OLG Köln, Beschluss vom 27.08.2009 - 17 W 219/09
Fundstelle
openJur 2011, 68121
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 14 O 3/07
Tenor

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 3.016,00 €.

Gründe

I.

Für die in Italien ansässige Klägerin führten ihre nunmehrigen Verfahrensbevollmächtigten den Prozess in zwei Instanzen. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts legte die Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ein. Dort sind die Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin nicht zugelassen. Der Bundesgerichtshof wies die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision kostenpflichtig zurück.

Zur Festsetzung angemeldet hat die Klägerin u.a. eine 1,0 Verfahrensgebühr nach Nr. 3400 VV RVG nebst Pauschale, insgesamt 3.016,00 €. Zur Begründung führt sie an, anlässlich des Verfahrens vor dem Bundesgerichtshof hätten ihre Verfahrensbevollmächtigten die Korrespondenz sowohl mit ihr als auch mit dem für das Revisionsverfahren mandatierten Rechtsanwalt geführt. Mangels entsprechender Rechts- und Sprachkenntnisse sei ihr eine zweckentsprechende Rechtsverteidigung nicht möglich gewesen. Da ihre Verfahrensbevollmächtigten der italienischen Sprache mächtig seien, hätten Besprechungen in ihrer Sprache unmittelbar geführt werden können, wodurch Dolmetscher- und Übersetzungskosten vermieden worden seien. Zudem sei es um komplizierte Rechtsfragen auf der Grundlage des italienischen Rechts gegangen. Ihre Verfahrensbevollmächtigten seien in der Lage gewesen, ihre Revisionsanwälte mit entsprechenden Informationen zu versorgen. Da bei der Anwendung ausländischen Rechts grundsätzlich der Beibringungsgrundsatz gelte, sei die Einschaltung ihrer heutigen Verfahrensbevollmächtigten auch von daher zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig gewesen.

Die Beklagte tritt dem entgegen und verweist darauf, dass die Beratung des Mandanten wegen eines Rechtsmittels noch zum vorhergehenden Instanzenzug gehöre und mit den dortigen Gebühren abgegolten sei. Angesichts dessen, dass der Sachverhalt in zwei Instanzen geklärt worden sei, habe es einer Rücksprache der Klägerin mit einem Rechtsanwalt in Deutschland nicht bedurft. Dies gelte um so mehr, als die Revisionsinstanz reine Rechtsfragen betreffe.

Die Rechtspflegerin hat die Kostenfestsetzung antragsgemäß vorgenommen und dem Rechtsmittel nicht abgeholfen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die in Rede stehende Gebühr sei ausnahmsweise erstattungsfähig. Die Einschaltung der Prozessbevollmächtigten aus erster und zweiter Instanz sei notwendig gewesen, da die Klägerin mangels entsprechender Kenntnisse keinen Revisionsanwalt hätte beauftragen können. Auch wegen der italienischen Sprachkenntnisse der Rechtsanwälte der Klägerin und deren Kenntnisse im italienischen Recht sei deren Einschaltung zur Rechtsverteidigung notwendig gewesen. Ausnahmsweise sei Erstattungsfähigkeit gegeben.

II.

Die gemäß § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i. V. m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten verfahrensrechtlich unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache selbst keinerlei Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die Rechtspflegerin die in Rede stehenden Verkehrsanwaltsgebühren nach Nr. 3400 VV RVG festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, eine Erstattung komme ausnahmsweise in Betracht.

1.

Nach einhelliger Ansicht sind zwar Gebühren für die Einschaltung eines Verkehrsanwaltes für das Berufungsverfahren nicht mehr erstattungsfähig, da der Sachverhalt in der Regel in erster Instanz geklärt wird (Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 91 Rn. 13 "Verkehrsanwalt-Rechtsmittelverfahren"). Ebenso besteht jedoch Einigkeit, dass sich eine schematische Betrachtungsweise verbietet. Aufgrund aller Fallumstände ist eine Würdigung nach objektiven Maßstäben vorzunehmen (OLG Frankfurt AnwBl. 2000, 136; Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt u.a., RVG, 18. Aufl., Nr. 3400 VV RVG Rn. 94 m. w. N.; Mümmler JB 1997, 519 f.). Deshalb können Kosten für die Einschaltung des Korrespondenzanwaltes sogar für das Revisionsverfahren ausnahmsweise dann erstattungsfähig sein, wenn das Revisionsgericht weiteren Sachvortrag auferlegt (OLG Hamm AnwBl. 2003, 185; OLG Nürnberg MDR 2005, 298).

Vorliegend handelt es sich ebenfalls um einen Ausnahmefall. Denn die Klägerin hat unbestritten vorgetragen, dass durch die Einschaltung ihrer vormaligen Prozessbevollmächtigten als Korrespondenzanwälte im Revisionsverfahren die gesamte Korrespondenz unmitttelbar in italienischer Sprache geführt werden konnte und dadurch Übersetzungs- bzw. Dolmetscherkosten gespart wurden. Darin liegt eine sinnvolle Tätigkeit, die zur Bejahung der Notwendigkeit im Sinne des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles führt (OLG Düsseldorf JB 1987, 1551).

Es kommt hinzu, dass mangels Bestreitens durch die Beklagte auch davon ausgegangen werden kann, dass die Verkehrsanwälte wegen ihrer Kenntnisse im italienischen Recht in der Lage waren, den Revisionsanwalt entsprechend zu informieren, was deshalb erforderlich war, weil dieses bei der Streitentscheidung eine maßgebliche Rolle spielte. Aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles war deshalb auch insoweit die Unterrichtung des Revisionsanwaltes durch die vormaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin als nunmehrige Verkehrsanwälte zur Rechtsverteidigung notwendig (OLG Hamm und Nürnberg, jeweils a.a.O.; OLG Saarbrücken OLGR 2005, 513).

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.