LG Aachen, Beschluss vom 11.12.2009 - 3 T 433/09
Fundstelle
openJur 2011, 69288
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 18 K 421/02

Zwangsversteigerung eines Grundstücks trotz Androhung des Selbstmordes eines Angehörigen des Schuldners

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1) hat die gerichtlichen Kosten und Auslagen des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 4) wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 4) hat die gerichtlichen Kosten und Auslagen des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Auf Antrag der Beteiligten zu 2) ordnete das Amtsgericht Aachen mit Beschluss vom 6. Januar 2003 die Wiederversteigerung des eingangs näher bezeichneten Grundstücks an. Die Beteiligte zu 1) hatte das Eigentum an dem ursprünglich ihrer Mutter, Frau S (geboren am ......), gehörenden Grundstück im Wege der Zwangsversteigerung durch den vollstreckbaren Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Aachen vom 18. September 2002 - 18 K 120/01 - zu einem Meistgebot von 182.000,00 € erworben, das Meistgebot indes nicht bedienen können. Das Amtsgericht Aachen setzte im vorliegenden Verfahren den Verkehrswert der Immobilie durch Beschluss vom 14. August 2003 auf 207.500,00 € fest und bestimmte Versteigerungstermin auf den 10. Dezember 2003. Dieser Termin führte indes nicht zur Erteilung des Zuschlags: Nachdem die Beteiligte zu 1) unter Vorlage ärztlicher Atteste die einstweilige Einstellung des Verfahrens mit der Begründung beantragt hatte, es bestehe im Falle der Fortführung des Versteigerungsverfahrens unmittelbare Gefahr für Leib und Leben ihrer Mutter, Frau Waltraud S, wurde das Verfahren auf Bewilligung der Beteiligten zu 2) einstweilen eingestellt. Auf Antrag der Beteiligten zu 2) setzte das Vollstreckungsgericht das Verfahren allerdings fort und bestimmte Termin zur Zwangsversteigerung nunmehr auf den 10. November 2004. In diesem Termin blieb die Beteiligte zu 2) Meistbietende. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) stellte jedoch erneut Schuldnerschutzantrag nach § 765a ZPO gestützt darauf, dass die Mutter der Schuldnerin für den Fall der Zuschlagserteilung suizidgefährdet sei. Das Amtsgericht Aachen wies den Antrag der Beteiligten zu 1) durch Beschluss vom 26. November 2004 zurück und erteilte der Beteiligten zu 2) den Zuschlag. Diesen hob allerdings auf sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) der Einzelrichter des erkennenden Beschwerdegerichts durch Beschluss vom 2. Juni 2006 auf. Die Beschwerdeentscheidung stützte sich maßgeblich auf die Feststellungen des vom Beschwerdegericht beauftragten Sachverständigen Dr. I, der die Mutter der Schuldnerin untersucht und sein Gutachten unter dem 21. Mai 2006 vorgelegt hatte. In den Gründen des Beschlusses vom 2. Juni 2006 führte der Einzelrichter unter anderem aus:

"Für das weitere Verfahren nach Ablauf der Einstellungsfrist wird zu berücksichtigen sein, ob die Beteiligte zu 1) nachweist, dass sich Ihre Mutter nunmehr an die Empfehlungen des Sachverständigen Dr. I hält, namentlich, ob sie sich wegen der bestehenden Suizidalität in fachpsychiatrische Behandlung mit der Möglichkeit einer suffizienten psychopharmakologischen und psychotherapeutische Therapie begibt [...] ob (und gegebenenfalls welche) Erfolge hierbei erzielt werden und welche Änderungen sich gegebenenfalls für die bestehenden vorstehend geschilderten Gründe nach § 765a ZPO ergeben. [...] Das Beschwerdegericht hat von entsprechenden Auflagen zur Beibringung entsprechender Nachweise an die Schuldnerin (vgl. insoweit BVerfG NJW 2004, 49 [50], BGH NJW 2006, 508, LG Krefeld Rechtspfleger 1996, 363) im Hinblick auf die auszusprechende Einstellung des Verfahrens bislang abgesehen. Bei etwaigen künftigen Entscheidungen über die Frage einer etwaigen nochmaligen Einstellung des Verfahrens wird das Verhalten der Schuldnerin und Ihrer Mutter, die nunmehr einen zeitlichen Aufschub und damit die Gelegenheit zur Aufnahme einer entsprechenden therapeutischen Behandlung erhalten, insoweit kritisch zu beleuchten sein, vor allem im Hinblick auf ein ernsthaftes Bemühen um eine Verringerung des Suizidrisikos, aber auch im Hinblick auf die subjektiven Möglichkeiten von Frau S."

Auf Antrag der Beteiligten zu 2) bestimmte das Vollstreckungsgericht unter dem 17. April 2007 erneuten Versteigerungstermin auf den 8. August 2007. Am 7. August 2007 stellt die Beteiligte zu 1) erneut Schuldnerschutzantrag und trug vor, ihre Mutter befinde sich zwar seit 9 Wochen in stationärer Behandlung von Dr. I in den Rheinischen Kliniken E, sei aber noch nicht hinreichend stabilisiert worden, um eine Versteigerung des Grundstücks ertragen zu können. Im Versteigerungstermin am nächsten Tage blieb erneut die Beteiligte zu 2) Meistbietende mit einem Meistgebot von 145.250,00 €. Daraufhin erteilte das Amtsgericht Aachen durch Beschluss vom 21. August 2007 der Beteiligten zu 2) unter gleichzeitiger Zurückweisung des Schuldnerschutzantrages den Zuschlag an die Meistbietende und führte zur Begründung unter anderem aus, der Beteiligten zu 2) sei ein weiteres Zuwarten nicht zuzumuten, zumal sich die Mutter der Beteiligten zu 1) offensichtlich erst unter dem Druck des erneuten Versteigerungstermins in Behandlung begeben und zuvor keine ernsthaften Bemühungen um eine Verbesserung ihres Zustandes unternommen habe. Hiergegen wandte sich die Beteiligte zu 1) erneut mit sofortiger Beschwerde vom 4. September 2007 mit dem Antrag, den Zuschlagsbeschluss aufzuheben und das Verfahren einstweilen einzustellen. Sie machte geltend, ihre Mutter sei den Vorgaben aus dem landgerichtlichen Beschluss vom 2. Juni 2006 nachgekommen. Im Übrigen bestehe weiterhin eine akute Suizidgefahr für den Fall der Zuschlagserteilung. Die Kammer holte ein erneutes Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dr. I ein, das dieser am 25. Januar 2008 vorlegte. Darin führt dieser unter anderem aus:

"… Nach einer Reihe von Schicksalsschlägen in den letzten Jahren, die teils durch familiäre und soziale (berufliche) Verlusterlebnisse teils durch somatische, Traumatisierungen entstanden (Multimorbidität, vielfache Hospitalisierungen, schwere operative Eingriffe, insulinpflichtiger Diabetes mellitus etc.), hat sich bei Frau S eine depressive Disposition entwickelt, die bei zusätzlicher aktueller psychosozialer Belastung exacerbiert (wiederaufflackert). Hierbei hat neben emotional belastenden familiären Ereignissen (so zuletzt schwere Wirbelsäulenverletzung des Ehemannes) die drohende Zwangsversteigerung des Elternhauses, das für Frau S einen hohen gefühlsmäßigen und symbolischen Wert behält mit dem Charakter einer letzten Sicherheit spendenden und Zuflucht gewährenden Stätte, die größte destabilisierende Bedeutung. Frau S, die seit Jahren latent lebensmüde erscheint, reagiert regelmäßig akut suizidal in Situationen, die mit der Thematik des Hausverlustes direkt (erneuter Zwangsversteigerungstermin) oder indirekt (zum Beispiel Anwaltskorrespondenzen etc.) in Zusammenhang stehen. Nachdem Frau S bei solchen Gelegenheiten bereits mehrfach Suizidversuche durch Insulininjektionen in Überdosierung begangen hatte, muss nach Angaben der Familienangehörigen aus der diesbezüglichen ständigen Sorge heraus eine kontinuierliche personelle Begleitung, Betreuung und Kontrolle erfolgen. Nur während der Präsenz der Familie vermag Frau S die gefürchtete Bedrohung zu verdrängen und sich abzulenken, wobei aber eine basale Angst und depressive Grundstimmung fast stets vorhanden bleibe [...]

Während des stationären Aufenthaltes (Behandler war der Gutachter) stellte sich heraus, dass Frau S bezüglich ihrer depressiven und Angstsymptomatik ein Bewältigungsverfahren entwickelt hat, das durch Verdrängung, Aufsuchen von mitmenschlicher Gesellschaft zur Ablenkung, helfersyndromartigen Verhalten etc. gekennzeichnet ist. Ein Verdrängungsmechanismus steht ganz im Vordergrund [...]

Frau S wurde mehrfach nachdrücklich darauf hingewiesen dass, sowohl hinsichtlich der individuellen psychischen Situation, aber auch, um entsprechenden Forderungen im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens ihres Hauses Rechnung zu tragen, unbedingt eine weiterführende ambulante Therapie notwendig sei [...].

Wie Frau S dem Gutachter aktuell erklärte, habe sie beiden Empfehlungen aufgrund der oben genannten erneuten langzeitigen somatischstationären Behandlungen bisher noch nicht nachkommen können. Die Fortsetzung der psychopharmakologischen Behandlung sei allerdings durch die Hausärztin gewährleistet worden [...].

Grundsätzlich hat sich die depressive und bei Zuspitzung suizidale Reaktionsbereitschaft bei Frau S, die nicht nur, aber insbesondere an das Zwangsversteigerungsverfahrens ihres Hauses gekoppelt ist, nicht geändert. Ein stationärer Aufenthalt in den Rheinischen Kliniken E vom Juni bis August 2007 diente lediglich einer Krisenintervention wegen erneuter Depressivität und latenter Suizidalität und latenter Suizidalität bei Herannahen eines erneuten Termins in der Zwangsversteigerungssache [...].

Angesichts von Suizidversuchen im Rahmen dieser Thematik in der Vergangenheit (Einspritzung von Überdosierung von Insulin) muss diese Suiziddrohung weiterhin sehr ernst genommen werden. Der beste Suizidschutz für Frau S besteht natürlich darin, ihr Elternhaus weiterhin als Lebensmittelpunkt zu belassen. Ist dies nicht möglich, so müsste bereits vor Erfolgen der Zwangsvollstreckung eine geschlossenpsychiatrische Unterbringung Frau Ss zur Suizidprophylaxe erfolgen. Freilich ist damit die Wahrscheinlichkeit einer ernst zu nehmenden Selbsttötung nur zu verringern, nicht gänzlich aufzuheben. …"

Auf das Sachverständigengutachten vom 25. Januar 2008 wird im Übrigen ergänzend Bezug genommen (Blatt 448 - 470 d.A.). Die Beteiligten zu 1) und zu 2) verblieben hierauf bei ihren Rechtsstandpunkten. Durch Beschluss vom 21. Juli 2008 hob das erkennende Beschwerdegericht auch den Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Aachen vom 31. August 2007 auf und versagte erneut den Zuschlag. Gleichzeitig stellte es das Zwangsversteigerungsverfahren gemäß § 765a ZPO für die Dauer von drei Monaten ab Zustellung desselben Beschlusses einstweilen ein, allerdings unter der Auflage, dass die Beteiligte zu 1) binnen eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses gegenüber dem Vollstreckungsgericht nachweise, dass sie unter Vorlage dieses Beschlusses beim örtlich zuständigen Vormundschaftsgericht die Einrichtung einer Betreuung für Frau S mit dem Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmungsrecht, Entscheidung über die geschlossene Unterbringung beantragt habe mit dem Ziel, auf Antrag des Betreuers durch das Vormundschaftsgericht die dauerhafte geschlossene Unterbringung von Frau S bis zur völligen Entaktualisierung ihrer Suizidneigungen herbeizuführen. Die einstweilige Einstellung des Verfahrens erfolgte nach Maßgabe des Tenors des Beschlusses vom 31. Juli 2008 nur für den Fall, dass die Beschwerdeführerin den vorstehend beschriebenen Auflagen nicht fristgerecht nachkomme. Das Beschwerdegericht wies für den Fall der Fortsetzung des Verfahrens bei Nichterfüllung der Auflagen das Vollstreckungsgericht an, seinerseits den vorbezeichneten Antrag bei dem Vormundschaftsgericht zu stellen und in jedem Falle einen Zuschlag nur zu erteilen, wenn sichergestellt sei, dass Frau S zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung entweder nach Betreuungsrecht oder nach den Vorschriften des PsychKG NW untergebracht sei oder dass eine Unterbringung vom Vormundschaftsgericht nach beiden Rechtsinstituten abgelehnt worden sei. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf Blatt 480 ff. d.A. ergänzend Bezug genommen. Mit Verfügung vom 28. August 2008 fragte die Rechtspflegerin bei dem Vollstreckungsgericht beim Vormundschaftsgericht in Aachen nach, ob für die Mutter der Schuldnerin ein Antrag auf Betreuung gestellt worden sei. Das Vormundschaftsgericht Aachen erteilte unter dem 29. August 2008 zunächst die Auskunft, dass dies nicht der Fall sei. Daraufhin beantragte die Beteiligte zu 2) die Fortsetzung des vorgenannten Versteigerungsverfahrens. Mit Beschluss vom 2. September 2008 setzte das Amtsgericht Aachen das vorliegende Versteigerungsverfahren fort. Hiergegen erhob die Beteiligte zu 1) sofortige Beschwerde und teilte mit, sie habe zwischenzeitlich Antrag auf Einrichtung eines Betreuungsverfahrens gestellt. Mit Beschluss vom 25. März 2009 bestellte die Richterin bei dem Amtsgericht, Vormundschaftsgericht, Aachen Herrn S1 in B1 zum Betreuer der Frau S mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung und Vermögenssorge bis zum 20. März 2011. Das Amtsgericht Aachen, Vollstreckungsgericht, holte sodann ein neues Sachverständigengutachten zum Wert des Objekts ein, welches der Sachverständige Dr. P in I1 unter dem 4. Mai 2009 vorlegte. Er schätzt darin den Wert des verfahrensgegenständlichen Grundstücks auf nunmehr nur noch 153.000 €. Nach Anhörung der Beteiligten setzte das Amtsgericht, Vollstreckungsgericht, Aachen durch Beschluss vom 9. Juni 2009 den Verkehrswert der verfahrensgegenständlichen Immobilie auf 153.000 € fest (Blatt 551 der Akten). Unter dem 6. Juli 2009 bestellte das Amtsgericht, Vollstreckungsgericht, Aachen Termin zur Zwangsversteigerung der verfahrensgegenständlichen Immobilie auf Freitag, den 2. Oktober 2009 - 9:00 Uhr. Die Terminsveröffentlichung wurde öffentlich bekannt gemacht, insbesondere im Internet unter www.ZVG-Portal.de seit dem 13. Juli 2009 (Bl. 562 d.A.). Die Terminsbestimmung wurde den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) und dem Betreuer von Frau S am 14. Juli 2009 zugestellt (Bl. 566, 568 d.A.). Unter dem 17. September 2009 schrieb das Amtsgericht, Vollstreckungsgericht, Aachen den Betreuer der Frau S dahingehend an, dass im vorliegenden Verfahren Zuschlag an den Meistbietenden nur dann erteilt werden dürfe, wenn Frau S entweder nach Betreuungsrecht untergebracht sei oder aber eine solche Betreuung durch das Vormundschaftsgericht abgelehnt worden sei; mit Rücksicht auf den anstehenden Versteigerungstermin werde er gebeten, die erforderlichen Schritte zu unternehmen. Durch Schreiben vom 8. September 2009 erklärte der Betreuer der Frau S hingegen, er sehe momentan keinen Grund für einen Antrag auf Unterbringung nach Betreuungsrecht. Denn nach Rücksprache mit dem behandelnden Psychologen, Herrn G, I1, bestehe momentan keine akute Gefährdung. Eine Unterbringung nach PsychKG NW sei wegen fehlender Fremdgefährdung ebenfalls nicht möglich und nötig. Natürlich werde er den Gesundheitszustand von Frau S weiterhin beobachten und regelmäßig Rücksprache mit dem behandelnden Arzt halten oder einer Veränderung sofort reagieren zu können. Durch Schreiben vom 23. September 2009 schrieb die Rechtspflegerin des Vollstreckungsgerichts das Vormundschaftsgericht Aachen unter Vorlage des Beschlusses der Kammer vom 21. Juli 2008 und des Schreibens des Betreuers an und bat um Prüfung der Frage der Unterbringung bzw. deren Ablehnung (Bl. 578 d.A.).

Im Termin zur Zwangsversteigerung vom 2. Oktober 2009 erschienen sodann unter anderem Herr S, der Vater der Beteiligten zu 1) und Ehemann der Frau S, sowie der Beteiligte zu 4). Die Versteigerungsbedingungen, wegen deren genauen Inhalts auf das Versteigerungsprotokoll (Blatt 581 bis 590 d.A.) ergänzend Bezug genommen wird, sahen für das geringste Gebot u.a. einen durch Zahlung zu berichtigenden Betrag von 13.000 € vor und keine bestehen bleibenden Rechte Dritter. Die Rechtspflegerin wies im Übrigen im Termin darauf hin, "dass die Mutter der Schuldnerin psychisch erkrankt ist und vor dem Hintergrund der landgerichtlichen Entscheidung vom 21.07.2008 - 3 T 350/07 - die Erteilung des Zuschlages ausgesetzt wird." Den Erschienenen wurde der Tenor der Entscheidung erläutert (Bl. 583 d.A.) Nachdem das Vollstreckungsgericht um 9:05 Uhr zur Abgabe von Geboten aufgefordert hatte, blieb der Beteiligte zu 4) mit einem Meistgebot von 107.200,00 € Meistbietender bis zum Ende der Bietzeit um 9:38 Uhr. Die Rechtspflegerin bei dem Vollstreckungsgericht beraumte daraufhin Termin zur Verkündung der Entscheidung über den Zuschlag an auf Mittwoch, den 21. Oktober 2009. Unter dem 2. Oktober 2009 fasste die Richterin bei dem Amtsgericht Aachen, Betreuungsgericht, den Beschluss, die Unterbringung der Frau S werde abgelehnt (Bl. 592 d.A.). Zur Begründung führte die Betreuungsrichterin aus, die Rechtspflegerin der Zwangsversteigerungsabteilung habe zwar im Hinblick auf das Versteigerungsverfahren um Prüfung der Frage der Unterbringung beziehungsweise deren Ablehnung gebeten. Eine Unterbringung könne indes derzeit nur abgelehnt werden. Denn die Voraussetzungen nach den §§ 12,14 PsychKG NW lägen nicht vor. Ferner fehle es an einem Antrag des Betreuers auf Genehmigung der geschlossenen Unterbringung nach § 1906 BGB. Schlussendlich komme auch eine Unterbringung durch das Gericht nach § 1846 BGB nicht in Betracht. Denn nach dieser Vorschrift könne das Gericht die Entscheidung des Betreuers ersetzen, wenn dieser noch gar nicht bestellt oder zwar bestellt, aber verhindert sei. Beides sei indes nicht der Fall. Der Betreuer sei bestellt und erreichbar. Er habe sich ausdrücklich gegen Unterbringung ausgesprochen. Ein Fall des § 1846 BGB sei nicht gegeben. Ferner lägen die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Unterbringung der Frau S ausweislich des Schreibens des Betreuers vom 18. September 2009 nicht vor. Durch Schreiben vom 20. Oktober 2009 stellte die Beteiligte zu 1) erneut Schuldnerschutzantrag mit der Begründung, ihre Mutter habe noch einmal erklärt, dass sie das Haus nur "mit den Füßen voraus" verlassen werde. Der Zuschlag sei zu versagen oder das Zwangsversteigerungsverfahren einstweilen einzustellen. Durch am 21. Oktober 2009 verkündeten Beschluss (Blatt 598 d.A.) erteilte die Rechtspflegerin des Amtsgerichts, Vollstreckungsgericht, Aachen dem Beteiligten zu 4) den Zuschlag über die verfahrensgegenständlichen Immobilie für einen durch Zahlung zu berichtigenden Betrag von 107.200,00 €, bei keinen im Grundbuch bestehen bleibenden Rechten und auch im Übrigen zu den durch die Versteigerungsbedingungen vorgesehenen Bedingungen. In dem Beschluss weist die Rechtspflegerin des Vollstreckungsgerichts den Antrag der Beteiligten zu 1) vom 20. Oktober 2009 auf Gewährung von Vollstreckungsschutz zurück. In den Gründen des Beschlusses wird ausgeführt, nach Ansicht des Vollstreckungsgerichts sei die Mutter der Beteiligten zu 1) durch den Beschluss der Kammer vom 21. Juli 2008 - 3 T 350/07 - umfassend geschützt. Vor der Erteilung des Zuschlages habe das Vormundschaftsgericht in seinem Beschluss vom 2. Oktober 2009 die Unterbringung der Betreuten im Hinblick auf ihren jetzigen psychischen Allgemeinzustand abgelehnt. Somit sei die Auflage des landgerichtlichen Beschlusses erfüllt. Anderweitige Gründe für eine Einstellung nach der sehr eng auszulegenden Vorschrift von § 765a ZPO seien nicht vorgetragen, der Zuschlag daher zu erteilen. Gegen den ihren Verfahrensbevollmächtigten am 23 Oktober 2009 zugestellten Beschluss erhebt die Beteiligte zu 1) durch Schriftsatz vom 3. November 2009, eingehend bei Gericht am 4. November 2009, abermals sofortige Beschwerde. Eine weitere Begründung hat sie angekündigt, indes nicht zu den Akten gereicht. Am 6. November 2009 legte nunmehr auch der Beteiligte zu Ziffer 4) sofortige Beschwerde gegen den Zuschlagsbeschluss ein. Zur Begründung führte er aus, er habe die Erläuterungen des Gerichts im Zwangsversteigerungstermin so verstanden, dass der Zuschlag nur dann erteilt werden könne, wenn die psychisch kranke und suizidgefährdete Mutter der Schuldnerin aus dem Hause ausgezogen beziehungsweise in eine entsprechende Einrichtung eingewiesen worden sei. Solange sie indes noch dort wohne, sei er nicht zur Zahlung bereit und ziehe sein Meistgebot daher zurück. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.

II.

Die sofortigen Beschwerden der Beteiligten zu 1) und zu 4) sind statthaft gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 96 ZVG, 793, 567 ff. ZPO und auch im Übrigen in formeller Hinsicht unbedenklich.

In der Sache haben beide Rechtsmittel indes keinen Erfolg. Gemäß § 100 Abs. 1 ZVG kann die sofortige Beschwerde gegen einen Zuschlagsbeschluss nur darauf gestützt werden, dass eine der Vorschriften der §§ 81, 83 - 85 a ZVG verletzt oder dass der Zuschlag unter anderen als den der Versteigerung zugrunde gelegten Bedingungen erteilt worden ist. Diese Aufzählung der Beschwerdegründe ist erschöpfend. Deshalb dürfen nur sie vom Beschwerdegericht nachgeprüft werden, wobei eine Verletzung der §§ 81, 83 Nr. 1 - 5, 84 - 85 a ZVG zusätzlich nur dann zu beachten ist, wenn eine entsprechende Rechtsverletzung von dem Beschwerdeführer ausdrücklich gerügt worden ist. Lediglich die in § 83 Nr. 6 und Nr. 7 ZVG bezeichneten Versagungsgründe hat das Beschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigen (§ 100 Abs. 3 ZVG).

1.)

Insbesondere die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist unbegründet. Der angefochtene Zuschlagsbeschluss ist nicht unter Verletzung der gemäß § 100 Abs. 3 ZVG von Amts wegen zu beachtenden Bestimmung des § 83 Nr. 6 ZVG ergangen, der eine Zuschlagsversagung für den Fall vorsieht, dass die Zwangsversteigerung aus einem "sonstigen Grunde" unzulässig ist. Zu derartigen, sonstigen Gründen zählen zwar grundsätzlich insbesondere Verstöße gegen die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung als Erfordernisse der Verfahrensanordnung und -durchführung und alle Hinderungsgründe, die den Fortgang der Zwangsvollstreckung aufhalten, somit die Schuldnerinteressen wahrenden Aufhebungs- und Einstellungsgründe (vgl. Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz, 19. Auflage 2009, § 83 Rdn. 4). Am Maßstab dieser Grundsätze ist eine erneute Versagung des Zuschlages und einstweilige Einstellung des Verfahrens gemäß §§ 100 Abs. 3, 83 Nr. 6 ZVG i.V.m. § 765a ZPO unter Berücksichtigung der guten Sitten im Hinblick auf die beachtenswerten Interessen der Gläubigerin unter keinem denkbaren Aspekt mehr zumutbar oder auch nur vertretbar. Vielmehr zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht Aachen, Vollstreckungsgericht, den Antrag der Beteiligten zu 1) auf Bewilligung von Vollstreckungsschutz gemäß § 765a ZPO, zurückgewiesen. Nach § 765a ZPO ist eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme auf Antrag des Schuldners (nur) dann ganz oder teilweise aufzuheben, zu untersagen oder einstweilen einzustellen, wenn die Maßnahme ansonsten unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeuten würde, die mit den guten Sitten schlechthin unvereinbar wäre, insbesondere den elementaren Wertentscheidungen des Grundgesetzes zuwiderliefe. Ebenso wenig wie bei der Zwangsräumung schließt eine bestehende Suizid- oder sonstige Lebensgefahr für den Schuldner oder einen ihm nahestehenden Verwandten die Zuschlagserteilung im Rahmen der Zwangsversteigerung von vornherein vollständig aus. Vielmehr ist unter Berücksichtigung der auch in der Zwangsvollstreckung geschützten Grundrechte auch des Schuldners und der grundsätzlichen Wertentscheidungen des Grundgesetzes eine umfassende Würdigung aller Umstände vorzunehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. November 2005 - V ZB 99/05, NJW 2006, 505 [506] m.w.N.; BGH Beschluss vom 4. Mai 2005 - I ZB 10/05, NJW 2005, 1859; BGH Beschluss vom 14. Juni 2007 - V ZB 28/07, NJW 2007, 3719; BGH Beschluss vom 13. März 2008 - I ZB 59/07, NJW 2008, 1742; BVerfG, Beschluss vom 25. September 2003 - I BvR 1920/03, NJW 2004, 49, BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2007 - 1 BvR 501/07, NJW 2007, 2910). Diese Interessenabwägung kann allerdings im Einzelfall dazu führen, dass die Vollstreckung für einen längeren Zeitraum und - in absoluten Sonderfällen - auf unbestimmte Zeit einzustellen ist. Selbst dann, wenn mit einer Zwangsvollstreckung eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Schuldners oder eines nahestehenden Angehörigen verbunden ist, kann eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung nicht ohne weiteres einstweilen eingestellt werden. Erforderlich ist stets die Abwägung der - in diesen Fällen ganz besonders gewichtigen - Interessen der Betroffenen mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers. Auch dieser kann sich auf seine Grundrechte berufen, deren Schutz und Durchsetzung das Zwangsvollstreckungsverfahren gerade zu dienen bestimmt ist. Unterbleiben Räumungsvollstreckung oder Zuschlagserteilung wegen der Annahme einer Suizidgefahr, die immerhin auch bei sorgfältiger fachlicher Prüfung nur auf der Beurteilung von Wahrscheinlichkeiten beruhen kann, wird in das Grundrecht des Gläubigers auf Schutz seines Eigentums eingegriffen und sein verfassungsrechtlich verankerter Anspruch auf effektiven Rechtsschutz desselben beeinträchtigt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. November 2005 - V ZB 99/05, NJW 2006, 505 [506]). Unter Beachtung des Vorstehenden geht die Kammer davon aus, dass die Abwägung der widerstreitenden Interessen der Verfahrensbeteiligten zugunsten der Beteiligten zu 2) ausfällt, wobei im Einzelnen folgende Erwägungen maßgeblich waren:

(a.) Die Kammer geht allerdings auf der Grundlage der bisher eingeholten Sachverständigengutachten und des weiteren Vortrages der Beteiligten zu 1), die mitteilte, Ihre Mutter werde das Haus "nur noch mit den Füßen voran verlassen", weiterhin davon aus, dass sich die Mutter der Schuldnerin nach gutachterlich belegter, fachärztlicher Einschätzung für den Fall der Zuschlagserteilung auch weiterhin in einer derartig hohen Gefahr einer Selbsttötung befindet, dass nach menschlichem Ermessen davon ausgegangen werden muss, dass sie bei Bestätigung des Zuschlages an die Beteiligte zu 2) mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht nur mit dem Versuch einer Selbsttötung drohen, sondern diese auch tatsächlich und ernsthaft in die Tat umzusetzen versuchen würde. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass sich die gesundheitliche Situation der Mutter der Beteiligten zu 1) gebessert hätte. Insoweit nimmt die Kammer daher vollinhaltlich auf die Ausführungen in den Beschlüssen des erkennenden Beschwerdegerichts vom 21. Juli 2008 und 2. Juni 2006 ergänzend Bezug. Gestützt auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. I hatte die Kammer insbesondere festgestellt: "Nach der Einschätzung des gerichtlich beauftragten Sachverständigen, der der Kammer aus seiner gutachterlichen Tätigkeit insbesondere im Rahmen von Betreuungs- und sonstigen Freiheitsentziehungssachen als erfahren und nicht leichtfertig in seinem Urteil bekannt ist, besteht die ganz konkrete Besorgnis, dass sich die Mutter der Schuldnerin bei Fortdauer des Zwangsversteigerungsverfahrens, insbesondere durch endgültige Erteilung des Zuschlags, selbst töten werde. Diese gutachterlichen Aussagen, die die Richtigkeit der von der Schuldnerin vorgelegten Atteste bestätigen, sind durch nachvollziehbare und plausible Erwägungen gestützt und überzeugen die Kammer in Begründung und Ergebnis. Zum einen weist der Gutachter auf konkrete Überlegungen von Frau S zur Durchführung von Selbstmordversuchen hin sowie auf bereits (erfolglos) durchgeführte, aber im Hinblick auf die künftige Entwicklung ähnlich wie Vorbereitungshandlungen zu bewertende Versuche und schlussendlich auf die Tatsache, dass Frau S als Diabetikerin leicht über die Möglichkeit verfügt, sich selbst Insulinüberdosen zu verabreichen, wie auch in der Vergangenheit (wenn auch ohne tödlichen Ausgang) bereits geschehen."

(b.) Die Ausführungen des Gutachters beinhalten auch die Antwort auf die bei Fallgestaltungen der vorliegenden Art vorrangig zu treffende Feststellung, aus welchem Grund die Absicht zur Selbsttötung besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 24. November 2005 - V ZB 99/05, NJW 2006, 505 [507]). Läge der Grund nämlich lediglich darin, dass der Gefährdete die nach dem Zuschlag drohende Zwangsräumung, also den tatsächlichen Verlust seines bisherigen Lebensmittelpunktes fürchtet, hätte es ausgereicht, dass der Suizidgefahr durch einen Antrag auf einstweilige Einstellung der dem Versteigerungsverfahren folgenden Räumungsvollstreckung begegnet werden kann. Auf der Grundlage der gutachterlichen Einschätzung geht die Kammer allerdings davon aus, dass vorliegend bereits die mit der (endgültigen) Zuschlagserteilung einhergehende Gewissheit, bildlich gesprochen das Elternhaus zu verlieren, die Suizidgefahr der Mutter der Schuldnerin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit realisieren würde. Dies gilt auch in Anbetracht der Tatsache, dass die Mutter der Schuldnerin ihre erneut ausgesprochene Selbstmorddrohung an das "Verlassen" des Hauses knüpft, weil die Mutter der Schuldnerin nach der bisherigen gutachterlichen Feststellungslage offensichtlich die Frage des Unterliegens im Zwangsversteigerungsverfahren mit dem "Verlassen" des Hauses im übertragenen Sinne gleichsetzt (die zuletzt genannte Frage kann aber auch dahinstehen. Denn wäre die Suiziddrohung nur für den Fall einer Räumungsvollstreckung aktuell, wäre die sofortige Beschwerde schon aus diesem Grunde unbegründet).

(c.) Die Kammer hatte sodann sorgfältig zu prüfen, ob der wie vorstehend festgestellten, realen Gefahr nicht auch anders als durch (schlichte) Einstellung der Zwangsvollstreckung und Versagung des Zuschlages wirksam begegnet werden kann und wie man den widerstreitenden Interessen der Verfahrensbeteiligten vorliegend gerecht werden konnte. Hierbei kommt dem bisherigen Verfahrensablauf und insbesondere den Abwägungen, Anordnungen und Vorkehrungen aus dem Beschluss der Kammer vom 21. Juli 2008, dessen Maßgaben von dem Vollstreckungsgericht ordnungsgemäß befolgt wurden, größte Bedeutung zu. Die Kammer hält an ihrer dem Beschluss vom 21. Juli 2008 zugrunde liegenden Auffassung fest, dass die Interessen der Schuldnerin bei zumutbarer Befolgung der Auflagen, die die Kammer durch den vorherigen Beschluss auferlegt hat, hinreichend gewahrt sind, hingegen die Interessen der betreibenden Gläubigerin, die im vorliegenden Verfahren bereits in erheblichem Maße zurückzustecken hatte, in einer verfassungsrechtlichen Grundsätzen genügenden Weise nur noch durch Gewährung des Zuschlages gerecht zu werden ist.

(aa) Das Vollstreckungsgericht hat insbesondere nach Maßgabe des Beschlusses der Kammer vom 21. Juli 2008 alle seine Möglichkeiten ausgeschöpft, die Mutter der Schuldnerin vor Erteilung des Zuschlages in einer solchen Weise geschlossen unterbringen zu lassen, die den größtmöglichen (und vom Gutachter dringlich empfohlenen, Seite 21 des Gutachtens vom 25. Januar 2008, Bl. 468 d.A.) Schutz und die größtmögliche Kontrolle zur Vermeidung von Suizidversuchen der Mutter der Schuldnerin gewährleistet hätte. Die Kammer ist insoweit der Auffassung, dass die Vorgaben, die insbesondere durch den Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 14. Juni 2007 - V ZB 28/07 (NJW 2007, 3719 ff.) hinsichtlich der erforderlichen eigenen Bemühungen des Vollstreckungsgerichts gemacht werden, durch die Rechtspflegerin bei dem Vollstreckungsgericht Aachen auch unter Berücksichtigung des Beschlusses der Kammer vom 21. August 2008 vollauf beachtet wurden: Eine Möglichkeit, die Gefahr anders abzuwenden als durch Einstellung des Verfahrens und Versagung des Zuschlages, wäre insbesondere die Ingewahrsamnahme der Mutter der Schuldnerin nach polizeirechtlichen Vorschriften bzw. Unterbringung nach den einschlägigen Landesgesetzen gewesen (vgl. hierzu BGHZ 163, 66 [74], BGH, NJW 2006, 505 [507], NJW 2006, 508, 2007, 3719 [3720]). Allerdings sind solche begleitenden Maßnahmen nur dann geeignet, der Suizidgefahr entgegenzuwirken, wenn ihre Vornahme auch weitestgehend sichergestellt ist (vgl. BGH NJW 2006, 508). Daher hatte das Beschwerdegericht das Vollstreckungsgericht angewiesen, den Zuschlag nur zu erteilen, wenn eine entsprechende Unterbringung durch das zuständige Vormundschaftsgericht entweder ausgesprochen oder abgelehnt wurde. Insoweit hat das Vollstreckungsgericht das in seiner Macht stehende getan, um darauf hinzuwirken, dass die Mutter der Schuldnerin untergebracht wird. Hält aber das zuständige Vormundschaftsgericht eine Unterbringung zum Schutze des Lebens der Mutter der Schuldnerin nicht für erforderlich und wird diese Entscheidung bestandskräftig, so liegt darin eine Entscheidung der für die Frage der Unterbringung unter dem Gesichtspunkt der Selbstgefährdung primär zuständigen Stelle, die es im Regelfall gestattet, die Zwangsvollstreckung fortzusetzen (BGH NJW 2007, 3719 [3721]; vgl. Schuschke, NJW 2006, 876, 877). Da die Rechtspflegerin bei dem Vollstreckungsgericht schließlich selbst nicht berechtigt ist, ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts einzulegen, ist nicht ersichtlich, wie das Vollstreckungsgericht noch ein anderes Ergebnis in der Unterbringungssache vor Zuschlagserteilung hätte herbeiführen sollen. In gleicher Weise hat das Vollstreckungsgericht darauf hingewirkt, dass die Mutter der Schuldnerin nach den Grundsätzen des Betreuungsrechts untergebracht werden möge. Nachdem das Amtsgericht Aachen einen Betreuer bestellt und dieser sich allerdings trotz der sich abzeichnenden Entscheidung für einen Zuschlag geweigert hat, einen entsprechenden Antrag auf Unterbringung seiner Betreuten zu stellen, war zu beachten, dass das Amtsgericht Aachen durch Beschluss vom 2. Oktober 2009 die Unterbringung der Mutter der Schuldnerin auch nach Maßgabe von § 1846 BGB abgelehnt hat. Auch insoweit sind die Möglichkeiten des Vollstreckungsgerichts, die Mutter der Schuldnerin vor sich selbst zu schützen und gleichzeitig die Vermögensinteressen der Beteiligten zu 2) nicht völlig zu ignorieren, ausgeschöpft. Insbesondere der Betreuer hingegen hat sich hier offenbar darauf beschränkt, die Situation zwischen (der Mutter) der Schuldnerin und der betreibenden Gläubigerin in der für diese Fallkonstellationen typischen "Pattsituation" belassen: solange kein Zuschlag erteilt ist, geht es dem Suizidkandidaten den Umständen entsprechend gut und eine Unterbringung ist - vor allem aus seiner Sicht - nicht erforderlich, so dass er sich auch nicht zu freiwilligen Unterbringungsmaßnahmen veranlasst sieht. Erteilt werden kann der Zuschlag andererseits aber auch nicht so ohne weiteres, denn dann bestünde ja eine ungesicherte Gefahr, weil der Suizidkandidat nicht schon zuvor untergebracht ist. Die Kammer ist der Auffassung, dass diese Haltung der Suizidgefährdeten und ihres Betreuers mit der den Gefährdeten treffenden Obliegenheit, alles ihm Zumutbare zu tun (vgl. BGH NJW 2005, 1859), um an der Abwendung der Lebensgefahr mitzuwirken, schlechthin unvereinbar ist: Einmal ganz abgesehen davon, dass die Mutter der Schuldnerin sich trotz der seit vielen Jahren bekannten Problematik und der gutachterlicherseits erteilten Ratschläge nicht in freiwillig geschlossene Behandlung begeben hat, was jederzeit möglich gewesen wäre, kann, sofern sowohl der bestellte Betreuer als auch das zuständige Vormundschaftsgericht auch angesichts der bevorstehenden Zuschlagsentscheidung keinen Handlungsbedarf hinsichtlich einer zwangsweisen Unterbringung sehen, die Entscheidung über die Erteilung oder Versagung des Zuschlages nicht mehr in der Weise erfolgen, dass die Gefahr in anderer Weise abgewendet wird. Vielmehr wird die Mutter der Schuldnerin diese Gefahr nunmehr entweder hinnehmen müssen oder ihr Betreuer wird sie gegebenenfalls doch noch unterzubringen haben.

(bb.) Dass im Übrigen noch mildere Mittel als die schlichte Erteilung des Zuschlages, namentlich mehrfach erfolgte zeitweise Einstellungen des Verfahrens, in der Vergangenheit sich als zwecklos erwiesen haben, liegt im Übrigen auf der Hand: bloße Empfehlungen an die Mutter der Schuldnerin, sich behandeln zu lassen, haben über einen jahrelangen Zeitraum im Sinne einer hinreichenden Stabilisierung nichts erbracht (Dr. I empfahl bereits durch Gutachten vom 21. Mai 2006 dringlich eine "baldigst anzutretende psychiatrische Fachbehandlung mit der Möglichkeit einer suffizienten psychopharmakologischen und psychotherapeutischen Therapie", Bl. 314 d.A.). Woran genau dies letztlich gescheitert ist, sei es an Dickfelligkeit der Mutter der Schuldnerin, sei es an einer subjektiv nicht behebbaren Unfähigkeit sich erfolgreich therapieren zu lassen, kann dahin stehen. Die bisherigen Zeitaufschübe, die die Mutter der Schuldnerin durch die bereits zweifach erfolgte Zuschlagsversagung im Beschwerdeverfahren und die bereits zuvor erfolgte, bewilligte einstweilige Einstellung des Verfahrens haben sich jedenfalls nicht als erfolgreich erwiesen und es darf nunmehr unterstellt werden, dass die Mutter der Schuldnerin, gleich wie viel Zeit sie auch erhält, entweder nicht willens oder nicht in der Lage ist, sich erfolgreich gegen Ihre Suizidneigungen behandeln zu lassen, erst recht nicht auf freiwilliger Basis.

(cc.) Die Kammer weist abschließend in aller Deutlichkeit darauf hin, dass vorliegend keineswegs leichtfertig "Geld wichtiger erachtet wird als ein Menschenleben". Im Gegenteil ist vorliegend eine Konstellation gegeben, in der die Mutter der Schuldnerin in wirtschaftlich völlig aussichtsloser Situation ihren eigenen und ihrer Tochter Besitz auf Kosten der betreibenden Gläubigerin - vermögensrechtlich evident zu Unrecht (!) - zu verteidigen sucht, indem sie die Justiz und die finanzierende Bank moralisch dahingehend erpresst, dass man sie entweder in Ruhe lassen oder aber eben Schuld an ihrem Tode tragen soll. Soweit darin das Bestreben zum Ausdruck kommt, trotz der sicheren Erkenntnis, nicht sowohl das Haus als auch die eigene Gesundheit retten zu können, beides dennoch um jeden Preis zu verteidigen, kann dies nicht länger hingenommen werden. Alles andere wäre die Versagung jeglichen Grundrechtsschutzes an die Beteiligte zu 2), die die Situation der Mutter der Schuldnerin weder zurechenbar verursacht hat noch anderweitig dafür haftet, indes bisher die finanziell Leidtragende der erfolglosen Bemühungen um die Mutter der Schuldnerin war.

(d.) Schlussendlich sind vom Amtsgericht auch die Übrigen von Amts wegen zu beachtenden Vorschriften der §§ 83 Nr. 7, 43 Abs. 1, 73 Abs. 1 ZVG beachtet worden: Die Bestimmung des Versteigerungstermins ist entsprechend Ziffer 1.3 der AV d. JM vom 23. Mai 2007 (3750 - I. 3) - JMBl. NRW S. 134 - über die Öffentliche Bekanntmachung in Zwangsversteigerungssachen im Internet mehr als 6 Wochen vor dem Versteigerungstermin im Internet bekannt gemacht worden (§ 43 Abs. 1 ZVG). Ausweislich des Versteigerungsprotokolls ist im Termin auch die 30-minütige Frist zwischen der Aufforderung zur Abgabe von Geboten und dem Zeitpunkt, in welchem bezüglich sämtlicher zu versteigernder Grundstücke die Versteigerung geschlossen wird (§ 73 Abs. 1 ZVG), eingehalten worden.

2.)

Des Weiteren ist auch die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 4) unbegründet. Dieser hat den Zuschlag mit der Begründung angefochten, er habe gedacht, die Erteilung des Zuschlages an ihn sei nur möglich, wenn die Mutter der Schuldnerin das Haus geräumt habe. Die entsprechende Beschwerde ist zum einen deshalb unbegründet, weil ein wirksames Gebot in der Zwangsversteigerung generell nicht nachträglich zurückgenommen werden kann (vgl. Stöber ZVG, § 71 Rdn. 2.4; § 72 Rdn. 2.2).

Aber auch soweit der Beteiligte zu 4) sein Gebot mit der Begründung anfechten möchte, er sei im Irrtum gewesen, sich also auf Willensmängel stützt, weil er gedacht habe, dass die Mutter der Beteiligten zu 1) untergebracht werde, dringt die Beschwerde nicht durch. Ob eine Anfechtung des Zuschlags durch den Meistbietenden wegen Willensmängeln durch die Zuschlagsbeschwerde nicht generell ausgeschlossen wird, kann hier schon deshalb dahinstehen, weil es an einem Anfechtungsgrund fehlt. Nach § 119 Abs. 1 BGB kann derjenige, der bei der Abgabe seiner Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war (Inhaltsirrtum) oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte (Erklärungsirrtum), die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falls nicht abgegeben hätte. Bei einem - hier allein in Betracht kommenden - Inhaltsirrtum entspricht zwar der äußere Tatbestand dem Willen des Erklärenden, dieser irrt sich jedoch über die Bedeutung oder die Tragweite seiner Erklärung (BGH NJW 2008, 2442). Nicht nach § 119 Abs. 1 BGB anfechtbar sind dagegen Erklärungen, die auf einen im Stadium der Willensbildung unterlaufenen Irrtum im Beweggrund - Motivirrtum - (BGHZ 139, 177 [180] = NJW 1998, 3192) oder auf einer Fehlvorstellung über die Rechtsfolgen beruhen, die sich nicht aus dem Inhalt der Erklärung ergeben, sondern kraft Gesetzes eintreten - Rechtsfolgenirrtum - (BGHZ 70, 47 [48] = NJW 1978, 1257; BGH, NJW 1995, 1484 [1485]). Die Fehlvorstellung des Bieters bei der Abgabe des Gebots dahingehend, dass der Zuschlag nur erteilt werden kann und dass sein Gebot nur für den Fall gelte, wenn ein psychisch kranker und suizidaler Angehöriger des Schuldners das Haus bereits verlassen habe, ist danach kein Irrtum über den Inhalt des Gebots, der nach § 119 Abs. 1 BGB zur Anfechtung einer Willenserklärung berechtigt. Die entsprechende Fehlvorstellung des Bieters beeinflusst nur das der Gebotsabgabe vorausgehende Stadium der Willensbildung über den Zeitpunkt, wann er das Meistgebot zu berichtigen hat und ob (und mit welchem Aufwand) er gegebenenfalls eine Zwangsräumung wird durchführen müssen. Der Bieter befindet sich in einem derartigen Fall bei der Abgabe des Gebots in einem unbeachtlichen Motivirrtum, der nicht den Inhalt der Erklärung betrifft, sondern die Rechtsfolgen, die sich an die Abgabe des Gebots knüpfen. Die indes nach Maßgabe des Gesetzes sich an den Zuschlag auf das Meistgebot anknüpfenden Rechtsfolgen beruhen nicht auf der Willensentschließung des Bieters bei der Abgabe seines Gebots. Ein Inhaltsirrtum kann zwar auch darin begründet sein, dass der Erklärende über die Rechtsfolgen seiner Willenserklärung irrt, weil das Rechtsgeschäft nicht nur die von ihm erstrebten Rechtswirkungen erzeugt, sondern auch solche, die sich davon unterscheiden (RGZ 89, 29 [33]; BGHZ 168, 210 = NJW 2006, 3353 [3354]). Ein derartiger Rechtsirrtum berechtigt jedoch nur dann zur Anfechtung, wenn das vorgenommene Rechtsgeschäft wesentlich andere als die beabsichtigten Wirkungen erzeugt. Dagegen ist der nicht erkannte Eintritt zusätzlicher und mittelbarer Rechtswirkungen, die zu den gewollten und eingetretenen Rechtsfolgen hinzutreten, kein Irrtum über den Inhalt der Erklärung mehr, sondern ein unbeachtlicher Motivirrtum (vgl. BGHZ 134, 152 [156] = NJW 1997, 653; BGHZ 168, 210 = NJW 2006, 3353). Der Rechtsfolgenirrtum eines Bieters über die Frage, ob der Zuschlag erst erteilbar ist, wenn eine tatsächliche Unterbringung erfolgt ist, ist nicht als ein wesentlicher Irrtum über den Inhalt des Gebots anzusehen, der diesen nach § 119 Abs. 1 BGB zur Anfechtung berechtigt. Ausschlaggebend dafür ist, dass der Bieter sein Gebot in einem gesetzlich geregelten Verfahren abgibt. Die von dem Bieter gewollte Rechtsfolge ist vor allem darauf gerichtet, in dem von dem Vollstreckungsgericht geleiteten Bietgeschäft Meistbietender zu werden, und damit den Zuschlag nach Maßgabe der Versteigerungsbedingungen zu erhalten.

3.)

Die Entscheidung über die Tragung der gerichtlichen Kosten beruht auf GKG KV 2241. Eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten (§§ 91 ff. ZPO) war nicht veranlasst. Eine solche Kostenentscheidung kommt im Rahmen der Zuschlagsbeschwerde auch bei Obsiegen des Beschwerdeführers nur unter besonderen Umständen in Betracht, die einen der Beteiligten im Verhältnis zum Beschwerdeführer zur unterliegenden Partei machten (vgl. BGH, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 22/08; OLG Hamm, JurBüro 1966, 894 [896]; OLG Bremen, Rechtspfleger 1985, [160 f.]). Derartige Umstände sind vorliegend nicht gegeben.

4.)

Aufgrund der weiterhin grundsätzlichen Bedeutung der Sache, die sich nicht zuletzt an einer sehr großen Anzahl von höchstrichterlichen Entscheidungen zu dem hier berührten Themenkreis in den letzten Jahren zeigt, hat die Kammer die Rechtsbeschwerde zugelassen, § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Beschwerdewert:

Beschwerde der Beteiligten zu 1): 107.200,00 € (§ 3 ZPO: Meistgebot)

Beschwerde der Beteiligten zu 2): 107.200,00 € (§ 3 ZPO: Meistgebot)

Aachen, 11.12.2009 3. Zivilkammer

W Vorsitzender Richter am Landgericht N Richter am Landgericht C Richter am Landgericht