LG Hagen, Urteil vom 02.09.2009 - 22 O 66/09
Fundstelle
openJur 2011, 68624
  • Rkr:
Tenor

Die einstweilige Verfügung vom 12.05.2009 bleibt aufrecht erhalten.

Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin betreibt einen Rolladen- und Markisenbau in Iserlohn und handelt mit Rolladen- und Markisenzubehör bundesweit.

Die Verfügungsbeklagte betreibt unter der Internetadresse www. "X" einen Onlineshop für Sonnenschutzlösungen, für sämtliche Formen für Fensterverkleidungen und Sonnenschutzeinrichtungen. Ihr Angebot ist auf den Internetbereich beschränkt; sie betreibt daneben kein Ladengeschäft.

Am 11.04.2009 erhielt die Verfügungsklägerin von der Verfügungsbeklagten eine Email (Ablichtung Blatt 31 d. A.), mit der auf ein "neues Markisenmodell und Sonderangebote bei "X" hingewiesen wurde.

Wegen des weiteren Inhalts und der Gestaltung der Email wird auf die Ablichtung Blatt 31 d. A. Bezug genommen.

Um eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden, forderte die Verfügungsklägerin die Beklagte mit Schreiben vom 22.04.2009 auf, eine vorgefertigte Unterlassungserklärung abzugeben sowie die dort angefallenen Gebühren zu übernehmen. Mit Faxschreiben vom 04.05.2009 (Ablichtung Blatt 42 d. A.) teilte die Verfügungsbeklagten der Verfügungsklägerin mit, das Hintergrund der Übersendung der Emails ein geschäftlicher Kontakt über eine Mitarbeiterin der Verfügungsklägerin sei, die ausdrücklich die Übersendung von Informationen verlangt habe. Die Verfügungsbeklagte gab eine Unterlassungserklärung ab (Ablichtung Blatt 46 d. A.), mit der sie sich - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - gegenüber der Verfügungsklägerin verpflichtete, es zu unterlassen, an diese unaufgefordert im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Emailschreiben werblichen Inhalts zu versenden bei Meidung einer fälligen Vertragsstrafe in Höhe von 5.001,00 Euro.

Wegen des näheren Inhalts des Schreibens der Verfügungsbeklagten sowie ihrer Unterlassungserklärung vom 04.05.2009 wird auf die Anlagen Ablichtung Blatt 42, 46 d. A. Bezug genommen.

Die Verfügungsklägerin hielt die abgegebene Unterlassungserklärung für unzureichend und beantragte unter dem 07.05.2009 gegen die Verfügungsbeklagte eine einstweilige Verfügung dahingehend, dass diese es zu unterlassen habe, unaufgefordert und ohne Einwilligung im geschäftlichen Verkehr per Email Werbung an Gewerbetreibende zu versenden, und zwar hinsichtlich des Verkaufs von Markisen, wie geschehen mit Email vom 11.04.2009.

Durch Beschlussverfügung des Vorsitzenden vom 12.05.2009 hat die Kammer antragsgemäß die einstweilige Verfügung erlassen. Wegen des Inhalts wird auf Blatt 47 ff. d. A. verwiesen.

Gegen diesen Beschluss hat die Verfügungsbeklagte mit Schriftsatz vom 30.06.2009 Widerspruch erhoben.

Die Verfügungsklägerin hält die beantragte einstweilige Verfügung für begründet.

Vor Erhalt der maßgeblichen Email habe es keine laufende Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien gegeben. Werbe-Emails habe die Verfügungsklägerin zu keinem Zeitpunkt bei der Verfügungsbeklagten bestellt. Sie hält auch die von der Verfügungsbeklagten abgegebene Unterlassungserklärung für unzureichend, da diese nicht allgemein verbindlich sei.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 12.05.2009 aufrechtzuerhalten.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 12.05.2009 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Sie trägt vor:

Ihre Internetseite werde durch die "X" betreut, wobei insbesondere deren Vorstandsvorsitzender, Herr "X", den ordnungsgemäßen Betrieb und die Funktionsfähigkeit des Shopsystems überwache. Eine Mitarbeiterin der Verfügungsklägerin, Frau "X", habe am 12.11.2008 eine Anfrage an die Verfügungsbeklagte gerichtet mit der Bitte um Mitteilung, ob sie einen bestimmten Stoff liefern könne. Dabei habe die Mitarbeiterin der Verfügungsklägerin die entsprechenden Kontaktdaten u.a. die Emailadresse der Verfügungsklägerin hinterlassen. Daraufhin sei die Anfrage der Mitarbeiterin der Verfügungsklägerin beantwortet worden und auch Newsletter über Produkte bezüglich Rolläden und Sonnenschutz übersandt worden. Bereits am 17.02.2009 sei ein Newsletter an die Verfügungsklägerin geschickt worden, das diese nicht beanstandet habe.

Damit habe die Verfügungsklägerin in die Übersendung des Informationsmaterials eingewilligt.

Durch Abgabe der strafbewährten Unterlassungserklärung vom 04.05.2009 sei jedenfalls eine Wiederholungsgefahr bezüglich des Versands gleichartiger Email-Werbung nicht mehr gegeben. Darüber hinaus gehe der Umfang des Unterlassungsanspruchs zu weit. Schließlich hält die Verfügungsbeklagte das Vorgehen der Verfügungsklägerin für missbräuchlich.

Wegen des weitergehenden Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die einstweilige Verfügung war aufrechtzuerhalten.

Die Verfügungsklägerin hat gegenüber der Verfügungsbeklagten ein Anspruch auf Unterlassung unverlangt zugesandter Email-Werbung, den sie im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen kann (§§ 3, 7 Abs. 1, Abs. 2, Ziffer 3, 8 UWG; §§ 935, 938 ZPO).

I.

Der Verbotsantrag ist trotz seiner wesentlichen Präsentierung am Gesetzeswortlaut des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG hinreichend bestimmt. Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, welche Handlung den Verbot unterfällt.

Der Gesetzeswortlaut der maßgeblichen Vorschrift beschreibt genau die Verletzungshandlung, nämlich hier die Zusendung von Email-Werbung ohne Einwilligung des Adressaten. Eine weitergehende Konkretisierung als hier geschehen, kann der Verfügungsklägerin nicht abverlangt werden.

Die Verfügungsklägerin handelt auch nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG. Sie war berechtigt, einen Anwalt zum Zwecke der Abmahnung einzuschalten. Eine missbräuchliche Geltendmachung ist anzunehmen, wenn der Anspruchsberechtigte überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen verfolgt und diese eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (BGH GRUR 2000, 1089).

Dahingehende Umstände sind weder ersichtlich noch von der Verfügungsbeklagten vorgetragen. Insbesondere kann von einem entsprechenden Beweggrund allein aufgrund der Einschaltung eines Anwalts zur Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs nicht ausgegangen werden, da diese gerade der erleichterten und sachgerechten Durchsetzung des Anspruchs dient. Jeder ist befugt, sich zum Zwecke des Vorgehens gegen Wettbewerbsverletzungen eines Rechtsbeistandes zu bedienen. Aufgrund der Komplexität und rechtlichen Schwierigkeit wettbewerbsrechtlicher Ansprüche handelt es sich nicht um Streitigkeiten, deren Verfolgung von juristischen Laien allein beantworten werden kann.

II.

Der Verfügungsklägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Verfügungsbeklagte zu.

Bei der von der Verfügungsbeklagten an die Verfügungsklägerin gesandten Email handelt es sich um Werbung im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Die Verfügungsbeklagte hat der Verfügungsklägerin Waren im Rahmen ihrer geschäftlichen Tätigkeit angeboten mit dem Ziel, deren Absatz zu fördern.

Eine Einwilligung der Verfügungsklägerin in die Zusendung dieser Werbung liegt nicht vor. Diese ist jedenfalls von der Verfügungsbeklagten nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht worden. Soweit die Verfügungsbeklagte darauf abstellt, dass eine Mitarbeiterin der Verfügungsklägerin am 12.11.2008 um Informationen bezüglich der Liefermitteilung eines bestimmten Stoffes nachgefragt habe, ist dies unerheblich.

Die Verfügungsbeklagte hat nicht näher dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die Übersendung der hier maßgeblichen Email in einem zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit der Anfrage der Mitarbeiterin der Verfügungsklägerin aus November 2008 steht. Die Verfügungsklägerin hat vorgetragen, keine Antwort auf die konkrete Anfrage erhalten zu haben, sondern den maßgeblichen Newsletter erhalten zu haben, der mit der Anfrage in keinem Zusammenhang stehe.

Das Vorliegen einer entsprechenden Einwilligung, die das Einverständnis mit dem Eingriff in die Sphäre des Adressaten darstellt, muss der Werbende darlegen und beweisen. An das Vorliegen einer solchen Einwilligung sind strenge Anforderungen zu stellen. Sie muss vor der Absendung der Werbung für den konkreten Fall erteilt werden (BGH GRUR 2008, 923). Eine dahingehende Einwilligung hat die Verfügungsbeklagte jedenfalls nicht dargelegt.

Wenn danach von einem Wettbewerbsverstoß auszugehen ist, streitet eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr solcher Verstöße in der Zukunft, die nur durch Abgabe einer entsprechenden Unterlassungserklärung ausgeräumt werden kann. Dabei hat die Verfügungsklägerin einen allgemein verbindlichen Anspruch auf Unterlassung der Werbung gegenüber Dritten, sodass sie nicht darauf beschränkt ist, die Unterlassung gegenüber der Versendung an sich selbst zu beanspruchen. Dieser Anspruch resultiert aus dem Gesichtspunkt, dass sich ein Konkurrent durch illegale Werbung keinen wirtschaftlichen Vorteil dadurch verschaffen soll, indem er wettbewerbswidrige Werbung betreibt.

Unter diesen Umständen war die Beschlussverfügung vom 12.05.2009 aufrechtzuerhalten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

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