG NRW i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nrn. 1, 7 und 8 KostO NRW finden.

Die formelle Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Kläger vor dessen Erlass entgegen § 28 Abs. 1 VwVfG NRW nicht angehört worden ist. Dieser formelle Mangel ist gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG NRW zwischenzeitlich geheilt worden. Der Kläger hatte bereits Gelegenheit, seine Argumente im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens vorzutragen. Der Beklagte hat sich mit dem Vorbringen in seiner Klageerwiderung und in dem weiteren Schriftsatz vom 25. Juni 2009 auseinandergesetzt. Dies genügt den Anforderungen, die § 28 Abs. 1 VwVfG NRW an eine ordnungsgemäße Anhörung stellt.

Der Kostenbescheid ist voraussichtlich auch materiell rechtmäßig. Die Kostenheranziehung des Klägers dürfte schon deshalb dem Grunde nach berechtigt sein, weil die zugrunde liegende Amtshandlung (Sicherstellung und Unterbringung des Hundes) mit Rechtsmitteln nicht mehr angefochten werden kann und daher rechtlich Bestand hat.

Vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Beschluss vom 7. November 2007 - 9 A 4822/05 -, NWVBl. 2008, 231; BVerwG, Urteil vom 7. August 2008 - BVerwG 7 C 7.08 -, BVerwGE 131, 346.

Mit Ordnungsverfügung vom 29. November 2007 hat der Beklagte unter Anordnung der sofortigen Vollziehung den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Haltererlaubnis abgelehnt, ihm die Haltung seines American Staffordshire Terrier-Mischlingsrüden "K. " untersagt sowie die am 27. November 2007 erfolgte Sicherstellung und Verbringung des Hundes in eine Tierheimeinrichtung bestätigt. Des Weiteren hat der Beklagte angeordnet, dass dem Kläger das Tier dauerhaft entzogen und an eine geeignete Person weitervermittelt wird. Darüber hinaus hat er ausgeführt, dass der Kläger die Kosten für die Sicherstellung des Hundes und dessen Unterbringung im Tierheim bis zur Weitervermittlung zu tragen hat. Die dem Kläger am 1. Dezember 2007 zugestellte Ordnungsverfügung ist nach Aktenlage bestandskräftig. Der Kläger hat nicht einmal selbst behauptet, dagegen Klage erhoben zu haben.

Ungeachtet dessen dürfte der angegriffene Kostenbescheid auch dann nicht zu beanstanden sein, wenn die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Amtshandlung vorauszusetzen wäre. Die Sicherstellung des Hundes "K. " und dessen Unterbringung im Tierheim im Zeitraum vom 27. November 2007 bis zu dessen Weitervermittlung am 22. September 2008 ist nach derzeitigem Sach- und Streitstand rechtlich bedenkenfrei. Zur weiteren Begründung nimmt der Senat gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug auf die Ausführungen in dem angegriffenen Beschluss (vgl. Beschlussabdruck, S. 2, zweiter Absatz bis vorletzter Absatz), die durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräftet werden.

Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, er sei im Zeitpunkt der Sicherstellung nicht (mehr) Eigentümer des Hundes gewesen, weil er diesen zuvor an Herrn O. veräußert habe. Die behördlichen Anordnungsbefugnisse nach § 12 Abs. 2, § 15 Abs. 1 LHundG NRW, § 24 Nr. 13 OBG NRW i.V.m. § 43 Nr. 1 PolG NRW knüpfen an die Haltereigenschaft des Betroffenen an. An der Fortdauer der Haltereigenschaft des Klägers im maßgeblichen Zeitpunkt der Sicherstellung bestehen keine durchgreifenden Zweifel. Nach Aktenlage war Herr O. mit Blick auf § 5 Abs. 6 Satz 1 LHundG NRW nicht bereit, die Verantwortlichkeit als Hundehalter zu übernehmen, und hat das Tier unmittelbar zurückgegeben. Gemäß § 5 Abs. 6 Satz 1 LHundG NRW darf die Abgabe und Veräußerung eines gefährlichen Hundes nur an Personen erfolgen, die im Besitz einer Erlaubnis nach § 4 LHundG NRW sind. Dadurch soll verhindert werden, dass gefährliche Hunde in den Besitz von Personen gelangen, die die hierzu erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllen.

Vgl. Begründung zum Gesetzentwurf zum LHundG NRW, LT-Drs. 13/2387, S. 26.

Gegen diese Halterpflicht hat der Kläger verstoßen, weil Herr O. nicht im Besitz einer Haltererlaubnis war. Bei dieser Sach- und Rechtslage durfte der Beklagte den Kläger weiter als Halter ansehen. Danach kann offen bleiben, ob § 134 BGB der Wirksamkeit der von dem Kläger geltend gemachten Übereignung des Hundes entgegensteht.

Der Einwand des Klägers, er habe unverzüglich die Freigabe des Hundes erklärt und jedenfalls dadurch das Eigentum an dem Hund aufgegeben, dringt nicht durch. Die nachträgliche Dereliktion lässt weder die zuvor begründete Verantwortlichkeit des Halters nach §§ 17 Abs. 1, 18 OBG NRW noch die Kostentragungspflicht entfallen (vgl. auch § 18 Abs. 3 OBG NRW).

Vgl. Sailer, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. (2007), Kap. M Rn. 36.

Der Kostenbescheid wird sich voraussichtlich auch der Höhe nach als rechtmäßig erweisen. Auf die Möglichkeit einer Einschläferung des Tieres und eine dadurch bedingte Reduzierung der Unterbringungskosten kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Eine Einschläferung kam unter den gegebenen Umständen mit Blick auf Art. 20a GG, § 17 Nr. 1 TierSchG ersichtlich nicht in Betracht. Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass die Kostenbelastung unzumutbar ist. Mit Recht hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass der Kläger durch sein ordnungswidriges Verhalten die Kosten veranlasst hat. Gemessen daran begegnet es keinen Bedenken, dass der Beklagte dem Kläger die Kosten der Unterbringung im Tierheim in vollem Umfang auferlegt hat. Die Anrechnung einer Unterbringungsdauer bis zur Weitervermittlung von wie hier knapp 10 Monaten ist nicht unangemessen. Die geltend gemachte eingeschränkte finanzielle Leistungsfähigkeit des Klägers führt nicht zu einer abweichenden rechtlichen Bewertung. Diesem Gesichtspunkt kann gegebenenfalls im Rahmen der Vollstreckung - z.B. durch Vereinbarung einer Ratenzahlung - Rechnung getragen werden.

Ohne Erfolg wendet der Kläger schließlich ein, er sei über die Fortdauer der Tierheimunterbringung nicht unterrichtet gewesen und hätte demnach nicht die Möglichkeit gehabt, die Unterbringungskosten zu reduzieren, indem er selbst und schneller als der Beklagte eine zur Haltung von "K. " geeignete Person gefunden hätte. In der Ordnungsverfügung vom 29. November 2007 hat der Beklagte den Kläger deutlich auf die Kostentragungspflicht hingewiesen. Unerheblich ist, dass der Beklagte auf das Telefaxschreiben des Klägers vom 7. Januar 2008 nicht reagiert hat. Nach derzeitigem Sach- und Streitstand ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte damit einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat. Der Kläger konnte daraus nicht ableiten, der Beklagte würde an der bereits bestandskräftigen Ordnungsverfügung vom 29. November 2007 und dem angekündigten Ergehen eines gesonderten Kostenbescheids nicht festhalten. Es wäre an ihm gewesen, sich gegebenenfalls weitergehend bei dem Beklagten über den Sachstand zu informieren.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 166 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.