OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.01.2010 - 1 A 908/08
Fundstelle
openJur 2011, 68321
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung des Klägers wird das angefochtene Urteil teilweise geändert.

Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Widerspruchsbescheides des Vorstandes der Deutschen Telekom AG vom 21. Januar 2005 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 31. August 2005 sowie vom 1. Juni 2006 bis zum 31. Dezember 2006 einen Nettobetrag von insgesamt 119,67 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz aus 69,76 Euro seit dem 1. Januar 2006 und aus weiteren 49,91 Euro seit dem 1. Januar 2007 zu zahlen.

Unter Einbeziehung der teilweise rechtskräftig gewordenen Kostenentscheidung im Urteil des Verwaltungsgerichts vom 6. Februar 2008 werden die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen, soweit die Berufung der Beklagten zurückgewiesen worden ist.

Tatbestand

Der Kläger steht als Beamter im Dienst der Beklagten. In dem hier noch streitgegenständlichen Zeitraum (1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2003, 1. Januar 2005 bis 31. August 2005 sowie 1. Juni 2006 bis 31. Dezember 2006), in welchem er durchgängig das Amt eines Technischen Fernmeldeamtmanns bekleidete, erhielt er Bezüge nach der Besoldungsgruppe A 11 der Bundesbesoldungsordnung A (Anlage I zum Bundesbesoldungsgesetz (BBesG)). Der Kläger ist verheiratet und Vater von drei in den Jahren 1986, 1987 und 1991 geborenen Kindern, für die er im streitgegenständlichen Zeitraum mit Ausnahme der nachfolgend angeführten Unterbrechung kindergeldberechtigt war. Allein während des Zivildienstes des ältesten Sohnes H. vom 1. September 2005 bis zum 31. Mai 2006 bestand für dieses Kind keine Kindergeldberechtigung des Klägers.

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2004, welches am 8. Dezember 2004 bei der Deutschen Telekom AG eingegangen ist, beantragte der Kläger, ihm ab dem Jahr 2000 die ihm zustehende erhöhte familienbezogene Besoldung (kinderbezogener Familienzuschlag mit Erhöhungsbetrag) unter Berücksichtigung der vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 17. Juni 2004 - 2 C 34.02 - vorgegebenen Grundsätze zu zahlen. Zur Begründung führte er aus: Als Beamter der Deutschen Telekom AG habe er einen Anspruch auf amtsangemessene Alimentation. Das Bundesverfassungsgericht habe seit 1977 in mehreren Entscheidungen gerügt, dass die Besoldung der Beamten mit mehr als zwei Kindern nicht diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen entspreche. Nunmehr habe auch das Bundesverwaltungsgericht in der angeführten Entscheidung die Auffassung vertreten, dass ein verfassungsbegründeter Besoldungsanspruch auf erhöhte familienbezogene Besoldung bestehe.

Die Beklagte betrachtete das Schreiben des Klägers als Widerspruch und wies diesen mit Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2005 als nicht begründet zurück. Die vom Kläger zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts betreffe einen Einzelfall. Sie könne daher nicht für alle Beamten Maßstab für jetzige bzw. künftige Besoldungszahlungen sein. Die den Familienzuschlag regelnde gesetzliche Vorschrift des § 40 BBesG und dessen betragliche Ausgestaltung in der Anlage V zur Bundesbesoldungsordnung A seien im ordnungsgemäßen Gesetzgebungsverfahren zustande gekommen und deshalb vom Dienstherrn zu beachten. Aus § 2 Abs. 1 und 2 BBesG ergebe sich, dass Abweichungen von den gesetzlichen Besoldungsregelungen nicht zulässig seien. Dieser Gesetzesvorbehalt sei deshalb auch dann zu beachten, wenn das geltende Besoldungsrecht tatsächlich gegen das Gebot der amtsangemessenen Alimentation verstieße. Selbst nach Feststellung einer Verfassungswidrigkeit sei die für verfassungswidrig erklärte besoldungsrechtliche Bestimmung weiter anzuwenden, bis der Gesetzgeber, dem allein die Regelung der Beamtenbezüge vorbehalten sei, eine entsprechende Änderung des Gesetzes erlasse. Erst recht sei ein diesbezüglich geltend gemachter Anspruch auf höhere Zahlung des Familienzuschlags für zurückliegende Kalenderjahre abzulehnen. Nach mehrfach bekräftigter Auffassung des Bundesverfassungsgerichts könne nur den Ansprüchen stattgegeben werden, die zeitnah, d.h. im laufenden Haushaltsjahr geltend gemacht würden. Auch insofern seien Ansprüche für die Jahre vor dem laufenden Haushaltsjahr zurückzuweisen.

Der Kläger hat am 17. Februar 2005 Klage beim Verwaltungsgericht Arnsberg erhoben (2 K 358/05), die mit Beschluss dieses Gerichts vom 24. März 2005 an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Gelsenkirchen verwiesen worden ist.

Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, das Bundesverfassungsgericht habe mit Beschluss vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91 u.a. - den Gesetzgeber angewiesen, die als verfassungswidrig beanstandete Rechtslage der Besoldung von Beamten mit mehr als zwei unterhaltsberechtigten Kindern bis zum 31. Dezember 1999 mit der Verfassung in Übereinstimmung zu bringen. Das Bundesverfassungsgericht habe weiter entschieden, dass, sofern der Gesetzgeber der Verpflichtung nicht bis zum 31. Dezember 1999 nachkomme, die Dienstherren verpflichtet seien, für das dritte und jedes weitere unterhaltsberechtigte Kind familienbezogene Bezügebestandteile in Höhe von 115 % des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes zu gewähren. Des Weiteren seien die Fachgerichte befugt, familienbezogene Bezügebestandteile nach diesem Maßstab auszusprechen. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2004 entspreche die im Bundesbesoldungs und versorgungsanpassungsgesetz 1999 getroffene Regelung nicht den vorgenannten verfassungsgerichtlichen Anforderungen. Die Voraussetzungen für die vom Bundesverfassungsgericht formulierte Vollstreckungsanordnung lägen damit vor. Die Klage richte sich darüber hinaus auch gegen die im Widerspruchsbescheid ausgesprochene Ablehnung der nach seinem Erlass entstandenen und zukünftig fällig werdenden Ansprüche auf Gewährleistung des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs, da die versagende Entscheidung hinsichtlich dieser Ansprüche anderenfalls bestandskräftig würde.

Der Kläger hat schriftsätzlich (sinngemäß) beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2005 zu verurteilen, ihm für die Zeit ab dem 1. Januar 2000 den Differenzbetrag zwischen dem tatsächlich gewährten Familienzuschlag der Stufe 3 und demjenigen Betrag zu zahlen, der 115 % des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs gemäß dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2004 - 2 C 34.02 - entspricht, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen und ergänzend vorgetragen, der Gesetzgeber habe die verfassungsrechtlichen Vorgaben mit den besoldungsrechtlichen Regelungen für dritte und weitere zu berücksichtigende Kinder sowie den allgemeinen steuerrechtlichen und sozialpolitischen Verbesserungen der vergangenen Jahre für dritte und weitere Kinder von Beamtinnen und Beamten erfüllt. Kindbezogene Besoldungsbestandteile, Kindergeld sowie steuerliche Entlastungen seien gegenwärtig so bemessen, dass bei einer Gesamtbetrachtung der Nettoabstand von Kind zu Kind ab dem dritten und weiteren unterhaltsberechtigten Kindern im Durchschnitt den Richtwert von 115 % des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs für ein Kind erreichte. Dass es bei der kindbezogenen Nettobezahlung in Bezug auf den Richtwert von 115 % des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs zu geringfügigen Schwankungen kommen könne, habe der Gesetzgeber in seine Überlegungen einbezogene, als er sich dafür entschieden habe, pauschalierte und von Besoldungsgruppen und den individuellen Steuersätzen der Beamten unabhängige Kinderzuschläge zu zahlen. Eine Nettoabweichung von weniger als 1 % sei daher unerheblich. Zudem hätten sich die Grundannahmen und Vorgaben, wie sie seinerzeit vom Bundesverfassungsgericht den Vergleichsberechnungen zu Grunde gelegt worden seien, zwischenzeitlich wesentlich verändert, so dass die Berechnungen nicht unverändert fortgeführt werden könnten. Dies gelte beispielsweise für die Ermittlung der zu berücksichtigenden Durchschnittsmieten ab dem Jahr 2003 bzw. die Vorgabe eines pauschalen Kirchensteuerabzuges ab dem Jahr 2005 bei der Berechnung von Nettobezügen.

Durch das angefochtene Urteil, das im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangen ist und auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht der Klage teilweise stattgegeben: Es hat die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2005 verurteilt, an den Kläger (für die Jahre 2000 bis 2004) 1.228,73 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 17. Februar 2005 zu zahlen, und die Klage im Übrigen, d.h. hinsichtlich der für die Zeit ab dem 1. Januar 2005 behaupteten Ansprüche, abgewiesen. Zur Begründung hat es im Kern ausgeführt:

In Bezug auf die behaupteten Besoldungsansprüche aus den Jahren ab 2005 sei die Klage bereits unzulässig, weil es insoweit und anders als hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche für die Jahre 2000 bis 2004 an der (erfolglosen) Durchführung eines Vorverfahrens fehle. Ansprüche auf Grund der normsetzenden Interimsregelung im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91 u.a. - könnten nur jahresweise geltend gemacht werden. Dies ergebe sich aus der für das Gericht verbindlichen Vollstreckungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wonach ausweislich der Entscheidungsgründe C III 2 von jährlichen Bezügen ausgegangen werde. Vor diesem Hintergrund erfasse der angegriffene Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2005 lediglich den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2004 und nur insoweit sei dem Erfordernis eines Vorverfahrens (§ 126 Abs. 3 des Beamtenrechtsrahmengesetzes - BRRG -) Genüge getan. Die mithin in Bezug auf Ansprüche auf einen erhöhten Familienzuschlag für Zeiträume ab dem Jahr 2005 gebotene (erfolglose) Durchführung eines Widerspruchsverfahrens sei auch nicht entbehrlich. Zwar habe die Beklagte mit ihrem vorgenannten Widerspruchsbescheid die geltend gemachten Ansprüche des Klägers grundsätzlich auf Dauer abgelehnt; damit sei sein Standpunkt bekannt. Jedoch sei das Erfordernis einer weiteren Widerspruchserhebung keine reine Förmelei, weil die Gewährung familienbezogener Besoldungsbestandteile von weiteren Voraussetzungen abhänge (z.B. Kindergeldberechtigung, Umfang der Beschäftigung). Diesbezüglich sei davon auszugehen, dass die Beklagte den Fall nur nach der im Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch maßgeblichen Sach und Rechtslage - und nicht für den Zeitpunkt darüber hinaus - habe entscheiden können und auch entschieden habe. Zudem sei der Beklagten durch ein Vorverfahren die Möglichkeit eröffnet, für die nicht vom hier angegriffenen Widerspruchsbescheid erfassten Zeiträume von sich aus eine den Vorgaben der Rechtsprechung genügende amtsangemessene Besoldung in Bezug auf die kinderbezogenen Anteile im Familienzuschlag zu gewähren. Noch zu stellenden Anträgen bzw. noch zu erhebenden Widersprüchen des Klägers für die Zeit ab Januar 2005 könne die Beklagte derzeit auch nicht den Einwand verspäteter Geltendmachung entsprechender Besoldungsansprüche entgegenhalten.

Die Klage, soweit mit ihr eine Nachzahlung familienbezogener Bezügebestandteile für das dritte Kind des Klägers für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2004 begehrt werde, sei hingegen zulässig und begründet. Grundlage dieses Anspruches sei unmittelbar der Tenor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 (2 BvL 26/91 u.a.). Danach hätten Besoldungsempfänger, sofern der Gesetzgeber nicht seiner Verpflichtung zur amtsangemessenen Alimentation von Beamten mit mehr als zwei unterhaltsberechtigten Kindern nachkomme, für das dritte und jedes weitere unterhaltsberechtigte Kind Anspruch auf familienbezogene Bezügebestandteile in Höhe von 115 v.H. des durchschnittlichen Gesamtbedarfs eines Kindes, der sich nach Maßgabe der Gründe zu C.III.3. errechne. Gemäß der in dieser Entscheidung enthaltenen, für den gesamten hier noch in Rede stehenden Zeitraum von 2000 bis 2004 geltenden Vollstreckungsanordnung seien die Verwaltungsgerichte unmittelbar befugt, familienbezogene Gehaltsbestandteile nach diesem Maßstab zuzusprechen. In Anwendung der von dem Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Berechnungsmaßstäbe habe der Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Dezember 2004 einen Anspruch auf Zahlung weiterer familienbezogener Gehaltsbestandteile für sein drittes Kind in Höhe von insgesamt 1.228,73 Euro (Jahr 2000: 275,91 Euro, Jahr 2001: 259,10 Euro, Jahr 2002: 251,04 Euro, Jahr 2003: 270,60 Euro und Jahr 2004: 172,08 Euro). Diesem Anspruch stehe, soweit er sich auf die Jahre 2000 bis 2003 beziehe, nicht entgegen, dass der Kläger ihn bei der Beklagten erstmals am 8. Dezember 2004 geltend gemacht habe. Denn eine "zeitnahe", d.h. im jeweiligen Haushaltsjahr erfolgende Geltendmachung sei nicht Tatbestandsvoraussetzung des in Rede stehenden Besoldungsanspruchs. Grundsätzlich bedürfe die Auszahlung der einem Beamten zustehenden gesetzlichen Besoldung keines Antrags und damit keiner zeitnahen Geltendmachung, weil nach § 2 Abs. 3 BBesG auf diese Besoldung nicht verzichtet werden könne; nichts anderes könne für eine auf der gesetzesgleichen Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts beruhende Besoldung gelten. Auch aus dem vorzitierten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ergebe sich nicht, dass für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2000 nur im o.g. Sinne zeitnah erhobene Ansprüche befriedigt werden müssten. Gegen ein solches Erfordernis spreche ferner, dass es dem Beamten nach Treu und Glauben und aus rechtsstaatlichen Gründen nicht abverlangt werden könne, einen Alimentationsanspruch schon während des jeweils laufenden Haushaltsjahres geltend zu machen. Denn erst nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres könne verlässlich beurteilt werden, ob die im zurückliegenden Jahr gewährte Besoldung den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprochen habe. Schließlich könne ein Erfordernis zeitnaher Geltendmachung auch nicht durch haushaltsrechtliche Erwägungen gerechtfertigt werden. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung erhöhter familienbezogener Bezügebestandteile sei auch nicht verjährt. Denn die Verjährung der jahresbezogenen Ansprüche sei auch bei Annahme ihres Entstehens noch in dem jeweiligen Haushaltsjahr durch die Antragstellung am 8. Dezember 2004 gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB), weil diese vor Ablauf der jeweiligen Verjährungsfrist erfolgt sei (Ansprüche 2002 bis 2004: §§ 195, 199 BGB n.F.; Ansprüche 2000, 2001: Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB, § 195 BGB n.F.). Dem Gesamtanspruch könne nach erfolgter konkreter Berechnung nicht entgegen gehalten werden, dass das (jährliche) Besoldungsdefizit verglichen mit dem Gesamteinkommen des Klägers geringfügig sei, nämlich weniger als 1 % der Bruttobesoldung betrage. Die Vergleichsberechnung auf der Grundlage des sozialhilferechtlichen Bedarfs mit einem Zuschlag von 15 v.H. kennzeichne den Mindestbedarf eines Beamten. Wiesen die dem Beamten für sein drittes und jedes weitere Kind gewährten Zuschläge nicht einmal einen Abstand von 15 v.H. zum sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf auf, so habe der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum in jedem Fall überschritten.

Gegen dieses Urteil richten sich die vom Senat zugelassenen Berufungen des Klägers (für die Jahre 2005 und 2006) und der Beklagten (für die Jahre 2000 bis 2003). Die irrtümliche Einbeziehung des Jahres 2004 in den Berufungszulassungsbeschluss des Senats stellt - wie von den Beteiligten der Sache nach erkannt - eine offensichtliche Unrichtigkeit dar. Dementsprechend bezieht sich die Berufungsbegründung der Beklagten ausdrücklich nur auf den Zeitraum 2000 bis 2003, wird also betreffend Ansprüche des Klägers für das Jahr 2004 das Urteil I. Instanz akzeptiert.

Der Kläger trägt zur Begründung seiner Berufung im Wesentlichen vor: Entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts sei die (erfolglose) Durchführung eines Widerspruchsverfahrens für die Zeiträume ab Januar 2005 entbehrlich. Dies ergebe sich zunächst schon aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2001 - 2 C 48.00 -. In diesem Urteil sei festgestellt, dass Beamte mit mehr als zwei Kindern Anspruch auf Nachzahlung der erhöhten Besoldung ab Beginn des Haushaltsjahres hätten, in welchem sie ihre Bezüge mit Rücksicht auf die Kinder beanstandet hätten, und dass ein vorgeschaltetes Antragsverfahren insoweit nicht erforderlich gewesen sei. Da das Antragsverfahren - so der Kläger weiter - mit dem Widerspruchsverfahren vergleichbar sei, seien diese Grundsätze des Bundesverwaltungsgerichts auch auf das Widerspruchsverfahren übertragbar. Gestützt werde seine Auffassung ferner durch die Urteile des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 13. Februar 2007 - 4 S 2289/05 - und des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 23. Februar 2007 - 1 R 27/06 -, welche in Fällen, die dem vorliegenden Fall jeweils vergleichbar seien, ein Widerspruchsverfahren für entbehrlich erachtet hätten, da die dortigen Beklagten weitere kindbezogene Leistungen grundsätzlich und auf Dauer abgelehnt bzw. zu erkennen gegeben hätten, dass ein (weiteres) Widerspruchsverfahren aussichtslos wäre. Der Zulässigkeit des Klageantrags, welcher mit Blick auf die Erhöhung des Familienzuschlags für dritte und weitere Kinder ab 1. Januar 2007 nunmehr klarstellend auf die Jahre 2005 und 2006 beschränkt werde, stehe auch nicht das Fehlen seiner Bezifferung entgegen, da insoweit der Amtsermittlungsgrundsatz eingreife. Hinsichtlich des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen werde auf die erstinstanzlichen Ausführungen zu den Ansprüchen für die Jahre 2000 bis 2004 verwiesen.

Der Berufung der Beklagten hält der Kläger entgegen, dass ein Erfordernis zeitnaher Geltendmachung mit Blick auf die umfassende Kompetenz des Bundesverfassungsgerichts beim Erlass einer Vollstreckungsanordnung nach § 35 BVerfGG nur durch Auslegung der 1998 getroffenen Vollstreckungsanordnung, nicht aber unter Rückgriff etwa auf den Alimentationsgrundsatz beantwortet werden könne. Wortlaut und Begründung der Vollstreckungsanordnung gäben aber für ein solches Erfordernis nichts her. Gegen eine ergänzende Auslegung spreche vor allem die Zielrichtung des Bundesverfassungsgerichts, für die Zeit nach dem 31. Dezember 1999 mit der Vollstreckungsanordnung einklagbare Rechtsansprüche für kinderreiche Beamte zu begründen, falls der Gesetzgeber bis dahin keine verfassungskonforme Regelung getroffen habe. Die Wirkung der Vollstreckungsanordnung würde erheblich eingeschränkt, wenn Ansprüche nur bei zeitnaher Geltendmachung bestünden. Außerdem würden so die gesetzlichen Verjährungsregeln außer Kraft gesetzt.

Der Kläger fasst den erstinstanzlich gestellten Klageantrag zur Klarstellung dahingehend neu, dass beantragt wird,

die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2005 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 31. August 2005 sowie vom 1. Juni 2006 bis zum 31. Dezember 2006 den Differenzbetrag zwischen dem tatsächlich gewährten Familienzuschlag der Stufe 3 und demjenigen Betrag, der 115 % des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs gemäß dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2004 - 2 C 34.02 - entspricht, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus der sich für die Jahre 2000 bis 2004 ergebenden Summe seit Rechtshängigkeit und aus den sich für die die Jahre 2005 bzw. 2006 betreffenden Zeiträume ergebenden Summen seit dem 1. Januar 2006 bzw. seit dem 1. Januar 2007 zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern, soweit die Klage abgewiesen worden ist, und die Beklagte unter entsprechender teilweiser Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2005 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 31. August 2005 sowie vom 1. Juni 2006 bis zum 31. Dezember 2006 den Differenzbetrag zwischen dem tatsächlich gewährten Familienzuschlag der Stufe 3 und demjenigen Betrag, der 115 % des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs gemäß dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2004 - 2 C 34.02 - entspricht, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus den sich für die die Jahre 2005 bzw. 2006 betreffenden Zeiträume ergebenden Summen seit dem 1. Januar 2006 bzw. seit dem 1. Januar 2007 zu zahlen,

sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil insoweit zu ändern, als die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Widerspruchsbescheides der Deutschen Telekom AG vom 21. Januar 2005 verurteilt worden ist, an den Kläger für die Jahre 2000 bis 2003 1.056,65 Euro nebst Zinsen zu zahlen, und die Klage insoweit abzuweisen,

sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Zur Begründung ihrer Berufung beruft sie sich auf die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. November 2008 - 2 C 16.07 und 2 C 21.07 -. In diesen Entscheidungen habe das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt und näher begründet, dass das Erfordernis einer zeitnahen Geltendmachung von Ansprüchen, die über die gesetzlich vorgesehene Besoldung hinausgingen, auch für Ansprüche auf der Grundlage der Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts in dem Beschluss vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91 u.a. - gelte und dass die Fachgerichte auf dieser Grundlage erhöhte Besoldung rückwirkend nur ab dem Jahr zusprechen dürften, in dem der Beamte seinen Anspruch gerichtlich oder durch Widerspruch geltend gemacht habe.

Auf die Berufung des Klägers erwidert die Beklagte wie folgt: Die behauptete Entbehrlichkeit eines Widerspruchsverfahrens für die Zeiträume ab 2005 könne nicht auf die vom Kläger angeführten Entscheidungen gestützt werden. Das Bundesverwaltungsgericht habe in dem zitierten Urteil vom 28. Juni 2001 lediglich einen formellen Antrag für entbehrlich gehalten, nicht aber überhaupt auf das Erfordernis einer Beanstandung der Besoldung (in Form eines Widerspruchs) durch den anspruchstellenden Beamten verzichtet. Vor diesem Hintergrund könne es nicht als selbstverständlich angesehen werden, dass eine einmal eingereichte Klage, welche sich auf einen Bescheid beziehe, der einen festgelegten Zeitraum erfasse, ohne weiteres auch einen zukünftigen Zeitraum erfasse. Das vom Kläger angeführte Urteil des Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg betreffe eine nicht vergleichbare Situation, weil es dort um eine ausdrückliche Klageerweiterung gegangen sei, auf welche sich die dortige Beklagte in der Sache eingelassen habe. Schließlich liege hier auch nicht die Situation vor, die das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes bewogen habe, für ein streitgegenständliches Jahr das Vorverfahren als entbehrlich zu betrachten. Denn die dortige Beklagte habe in mehreren angefochtenen Bescheiden zu erkennen gegeben, dass sie die jährlich geltend gemachten Ansprüche grundsätzlich und auf Dauer ablehne. Der Kläger habe sich hingegen nur gegen einen einzigen Bescheid - den Widerspruchsbescheid - gewandt, der allein den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Dezember 2004 erfasst habe. Ein Verzicht auf das Erfordernis eines (weiteren) Vorverfahrens wäre hier schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil es dem Kläger ein Leichtes gewesen wäre, Ansprüche auf amtsangemessene Alimentation in Bezug auf die weiteren Jahre durch einfache Schreiben, Widersprüche oder eine entsprechende prozessuale Handlung geltend zu machen. Außerdem habe das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, dass die Gewährung familienbezogener Besoldungsbestandteile von Voraussetzungen abhänge, welche die Beklagte nur nach der im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung geltenden Sach- und Rechtslage, nicht aber auch für die Zukunft habe beurteilen können. Ebenso sei zutreffend, dass es dem Dienstherrn erst durch ein Widerspruchsverfahren ermöglicht werde, auf die Vorgaben der Rechtsprechung zu reagieren und eine entsprechend angepasste Besoldung zu gewähren, wie es etwa im Dezember 2007 durch die Vorgaben des Bundesministeriums der Finanzen geschehen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Beiakten Hefte 1 bis 3) Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg; die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.

Streitgegenstand des Berufungsverfahren sind Ansprüche des Klägers auf Gewährung höherer kinderbezogener Anteile im Familienzuschlag für sein drittes Kind in den Jahren 2000 bis 2003 und bestimmter Monate der Jahre 2005 und 2006.

Die Klage ist hinsichtlich der noch streitigen Ansprüche zulässig und begründet.

I. Die Klage ist zulässig.

1. Sie genügt ungeachtet dessen, dass der Kläger seinen Klageantrag nach der zutreffenden Auslegung seines Begehrens durch das Verwaltungsgericht nicht als unbedingt beansprucht beziffert hat, den Bestimmtheitsanforderungen des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO; der Kläger war nicht gehalten, seinen Klageantrag betragsmäßig zu konkretisieren. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, der das Bundesverwaltungsgericht bisher nicht entgegengetreten ist, dürfen es Kläger bei unbezifferten Klageanträgen belassen, wenn sie Ansprüche auf höhere Familienzuschläge für dritte und weitere Kinder nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998

- 2 BvL 26/901 u.a. -, BVerfGE 99, 300 ff.,

erheben. Dies ist Ausdruck einer durch das Bundesverfassungsgericht selbst vorgezeichneten Pflichten- und Risikoverteilung. Denn nach dem bezeichneten Beschluss (a.a.O. S. 332), der für die Beurteilung der Rechtslage auch insoweit zentral ist, ist es vorrangig Sache des Dienstherrn, familienbezogene Bezügebestandteile nach dem vorgegebenen Maßstab zu gewähren, im Streitfall sodann der Fachgerichte, diese Ansprüche selbstständig zu berechnen und gegebenenfalls zuzusprechen. Der Dienstherr und die Gerichte - nicht aber der Besoldungsempfänger - haben demnach die komplexen Anforderungen rechtlicher und tatsächlicher Art bei der Berechnung in Vollzug der zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu erfüllen und im Einzelfall betragsmäßig zu konkretisieren. Damit sind zugleich dem jeweiligen Dienstherrn, der in rechtsirriger Verweigerung des Anspruchs verharrt, auch die prozessrechtlichen Risiken einer Falschberechnung überbürdet. Aus diesem Grunde ist ein nicht bezifferter Klageantrag, gegebenenfalls auch ein der Höhe nach unzutreffend angegebener Nachzahlungsbetrag (sofern er nicht als unbedingt beansprucht zu betrachten ist), hinreichend bestimmbar, zumal sich der zu beanspruchende Zahlungsbetrag jederzeit rechnerisch unzweifelhaft ermitteln lässt.

Vgl. Senatsurteile vom 6. Oktober 2006 - 1 A 1927/05 -, juris, und vom 15. Januar 2007 - 1 A 3433/05 -, NWVBl. 2007, 265; ferner das aufgehobene Senatsurteil vom 27. Februar 2008 - 1 A 2180/07 -, ZBR 2008, 425 (= juris, dort Rn. 20), dem das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 17. Dezember 2008 - 2 C 42.08 -, juris, insoweit nicht entgegengetreten ist.

2. Die Klage ist ferner, soweit sie in den Jahren 2005 und 2006 gelegene Anspruchszeiträume betrifft, auch nicht unter dem Gesichtspunkt unzulässig, dass es an der Sachentscheidungsvoraussetzung der (erfolglosen) Durchführung eines Vorverfahrens fehlt.

a) In Bezug auf Ansprüche für das Jahr 2005 bzw. die Monate Januar bis August dieses Jahres hat der Kläger das prozessrechtliche Erfordernis, vor Erhebung der Klage (erfolglos) ein Vorverfahren durchzuführen, erfüllt.

Das Erfordernis, vor der hier gegebenen, auf Nachzahlung von Besoldung gerichteten Leistungsklage ein Vorverfahren durchzuführen, folgt aus § 126 Abs. 3 BRRG in seiner im Zeitpunkt der Klageerhebung geltenden Fassung (vgl. nunmehr entsprechend: § 126 Abs. 2 BBG) i.V.m. § 68 Abs. 1 VwGO. Nach § 126 Abs. 3 BRRG in der genannten Fassung gelten (u.a.) für alle Klagen der Beamten aus dem Beamtenverhältnis, einschließlich der Leistungs- und Feststellungsklagen, und damit auch für die vorliegende, die Besoldung betreffende und deshalb im Beamtenverhältnis wurzelnde Leistungsklage die Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung. Der damit vorbehaltlich abweichender - hier nicht ersichtlicher - gesetzlicher Regelung (§ 126 Abs. 3 Nr. 4 BRRG) u.a. angeordneten Nachprüfung des angegriffenen Verhaltens des Dienstherrn in einem vor der Klageerhebung durchzuführenden Vorverfahren bedarf es dabei (anders als nach § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO) auch dann, wenn die Maßnahme von der obersten Dienstbehörde getroffen worden ist (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 BRRG).

Diesem Erfordernis ist, wie bereits die Auslegung des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2005 ergibt, hier jedenfalls in Bezug auf Nachzahlungsansprüche des Klägers für das Jahr 2005 genügt worden. Zwar enthält dessen Tenor - Zurückweisung des Widerspruchs als unbegründet - insoweit noch keine eindeutigen Hinweise. Nicht eindeutige, d. h. auslegungsbedürftige Willenserklärungen der Verwaltung und damit auch der Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2005 sind aber gemäß der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregel des § 133 BGB auszulegen. Nach dieser Vorschrift ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der "wirkliche Wille" zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Maßgeblich ist demnach nicht der innere, bloß subjektive Wille des Bearbeiters, sondern der objektive Gehalt der Erklärung, d. h. der in der Willenserklärung zum Ausdruck kommende erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte bzw. nach Treu und Glauben verstehen durfte und musste ("Empfängerhorizont"). Um den Regelungsgehalt und umfang einer Willensäußerung durch Auslegung zu ermitteln, ist zunächst - zur Bestimmung des Auslegungsrahmens - vom Wortlaut der Erklärung auszugehen. Sodann sind alle von dem Adressaten erkannten oder ihm erkennbaren Umstände vor und bei dem Ergehen der behördlichen Maßnahme zu berücksichtigen. Hierzu zählt auch, welche Interessen die erklärende Behörde erkennbar mit ihrer Maßnahme verfolgt hat, d. h. vor allem, welchen Sinn und Zweck die Maßnahme aus der Sicht des Adressaten hat. Nach Auslegung etwa verbleibende Unklarheiten gehen dabei grundsätzlich zu Lasten des Erklärenden.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Juli 2008 - 12 A 520/06 -, m.w.N., und Senatsbeschluss vom 10. Februar 2009 - 1 E 906/08 -.

Die Anwendung dieser Auslegungsgrundsätze führt hier zu dem Ergebnis, dass die Beklagte bzw. der Vorstand der Deutschen Telekom AG mit dem Widerspruchsbescheid Ansprüche des Klägers auf Nachzahlung kindbezogener Bezügebestandteile zumindest für die Jahre 2000 bis 2005 verneint hat. Der Widerspruchsbescheid gibt einem verständigen Adressaten dadurch, dass das Schreiben des Klägers vom 6. Dezember 2004 darin ausdrücklich als Antrag gewertet wird, klar zu erkennen, dass das in diesem - von der Beklagten zu Recht als Widerspruch gewerteten

- vgl. insoweit grundlegend insbesondere BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2001 - 2 C 48.00 -, BVerwGE 114, 350 = NVwZ 2002, 97 = ZBR 2002, 93 -

Schreiben formulierte Begehren als unbegründet zurückgewiesen werden soll. Der Inhalt des Schreibens ist deshalb bei der Ermittlung der Reichweite des Widerspruchsbescheides maßgeblich heranzuziehen. Mit diesem Schreiben, einem vom Kläger ausgefüllten Formularantrag, hat der Kläger unter Verweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2004 - 2 C 34.02 - erklärt, seine Besoldung sei im Hinblick auf den kinderbezogenen Anteil zu niedrig bemessen und ausdrücklich ausgeführt: " ... hiermit beantrage ich ab dem Jahr 2000 die mir zustehende erhöhte familienbezogene Besoldung ... ." Diese wenn auch bereits gegen Ende des Jahres 2004 getätigte Formulierung ist objektiv dahin zu verstehen, dass eine erhöhte Besoldung für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 an bis in die weitere Zukunft und damit zumindest bis in das unmittelbar nachfolgende (Haushalts-)Jahr 2005 hinein begehrt wird. Denn der Kläger spricht nicht etwa von einer Besoldung, die ihm (in den Jahren 2000 bis 2004) zugestanden hat, sondern von einer solchen, die ihm zusteht. Vor allem grenzt er den erhobenen Anspruch weder ausdrücklich noch sinngemäß auf einen am 31. Dezember 2004 endenden Zeitraum ein, sondern hält den Anspruchszeitraum (ohne eine seinerzeit schon erfolgte begrenzende Konkretisierung) in die Zukunft offen. Allein dies hat im Übrigen auch der - der Beklagten ohne weiteres erkennbaren - Interessenlage des Klägers entsprochen, der eine rechtswidrig zu niedrige Besoldung (natürlich) nicht nur für einen vergangenen bzw. unmittelbar endenden Zeitraum, sondern auch aktuell und für die Zukunft nicht hinnehmen wollte.

Das inhaltlich so zu verstehende, als Widerspruch aufgefasste Begehren hat der Vorstand der Deutschen Telekom AG mit dem in Rede stehenden Widerspruchsbescheid in vollem Umfang als unbegründet zurückgewiesen. Dies ergibt sich zwar nicht schon zwingend aus der - allerdings regelmäßig und wohl auch hier gerechtfertigten - Annahme, dass ein Begehren erschöpfend beschieden wird, wird aber jedenfalls durch die dem Bescheid beigegebene Begründung belegt, so wie sie ein Empfänger (der sog. Durchschnittsbeamte) bei objektiver Würdigung verstehen konnte bzw. nach Treu und Glauben verstehen musste und durfte. In dieser Begründung wird im ersten Absatz die Rechtsansicht dargelegt, das von dem Kläger zur Anspruchsbegründung herangezogene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts könne als bloße Einzelfallentscheidung nicht Maßstab "für jetzige bzw. künftige Besoldungszahlungen" sein. In den beiden folgenden Absätzen bemüht sich die Beklagte zu begründen, weshalb das "derzeit" geltende (Besoldungs-) Recht keine höheren als die gesetzlich festgelegten Besoldungszahlungen zulasse. Schon dadurch ist objektiv erkennbar geworden, dass (auch) im Bescheidungszeitpunkt gegenwärtige bzw. künftige Nachzahlungsansprüche verneint werden sollen. Ergänzend bestätigt wird diese Auslegung zumindest tendenziell auch durch den im vierten Absatz der Begründungserwägungen des Widerspruchsbescheides angeführten "Erstrecht-Schluss": Erst recht sei ein Nachzahlungsanspruch "für zurückliegende Kalenderjahre" abzulehnen. Es könne nämlich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts überhaupt nur solchen Ansprüchen stattgegeben werden, die im laufenden Haushaltsjahr geltend gemacht würden. Dieser "Erstrecht-Schluss" verdeutlicht, dass der Vorstand der Deutschen Telekom AG außer den zurückliegenden Jahren auch noch einen anderen Zeitraum - als Gegenstand der Bescheidung des Widerspruchs - im Blick gehabt hat. Zwar fällt hier - ausgehend vom Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs und nicht seiner Bescheidung - schon das Jahr 2004 nicht mehr unter die zurückliegenden Kalenderjahre. Die Widerspruchsbehörde hat es jedenfalls aber (auch in diesem Zusammenhang) versäumt, einen klaren Anhalt dafür zu bieten, dass allein eine Bescheidung für den Zeitraum bis hin zum 31. Dezember 2004 habe erfolgen sollen.

Der danach gerechtfertigten Bewertung, die Beklagte habe im Widerspruchsbescheid auch eine Entscheidung über künftige Nachzahlungsansprüche zumindest für das Haushaltsjahr 2005 getroffen, kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, eine solche Entscheidung sei erkennbar überhaupt noch nicht möglich gewesen, weil die für ein solches Nachzahlungsbegehren maßgebliche Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung noch nicht abschließend habe beurteilt werden können. Diesem Argument ist zunächst schon entgegenzuhalten, dass die Beklagte sich in ihrem Widerspruchsbescheid gerade nicht darauf berufen hat, dass der Antrag in Bezug auf Ansprüche für das Jahr 2005 noch nicht bescheidungsfähig bzw. dass ihr insoweit eine Entscheidung rechtlich noch nicht möglich sei; sie hat vielmehr, wie die Auslegung des Widerspruchsbescheides gezeigt hat, aus der maßgeblichen Sicht des sog. Durchschnittsbeamten tatsächlich eine Entscheidung (auch) in Bezug auf Nachzahlungsansprüche für das Jahr 2005 getroffen. Außerdem greift die angeführte rechtliche Erwägung zumindest vorliegend nicht durch und rechtfertigt deshalb nicht die Annahme, eine Bescheidung des auf das Jahr 2005 bezogenen Nachzahlungsbegehrens sei - für den Erklärungsempfänger erkennbar - nicht gewollt gewesen. Konnten nämlich, wie die Beklagte gemeint hat, selbst bei einem Verstoß gegen die Alimentationspflicht aufgrund des angeblich allein maßgebenden Bundesbesoldungsgesetzes - und damit auch unabhängig vom Fortbestehen sonstiger Anspruchsvoraussetzungen wie etwa der weiteren Berücksichtigungsfähigkeit einzelner Kinder - keine höheren Zahlungen erfolgen, so konnte es für ihre (ablehnende) Entscheidung über weitergehende Ansprüche - hier betreffend das Jahr 2005 - nicht mehr auf eine etwaige Veränderung der (Besoldungs-)Situation des Klägers im weiteren Verlauf dieses Jahres ankommen. Insbesondere wäre ein Zuwarten mit der Entscheidung wegen (lediglich allgemein) möglicher Änderungen des Besoldungsgesetzes rein spekulativ und deswegen sachlich nicht veranlasst gewesen.

Die Richtigkeit des vorstehenden Auslegungsergebnisses wird schließlich, ohne dass es noch darauf ankäme, dadurch bestätigt, dass die Beteiligten den Widerspruchsbescheid auch tatsächlich als (u.a.) auf das Jahr 2005 bezogen verstanden haben. Das ergibt sich aus ihrem Verhalten während des erstinstanzlichen Verfahrens. Der Kläger hat in der Klageschrift vom 15. Februar 2005 ausdrücklich ausgeführt, die Klage richte sich "auch gegen die im Widerspruch (offensichtlich gemeint: Widerspruchsbescheid) abgelehnten zukünftig fälligen Ansprüche auf Gewährleistung des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs", um den Eintritt von Bestandskraft zu vermeiden. Diesem Vorbringen hat die Beklagte während des gesamten erstinstanzlichen Verfahrens nicht widersprochen, obwohl eine Reaktion der Beklagten hierauf besonders deshalb nahe gelegen hätte, weil der Kläger für den Fall einer bestimmten Erklärung der Beklagten eine Beschränkung des in die Zukunft hinein offenen Antrags in Aussicht gestellt hatte. Vor allem aber hat die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vom 21. April 2005 ausdrücklich darauf abgehoben, dass die Besoldung "gegenwärtig" - mithin in dem folglich als streitgegenständlich erachteten Haushaltsjahr 2005 - den verfassungsrechtlichen Vorgaben genüge und dass die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Berechnungen hinsichtlich eines pauschalen Kirchensteuerabzuges "ab dem Jahr 2005" nicht mehr unverändert fortgeführt werden könnten.

Die auf Nachzahlungsansprüche für das Jahr 2005 bezogene Klage erwiese sich im Übrigen auch bei einem - insoweit unterstellten - Fehlen eines Vorverfahrens nicht als unter diesem Aspekt unzulässig, weil ein diesbezügliches Vorverfahren hier unter zwei Aspekten entbehrlich war:

Erstens hält das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung, welcher der Senat folgt, aus Gründen der Prozessökonomie die Durchführung eines Vorverfahrens als Sachentscheidungsvoraussetzung über die gesetzlich benannten Gründe hinausgehend (u.a.) dann für entbehrlich, wenn sich der auch für die Widerspruchsentscheidung zuständige Beklagte auf die Klage einlässt und deren Abweisung beantragt und eine gebundene Entscheidung in Rede steht.

Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 23. Oktober 1980 - 2 A 4.78 -, ZBR 1981, 220 = juris, dort Rn. 20, m.w.N. auf die ältere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vom 2. September 1983 - 7 C 97.81 -, NVwZ 1984, 507 = juris, dort Rn. 8, vom 18. April 1988 - 6 C 41.85 -, BVerwGE 79, 226 = juris, dort Rn. 27, vom 27. September 1988 - 1 C 3.85 -, NJW 1989, 1438 = juris, dort Rn. 19, vom 22. Juli 1999 - 2 C 14.98 -, ZBR 2000, 40 = juris, dort Rn. 20, und vom 19. Februar 2009 - 2 C 56.07 -, NVwZ 2009, 924 = juris, dort Rn. 11; in diesem Sinne ferner Senatsbeschluss vom 8. September 2005 - 1 A 3382/03 - (n.v.), OVG NRW, Urteil vom 30. November 2005 - 8 A 1315/04 -, juris, dort Rn. 41 f., und Hüttenbrink, in: Posser/Wolff, VwGO, 2008, § 68 Rn. 23; zweifelnd VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 4. März 2009 - 9 S 371/08 -, juris, dort Rn. 32 ff.; a. A. etwa Kopp/ Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 68 Rn. 27 f., und Dolde/Porsch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Stand: Oktober 2008, § 68 Rn. 28 f., jeweils m.w.N.

So liegt der Fall hier. Die sachliche Entscheidung über das das Haushaltsjahr 2005 betreffende Nachzahlungsbegehren stand nicht im Ermessen der Beklagten, sondern war durch die Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Beschluss vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/901 u.a. -, BVerfGE 99, 300 ff. zwingend vorgezeichnet. Ferner hat sich die Beklagte, wie bereits dargelegt, in ihrer Klageerwiderung u.a. auf dieses Nachzahlungsbegehren sachlich eingelassen und, wie weiter auszuführen ist, die (sodann im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung erfolgte) Abweisung der Klage beantragt, ohne zugleich das Fehlen des Vorverfahrens zu rügen. Dass die Beklagte sich erstmalig im Berufungsverfahren (angestoßen durch die vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil vermittelte Rechtsansicht) auf das Fehlen des Vorverfahrens berufen hat, ist mit Blick auf die zuvor erfolgte sachliche Einlassung ohne Bedeutung.

Zweitens ist die (erfolglose) Durchführung eines Vorverfahrens nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, welcher der Senat auch insoweit folgt, dann entbehrlich, wenn das Verhalten der Widerspruchsbehörde vor oder während des gerichtlichen Verfahrens mit großer Wahrscheinlichkeit erwarten lässt bzw. erwarten ließ, dass ein Widerspruch keinen Erfolg hätte.

Vgl. etwa Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. April 1988 - 6 C 41.85 -, a.a.O.; a. A. und m.w.N. zu beiden Auffassungen Kopp/Schenke, a.a.O., § 68 Rn. 27, 32, mit FN. 51.

In Anwendung dieses Grundsatzes erwiese sich ein auf Ansprüche für das Jahr 2005 bezogenes Vorverfahren hier ebenfalls als entbehrlich. Denn die Widerspruchsbehörde hatte durch die Begründung des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2005 unmissverständlich und eindeutig kundgetan, dass Nachzahlungen ganz unabhängig von einer (deshalb einer Überprüfung überhaupt nicht mehr bedürfenden) Unteralimentation nicht erfolgen könnten. Auf Grund dieser Ausführungen hätte der Kläger im grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt unmittelbar vor der Klageerhebung (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO: "vor") selbst bei Annahme insoweit fehlender Bescheidung seines Antrags bzw. Widerspruches davon ausgehen müssen und dürfen, die Durchführung eines weiteren, auf Ansprüche für das Jahr 2005 bezogenen Widerspruchsverfahrens sei offensichtlich zwecklos und deshalb eine reine "Förmelei". Der Umstand, dass die Beklagte ihre Rechtsansicht nur in einem Bescheid (und nicht etwa in mehreren Bescheiden) verlautbart hat, ist mit Blick auf die Eindeutigkeit des insoweit gefundenen Auslegungsergebnisses ohne Bedeutung. Schließlich musste auch das Verhalten der Beklagten während des erstinstanzlichen Verfahrens dem Kläger keine Veranlassung geben, ein Vorverfahren nun doch für nicht von vornherein aussichtslos zu halten. Denn die Beklagte hat im Verlauf des Klageverfahrens gerade auf ihre - hier soeben gewürdigten - Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen und ferner vorgetragen, die familienbezogene Alimentation genüge "gegenwärtig" (also im Haushaltsjahr 2005) den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts.

b) In Bezug auf Ansprüche für das Jahr 2006 (bzw. die insoweit hier lediglich noch streitigen Monate Juni bis Dezember) spricht in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen, nach welchen der Widerspruch des Klägers jedenfalls hinsichtlich der für 2005 behaupteten Ansprüche abschlägig beschieden worden ist, schon Überwiegendes dafür, dass auch insoweit ein Vorverfahren (erfolglos) durchgeführt worden ist. Dies mag hier aber letztlich ebenso dahinstehen wie die Frage, ob die schon im Jahre 2005 erfolgte Einlassung der Beklagten auch Auswirkungen auf die Erforderlichkeit eines auf Ansprüche für das Jahr 2006 bezogenen Vorverfahrens haben konnte. Denn auch in Bezug auf die vom Kläger für das Jahr 2006 verfolgten Besoldungsansprüche war ein Vorverfahren jedenfalls deshalb entbehrlich, weil ein weiteres Vorverfahren nach dem Vorbringen der Beklagten erkennbar (bereits) aus den für das Jahr 2005 dargelegten Gründen aussichtslos gewesen wäre. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass mit Blick auf die Ableistung von Zivildienst durch den ältesten Sohn des Klägers kein ununterbrochener Kindergeldbezug für das dritte Kind vorgelegen hatte. Denn dies hätte - sofern damals erkannt - lediglich zu einem weiteren, also zusätzlichen Ablehnungsgrund mit Blick auf Ansprüche für die betroffenen (Zwischen-)Monate geführt.

II. Die Klage ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat bezogen (auch) auf den Zeitraum 2000 bis 2003 zu Recht Ansprüche des Klägers dem Grunde nach bejaht, diese - soweit erkennbar - nicht zu Lasten der Beklagten fehlerhaft berechnet und ihnen zutreffend insbesondere nicht entgegengehalten, dass der Kläger sie nicht zeitnah geltend gemacht hat (1.). Darüber hinaus stehen dem Kläger hinsichtlich der Jahre 2005 und 2006 die im Tenor dieser Senatsentscheidung ausgeworfenen Nachzahlungsansprüche zu (2.).

1. Der Kläger hat für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Dezember 2003 Anspruch auf Zahlung weiterer Familienzuschläge in der vom Verwaltungsgericht ausgeurteilten Höhe.

a) Der ausgeurteilte Anspruch ergibt sich aus dem vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 24. November 1998 (a.a.O.) formulierten materiellrechtlichen Besoldungstatbestand, dessen Inhalt in den Gründen des Beschlusses zu E. (a.a.O., S. 332) als das verfassungsrechtliche Minimum des Familienzuschlags für Beamte und Richter mit mehr als zwei Kindern abstraktgenerell umschrieben ist, und zwar dahin, dass

"für das dritte und jedes weitere unterhaltsberechtigte Kind familienbezogene Gehaltsbestandteile in Höhe von 115 v.H. des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes zu gewähren" sind.

Die Rechtsfolge dieses Tatbestandes ist in den Gründen zu C.III.3 (a.a.O., S. 321 ff.) in Form von Berechnungsvorgaben so präzisiert, dass der konkrete Nachzahlungsbetrag abhängig von den tatbestandsrelevanten Verhältnissen des Einzelfalls (im Wesentlichen der Besoldungsgruppe und der Zahl der Kinder) grundsätzlich ohne weiteres - mit Ausnahme gewisser Unschärfen bei den sonstigen Eingangsdaten - berechnet werden kann. Diese Beträge von sich aus zu gewähren, war die Beklagte auf Grund der Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts nach § 35 BVerfGG im genannten Beschluss (Entscheidungsformel zu 2., zweiter Teil, a.a.O., S. 304) verpflichtet. Auf ihr beruht auch die weitere Befugnis der Verwaltungsgerichte, auf der Grundlage dieser Vorgaben zusätzliche Besoldungsanteile über das einfache Gesetz hinaus zu berechnen und in einem Leistungsurteil unmittelbar zuzusprechen.

Der materiellrechtliche Tatbestand und die Vollstreckungsanordnung sind weiterhin anwendbar und nicht erledigt. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht für die Jahre 2000 bis 2004 ausdrücklich bestätigt.

Vgl. Urteile vom 13. November 2008 - 2 C 16.07 - NVwZ-RR 2009, 249 (amtlicher Umdruck Rn. 9), und vom 17. Dezember 2008 - 2 C 42.08 -, a.a.O., (amtlicher Umdruck Rn. 11) m.w.N.

Das Verwaltungsgericht hat bei der Berechnung des Nachzahlungsbetrages, welcher dem Kläger für die Jahre 2000 bis 2003 einschließlich zusteht, einen solchen Rechenweg gewählt, der mit den Präzisierungen des bundesverfassungsgerichtlichen Besoldungstatbestandes durch die Rechtsprechung übereinstimmt.

Vgl. wegen der Einzelheiten in Bezug auf einen vergleichbaren Fall etwa Senatsurteil vom 10. Dezember 2009 - 1 A 904/08 -, insb. UA Seiten 24 ff.

Dies berücksichtigend ergibt sich die Höhe der dem Kläger zustehenden Nachzahlungsbeträge aus den Ausführungen/Berechnungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil, gegen deren Richtigkeit die Beklagte im Berufungsverfahren nichts eingewandt hat und auch im Übrigen nichts Erkennbares spricht.

b) Die Beklagte kann den Ansprüchen für die Jahre 2000 bis 2003 nicht durchgreifend entgegenhalten, dass der Kläger sie nicht zeitnah geltend gemacht hat. Das Bundesverwaltungsgericht, das nunmehr ein solches Erfordernis auch für Ansprüche bejaht, die auf der Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts beruhen, verlangt insofern - von seinem rechtlichen Ansatz einer Treuepflicht des Beamten her allerdings nur grundsätzlich -, dass der Beamte seinen Anspruch noch während des laufenden Haushaltsjahres an den Dienstherrn heranträgt.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 13. November 2008 amtlicher Umdruck Rn. 17 ff., vom 17. Dezember 2008 - 2 C 42.08 -, amtlicher Umdruck Rn. 18 ff., und - 2 40.07 -, NVwZ-RR 2009, 389 = juris, dort Rn. 21, amtlicher Umdruck Rn. 21, in Übereinstimmung mit der Präzisierung des Merkmals "zeitnah" in BVerfG, Beschluss vom 24. November 1998 a.a.O., S. 330 (zu D. I.) und bereits Beschluss vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 -, BVerfGE 81, 363 (385).

Diesen Anforderungen hat der Kläger nicht vollständig entsprochen. Er hat den Anspruch erstmals am 8. Dezember 2004, also außerhalb der betroffenen Haushaltsjahre 2000 bis 2003 geltend gemacht, ohne dass Umstände ersichtlich sind, die im Sinne des Revisionsurteils im Verfahren BVerwG 2 C 40.07 (amtlicher Umdruck Rn. 21) ausnahmsweise zur Verneinung einer treuwidrig verspäteten Geltendmachung berechtigen könnten.

Von daher kommt es hier entscheidungserheblich darauf an, ob Ansprüche auf höhere Familienzuschläge ihrer Art nach zeitnah geltend gemacht werden müssen, anders gesagt: ob dem Unterlassen zeitnaher Geltendmachung eine anspruchsbegrenzende Wirkung beizulegen ist. Der Senat hat diese Frage bisher stets verneint, und zwar in eingehender Auseinandersetzung mit der seinerzeit vorliegenden - überwiegend gegenteiligen - Rechtsprechung und Literatur.

Vgl. dazu Senatsurteil 27. Februar 2008 - 1 A 2180/07 -, a.a.O.

Das Bundesverwaltungsgericht ist dieser Auffassung im zitierten Revisionsverfahren BVerwG 2 C 42.08 (wie bereits im Urteil vom 13. November 2008 - 2 C 16.07 -, a.a.O.) entgegengetreten, hat das vorgenannte Urteil des Senats geändert und die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen. Der erkennende Senat, der im vorliegenden Verfahren durch die Rechtskraft der genannten Urteile nicht gebunden ist, sieht indes seine früheren durchgreifenden Bedenken gegen ein Erfordernis zeitnaher Geltendmachung durch die Begründung jener Revisionsurteile in keiner Weise als ausgeräumt an und vermag sich dem Bundesverwaltungsgericht deshalb weiterhin nicht anzuschließen. Der Senat bleibt dabei, dass Ansprüche kinderreicher Beamter und Richter auf amtsangemessene Alimentation hinsichtlich des insoweit bestehenden Bedarfs für dritte (und gegebenenfalls weitere) Kinder in Fällen wie hier nicht unter dem Vorbehalt zeitnaher Geltendmachung im dargelegten Sinne stehen. Eine solche Einschränkung ergibt sich weder ausdrücklich aus dem vorzitierten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts noch kann sie ihr durch ergänzende Auslegung entnommen werden.

Vgl. Senatsurteil vom 23. April 2009 - 1 A 811/08 -, juris.

Zur Argumentation des Bundesverwaltungsgerichts ist vorab und grundsätzlich Folgendes anzumerken: Das Bundesverwaltungsgericht bejaht ein hier zu beachtendes Zeitnähe-Erfordernis aufgrund einer rechtssystematischen Übertragung bestimmter - fraglos nicht unmittelbar einschlägiger - Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts zur beamtenrechtlichen Treuepflicht auf Ansprüche, die im selben Beschluss im Zusammenhang mit der Vollstreckungsanordnung zuerkannt worden sind. Diese Übertragung, die den Kern der streitigen Rechtsfrage ausmacht, erscheint dem erkennenden Senat als schlechthin nicht angängig. Denn es ist in der vorliegenden Konstellation ohne Verletzung von Verfassungsrecht ausgeschlossen, aus der beamtenrechtlichen Treuepflicht etwas zum Nachteil der anspruchsberechtigten Beamten herzuleiten. Das Bundesverfassungsgericht hebt in ständiger Rechtsprechung und auch bei seinen einschlägigen Überlegungen hervor, dass das Beamtenverhältnis ein gegen- bzw. wechselseitig bindendes Treueverhältnis ist.

Vgl. etwa Beschluss vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 -, a.a.O., 383 bis 385, m.w.N.; dem folgend BVerwG, Urteil vom 13. November 2008 - 2 C 16.07 -, a.a.O., amtlicher Umdruck Rn. 24.

Die Berufung des anspruchsverpflichteten Dienstherrn bzw. Besoldungsgebers auf ein treuegemäßes Verhalten der Beamten setzt daher voraus, dass sich der Dienstherr in derselben Angelegenheit selbst wesentlich rechtstreu verhält. Davon kann hier aber keine Rede sein, weil sowohl der Dienstherr des Klägers als auch der die Alimentation gewährende Bundesgesetzgeber, dessen Verhalten dem Dienstherrn zurechenbar ist, in den streitigen Jahren 2000 bis 2003 sein jahrzehntelang (mindestens seit dem 1. Januar 1975) hartnäckig verfassungswidriges Verhalten fortgesetzt hat,

vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2008 - 2 C 42.08 -, amtlicher Umdruck Rn. 13,

und zwar trotz mehrfacher verfassungsgerichtlicher Feststellungen und der nunmehr problemlosen Erkennbarkeit (im Sinne von Berechenbarkeit) des Fortbestehens einer verfassungswidrigen Unteralimentation im hier streitigen Zeitraum, die sogar noch "deutlich" unter dem im Beschluss vom 24. November 1998 benannten Mindestniveau liegt (a.a.O., S. 329). Seit dem 1. Januar 2000 liegen zudem weitere Umstände vor, die dem Treueverstoß des Dienstherrn besonderes Gewicht verleihen und seine Weigerung zur Zahlung amtsangemessener Familienzuschläge als objektiv vorwerfbare Verletzung seiner eigenen Alimentationspflichten ausweisen. Einen Schutz, den ihm das Bundesverfassungsgericht über das Erfordernis zeitnaher Geltendmachung für eine bestimmte - hier nicht vorliegende Konstellation - zuerkennen wollte, verdient der Dienstherr seither unter keinem Gesichtspunkt mehr.

So auch Herrmann, Zeitnahes Geltendmachen von Besoldungsansprüchen, NVwZ 2009, 822, 824.

Auf dies ist unten zurückzukommen. Vorab soll nur - in der Art einer Folgenbetrachtung - der Hintergrund dafür aufgezeigt werden, warum der Senat die Herleitung einer Anspruchsbegrenzung durch zeitnahe Geltendmachung aus der Treuepflicht für den hier streitigen Zeitraum prinzipiell ablehnt und die Heranziehung bestimmter Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts für nicht tragfähig hält.

Im Einzelnen ergibt sich die Begründung dafür aus folgenden Erwägungen:

Als maßgeblicher Ausgangspunkt ist weiterhin unstreitig und festzuhalten, dass der Anspruch für die Zahlung von Familienzuschlägen ebenso wie seine Voraussetzungen ausschließlich aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 (a.a.O.) herzuleiten sind. Dessen Auslegung im hier maßgeblichen Punkt hat die in jenem Beschluss enthaltenen drei wesentlichen Eckpunkte und die ihnen sachabhängig jeweils zugeordneten Argumente zu beachten. Diese Eckpunkte sind:

(1.) in der Hauptsache die Festlegung des oben angesprochenen materiellrechtlichen Besoldungstatbestandes, der den Maßstab für die weiteren Aussagen des Beschlusses (die Feststellung der Verfassungswidrigkeit und die Handlungspflichten) abgibt und den der Alimentationsgeber zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Unteralimentation mindestens erfüllen muss (Entscheidungsformel zu 2. Satz 3 i.V.m. den Gründen zu C.III.3., a.a.O., S. 304 und S. 321 ff.);

(2.) ein Handlungsauftrag an den Gesetzgeber, die beanstandete Rechtslage bis zum 31. Dezember 1999 mit der Verfassung in Übereinstimmung zu bringen und dabei die Familienzuschläge mindestens auf die Höhe der Entscheidungsformel zu 2. Satz 3 festzusetzen (Entscheidungsformel zu 2. Satz 1, a.a.O., S. 304);

(3.) eine Vollstreckungsanordnung auf der Grundlage des § 35 BVerfGG, die im Sinne einer normersetzenden Interimsregelung im Falle der Nichterfüllung des Gesetzesauftrags ab dem 1. Januar 2000 jenseits der Gesetzeslage Grundlage für konkrete Pflichten (mit korrespondierenden Ansprüchen der Beamten) sein soll, nämlich

(a) für eine Verpflichtung der Dienstherrn (nicht: des Gesetzgebers), weitere familienbezogene Gehaltsbestandteile nach Maßgabe der Entscheidungsformel zu 2. Satz 3 i.V.m. der Konkretisierung a.a.O., S. 331 f.) zu gewähren sowie (b) für eine Ermächtigung der Fachgerichte, im Streitfall Gehaltsbestandteile nach demselben Maßstab ohne einfachgesetzliche Grundlage zuzusprechen.

Im Zentrum steht damit der materiellrechtliche Besoldungstatbestand, der einerseits das verfassungsrechtliche Minimum für den Handlungsauftrag an den Gesetzgeber markiert und ferner ab dem 1. Januar 2000 - bis zur Erfüllung des Handlungsauftrags - Dienstherrn wie Gerichte für die Zeit ab (einschließlich) 1999 zur unmittelbaren Leistung dieser Besoldungsbestandteile ermächtigt und verpflichtet und die Ansprüche in ihrer Höhe fixiert. Nur auf diese Leistungsansprüche, nicht auch auf den Handlungsauftrag bezieht sich die Vollstreckungsanordnung, wie auch das Bundesverwaltungsgericht betont: Die Vollstreckungsanordnung soll es ermöglichen, dass die Beamten und Richter bei weiterer Säumnis des Gesetzgebers zu ihrem Recht kommen können, ohne erneut das Bundesverfassungsgericht anrufen zu müssen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2008 - 2 C 42.08 -, a.a.O., Rn. 18 ("keine Vollstreckungsanordnung zum ersten Teil des Tenors").

Wegen dieser Konstruktion des Beschlusses ist zunächst entscheidend, dass weder dem Besoldungstatbestand noch der Vollstreckungsanordnung ausdrücklich eine anspruchsbegrenzende Voraussetzung zeitnaher Geltendmachung beigefügt ist. Dieses Erfordernis findet sich nur im Zusammenhang mit den Ausführungen des Gerichts zum Auftrag an den Gesetzgeber, die Rechtslage für die Vergangenheit mit der Verfassung in Übereinstimmung zu bringen (vorstehend zu 2.). Indessen klingt sie im Zusammenhang mit der Vollstreckungsanordnung nicht einmal an: Sie ist weder in der Entscheidungsformel zu 2. erwähnt noch in den ihr zugeordneten Beschlussgründen (E., a.a.O., S. 331 f.), die für die Handhabung der hier interessierenden Teile des Tenors maßgebliche erläuternde Funktion mit zusätzlichem Aussagegehalt haben.

Aus dem Fehlen von Hinweisen zum Zeitnähe-Erfordernis im Rahmen der hier interessierenden Aussagen des Beschlusses allein lässt sich allerdings nicht zwingend ableiten, dass die zugrunde liegenden Erwägungen nach der maßgeblichen Vorstellung des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen der Vollstreckungsanordnung keine Geltung beanspruchen. Eine Geltung über den eigentlichen Zusammenhang hinaus wäre angesichts des Schweigens zwar besonders begründungsbedürftig, lässt sich aber auch nicht von vornherein ausschließen. Formallogisch kann sowohl der vom Bundesverwaltungsgericht (etwa Urteil vom 17. Dezember 2008 - 2 C 42.08 -, a.a.O., Rn. 20) bevorzugte Schluss gezogen werden, dieses Erfordernis gelte "erst recht" für Ansprüche auf der Grundlage der Vollstreckungsanordnung (argumentum a maiore ad minus), als auch der Umkehrschluss, das Erfordernis verlange Beachtung ausschließlich für den ihm eigentlich zugedachten Zusammenhang (den Handlungsauftrag an den Gesetzgeber).

Allgemein dazu Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 209 f.; Klug, Juristische Logik, 4. Aufl. 1982, S. 145 f.

Welche Folgerung zu ziehen ist, muss durch Auslegung, vor allem aus dem Zusammenhang und nach Sinn und Zweck der Vollstreckungsanordnung entschieden werden. Bei dieser Auslegung spricht schon nach Wortlaut und Charakter der Vollstreckungsanordnung bis hin zur Regelungsabsicht des Bundesverfassungsgerichts indes schlechthin alles für den Umkehrschluss: Die "überlegislatorischen" Leistungsansprüche, die unmittelbar auf die Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts gestützt sind, sollen keinen anderen Anspruchsvoraussetzungen als sonstige, gesetzlich geregelte Besoldungsansprüche unterworfen werden, die ebenfalls nicht - schon gar nicht zeitnah - geltend gemacht werden müssen.

Dieses Auslegungsergebnis drängt sich schon deshalb auf, weil der hauptsächliche Inhalt der Vollstreckungsanordnung als eigenständige Pflicht der Dienstherren ("so sind die Dienstherren verpflichtet", a.a.O., S. 331) und nicht als Anspruch ("so können die Beamten verlangen") ausgestaltet ist. Die Vollstreckungsanordnung ist dementsprechend quasinormativ ausgestaltet, weil die Dienstherren wie auf der Grundlage eines einfachgesetzlichen Besoldungstatbestandes verpflichtet sein und handeln sollen. Der Anspruch auf Zahlung ergibt sich erst als Kehrseite der vorgehenden Verpflichtung der Dienstherren. Es liegt in der Konsequenz dieses Ansatzes, dass ein irgendwie geartetes Zutun von Anspruchsberechtigten, sei es eine Antragstellung oder eine sonstige Mitwirkung, konstruktiv ebenso wenig mitgedacht ist wie bei anderen Besoldungstatbeständen. Wie dort ist eine Geltendmachung des Anspruchs auf der Grundlage der Vollstreckungsanordnung überhaupt nur dann erforderlich, wenn der jeweilige Dienstherr seine vorgängige Verpflichtung aus der Vollstreckungsanordnung bereits verletzt hat, weil er die Zahlung unterlässt oder verweigert.

Von daher erhält es Gewicht, dass das Bundesverfassungsgericht das Erfordernis zeitnaher Geltendmachung im Zusammenhang mit der Vollstreckungsanordnung weder angeordnet noch seine Geltung sonst hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, was ohne weiteres hätte geschehen können, etwa durch Beifügung der Wörter "zeitnah geltend gemachte" oder durch Bezugnahme auf die einschlägigen Ausführungen der Gründe (D.I., a.a.O., S. 330).

Das Fehlen eines derartigen Hinweises stellt von daher bereits ein unüberwindbares Hindernis für die Übertragung des Zeitnähe-Erfordernisses dar, es sei denn, dieses Erfordernis würde sich als derart selbstverständlich erweisen, dass seine Erwähnung im Zusammenhang mit der Vollstreckungsanordnung schlechthin nicht erwartet werden konnte oder sonst überflüssig war. Davon jedoch kann keine Rede sein, weil ein solches Erfordernis kein Ausfluss allgemeiner beamtenrechtlicher Grundprinzipien (insbesondere nicht des Alimentationsprinzips) ist und sogar im einschlägigen Zusammenhang (dem Handlungsauftrag an den Gesetzgeber) alles andere als selbstverständlich. Dienstbezüge unterliegen grundsätzlich keiner Notwendigkeit besonderer Geltendmachung. Der Anspruch auf Besoldung entsteht kraft Gesetzes (§ 3 Abs. 1 BBesG), und die Zahlung der konkret zustehenden Dienstbezüge erfolgt ohne Antrag oder sonstige Geltendmachung allein nach Maßgabe des konkretisierenden Besoldungsrechts (vgl. § 3 Abs. 5 BBesG in der seinerzeitigen Fassung); überdies sind die Ansprüche unverzichtbar (§ 2 Abs. 3 BBesG). Diese einfachgesetzlichen Vorgaben besitzen Verfassungsrang, denn sie entstammen im Wesentlichen dem beamtenrechtlichen Treueverhältnis, das sie bezogen auf die Alimentationsgewährung präzisieren. Dieses Treueverhältnis verpflichtet nämlich die Dienstherren dazu, ihren Beamten unaufgefordert den amtsangemessenen Unterhalt für diese selbst und ihre Familie zu gewähren, ebenso wie es Beamte verpflichtet, ohne Aufforderung ihre Dienstleistung zu erbringen.

Ständige Rechtsprechung, vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/901 u.a. -, a.a.O., S. 317 m.w.N.

Die fehlende Bindung der Zahlungspflicht an eine Geltendmachung ist damit Ausfluss der kraft Verfassung geschuldeten Alimentation. Einschränkungen dieser Pflicht durch anspruchsbegrenzende Voraussetzungen bedürften der Rechtfertigung und könnten diese nur in Gründen finden, denen selbst Verfassungsrang zukommt. Dementsprechend besteht auch der verfassungsrechtliche Korrekturanspruch bei Verletzung der Alimentationspflicht im Grundsatz unabhängig vom Zeitfaktor. In diesem Sinne hat das Bundesverfassungsgericht bereits im Beschluss vom 22. März 1990

- 2 BvL 1/86 -, a.a.O., S. 383 ff. = juris, Rn. 66 -

den verfassungsrechtlichen Ausgangspunkt betont, dass der Gesetzgeber eine mit der Verfassung unvereinbare Rechtslage auch für die Vergangenheit - ungeachtet des Verhaltens der Beamten - nicht fortbestehen lassen darf. Die Verpflichtung zur Korrektur erstreckt sich im Grundsatz auf den gesamten, von der Feststellung der Verfassungswidrigkeit erfassten Zeitraum. Hiervon ausgehend ist es besonders begründungsbedürftig, dass von einer Behebung des Verfassungsverstoßes aus in der Person des Verletzten liegenden Umständen abgesehen werden darf. Solche mit Verfassungsrang ausgestatteten Belange hat das Bundesverfassungsgericht im Schutz des Haushaltsgesetzgebers vor unvorhersehbaren finanziellen Belastungen infolge der Korrektur eines Verfassungsverstoßes gesehen. Eine Rücksichtnahme auf diese Belange kann Beamten aufgrund von Besonderheiten des Beamtenverhältnisses abverlangt werden. Diese Besonderheiten in Gestalt der beamtenrechtlichen Treuepflicht können es insbesondere gebieten, dass der Beamte seinen Dienstherrn auf relevante, in der Sphäre des Beamten liegende Umstände (wie die subjektive Bewertung der Alimentation) hinweist, um Schaden vom Dienstherrn abzuwenden. Solche Rücksichtnahmelasten gestatten (nicht: gebieten) es in einer wesentlich unklaren oder streitigen Situation, die allgemeine rückwirkende Behebung des Verfassungsverstoßes auf solche Beamte zu beschränken, die ihren Anspruch zeitnah geltend gemacht und dem Dienstherrn mögliche zusätzliche Lasten im betreffenden Haushaltsjahr signalisiert hatten.

Diese Einschränkung des Alimentationsprinzips und der daraus fließenden Rechte ist hinzunehmen und aus den seinerzeitigen Gesamtumständen heraus einsichtig. Es besteht jedoch weder Notwendigkeit noch Raum, diese Erwägungen auf Ansprüche auf der Grundlage der Vollstreckungsanordnung zu übertragen. Das Bundesverwaltungsgericht postuliert zu Unrecht, dass für diese Ansprüche nichts anderes gelten könne als das Bundesverfassungsgericht für Ansprüche herausgearbeitet habe, die sich aus dem Handlungsauftrag hinsichtlich der rückwirkenden Korrektur ergeben.

So etwa BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2008 - 2 C 42.08 -, a.a.O., Rn. 19.

Das Gegenteil ist der Fall, weil die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts ausschließlich in einem speziellen Zusammenhang mit der Handlungsanweisung zur allgemeinen rückwirkenden Behebung des Verfassungsverstoßes stehen (Beschluss vom 24. November 1998, a.a.O., S. 330 f.) und von daher ihre Rechtfertigung erhalten. Die darin liegende Einschränkung einer verfassungsrechtlich gebotenen Korrektur für die Vergangenheit trug der besonderen Interessenlage der Besoldungs- und Haushaltsgesetzgeber Rechnung, nicht nachträglich mit möglicherweise hohen zusätzlichen Ausgaben überrascht zu werden, mit denen nicht ohnehin zu rechnen war. Dieses Überraschungsmoment konnte im Wesentlichen aufgrund der mangelnden betragsmäßigen Bestimmtheit der beiden vorangegangenen verfassungsgerichtlichen Entscheidungen entstehen,

vgl. Beschlüsse vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039/75 -, BVerfGE 44, 249 (274), und vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 -, a.a.O.,

in denen sich das Bundesverfassungsgericht genötigt gesehen hatte, sich auf die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Rechtslage zu beschränken und die Art der Behebung des Verfassungsverstoßes im Einzelnen dem Gesetzgeber zu überlassen. Für die Erfüllung der beiden gesetzgeberischen Handlungsaufträge im Zuge der Neuregelung hatte das Gericht seinerzeit lediglich beispielhafte Maßstäbe vorgegeben (etwa für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines Kindes),

vgl. nur Beschluss vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039/75 -, a.a.O., S. 251 (Entscheidungsformel zu 1.) und S. 283,

was dem Besoldungsgesetzgeber Spielräume beließ und zu einer Ungewissheit führte, welche Beträge zur Erfüllung des Gesetzgebungsauftrags tatsächlich erforderlich waren und welche finanziellen Belastungen den Haushaltsgesetzgebern erwachsen würden, wenn der festgestellte Verfassungsverstoß wie geboten allgemein rückwirkend behoben würde. Die Frage nach der Belastungshöhe erwies sich als umso beunruhigender, als die in Erfüllung des Auftrags zwischen 1987 und 1997 erlassenen Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetze im Verfahren 2 BvL 26/91 u.a. erneut als unzureichend beanstandet wurden und weitere Besoldungsansprüche ab 1988 im Raum standen (vgl. Beschluss vom 24. November 1998, a.a.O., S. 331 zu D. II.). Das erklärt die - allerdings erkennbar auf diese Problematik begrenzte - Absicht des Bundesverfassungsgerichts, dem Gesetzgeber mithilfe der Aktivierung der beamtenrechtlichen Treuepflicht das Risiko abzunehmen, im Zuge der erneuten Korrektur noch für die Vergangenheit finanzielle Belastungen in unbekannter Höhe auf sich nehmen zu müssen. Diese Interessenlage des Haushaltsgesetzgebers war seinerzeit auch aus der Sicht der einzelnen Beamten nachvollziehbar. Denn das Überschreiten des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums infolge der Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetze 1987 ff. lag bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 nicht in einer Weise auf der Hand, dass es gerechtfertigt gewesen wäre, die betroffenen Beamten aus ihrer vom Bundesverfassungsgericht herausgestellten Treueverpflichtung zu entlassen, ihre Dienstherren zeitnah darauf hinzuweisen, dass sie die Nachbesserungen subjektiv als unzureichend betrachteten und dem Dienstherrn dadurch Gelegenheit zu geben, sich für das jeweils betroffene Haushaltsjahr auf zusätzliche Ansprüche einzurichten.

Damit stehen die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur zeitnahen Geltendmachung sowohl von der Sache wie von den Erkenntnismöglichkeiten der Beamten in einem speziellen vergangenheitsorientierten Zusammenhang, der auf zukunftsgerichtete Handlungsnotwendigkeiten, wie sie durch die Vollstreckungsanordnung begründet werden, schon im Ansatz nicht übertragbar ist. Es ist zwar richtig, dass die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Zeitnähe-Erfordernis - wiewohl unmittelbar nur Ansprüche für vergangene Zeiträume betroffen sind - faktisch auch das weitere zukunftsbezogene Verhalten der Beamten beeinflussen musste; denn im Falle einer späteren erneuten Feststellung der verfassungswidrigen Unteralimentation konnten nur jene Beamte mit zusätzlichen Zahlungen rechnen, die diese in der dann jeweils zurückliegenden Zeit zeitnah geltend gemacht hatten. Für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2000 gilt dies jedoch nicht mehr, denn unter der Geltung der Vollstreckungsanordnung haben sich die Interessen- und Erkenntnislagen für den Gesetzgeber wie für die Beamten grundlegend gewandelt. Mit der Vollstreckungsanordnung hat das Bundesverfassungsgericht bewusst eine sachliche und zeitliche Zäsur geschaffen, welche die Rechtslage in einer bis dahin unbekannten Weise umgestaltete und im fraglichen Punkt die Schutzwürdigkeit der Interessenlagen aus dem wechselseitigen beamtenrechtlichen Treueverhältnis für die Zukunft umkehrte.

Der entscheidende Umstand liegt darin, dass es das Bundesverfassungsgericht für die Zeit ab dem Jahr 2000 nicht mehr bei den früheren allgemeinen Vorgaben für die Neuregelung belassen, sondern eindeutig bezifferbare und unbedingte Tatbestände geschaffen hat, die - für den Fall fortdauernder Untätigkeit des Besoldungsgesetzgebers - an die Stelle eines einfachgesetzlichen Besoldungstatbestandes treten und wie ein Gesetz anzuwenden sein sollten. Wie oben bereits erwähnt, lassen sich die zusätzlichen Familienzuschläge auf der Grundlage des Besoldungstatbestandes und der Vollstreckungsanordnung ohne weiteres berechnen, was nicht nur zahlreiche zusprechende gerichtliche Entscheidungen belegen, sondern auch die mittlerweile vorliegenden tabellarischen Zusammenstellungen über die jeweiligen Nachzahlungsbeträge durch den Bundesminister des Innern und beispielsweise das Land Nordrhein-Westfalen. Von dieser Möglichkeit zur problemlosen Berechnung der zusätzlichen Besoldungstatbestände (insbesondere) durch die Dienstherren ist im Übrigen auch das Bundesverfassungsgericht selbstverständlich ausgegangen (vgl. Beschluss vom 24. November 1998, a.a.O., S. 332), anderenfalls mit der Vollstreckungsanordnung etwas Unmögliches verlangt worden wäre.

Überdies sind die Leistungsansprüche auf der Grundlage der Vollstreckungsanordnung ohne weiteres klagbar, ihre Durchsetzung musste als realitätsnah betrachtet werden. Damit konnte über den Mindestumfang der Handlungsnotwendigkeiten und die daraus erwachsende finanzielle Belastung keinerlei Zweifel mehr bestehen. Insbesondere für die Haushaltsgesetzgeber war mit dem Beschluss vom 24. November 1998 in gleicher Weise wie bei anderen Haushaltstiteln vorhersehbar, in welcher Höhe ab dem 1. Januar 2000 (zusätzliche) jährliche Belastungen entstehen würden und zwingend einzustellen waren. Die Haushaltsgesetzgeber (des Bundes und der Länder) sind - wie die Dienstherren - auf der Grundlage der Vollstreckungsanordnung und des personalwirtschaftlichen Datenbestandes ohne weiteres in der Lage, die im jeweiligen Haushaltsjahr anfallenden Lasten für familienbezogene Besoldungsbestandteile vorauszuberechnen und wie sonstige Dienstbezüge in den Haushalt einzustellen. Hiergegen ist es kein möglicher Einwand, dass die genaue Belastung erst auf Grund einer Kenntnis davon zu ermitteln sei, wie viele Beamte ihre Ansprüche im jeweiligen Haushaltsjahr angemeldet haben. Diese Betrachtung ist unzulässig, weil sie von einem verfassungswidrigen Unterlassen der Dienstherren ausgeht; denn die Vollstreckungsanordnung verpflichtet die Dienstherren dazu, alle anspruchsberechtigten Beamten zu ermitteln und ihnen von sich aus zusätzliche Familienzuschläge in der vorgeschriebenen Mindesthöhe zu gewähren. Damit ist zugleich die Rechtfertigung entfallen, Haushaltsgesetzgebern für die Zukunft denselben Schutz wie in den früheren Entscheidungen zuzugestehen.

Mit diesen Konsequenzen wirkt die Vollstreckungsanordnung unmittelbar auf die wechselseitigen Verhaltensanforderungen ein, die aus dem beamtenrechtlichen Treueverhältnis in einer konkreten Lage herzuleiten sind. Die Vollstreckungsanordnung hat die Grundlagen des Interessenausgleichs nachhaltig erschüttert, die den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts noch im Beschluss vom 24. November 1998 (a.a.O., S. 332) für Ansprüche ab 1988 zugrunde lagen. Das Bundesverfassungsgericht hat damit den Inhalt der wechselseitigen Treuepflichten für den Fall eines über den 31. Dezember 1999 andauernden Verfassungsverstoßes selbst neu definiert und in einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Alimentationsprinzips genügenden Weise für die Zeit ab dem 1. Januar 2000 konkretisiert: Zum einen vermag seither ein anspruchsbegrenzendes Erfordernis zeitnaher Geltendmachung keinem berechtigten Interesse des Haushaltsgesetzgebers mehr Rechnung zu tragen; denn unvorhersehbare Ausgabeverpflichtungen, die Schutz zulasten der Anspruchsberechtigten erforderlich machen könnten, können bei verfassungsgemäßem Verhalten nicht mehr entstehen. Ein Vertrauen der Dienstherren, dass mit dem Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 1999 und nachfolgenden Gesetzesänderungen alles Nötige getan worden sei, um den verfassungsgerichtlichen Handlungsauftrag zu erfüllen, konnte sich wegen des neuen und präzisen Maßstabes der Vollstreckungsanordnung gar nicht erst einstellen und wäre nicht schutzwürdig. Wie gesagt ließ sich ohne weiteres nachrechnen, dass aus all den genannten Maßnahmen für die einzelnen Beamten nicht einmal das vom Bundesverfassungsgericht bezeichnete Mindestmaß an familienbezogenen Leistungen resultierte. Es gibt dementsprechend keine Rechtfertigung mehr, Dienstherren aus einer Fortsetzung des jahrzehntelangen Verfassungsverstoßes ab dem Jahre 2000 zulasten der Beamten Vorteile ziehen zu lassen und dem Haushaltsgesetzgeber vorhersehbare Haushaltslasten abzunehmen.

Zum anderen gilt aus der Sicht der anspruchsberechtigten Beamten im Gegenzug, dass sie zwar auch für die Zeit ab dem 1. Januar 2000 nicht darauf vertrauen durften, dass der Besoldungsgesetzgeber seiner verfassungsrechtlichen Pflicht genügen würde, dass sie aber auch - etwa durch Anspruchsgeltendmachung - keine Vorsorge mehr für die Realisierung der Ansprüche treffen mussten. Die Vollstreckungsanordnung stellt sicher, dass die zugestandenen Ansprüche im Rahmen der allgemeinen Vorschriften, aber unabhängig von der Befolgung des Handlungsauftrages durch den Gesetzgeber in der vom Bundesverfassungsgericht bezeichneten Mindesthöhe realisiert werden können. Wegen der klaren Berechenbarkeit der Vorgaben war es verzichtbar, die Dienstherren auf das allseits offensichtliche Faktum zu niedriger Alimentation aufmerksam zu machen: Eine von der objektiven Rechtslage abweichende Lage subjektiver Einschätzung und Befindlichkeit kann es in dem vom Bundesverfassungsgericht vorgezeichneten Rahmen nicht mehr geben.

Bei dem vorstehenden Verständnis der bundesverfassungsgerichtlichen Ausführungen im Beschluss vom 24. November 1998 (a.a.O.) als auf eine spezielle, nicht fortbestehende Interessenlage bezogen kommt es nicht auf den Charakter des in Rede stehenden Anspruchs als "übergesetzlich" bzw. gesetzesreformatorisch an. Ein wesentlicher Unterschied der Vollstreckungsanordnung, genauer gesagt: des ihm zugrunde liegenden Besoldungstatbestandes, zu den ausformulierten Tatbeständen im Besoldungsgesetz besteht nicht. Mit Blick auf die entscheidungserhebliche Rechtsfrage könnte ein relevanter Unterschied allenfalls in der Berechenbarkeit und Bestimmtheit der haushälterischen Lasten gesehen werden, die durch die Anordnung begründet werden. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Vollstreckungsanordnung jedoch wie gesagt gerade in keiner Weise von einfachgesetzlichen Tatbeständen, die im Bereich der haushälterischen Vorausplanung ebenso der jährlichen Konkretisierung und Einstellung bedürfen. Auf die Qualifizierung des Rechtscharakters der Vollstreckungsanordnung im Übrigen kommt es dann aber nicht an.

Schließlich ist es ohne Bedeutung, dass die Familienzuschläge der Sache nach der Befriedigung eines gegenwärtigen Unterhaltsbedarfs für Kinder dienen. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass Beamten auch zumutbar ist, auf solche Mittel dauerhaft zu verzichten, wenn sie diese nicht zeitnah eingefordert haben. Abgesehen davon, dass wie ausgeführt keine Rechtfertigung ersichtlich ist, solche Einbußen hinzunehmen, wird mit dieser Position die Rückwirkung auf die übrigen Besoldungsbestandteile verkannt. Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar ist, wenn Beamten zugemutet wird, für den Unterhalt ihrer dritten und weiterer Kinder auf die familienneutralen Bestandteile ihres Gehalts auch insoweit zurückzugreifen, als es sich um die Deckung des Bedarfs handelt, wie er in den von der Rechtsordnung vorgesehenen Regelsätzen für den Kindesunterhalt als angemessen erachtet wird. Denn damit ist eine mit wachsender Kinderzahl fortschreitende Auszehrung der familienneutralen Gehaltsbestandteile verbunden, die den Beamten mit mehreren Kindern dazu zwingt, den ihm zukommenden, amtsangemessenen Lebenszuschnitt mehr und mehr einzuschränken.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/901 u.a. -, a.a.O., S. 316 (= juris Rn. 52).

Für den vorliegenden Zusammenhang ist zu ergänzen, dass die ausgezehrten familienneutralen Bezügebestandteile nicht nur der Deckung eines (des eigenen) Unterhaltsbedarfs dienen, sondern ebenso die angemessene Gegenleistung für erbrachte Dienste darstellen. Mit dem erzwungenen Rückgriff auf diese Bezügebestandteile zur Sicherung des Unterhalts von Kindern wird daher zugleich der Gegenleistungscharakter der Besoldung angetastet und die Dienstleistung des Beamten entwertet.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine Übertragung des Erfordernisses zeitnaher Geltendmachung auf die durch die Vollstreckungsanordnung abgesicherten Individualansprüche ausscheidet, weil dies von den in der verfassungsgerichtlichen Entscheidung zum Ausdruck kommenden Aussagen nicht gedeckt ist. Dafür sprechen schon Wortlaut und Charakter der Vollstreckungsanordnung, ebenso deutlich aber strukturelle Unterschiede der Sachzusammenhänge. Die Vollstreckungsanordnung soll - als zusätzliche Absicherung im Verhältnis zu den früheren Entscheidungen - zugunsten von Beamten in qualifizierter Weise das Risiko ausschließen, dass es erneut bei gesetzgeberischen Maßnahmen bleibt, die "deutlich unterhalb der Grenze" bleiben, welche die Alimentation nicht unterschreiten darf (BVerfG, Beschluss vom 24. November 1998, a.a.O., S. 329) und die nach dem Grundsatz nur beschränkt gebotener rückwirkender Heilung gesetzgeberischen Unterlassens letztlich ohne Konsequenzen bleiben könnten. Deshalb begründet die Vollstreckungsanordnung Einzelpflichten (und entsprechende Ansprüche), die in Überwindung des Grundsatzes der einfachgesetzlichen Fundierung der Besoldung (§ 2 Abs. 1 BBesG) unabhängig vom etwaigen Unterlassen des Gesetzgebers zur Realisierung der Ansprüche wie aufgrund eines Gesetzes führt. Das Bundesverfassungsgericht hat bewusst davon abgesehen, die Effektivität seiner neuen Konstruktion durch Errichtung weiterer Hürden zu schmälern.

Aus dem Treueverhältnis kann zulasten der Beamten nichts anderes hergeleitet werden. Denn die vom Bundesverwaltungsgericht bezeichneten, im Wesentlichen haushaltsrechtlich geprägten Belange der Dienstherrn (Urteil vom 17. Dezember 2008 - 2 C 42.08 -, a.a.O., Rn. 20) verdienen jedenfalls ab dem Jahre 2000 nicht (mehr) den ihnen zugedachten Schutz. Die für diesen Schutz maßgeblichen Gründe des Bundesverfassungsgerichts sind mit Wirksamwerden der Vollstreckungsanordnung entfallen. Die Nichterwähnung des Zeitnähe-Erfordernisses trägt damit zugleich der Schwere eines über das Jahr 2000 fortgesetzten Treueverstoßes des Dienstherren bzw. Besoldungsgebers Rechnung. Den Berechtigten auch auf der Grundlage der durch sie neu geschaffenen Rechtslage zusätzliche Verhaltensobliegenheiten zur Anspruchswahrung aufzuerlegen, liefe im Ergebnis darauf hinaus, ihnen die Verantwortung für die Durchsetzung der Ansprüche zu überbürden und letztlich die Erfüllung des bundesverfassungsgerichtlichen Auftrags in die Sphäre der Beamten zu verlagern, die sich gegen eine - anderenfalls rechtlich folgenlos bleibende - beharrliche Verweigerung des Gesetzgebers und der Dienstherren fachgerichtliche Hilfe zur Durchsetzung von als solchen unzweifelhaften Ansprüchen verschaffen müssten. Das verschließt auch die Überlegung, ob für einen Beamten mit dem Zeitnähe-Erfordernis "zumutbare Hürden" aufgebaut werden. Denn es geht nicht um Pflichten bzw. Obliegenheiten des Beamten, sondern allein um die Pflicht des Dienstherrn, die verfassungsgerichtlich vorgesehenen Ansprüche zu erfüllen. Mangels ausdrücklich vorgesehener Einschränkung hat es dabei zu bleiben, dass die verfassungsgerichtlich begründeten Nachzahlungsansprüche keinen strengeren Voraussetzungen ausgesetzt sind als die gesetzlich vorgesehenen Besoldungsansprüche, an deren Stelle sie treten. Sie können daher in den Grenzen der (hier nach den zutreffenden und von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht gegebenen) Verjährung und gegebenenfalls Verwirkung, die auch für Besoldungsansprüche gelten, jederzeit und ohne Bindung an ein Haushaltsjahr geltend gemacht werden. Für diese Ansprüche bleibt das Alimentationsprinzip in seiner allgemeinen Ausgestaltung uneingeschränkt, das die Dienstherren verpflichtet, von sich aus amtsangemessenen Unterhalt zu leisten, nicht aber den Beamten, solchen Unterhalt einzufordern.

Im Ergebnis ebenso: Herrmann, Zeitnahes Geltendmachen von Besoldungsansprüchen, NVwZ 2009, 822 ff.

2. Für die in die Jahre 2005 und 2006 fallenden Zeiträume mit Anspruch des Klägers auf Kindergeld für ein drittes Kind - das betrifft hier die Monate Januar bis August 2005 sowie Juni bis Dezember 2006 - hat der Kläger einen Anspruch auf Zahlung weiterer Familienzuschläge in Höhe von 69,76 Euro bzw. 49,91 Euro. Dieser Anspruch ergibt sich aus dem vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 24. November 1998 (a.a.O.) formulierten, bereits oben erläuterten materiellrechtlichen Besoldungstatbestand. Dieser materiellrechtliche Tatbestand und die ebenfalls schon näher angesprochene Vollstreckungsanordnung sind nicht nur für die Jahre 2000 bis 2004, sondern auch für die Jahre 2005 und 2006 weiterhin anwendbar und nicht erledigt.

Der Senat geht für das hier u.a. streitgegenständliche Jahr 2005 davon aus, dass die Vollstreckungsanordnung als Anspruchsgrundlage heranzuziehen und nicht infolge von Änderungen der maßgeblichen Berechnungsgrundlagen gegenstandslos geworden ist.

So schon das rechtskräftige Senatsurteil vom 27. Februar 2008 - 1 A 30/07 -, Schütz/Maiwald, Beamtenrecht ES/C I 1.1 Nr. 96, und juris Rn. 35 ff.; ferner etwa Senatsurteil vom 23. April 2009 - 1 A 811/08 -, a.a.O., und Senatsbeschluss vom 22. Juni 2009 - 1 A 1854/08 - (n.v.).

Dabei hat der Senat insbesondere - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Jahren 2000 bis 2004 - bereits den Einwand zurückgewiesen, die in verschiedenen Rechtsgebieten vorgenommenen Nachbesserungen (wie die Erhöhung des Kindergeldes, die steuerliche Entlastung von Familien und die Erhöhung der kindbezogenen Besoldungsbestandteile) hätten zu einer verfassungsgemäßen Alimentation der Besoldungsempfänger mit mehr als zwei Kindern geführt. Dieser Einwand erweist sich schon deshalb als - ohne weiteres erkennbar - falsch, weil die Anwendung der Berechnungsvorgaben des Bundesverfassungsgerichts auch für die Jahre 2000 bis 2005 durchweg ergibt, dass die gesetzlichen Familienzuschläge weiterhin hinter jenen Mindestbeträgen zurückbleiben, die der Gesetzgeber ohne Überschreitung seines Gestaltungsspielraums nicht unterschreiten darf. Das ist mittlerweile auch von den Dienstherren des Bundes und der Länder anerkannt, die jene Besoldungsfehlbeträge selbst berechnet und in Tabellen zusammengestellt haben.

Vgl. Senatsurteile vom 23. April 2009 - 1 A 811/08 -, a.a.O., und vom 27. Februar 2008 - 1 A 30/07 -, a.a.O., in juris Rn. 39.

Für das Jahr 2006 gilt insoweit nichts anderes. Die Vollstreckungsanordnung gilt solange, wie die darin in Bezug genommene Berechnungsmethode des Bundesverfassungsgerichts unbeschadet etwa notwendiger Anpassungen einzelner Berechnungsparameter (sinnvoll) angewendet werden kann. Ihrer Anwendung steht nicht entgegen, dass etwaige Nachbesserungen des Gesetzgebers im Einzelfall dazu führen können, dass nach den vorzunehmenden Berechnungen gegebenenfalls nur noch eine geringe Unteralimentation kinderreicher Beamter festzustellen ist.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22. Juni 2009 - 1 A 1854/08 -, vom 19. Mai 2009 - 1 A 404/08 - (n.v.) und vom 21. Januar 2009 - 1 A 444/08 - (n.v.).

Der Senat hat bei der Berechnung des Nachzahlungsbetrages, welcher dem Kläger für die Jahre 2005 und 2006 zusteht, einen Rechenweg gewählt, der mit den Präzisierungen des bundesverfassungsgerichtlichen Besoldungstatbestandes durch die Rechtsprechung übereinstimmt. Er hat dabei wegen des - weitgehenden - Außerkrafttretens des Bundessozialhilfegesetzes mit Ablauf des 31. Dezember 2004 den durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf eines Kindes für den nach diesem Zeitpunkt liegenden Zeitraum entsprechend seiner von den Beteiligten im Berufungsverfahren nicht infrage gestellten Rechtsprechung auf der Grundlage des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII) - Sozialhilfe - berechnet.

Vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 2008 - 1 A 30/07 -, a.a.O., in juris Rn. 55 ff., und Senatsbeschluss vom 19. Mai 2009 - 1 A 404/08 - (n.v.), jeweils m.w.N.

Die Höhe der ausgeurteilten Nachzahlungsbeträge ergibt sich (im Einzelnen) aus den nachfolgenden Ausführungen:

Die für den Einkommensvergleich eines Besoldungsempfängers mit zwei Kindern und eines Besoldungsempfängers mit drei Kindern maßgeblichen Jahresnettoeinkommen ermitteln sich nach den Berechnungsvorgaben, die das Verwaltungsgericht für die Berechnung der die Jahre 2000 bis 2004 betreffenden Nachzahlungsansprüche zutreffend dargestellt hat und die von den Beteiligten im Berufungsverfahren nicht in Frage gestellt worden sind. Danach ergeben sich die im folgenden tabellarisch dargestellten Berechnungen, die - abgesehen von der für 2006 zusätzlich zu berücksichtigenden, auf der Grundlage von § 6 TelekomSZV geleisteten Sonderzahlung - hinsichtlich der in die Einkommensberechnung einzustellenden Faktoren für die beiden in Rede stehenden Jahre identisch sind.

2005 2 Kinder 3 Kinder I. Jahres-Bruttoeinkommen Endgrundgehalt A 11 12 x 3.187,45 EUR = 38.429,40 EUR 38.429,40 EUR 38.429,40 EUR Allg. Stellenzulage Nr. 27 Abs. 1 b) Vorbemerkung BBesO A/B 12 x 71,22 EUR = 854,64 EUR 854,64 EUR 854,64 EUR Familienzuschlag verheiratet, 2 Kinder 12 x 285,38 EUR = 3.364,08 EUR 3.424,56 EUR 0,00 EUR Familienzuschlag mit 3. Kind 12 x 515,96 EUR = 6.191,52 EUR 0,00 EUR 6.191,52 EUR Urlaubsgeld 0,00 EUR 0,00 EUR Sonderzahlung nach §§ 3, 4 TelekomSZV (jeweils 54,00 EUR für das 1. und 2. Kind und je 138,00 EUR ab dem 3. Kind) 108,00 EUR 246,00 EUR Einmalzahlung (§ 1 EzG 2005, 2006 und 2007) 300,00 EUR 300,00 EUR 43.116,60 EUR 46.021,56 EUR

II. Abzüge Lohnsteuer 5.460,00 EUR 6.258,00 EUR Solidaritätszuschlag 104,80 EUR 0,00 EUR Kirchensteuer (8 v.H.) 197,44 EUR 141,60 EUR Berechnung nach www.abgabenrechner.de 5.762,24 EUR 6.399,60 EUR III. zuzüglich Kindergeld (1. bis 3. Kind je 154,00 EUR mtl.) 3.696,00 EUR 5.544,00 EUR IV. Jahres-Nettoeinkommen 41.050,36 EUR 45.165,96 EUR V. mtl. Nettoeinkommen 3.420,86 EUR 3.763,83 EUR VI. mtl. Einkommensdifferenz für das 3. Kind 342,97 EUR

2006 2 Kinder 3 Kinder I. Jahres-Bruttoeinkommen Endgrundgehalt A 11 12 x 3.187,45 EUR = 38.429,40 EUR 38.429,40 EUR 38.429,40 EUR Allg. Stellenzulage Nr. 27 Abs. 1 b) Vorbemerkung BBesO A/B 12 x 71,22 EUR = 854,64 EUR 854,64 EUR 854,64 EUR Familienzuschlag verheiratet, 2 Kinder 12 x 285,38 EUR = 3.424,56 EUR 3.424,56 EUR 0,00 EUR Familienzuschlag mit 3. Kind 12 x 515,96 EUR = 6.191,52 EUR 0,00 EUR 6.191,52 EUR Urlaubsgeld 0,00 EUR 0,00 EUR Sonderzahlung nach §§ 3, 4 TelekomSZV (jeweils 54,00 EUR für das 1. und 2. Kind und je 138,00 EUR ab dem 3. Kind) 108,00 EUR 246,00 EUR Einmalzahlung (§ 1 EzG 2005, 2006 und 2007) 300,00 EUR 300,00 EUR Sonderzahlung (§ 6 TelekomSZV; Besoldungsgruppen A 8 bis A 12: 685,00 EUR) 685,00 EUR 685,00 EUR 43.801,60 EUR 46.706,56 EUR

II. Abzüge Lohnsteuer 5.646,00 EUR 6.448,00 EUR Solidaritätszuschlag 138,40 EUR 0,00 EUR Kirchensteuer (8 v.H.) 210,88 EUR 154,56 EUR Berechnung nach www.abgabenrechner.de 5.995,28 EUR 6.602,56 EUR III. zuzüglich Kindergeld (1. bis 3. Kind je 154,00 EUR mtl.) 3.696,00 EUR 5.544,00 EUR IV. Jahres-Nettoeinkommen 41.502,32 EUR 45.648,00 EUR V. mtl. Nettoeinkommen 3.458,53 EUR 3.804,00 EUR VI. mtl. Einkommensdifferenz für das 3. Kind 345,47 EUR

Der so ermittelten Einkommensdifferenz in den Jahren 2005 und 2006 ist der alimentationsrechtliche Gesamtbedarf des dritten Kindes in diesen Jahren gegenüberzustellen. Nach der Rechtsprechung des Senats

- vgl. näher das Senatsurteil vom 27. Februar 2008 - 1 A 30/07 -, a.a.O., in juris Rn. 75 bis 80 (Gesamtbedarf für das Jahr 2005), und den Senatsbeschluss vom 22. Juni 2009 - 1 A 1854/08 - (n.v.), zum Gesamtbedarf für das Jahr 2006 -

ergeben sich für den Gesamtbedarf eines Kindes in den Jahren 2005 und 2006 folgende Werte:

Sozialhilfebedarf Kind 2005 2006 gewichteter Durchschnittsregelsatz 222,13 EUR 222,13 EUR anteilige Mietkosten für 11 qm 69,74 EUR 70,40 EUR anteilige Energiekosten 13,95 EUR 14,08 EUR Gesamtbedarf 305,82 EUR 306,61 EUR 115 v.H. des Gesamtbedarfs 351,69 EUR 352,60 EUR

Die Vergleichsberechnung des jeweiligen Gesamtbedarfs mit der jeweiligen Besoldungsdifferenz führt zu folgendem Ergebnis:

Vergleichsberechnung 2005 2006 Mtl. Besoldungsdifferenz 3. Kind 342,97 EUR 345,47 EUR Abstand zu 115 v.H. Gesamtbedarf (Monat) 8,72 EUR 7,13 EUR Abstand zu 115 v.H. Gesamtbedarf (Jahr) 104,64 EUR 85,56 EUR Abstand zu 115 v.H. Gesamtbedarf (8 Monate) 69,76 EUR Abstand zu 115 v.H. Gesamtbedarf (7 Monate) 49,91 EUR

Diesen Ansprüchen für die Jahre 2005 und 2006 kann die Beklagte nicht durchgreifend entgegenhalten, dass der Kläger sie nicht zeitnah geltend gemacht hat. Denn diese - nach den obigen Ausführungen nicht bestehende - Anspruchsvoraussetzung ist hier ersichtlich nicht von Belang. Mit seinem Antrag vom 6. Dezember 2004 hat der Kläger nämlich unzweifelhaft schon vor den betroffenen Haushaltsjahren (2005 und 2006) geltend gemacht, ihm (u.a.) für diese Jahre einen höheren kinderbezogenen Anteil im Familienzuschlag zu gewähren.

3. Das Verwaltungsgericht hat dem Kläger bezogen auf die Nachzahlungsansprüche für die Jahre 2000 bis 2003 zu Recht Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 17. Februar 2005 (Rechtshängigkeit) zugesprochen. Dieser Anspruch auf Prozesszinsen und die vom Senat in Bezug auf die Nachzahlungsansprüche für die Jahre 2005 und 2006 ab dem Datum (wegen der Jahresbezogenheit des Berechnungsmodells erst mit dem jeweiligen Jahresende) eingetretener Fälligkeit weiter zugesprochenen Ansprüche auf Prozesszinsen beruhen auf der entsprechenden Anwendung der §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB, wobei es sich als unerheblich erweist, dass der Kläger seine Nachzahlungsansprüche selbst nicht beziffert hat, da er hierzu - wie bereits ausgeführt - nicht verpflichtet war.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen, weil ihre Berufung ohne Erfolg geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO) und weil die Berufung des Klägers zum Erfolg geführt hat, die Beklagte mithin auch insoweit unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden der Beklagten unter Einbeziehung der teilweise, nämlich hinsichtlich des dem Kläger für das Jahr 2004 zugesprochenen Alimentationsanspruchs rechtskräftig gewordenen Kostenentscheidung im Urteil des Verwaltungsgerichts vom 6. Februar 2008 insgesamt auferlegt, weil sie nach dem Vorstehenden im Berufungsrechtszug insgesamt unterlegen ist, wobei etwaige durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Verwaltungsgerichts Arnsberg zusätzlich entstandene Kosten vorliegend nicht ins Gewicht fallen, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Die Revision ist, soweit die Berufung der Beklagten zurückgewiesen worden ist, zuzulassen, weil der Senat insoweit von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (in den Urteilen vom 13. November 2008 - 2 C 16.07 und 21.07- und vom 17. Dezember 2008 - 2 C 42.08) zu dem Erfordernis einer "zeitnahen" Geltendmachung abweicht und die Zurückweisung der Berufung auf dieser Abweichung beruht (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO); im Übrigen ist die Revision nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG nicht gegeben sind.