OLG Hamm, Urteil vom 19.10.2009 - 22 U 131/08
Fundstelle
openJur 2011, 68631
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 8 O 170/08
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 17.07.2008 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bochum mit Ergänzung vom 19.02.2009 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu voll-streckenden Betrages leistet.

Gründe

A.

Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatz- und Rückabwicklungsansprüche aus einem Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung in M geltend und hält diese der Vollstreckung durch die Beklagte entgegen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es bestünden keine Ansprüche, die der Kläger einer Vollstreckung durch die Beklagte entgegenhalten könnte. Rückforderungsansprüche gemäß § 812 BGB wegen Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages seien nicht gegeben, weil der Kaufpreis von 72.000,- € nur ca. 25 % über den Verkehrswert in Höhe von 58.000,- € liege. Ein Schadensersatzanspruch aus einer vorvertraglichen Pflichtverletzung gemäß §§ 311 Abs. 2, 280 BGB sei nicht gegeben. Mit Blick auf angebliche Falschinformationen des Zeugen N habe der Kläger zu der Art und den Umständen der Fehlinformation oder Täuschung nicht substantiiert vorgetragen; es bleibe unklar, über welche Tatsachen der Zeuge falsche Angaben gemacht habe; zudem fehle zur Frage der Zurechenbarkeit dieses Verhaltens hinreichender Vortrag. Soweit der Kläger vortrage, in dem Prospekt sei zu Unrecht von einer erfolgten Prüfung der Bausubstanz die Rede, so handele es sich hierbei erkennbar um unverbindliche Angaben mit werbenden Charakter; Zusicherungen seien insoweit nicht gegeben. Hinsichtlich etwaiger Ansprüche bezüglich des Hausschwammes seien die Regelungen des Gewährleistungsrechts vorrangig. Ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280, 281 BGB scheide aus, da es an der erforderlichen Fristsetzung fehle. Rückabwicklungsansprüche wegen Rücktritts oder Bereicherungsansprüche nach Anfechtung lägen mangels Ausübung entsprechender Gestaltungsrechte nicht vor. Mangels vertraglicher Schadensersatzansprüche könne der Kläger auch keine entsprechende Feststellung verlangen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er die erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Zur Begründung trägt er vor:

Das Landgericht habe verkannt, dass der Beklagte sich die mündlichen Erklärungen des Vermittlers N zurechnen lassen müsse. Er - der Kläger - habe hierzu substantiiert unter Beweisantritt vorgetragen. Ihm sei mitgeteilt worden, dass er das Objekt mit einer monatlichen Zuzahlung von weniger als 100,- € finanzieren könne. Herr N habe ihm zudem - unstreitig - den Emissionsprospekt der Beklagten übergeben, in dem u.a. heiße: " Unsere Arbeit konzentriert sich auf professionelle Standortanalyse und Auswahl von Gebäuden mit guter Bausubstanz. Die attraktiven Lagen in und um M sichern die rentable Vermietung". Tatsächlich habe der Sachverständige M2 in einem im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens erstatteten Gutachten vom 03.05.2002, also bereits mehr als ein Jahr vor Erstellung des Prospektes, einen 15-%igen Marktabschlag hinsichtlich der Mieterträge vorgenommen. Es sei damit festzuhalten, dass die Beklagte - entgegen den Angaben im Prospekt - eine Prüfung der Marktlage nicht vorgenommen habe. Zwischen ihm - dem Kläger - und dem Vermittler N sei ein Beratungsvertrag im Zusammenhang mit dem Erwerb der Wohnung zustande gekommen, den dieser schuldhaft verletzt habe. Die Beklagte habe sich als Verkäufer bei der Vermittlung des Kaufvertrages eines von ihr eingeschalteten Vertriebs bedient und diesen mit der Führung der wesentlichen Vertragsverhandlungen betraut. Herr N sei als Vertriebsmitarbeiter als Erfüllungsgehilfe des Verkäufers anzusehen.

Das Landgericht habe die Bedeutung des Emissionsprospektes verkannt. Ein Prospekt müsse richtig, vollständig sowie unmissverständlich sein und dem Anlageinteressenten ein zutreffendes Bild über die angebotene Kapitalanlage vermitteln. Der Prospekt der Beklagten stamme von Juni 2003. Nach eigenem Vortrag der Beklagten habe bis zu diesem Zeitpunkt eine Prüfung der Bausubstanz gar nicht stattgefunden. Erst Anfang Juni 2003 - so habe auch die Beklagte vorgetragen - sei der Zeuge L2 von der Beklagten mit der Besichtigung beauftragt worden; am 16.06.2003 seien allerdings nur die Wohnungen links und rechts zugänglich gewesen. Erst Ende Juli / Anfang August 2003 habe der Zeuge L2 das gesamte Objekt L-Straße 3 besichtigt - allerdings keine Feuchtigkeitsschäden festgestellt.

Weiterhin sei der Prospekt unrichtig, wenn darin dargestellt werde, dass im Juni 2003 das Objekt saniert sei oder sich gerade in der Sanierung befinde. Bei prospektgemäßer Prüfung der Bausubstanz hätte die Beklagte - alleine durch Sichtprüfung - vor Abgabe der Angebotserklärung durch den Kläger erkennen können, dass das Objekt mit echtem Hausschwamm befallen gewesen sei.

Letztlich griffen die Regelungen über den Gewährleistungsausschluss im Kaufvertag nicht. Die Beklagte habe im Kaufvertrag versichert, dass ihr nicht erkennbare Mängel nicht bekannt seien; diese Zusicherung sei - wie unter Beweisantritt vorgetragen - nicht richtig. Die Beklagte habe ihn - den Kläger - hinsichtlich des Befalls mit echtem Hausschwamm arglistig getäuscht. Die Beklagte habe vor Abgabe der Angebotserklärung durch ihn - den Kläger - Kenntnis von diesem Mangel gehabt. Er - der Kläger - habe unter Beweisantritt vorgetragen, dass Frau F2 die Beklagte (dort: Frau S darüber informiert habe.

Die Zeugen F und L2 - insofern sei erstinstanzlich auch Beweis angetreten worden, dem allerdings nicht nachgegangen worden sei - hätten am 25.07.2003 gemeinsam das Objekt besichtigt. Diesbezüglich habe die Wohnungsverwalterin, die Fa. W (F) in einem Schreiben vom 25.07.2003 festgehalten, "dass im Keller der L-Straße 3 und 5 starke Pilzgeflechte an verschiedenen Stellen an den Kellerfenstern festgestellt worden sind. Von Seiten der Hausverwaltung muss angenommen werden, dass es sich hierbei um Hausschwamm handelt". Das Wissen des Zeugen L2 sei der Beklagten gemäß § 166 BGB zuzurechnen, weil die Beklagte den Zeugen L2 mit der Erledigung der ihr obliegenden Angelegenheiten betraut habe, indem sie ihn mit der Besichtigung beauftragt habe. Gemäß § 166 BGB sei auch grob fahrlässige Unkenntnis, die dem Zeugen L2 im Zusammenhang mit der früheren Besichtigung zur Last falle, zuzurechnen.

Jedenfalls sei er - der Kläger - durch Angaben ins Blau hinein getäuscht worden; die Beklagte habe gewusst, dass er das Objekt nicht besichtigt habe. Folgende Angaben in dem Prospekt seien unzutreffend und mithin ins Blaue abgegeben:

"Auswahl von Gebäuden mit guter Bausubstanz", "erhaltenswerte Bausubstanz", das Objekt sei "saniert oder befindet sich gerade in der Sanierung" und "ausgereiftes Angebot, das von Spezialisten geprüft wurde und auf das Sie vertrauen können".

Tatsächlich sei das Angebot, wenn man den Vortrag der Beklagten unterstelle, nicht, wie im Prospekt dargestellt, geprüft gewesen. Aus dem Gutachten des Sachverständigen W2 vom 08.09.2003 - nach seiner Beauftragung am 04.09.2003 - ergebe sich, dass die Beklagte bei bloßer Sichtprüfung im Juni 2003 (Datum der Prospektherausgabe), jedenfalls spätestens, bei Abgabe Kaufvertragsangebots des Klägers, den Befall des Objektes mit Hausschwamm hätte erkennen können. Jedenfalls bei einer Prüfung durch Spezialisten - wie von der Beklagten versichert - hätte der Hausschwamm auffallen müssen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 17.07.2008 verkündeten Urteils des Landgerichts Bochum

1.

die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde des Notars Q, UR-Nr. ....../03, vom 04.09.2003 und aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgericht Bochum, 51 M 272/08, für unzulässig zu erklären,

2.

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu Händen eines von dem Kläger zu beauftragenden Notars 57.000,- € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe folgender notarieller Erklärung des Klägers vor dem beauftragten Notar:

"Ich bin eingetragener Eigentümer eines 26,495/1.000stel Miteigentumsanteils nach WEG, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Objekt L-Straße 3 in M gelegenen, im Grundbuch des Amtsgerichts Leipzig von Q2, Blatt ...... eingetragenen und im Aufteilungsplan verzeichneten Eigentumswohnung Nr. 17.

Ich verpflichte mich hiermit, das vorbezeichnete Wohnungseigentumsrecht auf die C GmbH, vertreten durch ihren Geschäftsführer zu übertragen, frei von der in Abteilung III des Wohnungsgrundbuchs eingetragenen Grundschuld der C3 AG in Höhe von 57.000,- €.

Ich erteile hierzu der C GmbH die Vollmacht, in meinem Namen unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, die Auflassung zu erklären.

Ich erteile mein Einverständnis mit einer Weisung der C GmbH an den unterzeichnenden Notar, den eingehenden Zahlungsbetrag zur Ablösung der in Abteilung III des Wohnungsgrundbuchs eingetragenen Grundschuld der C3 AG zu verwenden.

Ich bewillige die Eintragung der C GmbH als Eigentümerin unter der aufschiebenden Bedingung, dass Zahlungeingang in Höhe des durch die Klage geforderten Betrages nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit auf dem Konto des unterzeichnenden Notars erfolgt und ein etwaig überschießender Betrag an mich auszukehren ist.",

3.

festzustellen, dass die Beklagte auch zum Ausgleich des weiteren Vermögensschadens verpflichtet ist, soweit dieser mit dem Erwerb der im Antrag zu 2. bezeichneten Eigentumswohnung steht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Hinsichtlich der Ansprüche aus Prospekthaftung beruft sie sich außerdem auf Verjährung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen F2 und S. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 24.08.2009 Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

I. Die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus der notariellen Urkunde ist nicht unzulässig. Der Kläger kann der Beklagten weder Rückabwicklungs- noch Schadensersatzansprüche entgegenhalten.

1. Rückforderungsansprüche gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB i.V.m. § 138 Abs. 2 BGB im Hinblick auf eine Nichtigkeit des Kaufvertrages wegen eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung kommen nicht in Betracht. Der Kläger beruft sich in der Berufungsinstanz nicht mehr auf eine sittenwidrige Überhöhung des Kaufpreises (§ 138 BGB), die das Landgericht auch zu Recht verneint hat. Ebenso stützt der Kläger in der Berufungsinstanz Rückabwicklungsansprüche nicht mehr auf den Gesichtspunkt der Anfechtung.

2.

Es kommen auch keine Ansprüche des Klägers aus einem Beratungsvertrag in Frage.

Nach der Rechtsprechung kann zwischen Verkäufer und Käufer ein Beratungsvertrag zustande kommen, wenn der Verkäufer im Zuge eingehender Vertragsverhandlungen dem Käufer, insbesondere auf Befragen, einen ausdrücklichen Rat erteilt; gleiches gilt, wenn der Verkäufer dem Käufer als Ergebnis der Verhandlungen ein Berechnungsbeispiel über Kosten und finanzielle Vorteile des Erwerbs vorlegt, das der Herbeiführung des Geschäftsabschlusses dienen soll (BGH NZM 2003, 405, 406; BGH NJW 2005, 983, BGH V ZR 260/03, Urteil vom 14.01.2005 - BeckRS 2005 Nr. 01669).

Soweit der Kläger eine Verletzung des Beratungsvertrages auf die Äußerung des für die Streithelferin tätigen Vermittlers N stützen will, bei dem Erwerb der Eigentumswohnung handele es sich um eine risikolose Anlage und einen guten Beitrag zur Altersvorsorge, wobei der Erwerb der Eigentumswohnung mit einer monatlichen Zuzahlung von weniger als 100,- € möglich sei (GA 483, 488), lässt der Vortrag schon nicht erkennen, inwieweit diese Angaben fehlerhaft gewesen sein sollen und eine Pflichtverletzung (Beratungspflichtverletzung) darstellen könnten.

Es kommt daher nicht darauf an, ob sich die Beklagte diese Erklärungen des Vermittlers N bzw. der Streithelferin überhaupt zurechnen lassen müsste oder ob eine Zurechnung über § 278 BGB schon daran scheitert, dass der Kläger selbst der Streithelferin einen Vermittlungsauftrag erteilt hat.

3.

Ebenfalls ist eine Haftung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Herausgabe eines fehlerhaften Prospektes nicht gegeben.

a.

Bei den in dem vorgelegten Prospekt (GA 39 ff) enthaltenen Hinweisen auf attraktive Lagen, rentable Vermietung, erhaltenswerte Bausubstanz und vorgenommene oder bevorstehende Sanierungen handelt es sich erkennbar nicht um konkrete Zusagen, die geeignet gewesen wären, beim Kläger Fehlvorstellungen über die Folgen des Erwerbs herbeizuführen. Vielmehr handelt es sich um unverbindliche Anpreisungen mit werbendem Charakter. Insbesondere beziehen sich diese Angaben nicht konkret auf das Objekt L-Straße 3. So wird in dem Prospekt lediglich darauf hingewiesen, dass die L-Straße in M durch eine erhaltenswerte Bausubstanz geprägt wird und sehr viele Häuser saniert sind oder sich gerade in der Sanierung befinden (GA 47).

b.

Eine weitergehende Aussage ist auch nicht der Angabe zu entnehmen, es handele sich um ein ausgereiftes Angebot, das von Spezialisten geprüft sei und auf das der Erwerber vertrauen könne, und die Lage und Substanz seien geprüft.

c.

Unabhängig davon ist aber auch kein grob fahrlässiges Verhalten der Beklagten - hierauf ist die Haftung nach den im Prospekt enthaltenen Haftungshinweisen (GA 64) beschränkt - in Bezug auf eine unterbliebene oder unzureichende Überprüfung eines Hausschwammbefalls festzustellen.

Soweit der Prospekt aus Juni 2003 stammt und zu einem Zeitpunkt verfasst wurde, als die Beklagte eine nähere Überprüfung der Bausubstanz noch nicht veranlasst hatte, ist dies in Bezug auf den Kläger unschädlich, da ihm die streitgegenständliche Wohnung unbestritten erst am 29.08.2003 vorgestellt wurde (GA 423) und ihm der Prospekt daher nicht früher vorgelegen haben kann. Der Kläger hat aber ausdrücklich den Vortrag der Beklagten übernommen, diese habe Anfang Juni 2003 Herrn L2 mit der Prüfung der Bausubstanz beauftragt, der am 16.06.2003 einen Teil der Wohnungen und etwa Ende Juli / Anfang August 2003 das gesamte Objekt L-Straße 3 besichtigt habe, wobei keine Feuchtigkeitsschäden festgestellt worden seien (GA 490, 643, 271). Wenn aber inzwischen eine sachverständige Untersuchung durch Herrn L2 als Mitarbeiter eines auf Altbaumodernisierung und -sanierung spezialisierten Unternehmen stattgefunden hatte, konnte sich die Beklagte auf deren Ergebnis verlassen und hatte keine Veranlassung, eine weitergehende Untersuchung auf Hausschwammbefall in Auftrag zu geben und ggfls. eine Richtigstellung von Prospektangaben vorzunehmen.

4.

Der Kläger hat gegen die Beklagte auch aus Gewährleistungsrecht keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages, also Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübertragung der Eigentumswohnung, gemäß §§ 437 Nr. 2, 434, 440, 323 BGB.

Zwar ist die Eigentumswohnung unstreitig mangelhaft, weil das gesamte Objekt mit Hausschwamm befallen ist.

Jedoch steht einer Haftung der Beklagten der in § 4 des notariellen Kaufvertrages (GA 19) vereinbarte umfassende Ausschluss der Gewährleistung für Sachmängel entgegen. Ein Fall, dass die Beklagte sich auf diesen Gewährleistungsausschluss gemäß § 444 BGB nicht berufen könnte, ist nicht gegeben.

a.

Eine Garantie hat die Beklagte nicht übernommen. Dies ist ausdrücklich in § 4 des Vertrages aufgenommen worden. Bei der - ebenfalls in § 4 aufgenommenen - Versicherung der Beklagten, dass ihr nicht erkennbare Mängel nicht bekannt sind, handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung lediglich um eine Wissenserklärung (BGH NJW RR 2003, 989).

b.

Der Kläger hat nicht beweisen können, dass die Beklagte ihm den echten Hausschwamm arglistig verschwiegen hat.

Arglistig handelt derjenige, der einen offenbarungspflichtigen Fehler der Kaufsache verschweigt oder dessen Abwesenheit vorspiegelt, obwohl er ihn kennt oder zumindest für möglich hält, gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragspartner den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (st. Rspr.; vgl. BGH NJW 1990, 42; NJW-RR 1992, 333, 334).

Offenbarungspflichtig sind solche Umstände, die für den Vertragsschluss von Bedeutung sind und über die der andere Vertragsteil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung redlicherweise Aufklärung erwarten durfte.

Angesichts der erheblichen Beeinträchtigung, die von dem hier festgestellten echten Hausschwamm ausgeht, handelt es sich um einen offenbarungspflichtigen Mangel.

Der Kläger hat jedoch nicht bewiesen, dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages von dem Hausschwamm Kenntnis hatte oder diesen für möglich hielt.

aa.

Durch die Stellungnahme des Dipl.-Ing W2 zur Ortsbesichtigung vom 08.09.2003 kann die Beklagte schon aus Gründen des Zeitablaufs nicht zum relevanten Zeitpunkt am 29.08./04.09.2003 Kenntnis von dem Hausschwammbefall erlangt haben. Soweit der Untersuchungsauftrag am 04.09.2003 durch die Firma W mbH als Verwalterin erteilt worden ist, ergibt sich daraus nicht, dass die Beklagte vor der ebenfalls an diesem Tage erklärten Annahme des notariellen Vertragsangebotes Kenntnis von einem diesbezüglichen Verdacht erhalten hatte.

bb.

Der Kläger konnte nicht seine Behauptung beweisen, die Beklagte hätte über die Zeugin F2, die eine andere Wohnung in dem Objekt gekauft hatte, Kenntnis von einem erheblichen Schimmelbefall des Objektes erlangt.

Zwar hat die Zeugin F2 in der mündlichen Verhandlung ausgesagt, sie habe, als sie am 15.07.2003 das Gebäude betreten habe, in einer Abstellkammer im Zwischengeschoss (zwischen Keller und Erdgeschoss), die nicht zu ihrer Wohnung gehöre, dunkle schwarze Flecken gesehen; auch habe sie dem Zeugen S telefonisch noch am selben Tag ihre Beobachtungen mitgeteilt. Sie habe aus den dunklen Flecken geschlossen, dass es sich um Schimmel gehandelt habe. Der Zeuge S hingegen hat ausgeschlossen, dass Frau F2, die ihn zwar mehrfach angerufen habe, ihn auch wegen Schimmels angerufen hätte. Es sind keine Gründe dafür ersichtlich, der Aussage der Zeugin F2 den Vorzug vor der Aussage des Zeugen S zu geben. Dieses offene Beweisergebnis (non liquet) geht zu Lasten des Klägers.

Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass die Zeugin F2 den Zeugen S über schwarze Flecken in einer Abstellkammer informiert hat, müssen diese so geschilderten Umstände nicht auf Hausschwamm schließen lassen. Immerhin handelte es sich um ein älteres Gebäude. Abgesehen von bloßer Verschmutzung können die Ursachen solcher Flecken in einer untergeordneten Abstellkammer, einem kleinen Raum mit üblicherweise nur geringfügigen Belüftungsmöglichkeiten, auch in mangelnder Belüftung liegen.

Da mithin ein Wissen bzw. eine Kenntnis des Zeugen S von erheblichem Schimmel oder Hausschwamm am Objekt L-Straße 3 im Vorfeld des Kaufvertragsabschlusses zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits nicht feststellbar ist, kann es dahingestellt bleiben, ob der Zeuge S gemäß § 166 BGB analog als Wissensvertreter der Beklagten anzusehen ist. Ebenfalls kann nicht festgestellt werden, dass der Zeuge S die Beklagte von Schimmel oder Hausschwamm vor Abschluss des Kaufvertrages in Kenntnis gesetzt hat.

cc.

Eine Kenntnis der Beklagten bzw. eine Zurechnung der Kenntnis des Herrn L2 kann nicht aus der Behauptung des Klägers hergeleitet werden, Herr F habe als Mitarbeiter der Firma W mbH am 25.07.2003 gemeinsam mit dem Zeugen L2 eine Besichtigung des Objektes vorgenommen, aufgrund welcher der Verdacht auf Hausschwammbefall festgestellt worden sei. Einer Vernehmung der Zeugen bedurfte es deshalb nicht.

(1)

Es ist nicht ersichtlich und auch nicht klägerseits vorgetragen worden, dass die Beklagte über die Begehung und das Ergebnis der Besichtigung informiert worden ist. Die Verwalterin hat - unstreitig - lediglich mit Schreiben vom 25.07.2003, welches von Herrn F unterzeichnet ist, die Rechtsanwälte C5 und Kaiser über die Begehung und die Feststellung des Hausschwammverdachts informiert. Dass die Beklagte eine Ablichtung des Schreibens vom 25.07.2003 erhalten hätte, ist von dem Kläger auch nicht vorgetragen worden.

(2)

Es kann damit dahingestellt bleiben, ob Herr L2 tatsächlich am 25.07.2003 von dem Hausschwammverdacht Kenntnis erlangt hat. Denn eine Zurechnung des nach Behauptung des Klägers - bei Herrn L2 vorhandenen Wissens von dem Hausschwammbefall zulasten der Beklagten kommt nicht in Betracht.

Die Zurechnung von Wissen bei dem Abschluss von Verträgen ist nach § 166 BGB zu beurteilen. Die Anwendung der Vorschrift ist nach herrschender Ansicht (BGHZ 83, 293; BGHZ 117, 104 ff; MüKo - Schramm, BGB, 5. Aufl., § 166, Rn 41) nicht auf die rechtsgeschäftliche Vertretung beschränkt, sondern erstreckt sich analog auch auf den vergleichbaren Tatbestand der Wissensvertretung. "Wissensvertreter" ist jeder, der nach der Arbeitsorganisation des Geschäftsherrn dazu berufen ist, im Rechtsverkehr als dessen Repräsentant bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen und die dabei anfallenden Informationen zur Kenntnis zu nehmen sowie gegebenenfalls weiterzuleiten (BGHZ 117, 104; MüKo a.a.O.). Er braucht weder zum rechtsgeschäftlichen Vertreter noch zum "Wissensvertreter" ausdrücklich bestellt zu sein. Der Geschäftsherr muss sich seiner aber im rechtsgeschäftlichen Verkehr wie eines Vertreters bedienen. Hat der Wissensträger nur intern beraten, scheidet eine sinngemäße Anwendung von § 166 Abs. 1 BGB aus (BGHZ 117, 104; BGH NJW RR 2003, 989; MüKo a.a.O. Rn 40).

Nach diesen Grundsätzen ist kein Fall gegeben, dass sich die Beklagte das gegebenenfalls bei dem Zeugen L2 vorhandene Wissen zurechnen lassen müsste. Denn der Zeuge L2 war von der Beklagten nicht als Verhandlungsführer oder Verhandlungsgehilfe in die Vertragsverhandlungen mit dem Kläger eingeschaltet worden. Vielmehr sollte er unabhängig von dem Vertrieb der einzelnen Wohnungen überhaupt das Objekt L-Straße insgesamt besichtigen und die Beklagte hinsichtlich möglicherweise erforderlicher Sanierungen intern beraten. In die einzelnen Vertragsverhandlungen sollte Herr L2 überhaupt nicht eingebunden sein.

Mit Beschluss vom 24.08.2009 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Voraussetzungen für die Annahme einer Wissenszurechnung bis dahin nicht schlüssig vorgetragen worden sind, und es ist ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Die daraufhin eingereichten Schriftsätze des Klägers vom 14.09.2009 und 19.09.2009 geben keine Veranlassung, abweichend von den obigen Ausführungen eine Wissenszurechnung zu Lasten der Beklagten anzunehmen. Insbesondere ist es unerheblich, ob der Zeuge L2 das streitgegenständliche Objekt vor dem Kauf durch die Beklagte (März 2003) oder danach begutachtet hat.

(3)

Eine Zurechnung des Wissens des Zeugen F, welches er durch die Besichtigung vom 25.07.2003 erlangt hat, zulasten der Beklagten findet ebenfalls nicht statt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zuletzt BGH DNotZ 2003, 274) ist eine Zurechnung von Wissen einer Hausverwaltung abzulehnen, deren sich der spätere Verkäufer auf vertraglicher Grundlage bedient hat. Hier ist der Zeuge F unstreitig als Mitarbeiter der Hausverwalterin, der Fa. W mbH, tätig geworden.

c.

Ein arglistiges Verhalten der Beklagten durch Angaben ins Blaue hinein kommt nicht in Betracht. Insoweit beruft sich der Kläger darauf, dass die Beklagte in ihrem Prospekt angegeben hat, dass die Lage und die Substanz des Objektes geprüft seien, tatsächlich eine Überprüfung aber gar nicht oder nur unzureichend stattgefunden habe. Die Beklagte hat aber unwiderlegt vorgetragen, dass sie die Fa. L3 GmbH, ein auf Altbaumodernisierung und Altbausanierung spezialisiertes Unternehmen, mit der Überprüfung der Bausubstanz beauftragt habe, und der Zeuge L2 als Mitarbeiter der Fa. L3 GmbH am 16.06.2003 einen Teil der Wohnungen und etwa Ende Juli/Anfang August 2003 das gesamte Objekt L-Straße 3 besichtigt habe, wobei keine Feuchtigkeitsschäden festgestellt worden seien. Auf dieses Ergebnis der Überprüfung durch ein ausgewiesenes Fachunternehmen durfte sich die Beklagte verlassen.

II.

Aus den vorangegangenen Ausführungen ergibt sich, dass auch die Anträge zu 2. (Rückabwicklungs- und Schadensersatzanspruch) und 3. (Feststellungsantrag) keinen Erfolg haben.

Die Revision war nicht zuzulassen da die Voraussetzungen des 3 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.