OLG Köln, Urteil vom 22.07.2009 - 27 U 5/09
Fundstelle
openJur 2011, 68790
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 21.1.2009 ver-kündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 18 O 351/08 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klägerin nimmt die Beklagte im Urkundenprozess wegen ausstehender Raten aus dem Beitritt der Beklagten zur Klägerin in Anspruch.

Mit Datum vom 30.6.2005 unterzeichnete die Beklagte die Beitrittserklärung zur Beteiligung an der Klägerin mit einer Gesamtvertragssumme von 304.500 EUR; das Angebot der Beklagten auf Beitritt wurde von der Klägerin unter dem 21.9.2005 angenommen. Wegen der Einzelheiten des von dem Vermittler I zustande gebrachten Beitritts wird auf die zu den Akten gereichte Beitrittserklärung verwiesen (Bl. 266/267 d.A.).

Der übernommenen Verpflichtung zur Zahlung monatlicher Raten in Höhe von 840 EUR kam die Beklagte nach März 2006 nicht mehr nach. Die Klägerin stellte ihrerseits nach Mai 2006 die vereinbarten Entnahmebeträge nicht mehr zur Verfügung. Mit persönlichem Schreiben vom 16.5.2006 erklärte die Beklagte, die Zahlungen wegen fehlender Werthaltigkeit der Beteiligung einzustellen. Mit weiterem Schreiben vom 19.5.2006, auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 197 ff. d.A.), erklärte Rechtsanwalt C für die Beklagte die Anfechtung des Vertragsverhältnisses wegen arglistiger Täuschung, die Kündigung aus wichtigem Grund sowie die Beendigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Unter dem 30.6.2008 forderten die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte zur Zahlung von Rückständen in Höhe von 24.923,04 EUR auf. Daraufhin erklärte die Beklagte durch Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 10.7.2008 den Widerruf ihrer auf Beitritt gerichteten Erklärung mit der Begründung, die ihr erteilte Widerrufsbelehrung sei unrichtig gewesen, so dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Zugleich erklärte sie die außerordentliche Kündigung wegen fehlerhafter Aufklärung, insbesondere über den hochspekulativen Charakter der Anlage und die Kosten der Anlage.

Mit der Klage im Urkundenprozess hat die Klägerin Raten in Höhe eines Gesamtbetrags von 23.520 EUR verlangt, darüber hinaus die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung, insbesondere eine Geschäftsgebühr nach einem entsprechenden Wert.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie zu zahlen

EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.8.2008

sowie außergerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 1.085,04 EUR.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie hat die Beendigung der Beteiligung durch Widerruf geltend gemacht und vorgetragen, es habe sich um ein Haustürgeschäft gehandelt, das von dem Vermittler I in ihrer Wohnung unter Verwendung der Originalformulare der Klägerin zustande gebracht worden sei. Sie meint, die Widerrufsbelehrung sei nicht eindeutig gewesen und zudem fehlerhaft, weil über die wesentlichen Rechte des Verbrauchers nicht informiert worden sei. Mit Zugang dieses Widerrufsschreibens sei sie aus der Gesellschaft ausgeschieden und habe jetzt einen Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben. Jedenfalls stehe ihr ein aufrechenbarer Gegenanspruch wegen der zugesagten gewinnunabhängigen Entnahme zu. Sie sei nicht hinreichend über die Beteiligung aufgeklärt worden, was sie weiter darlegt; der Emissionsprospekt sei erst im Mai 2006 zur Verfügung gestellt worden; sie sei der Auffassung gewesen, die bei Unterzeichnung der Beitrittserklärung überreichte Informationsbroschüre sei der Prospekt gewesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, die Klägerin könne aus dem Vertrag im Urkundenprozess keine Ansprüche herleiten, weil der Vertragstext wegen extremen Kleindrucks nicht in zumutbarer Weise zur Kenntnis genommen werden könne.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils einschließlich seiner Verweisungen Bezug genommen. Auf dieses Urteil wird gleichermaßen wegen der Einzelheiten seiner Begründung Bezug genommen.

Gegen das ihr am 28.1.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 9.2.2009 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und zugleich ihr Rechtsmittel, mit dem sie zunächst die erstinstanzlichen Anträge weiter verfolgt hat, begründet.

Sie meint, die Originalurkunde habe ein völlig normales Schriftbild. Sie rügt einen Verstoß gegen § 139 ZPO; ihr sämtlicher Vortrag sei übergangen worden. "Höchst vorsorglich" beantragt die Klägerin Zurückverweisung an das Landgericht Köln. Sie hält die gegebene Widerrufsbelehrung für zutreffend. Die Nachprüfung der Haustürsituation, die sie bestreitet, sei im Urkundenprozess nicht zulässig. Die Beklagte sei ausweislich der Unterlagen insbesondere über die bestehenden Risiken aufgeklärt worden. Ein konkreter Vortrag der Beklagten, dass die Kosten übermäßig hoch seien, fehle. Die Kostenquote liege bei unter 20 %, was vergleichsweise wenig sei.

Auf entsprechenden Hinweis hat die Klägerin im Termin vor dem Senat vom 27.5.2009 wegen der auf einem Entnahmerecht beruhenden Gegenforderung der Beklagten die Berufung in Höhe einer Teilforderung von 7.583,42 EUR zurückgenommen und von der Geltendmachung der außergerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung im Urkundenprozess Abstand genommen.

Den Anspruch auf den danach verbleibenden Restbetrag verfolgt die Klägerin mit ihrem Rechtsmittel weiter.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung, hilfsweise die Zulassung der Revision. Sie verweist auf ihr erstinstanzliches Vorbringen, insbesondere zu dem von ihr erklärten Widerruf auf der Grundlage einer fehlerhafter Widerrufsbelehrung der Klägerin. Der Widerruf habe wegen fehlerhafter Belehrung auch noch unter dem 10.8.2008 erfolgen können. Mit dem Ausscheiden hätten sich die Zahlungsansprüche in unselbständige Rechnungspositionen der Auseinandersetzungsbilanz umgewandelt. Zweifelhaft sei, ob bei Widerruf eines Haustürgeschäfts die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft angewendet werden könne. Das Landgericht habe durch Anwendung der verbraucherschützenden Vorschriften der gestörten Vertragsparität der Parteien Rechnung getragen. Der Vertragsinhalt habe für die Beklagte als Krankenschwester ungewöhnlich belastende Folgen bis hin zur Existenzgefährdung. Das Gesellschaftsmodell sei sittenwidrig. Insbesondere gebe es faktisch keine Einflussnahme auf die Auswahl des Portfolioverwalters und auf die persönliche Situation könne nicht reagiert werden, weil es nur ein Kündigungsrecht in Bezug auf die Einmalanlage nach 12 Jahren gebe. Das wird im Einzelnen weiter ausgeführt.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf das erstinstanzliche Urteil einschließlich sämtlicher Verweisungen, die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gewesen sind, sowie auf die Erklärungen in der mündlichen Verhandlung verwiesen.

II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Im Ergebnis mit Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat ihre Beitrittserklärung wirksam widerrufen. Das hat zur Folge, dass die Abwicklung zwischen den Parteien nach den Grundsätzen der fehlerhaften gekündigten Gesellschaft zu erfolgen hat. Im Rahmen der Auflösungs- bzw. Abschichtungsbilanz ist zwar die noch offene Einlagenforderung zu berücksichtigen; sie kann indessen nicht mehr - wie es hier die Klägerin verlangt - separat geltend gemacht werden. Vielmehr ist unter Berücksichtigung der ausstehenden Zahlungsansprüche die Auseinandersetzungsbilanz zu erstellen und sodann ein etwa verbleibendes Auseinandersetzungsguthaben zu erstatten.

Im Einzelnen:

Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Gesellschaftsbeitritt einem Vertrag über eine entgeltliche Leistung zumindest gleichzustellen, weswegen die Vorschriften über Haustürgeschäfte - § 312 BGB - und in der Folge die Regelung über das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen - § 355 BGB - auch auf derartige Fallkonstellationen anwendbar sind (vgl. die umfangreichen Nachweise BGH NZG 2008, 460 ff, bei RN 8).

Es ist zunächst davon auszugehen, dass in Bezug auf ihre Beitrittserklärung der Beklagten ein Widerrufsrecht eingeräumt ist. Die Urkunde über den Beitritt der Beklagten zur Klägerin enthält eine ausdrückliche und optisch besonders hervorgehobene Widerrufsbelehrung. Schon der Umstand, dass über ein Widerrufsrecht belehrt wird, setzt voraus, dass ein solches Recht besteht. Folgerichtig wird im Streitfall in der Widerrufsbelehrung u.a. darauf hingewiesen, dass der Beitretende an die Beitrittserklärung nicht mehr gebunden ist, wenn er sie binnen zwei Wochen widerruft. Vor der gesonderten Unterschrift unter der "Widerrufsbelehrung" steht - durch Fettdruck hervorgehoben - die Angabe, "Von der Widerrufsbelehrung Kenntnis genommen sowie ein Exemplar der Widerrufsbelehrung erhalten" zu haben. Das Gesprächsprotokoll enthält die von dem Beitretenden nochmals zu unterschreibende Erklärung, die Beitrittserklärung einschließlich der Widerrufsbelehrung unterschrieben zu haben. Das zeigt bereits die große Bedeutung, die im Rahmen des Vertrags der Frage der Widerrufsbelehrung zugekommen ist.

Demgemäß ist schon aufgrund der Urkundenlage davon auszugehen, dass der Beklagten ein Widerrufsrecht unabhängig davon eingeräumt worden ist, ob es sich bei dem Beitritt der Beklagten zur Klägerin um ein Haustürgeschäft gehandelt hat oder nicht. Eine Einschränkung dahin, dass das Widerrufsrecht nur für den Fall bestehen soll, dass es sich tatsächlich um ein Haustürgeschäft i.S.v. § 312 BGB handelt, bei dem dem Verbraucher von Gesetzes wegen ein Widerrufsrecht zusteht, ist dem Vertragstext - der "Beitrittserklärung" - nämlich gerade nicht zu entnehmen. Vielmehr enthält die "Widerrufsbelehrung" die uneingeschränkte Erklärung, wonach der Beitretende im Fall seines rechtzeitigen Widerrufs an seine auf die Beitrittserklärung gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden ist.

Das danach bestehende Widerrufsrecht ist unabhängig von dem Vorliegen der Voraussetzungen des Haustürgeschäfts an den Kriterien zu messen, die für das gesetzliche Widerrufsrecht des § 312 BGB gelten.

Grundsätzlich wird allerdings davon auszugehen sein, dass es dann, wenn eine Partei ohne gesetzliche Verpflichtung ihrem Vertragspartner ein Widerrufsrecht einräumt, in ihrem Belieben liegt, dieses Recht abweichend von den gesetzlichen Regelungen auszugestalten, was dann auch für die Ausgestaltung der Belehrung über dieses Recht gilt. Gleichwohl können die Parteien auf Grund der Vertragsfreiheit auch für nicht unter §§ 312, 355 BGB fallende Rechtsgeschäfte ein Widerrufsrecht nach den gesetzlichen Vorgaben vereinbaren (vgl. Palandt/Grüneberg BGB, 67. Aufl., Vorb. § 355 Rn. 5).

4. Im Streitfall ist davon auszugehen, dass die nach dem hier verwendeten Formular der Klägerin abgeschlossenen Beitritte einem einheitlichen, an den gesetzlichen Vorgaben orientierten Widerrufsrecht unterliegen.

Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin, soweit und solange sie die vorformulierte Vertragsklärung mit der hervorgehobenen Widerrufsbelehrung benutzte, ein differenziertes Widerrufsrecht hat vereinbaren wollen. Jedenfalls ist das dem Erklärungsempfänger gegenüber nicht deutlich gemacht worden. Auf ein unterschiedlich ausgestaltetes Widerrufsrecht gibt es im dem Vertragstext - wie bereits erwähnt - keinerlei Hinweis. Erkennbar hat die Klägerin mit der Ausgestaltung der "Beitrittserklärung" und den sich wiederholenden Hinweisen auf die Widerrufsbelehrung den Anforderungen der gesetzlichen Regelung Rechnung tragen wollen. Vor eine solche Notwendigkeit war die Klägerin offenbar schon deswegen gestellt, weil zumindest ein ganz beträchtlicher Teil der Beitrittserklärungen im Rahmen von Haustürgeschäften vermittelt worden ist. Dass die Klägerin bei der Annahme der jeweiligen "Beitrittserklärung" - die hier erst Monate später erfolgt ist - danach hätte differenzieren können, ob es sich um ein Haustürgeschäft handelte, bei dem gesetzliche Erfordernisse eingehalten werden mussten, kann nicht angenommen werden. Denn sie war ihrerseits bei dem Gespräch des Vermittlers mit dem Beitrittswilligen nicht dabei und konnte deswegen naturgemäß auf der Grundlage der an sie weitergeleiteten Unterlagen einschließlich des Gesprächsprotokolls nicht einschätzen, ob es sich letztlich um ein Geschäft handelte, bei dem schon von Gesetzes wegen ein Widerruf möglich war, über den sie entsprechend vollständig zu belehren hatte. Insoweit kann schon nicht davon ausgegangen werden, dass eine bewusst unterschiedliche Behandlung solcher Beitrittswilliger, für die die Voraussetzungen des § 312 BGB gegeben waren, und anderer, für die das nicht der Fall war, bei der Annahme der Beitrittserklärung seitens der Klägerin gemacht werden sollte und gemacht worden ist. Denn nur wenn sie eine einheitliche Behandlung vornahm, konnte sie damit sicherstellen, dass sie den gesetzlichen Anforderungen auch in Fällen entsprach, in denen ihr die - manchmal nicht ganz einfache - Beurteilung nicht möglich war, ob es sich um ein Haustürgeschäft gehandelt hat oder nicht.

Auch auf Seiten des Beitrittswilligen kann nicht angenommen werden, dass eine gedankliche Unterscheidung gemacht worden sein könnte, ob es sich um die Umsetzung des gesetzlichen Widerrufsrechts oder um eine letztlich vertraglich eingeräumte Widerrufsmöglichkeit gehandelt hat. Die gesamte Ausgestaltung der von der Klägerin vorformulierten Widerrufsbelehrung weist darauf hin, dass es sich um die Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen handeln sollte. Der Eindruck entsteht für den Beitrittswilligen schon wegen der wiederholten und auch zusätzlich zweifach - in der Widerrufsbelehrung und dem Gesprächsprotokoll, das ebenfalls hierauf Bezug nimmt - von ihm verlangten Unterschrift. Eine solche formalistische Handhabung und das Gewicht, das die Klägerin diesem Umstand beigemessen hat, lässt sich letztlich aus der Sicht des Vertragspartners des Verwenders der Formularerklärungen nur damit erklären, dass die Klägerin alles Erforderliche tun wollte, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen. Dieser dem Beitrittswilligen vermittelte Eindruck wird dadurch noch verstärkt, dass in dem zweiten Satz der Widerrufsbelehrung - im Zusammenhang mit dem vorzeitigen Erlöschen - ausdrücklich auf die gesetzlichen Regelungen (§§ 312 d Abs. 3, 355 Abs. 3 BGB) Bezug genommen wird, indem seitens der Klägerin auf ein bestimmtes Detail nach den gesetzlichen Vorschriften verzichtet wird. Das Abbedingen einer einzelnen gesetzlichen Regelung deutet aus der Sicht des Beitrittswilligen als des Erklärungsempfängers darauf hin, dass im Übrigen das gesetzliche Leitbild Grundlage für die Widerrufsbelehrung sei sollte. Aus seiner Sicht stellt sich mithin die von Seiten der Klägerin abgegebene Erklärung so dar, dass ihm ein an der gesetzlichen Regelung orientiertes und entsprechend ausgestaltetes Widerrufsrecht eingeräumt ist, ohne dass er für sich eine Parallelwertung dahin vornehmen müsste, ob für die Klägerin ihrerseits eine rechtliche Situation gegeben war, die die Klägerin schon von Gesetzes wegen zwang, eine entsprechende Belehrung zu erteilen.

Insgesamt ist demgemäß davon auszugehen, dass - soweit seitens der Vermittler das hier vorgelegte, auf den Fall des Haustürgeschäfts zugeschnittene Formular mit der Widerrufsbelehrung verwendet worden ist - ein Widerrufsrecht eingeräumt worden ist, das sich in vollem Umfang an den gesetzlichen Vorgaben orientieren sollte, und zwar auch insoweit, als es die Richtigkeit und Vollständigkeit der Widerrufsbelehrung anbetrifft.

Die von der Klägerin verwendete Widerrufsbelehrung entspricht nicht den Anforderungen, die von Gesetzes wegen an eine Belehrung zu stellen sind.

Im Abschnitt "Widerruf bei bereits empfangener Leistung" wird allein auf die Verpflichtung des Beitretenden hingewiesen, seinerseits von der Klägerin erhaltene Leistungen zurückzugewähren, nicht aber darauf, was mit den Leistungen geschieht, die die Beklagte der Klägerin gewährt hat. Der Schutz des Verbrauchers erfordert eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis des Verbrauchers eindeutige Erklärung (vgl. BGH NJW 2007, 1946). Eine den Anforderungen genügende Erklärung über die Rechtsfolgen kann sich nicht darauf beschränken, allein die Verpflichtungen des Widerrufenden wiederzugeben; eine vollständige Belehrung muss sich auch auf die wesentlichen Rechte des Widerrufenden erstrecken (BGH a.a.O.). Das ist schon deswegen notwendig, damit er die Tragweite seiner Entscheidung einzuschätzen vermag. Insoweit bedarf es ohne Weiteres einer Belehrung des Widerrufsberechtigen darüber, was mit den von ihm dem Unternehmer gewährten Leistungen geschieht, d.h. in welcher Form sie zurückgewährt bzw. abgerechnet werden. Eine solche Regelung ist hier um so mehr unabdingbar, als nach der Konzeption die wesentliche Leistung (insbesondere die "Einmaleinlage") zunächst vom Beitrittswilligen an die Klägerin erfolgt, bevor - je nach Vertragsgestaltung - bestimmte Rückläufe in Form von Leistungen der Klägerin an den Beitrittswilligen überhaupt möglich sind. Für die letztere, für die Anfangsphase der Gesellschaft unbedeutendere Konstellation werden umfangreiche Belehrungen gegeben. Das Schicksal gerade der im Zweifel deutlich höheren Einlagezahlungen an die Klägerin ist der Umstand, der für den Beitrittswilligen regelmäßig von entscheidender Bedeutung ist. Die allgemeine Formulierung, wonach mit dem Widerruf die Beteiligung an der Klägerin nicht wirksam zustande kommt, sagt gerade nichts über das "Schicksal" der beträchtlichen Leistungen aus, die die Klägerin vereinnahmt haben kann.

In welcher Form die Belehrung zu erteilen gewesen wäre und ob und ggfs. in welcher Form hierbei auf die maßgebliche Rechtsprechung des BGH zur Abwicklung fehlerhafter Gesellschaften zurückzugreifen gewesen wäre, bedarf hier keiner Entscheidung (BGH a.a.O.); ausschlaggebend ist ausschließlich, dass die Belehrung in der Form, in der sie gewählt worden ist, eine einseitige Darstellung der Rechte und Pflichten enthält, die den Erfordernissen an eine Widerrufsbelehrung nicht standhält, weil sie sich über wesentliche Rechte des Beitretenden schlicht ausschweigt, seine Verpflichtungen im Abschnitt "Widerruf bei bereits erhaltener Leistung" aber detailliert behandelt. Diese unausgewogene Belehrung mag im Einzelfall wegen der verbleibenden Unsicherheit über das "Schicksal" seiner Leistungen dazu geeignet sein, den Beitretenden von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten.

Die von der Klägerin vorgelegten Urteile der Landgerichte Nürnberg-Fürth und Stuttgart geben keinen Anlass, die Frage der Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrung abweichend zu beurteilen. Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth befasst sich nicht mit dem Inhalt der Widerrufsbelehrung, sondern nur mit ihrem äußeren Erscheinungsbild (dort S. 19/20); das Urteil des Landgerichts Stuttgart berücksichtigt - falls es sich überhaupt um eine gleichlautende Widerrufsbelehrung handelt, was nach den Ausführungen in den Urteilsgründen zweifelhaft erscheint - nicht die Anforderungen, die nach dem Urteil BGH NJW 2007, 1946 an den Inhalt der Widerrufsbelehrung zu stellen sind. Die Folgen eines Widerrufs werden - wie oben dargetan - im Hinblick auf die von der Klägerin vereinnahmten Leistungen gerade nicht dargestellt.

6. Der Widerruf der Beklagten ist mithin schon deswegen rechtzeitig, weil die Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen, an denen sich hier die verwendete Widerrufsbelehrung unabhängig von der Frage des Haustürgeschäfts messen lassen muss, nicht genügt. Sie ist unwirksam mit der Folge, dass die Widerrufsfrist nicht laufen konnte (vgl. BGH a.a.O.).

7. Der Widerruf der Beklagten ist mit vorprozessualem Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 10.7.2008, zugestellt am 11.7.2008, erklärt worden.

Ob bereits zuvor von einem Widerruf ausgegangen werden kann, mag zweifelhaft sein. Das Schreiben der Beklagten persönlich vom 16.5.2006 (Bl. 196 d.A.) spricht von Rückabwicklung, dasjenige ihres damaligen Rechtsanwalts vom 19.5.2006 (Bl. 197 d.A.) erwähnt ebenfalls eine Rückabwicklung "wegen arglistiger Täuschung" und beruft sich dann auf "Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, Kündigung aus wichtigem Grund und Beendigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage" (Bl. 209 d.A.). Zwar braucht das Wort "widerrufen" nicht verwandt zu werden (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 67. Aufl., § 355 Rn. 6; BGH NJW 1996, 1964; NJW 1993, 128). Es genügt eine Äußerung, aus der sich ergibt, dass der Verbraucher den Vertrag nicht mehr gelten lassen will (vgl. BGH NJW 1993 a.a.O. "Rücktritt vom Kaufvertrag", auch BGH NJW RR 1986, 594; Palandt a.a.O.). Gegen eine solche Auslegung mag allerdings im Streitfall sprechen, dass hier nicht der Verbraucher selbst die Erklärungen abgegeben hat, mit denen das Rechtsverhältnis gestaltet werden sollte, sondern sein Rechtsanwalt als Rechtskundiger. Ob in diesem Fall ein anderweitiges Verständnis als dasjenige, das sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Erklärung ergibt, in Betracht kommen kann, kann offen bleiben. Denn für die hier zu treffende Entscheidung ist es ausreichend, dass überhaupt ein Widerruf erfolgt ist. Schon das führt nämlich dazu, dass eine Durchsetzungssperre für die auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhenden Ansprüche entstanden ist, weil etwaige Ansprüche lediglich noch unselbständige Rechnungsposten in der Schlussabrechnung darstellen. Die Rechtsprechung behandelt den Widerruf in Fällen des Gesellschaftsbeitritts wie eine außerordentliche Kündigung mit der Folge, dass die Abwicklung dann nach den Grundsätzen der gekündigten fehlerhaften Gesellschaft erfolgt. Nur bis zum Wirksamwerden des Widerrufs besteht nach der Rechtsprechung des BGH die Verpflichtung des Gesellschafters zur Leistung der Einlage fort; danach tritt an die Stelle der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben im Zeitpunkt des Ausscheidens (vgl. BGH NJW 2003, 2821, 2823; NZG 2008, 460 ff).

8. Demgemäß reicht es für die hier zu treffende Entscheidung aus, dass - urkundlich belegt - der Widerruf von der Beklagten wirksam erklärt worden ist. Mit dessen Wirksamwerden kann die Klägerin die ausstehenden Einlagen nicht mehr separat verlangen, weil lediglich noch ein Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben besteht.

Letztlich nichts anderes würde gelten, wenn man - anders als der Bundesgerichtshof - bei einem Widerruf die Abwicklung nach den Grundsätzen betreffend die fehlerhafte Gesellschaft nicht für einschlägig hält, sondern bei der Entscheidung die Richtlinie 85/577/EWG unmittelbar berücksichtigt. Ein Widerruf der Willenserklärung, mit der die Beitrittserklärung beseitigt wird, würde nämlich dann nicht nur zu einer Verpflichtung zur Rückgewähr der erbrachten Leistungen führen, sondern würde auch ohne Weiteres die noch nicht erfüllten Einlageverpflichtungen entfallen lassen (vgl. BGH NZG 2008, 469 unter Tz. 16).

9. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 23.520 EUR, ab dem 27.5.2009 nach Teilberufungsrücknahme i.H.v. 7.583,42 EUR : 15.936,58 EUR.