VG Arnsberg, Urteil vom 29.12.2009 - 13 K 2692/09
Fundstelle
openJur 2011, 67645
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

Tatbestand

Die - verheirateten - Kläger sind Miteigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks L. -N. -X. 50 in I. . Der Kläger ist Arzt, die Klägerin betreibt u.a. den häuslichen (ambulanten) Pflegedienst, HKP I1. . Für die Nutzung des Wohnhauses haben die Kläger ein - dem Beklagten im Juni 2009 nach einem Gespräch übersandtes - Konzept "Ambulant betreute Wohngemeinschaft, Stadtvilla ..." (kurz: "Stadtvilla I. ") für bis zu 12 Personen aufgestellt, das der Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen für Menschen mit Demenz und dem Ausbau des regionalen Versorgungsangebotes in I. dienen soll. Dort heißt es - auszugsweise -: "Die Bewohner der Wohngemeinschaft bzw. deren Bevollmächtigten oder gesetzliche Vertreter bilden eine Auftragsgemeinschaft und treffen eine gemeinschaftliche Entscheidung bei der Auswahl des ambulanten Dienstes, der in der Wohngemeinschaft die Versorgung sicherstellen soll. Die Bewohner der Wohngemeinschaft, ihre Betreuer bzw. gesetzliche Vertreter schließen mit dem Vermieter, hier Eheleute D. , einen Mietvertrag ab. Ein Vertrag über Pflege, Hauswirtschaft, Betreuung rund um die Uhr, wird mit einem Pflegedienst geschlossen. ... Die Wohngemeinschaft wird durch den ambulanten Pflegedienst an 7 Tagen der Woche mit einer 24 stündigen Versorgung durch gerontopsychiatrisch geschultes Personal sichergestellt. Der ambulante Dienst übernimmt die Steuerung des Versorgungsplans. Hierzu gehört die pflegerische und die hauswirtschaftliche Versorgung sowie die psychosoziale Betreuung und Begleitung. Das Angebot richtet sich an Personen, mit demenzieller Erkrankung, die erheblichen Betreuungsbedarf haben und das 60. Lebensjahr überschritten haben und zu einer eigenständigen Lebensführung ohne ständige Betreuung, nicht mehr in der Lage sind. ...

Der ambulante Pflegedienst stellt eine 24stündige Anwesenheit in der Wohngemeinschaft durch gerontopsychiatrisch geschultes Personal sicher ..."

Das Konzept wurde zum 1. August 2009 umgesetzt. Derzeit leben fünf demenziell erkrankte Bewohner in der Wohngemeinschaft "Stadtvilla I. ", die jeweils mit den Klägern einen Mietvertrag über ein - nicht näher bezeichnetes Zimmer - geschlossen haben. Die Kosten für die Miete betragen monatlich 300,00 EUR zuzüglich 80,90 EUR Nebenkosten. Die Kosten der Pflege und der Hauswirtschaft werden vom ambulanten Dienst, individuell nach Aufwand, mit der Pflegekasse abgerechnet. Die Mieter, die einer ambulanten Pflege bedürfen, werden alle von Mitarbeitern des Pflegedienstes der Klägerin gepflegt.

Die fünf Bewohner (Arbeitsgemeinschaft) haben zum 1. August 2009 einen Wohngemeinschaftsvertrag geschlossen. Dieser enthält - auszugsweise - folgende Regelungen: "Die Arbeitsgemeinschaft trifft sich regelmäßig zu einer Mieterversammlung. Die Mieterversammlung hat folgende Aufgaben: ... - Wahl des gemeinsamen Pflegedienstes - Entscheidung über den Ausschluss von Mietern ... Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. ... Die Mieter verpflichten sich, ausschließlich denjenigen Pflegedienst mit der Versorgung zu beauftragen, den die Mieterversammlung gewählt hat. Die Mieter schließen hierzu einen individuellen Leistungsvertrag mit dem Pflegedienst ab. ... Ein Mieter kann nur aus der WG ausgeschlossen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und eine Konfliktlösung nicht möglich ist. ... Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn ein Mieter einen anderen als den gewählten Pflegedienst mit seiner Versorgung beauftragt."

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft und der Pflegedienst der Klägerin HKP I1. , haben ab dem 1. August 2009 einen Betreuungsvertrag bezüglich der oben erwähnten 24 stündigen psychosozialen Betreuung der Gruppe geschlossen; die monatlichen Kosten für die psychosoziale Betreuung und Begleitung betragen nach Angaben der Kläger 915,64 EUR. Zudem beteiligt sich jeder Mieter an den monatlichen Wirtschaftskosten mit pauschal 300,00 EUR.

Der Beklagte erließ nach vorheriger Anhörung und mehrfacher Aufforderung der Kläger wegen Ergänzung der Angaben zur Anzeigepflicht entsprechend § 9 des Gesetzes über das Wohnen mit Assistenz und Pflege in Einrichtungen (Wohn- und Teilhabegesetz - WTG -) vom 18. November 2008 (GuV S. 738 ff.) und nach Inaugenscheinnahme des Projektes gegen die Kläger den Bescheid vom 19. August 2009. Darin forderte er die Kläger auf, ihrer Verpflichtung aus § 9 Abs. 1 WTG bis zum 4. September 2009 nachzukommen und untersagte ihnen ab sofort bis zur Erfüllung der Anzeigepflicht aus § 9 Abs. 1 WTG jede weitere Aufnahme von pflegebedürftigen älteren Menschen. Zur Begründung führte er aus: Er habe festgestellt, dass es sich bei dem Betreuungsangebot in dem Gebäude L. -N. -X. 50 in I. um eine stationäre Betreuungseinrichtung im Sinne des WTG handele. Bei dem Projekt der Kläger lägen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 WTG vor. Das Angebot sei auf ältere, pflegebedürftige Menschen ausgerichtet. Die Kläger böten Wohnraum und Betreuungsleistungen an und seien rechtlich verbunden. Die Klägerin sei Betreiberin eines ambulanten Pflegedienstes und trete zugleich als Vermietern auf. Unterkunfts- und Betreuungskosten seien in dem Angebot gemeinsam dargestellt und vermittelten ein Gesamtangebot. Die Wählbarkeit des Anbieters bei der Wahl des Betreuungsdienstes sei faktisch durch drei Faktoren eingeschränkt. Die Ausschreibung mit Konzept und Kostenaufstellung stelle nur diese bezifferte Gesamtleistung vor. Der Wohngemeinschaftsvertrag verpflichte neu einziehende Bewohner und Bewohnerinnen, den Pflegedienst zu beauftragen, den die Mehrheit der Mieterversammlung gewählt habe. Die mit einfacher Mehrheit getroffene Entscheidung sei für alle Bewohner und Bewohnerinnen bindend. Sowohl als Folge des Wohngemeinschaftvertrages als auch auf Grund des Konzeptes und der Gebäudesituation würden alle Bewohner und Bewohnerinnen von dem Pflegedienst der Klägerin betreut. Die Kläger seien Anbieter der Betreuungsleistungen für alle Bewohner. Daher lägen die Voraussetzungen der gesetzlichen Vermutung des § 2 Abs. 3 Satz 2 WTG vor. Da es sich bei dem bereits in Betrieb befindlichen Angebot um eine nicht angezeigte Betreuungseinrichtung handele, sei abzuwägen, ob eine Schließung der Einrichtung oder andere Maßnahmen angemessen, notwendig und erforderlich seien. Erforderlich seien hier Maßnahmen, die zur Durchsetzung der gesetzlichen Anforderungen geeignet seien. Eine Schließung hätte zu einer unangemessenen Härte für die kürzlich eingezogenen Bewohner und Bewohnerinnen geführt; ein Verbot von weiteren Aufnahmen sei daher erforderlich und auch angemessen.

Am 18. September 2009 haben die Kläger Klage erhoben. Sie tragen vor: Der Bescheid sei rechtswidrig. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 WTG lägen nicht vor. Das Angebot von Betreuungsleistungen erfolge nicht durch beide Kläger, sondern nur durch die Klägerin; der Kläger sei lediglich Mitvermieter. Die Wahlfreiheit des Betreuungsdienstes sei nicht eingeschränkt. Der Beklagte übersehe den Unterschied zwischen der grundsätzlich geschuldeten 24-Stunden-Betreuung, die keine Pflegeleistung enthalte, und der individuellen Pflege der jeweiligen Bewohner. Dass Gesetz meine nicht, dass die 24-Stunden-Betreuung der Einrichtung in sich von jedem Bewohner individuell bestimmt und dann vielleicht auch von verschiedensten Betreuungseinrichtungen durchgeführt werden könne. Dies sei aufgrund der Umstände zur Aufrechterhaltung des Betriebes tatsächlich nicht zu leisten. Deswegen finde sich in der Vereinbarung der Wohngemeinschaft der Hinweis, dass diese dafür einen Dienstleister auswähle, der selbstverständlich wechseln könne, der dann aber solange Vertragspartner bleibe, wie mindestens 75 % der Bewohner, vertreten durch die Beauftragen, daran festhielten. Für die individuelle Pflege dagegen könne jedes Mitglied der Wohngemeinschaft auch jeden anderen Pflegedienst als den der Klägerin beauftragen. Die Bewohner seien bei der Wahl des Anbieters auch von Dritten unterstützt.

Die Kläger beantragen - auch nach gerichtlichem Hinweis in dem Erörterungstermin -:

1. Der Bescheid des Beklagten vom 19. August 2009 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass die von den Klägern eingerichtete Wohngemeinschaft nicht der Anzeige-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht des § 9 WTG unterfällt.

3. Der Beklagte wird verpflichtet, die weitere Aufnahme von pflegebedürftigen älteren Menschen in die Einrichtung der Kläger zu gestatten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen. Zur Begründung bezieht er sich auf den angefochtenen Bescheid und führt ergänzend aus: Alle Bewohner und Bewohnerinnen müssten mit dem Mietvertrag verbindlich Betreuungsleistungen mit dem Betreuungsdienst der Klägerin vereinbaren; alle bisherigen und zukünftigen Bewohner würden von dem Betreuungs- und Pflegedienst der Klägerin betreut. Die von den Klägern vorgenommene Unterscheidung der Betreuung in eine 24-Stunden-Betreuung und der individuellen Pflege widerspreche § 4 WTG, der ausdrücklich als Begriffsbestimmung die übergreifende Bezeichnung Betreuung für alle in Einrichtungen zu erbringenden allgemeinen, sozialen und pflegerischen Leistungen erfasse. Das Selbstbestimmungsrecht der Bewohner werde durch die von den Klägern vertretene Ansicht nicht gewährleistet. Alle Strukturen und Entscheidungen der gegenwärtigen und zukünftigen Bewohner seien durch die Kläger vorbereitet und festgelegt. Die Konzeption erwecke den Eindruck, dass es sich um ein Angebot mit einer Komplettleistung aus einer Hand handele. Die gesetzliche Vermutung des § 2 Abs. 3 Satz 2 WTG hätten die Kläger nicht widerlegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des von dem Beklagten übersandten Verwaltungsvorganges verwiesen.

Gründe

Die Kammer konnte im Einverständnis mit den Beteiligten durch die Berichterstatterin ohne mündliche Verhandlung entscheiden (vgl. §§ 87 a Abs. 2, 3, 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

Die Klage hat insgesamt keinen Erfolg.

I. Mit dem Klageantrag zu 1. ist die Klage als Anfechtungsklage zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 19. August 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 19 Abs. 6 Buchstabe a) WTG. Danach kann der Betrieb untersagt werden, wenn der Betreiber die Anzeige über die beabsichtigte Aufnahme des Betriebs unterlassen oder unvollständige Angaben gemacht hat.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm liegen vor. Die Kläger haben bezüglich der Anzeige betreffend den Betrieb ihrer Betreuungseinrichtung "Stadtvilla I. " unvollständige Angaben gemacht (vgl. 9 Abs. 1 WTG und die Durchführungsverordnung zum Wohn- und Teilhabegesetz - WTG-DVO - vom 18. November 2008 [GuV S. 746 ff.]).

Die Kläger betreiben mit der "Stadtvilla I. " eine Betreuungseinrichtung, die unter den Geltungsbereich des Wohn- und Teilhabegesetzes fällt. Gemäß § 2 Abs. 3 Sätze 1 und 2 WTG gilt dieses Gesetz auch, wenn ein Anbieter Wohnraum überlässt und derselbe Anbieter davon rechtlich unabhängig Betreuungsleistungen zur Verfügung stellt oder vorhält, die tatsächliche Wählbarkeit des Anbieters der Leistungen aber eingeschränkt ist. Eine solche Einschränkung wird vermutet, wenn der Anbieter mindestens drei Viertel der Bewohner in einem Gebäude betreut.

Hier überlässt u.a. die Klägerin ausweislich des vorgelegten Mietvertrages als Vermieterin den jeweiligen Bewohnern Wohnraum in der "Stadtvilla I. ". Derselbe Anbieter - nämlich der Pflegedienst "I1. HKP", deren Inhaberin die Klägerin ist - stellt eine 24-Stunden-Betreuung (psychosoziale Betreuung) zur Verfügung bzw. hält diese für künftige Bewohner vor. Diese Betreuungsleistung für ältere, demenziell erkrankte Menschen ist - entgegen der Ansicht der Kläger - offensichtlich eine Betreuung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 WTG, nach dem die Betreuung allgemeine, soziale und pflegerische Betreuung umfasst, deren Einzelheiten in § 4 Abs. 1 Satz 2 WTG geregelt sind. Ein Ausschluss vom Geltungsbereich des Wohn- und Teilhabegesetzes nach § 3 Abs. 1 WTG scheidet im vorliegenden Fall aus. Danach gilt das Gesetz nicht, wenn von der Einrichtung nur allgemeine und soziale Betreuungsleistungen in geringfügigem Umfang angeboten werden. Die allgemeine und soziale Betreuung ist von geringfügigem Umfang, wenn das Entgelt dafür 25 Prozent der vereinbarten Miete (Nettokaltmiete), mindestens jedoch den Betrag des Eckregelsatzes nach dem zwölften Sozialgesetzbuch nicht übersteigt. Dies ist hier bei einem Betreuungsentgelt in Höhe von 915,64 EUR pro Bewohner und Monat (und einer Nettokaltmiete von 300,00 EUR monatlich) eindeutig nicht der Fall.

Ferner geht die Kammer - trotz bestehender Zweifel insbesondere mit Blick auf neue Bewohner der Betreuungseinrichtung - zugunsten der Kläger davon aus, dass diese Betreuungsleistungen rechtlich und tatsächlich unabhängig von der Überlassung des Wohnraumes zur Verfügung gestellt bzw. vorgehalten werden - ansonsten würde das Wohn- und Teilhabegesetz bereits nach § 2 Abs. 2 WTG gelten.

Vgl. allgemein: Landtagsdrucksache (LT-Drs.) 14/6972, S. 40, 44.

Die tatsächliche Wählbarkeit des Anbieters der Leistungen ist jedenfalls hinsichtlich der für die Bewohner und Bewohnerinnen der "Stadtvilla I. " maßgeblichen 24-stündigen Betreuung (psychosoziale Betreuung) unter Anwendung der gesetzlichen Vermutung des § 2 Abs. 3 Satz 2 WTG eingeschränkt. Insoweit wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf den Inhalt des Bescheides des Beklagten vom 19. August 2009 verwiesen. Ergänzend ist auszuführen:

Der Pflegedienst der Klägerin betreut mindestens drei Viertel der Bewohner in dem Gebäude L. -N. -X. 50 in I. , wobei auf die Anzahl der Bewohner abzustellen ist, die tatsächlich in dem Gebäude betreut werden. Da der Pflegedienst der Klägerin die psychosoziale Betreuung für alle fünf Bewohner des Gebäudes übernommen hat, liegt diese Voraussetzung vor.

Die festgestellte Geltung des Wohn- und Teilhabegesetzes nach § 2 Abs. 3 Satz 1 WTG ist auch nicht gemäß § 2 Abs. 3 Satz 3 WTG ausgeschlossen. Nach § 2 Abs. 3 Satz 3 gilt Satz 1 nicht, wenn 1. die Betreuung auf nicht mehr als zwölf Bewohner in einem Gebäude ausgerichtet ist und 2. die Bewohner bei der Wahl des Anbieters von Dritten unterstützt werden; diese dürfen weder Anbieter einer Wohn- und Betreuungsleistung noch dessen Beschäftigte sein. Zwar ist die Betreuung in der Stadtvilla I. nach dem vorgelegten Konzept auf nicht mehr als zwölf Bewohner ausgerichtet, jedoch werden die Bewohner bei der Wahl des Anbieters nicht von einem Dritten im Sinne der o.g. Vorschrift unterstützt. Die dritte Person oder Organisation muss - neben anderen Voraussetzungen - jedenfalls die Interessen aller betreuten Menschen in dem Gebäude tatsächlich wahrnehmen.

Vgl. LT-Drs. 14/6972, S. 45.

Nach dem eigenen Vorbringen der Kläger werden die Bewohner bei der Wahl des Anbieters nicht von Dritten i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 erster Halbsatz WTG unterstützt; Dritte im Sinne der Vorschrift sind - entgegen ihrer Annahme - nicht die jeweiligen gesetzlichen Vertreter/Betreuer der Bewohner/ Bewohnerinnen. Die Kläger sind auch beide Betreiber der Betreuungseinrichtung "Stadtvilla I. ". Die Klägerin ist gemäß § 4 Abs. 2 Buchstabe a) WTG Betreiberin einer Betreuungseinrichtung, weil sie älteren Menschen Wohnraum überlässt und sie betreut. Der Kläger ist Betreiber einer Betreuungseinrichtung gemäß § 4 Abs. 2 Buchstabe b) WTG, weil er älteren Menschen Wohnraum überlässt und mit einem Dritten, der diese Menschen betreut - nämlich der Klägerin - rechtlich verbunden ist im Sinne des § 4 Abs. 3 WTG. Die rechtliche Verbundenheit folgt kraft Gesetzes daraus, dass der Kläger als Ehegatte der Klägerin Angehöriger i.S.d. § 20 Abs. 5 (Satz 1 Nr. 2) des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen ist.

Die Kläger haben als Betreiber der "Stadtvilla I. " - einer in den Geltungsbereich des Wohn- und Teilhabegesetz fallenden Betreuungseinrichtung - in der nach § 9 Abs. 1 WTG erforderlichen Anzeige unvollständige Angaben gemacht. Der Umfang der Angaben folgt aus § 9 Abs. 1 WTG und bedarf angesichts der eindeutigen Festlegung durch den Gesetz- bzw. Verordnungsgeber keiner ausdrücklichen Aufzählung in einem Bescheid. Danach muss die Anzeige die für die Überwachung erforderlichen Angaben enthalten, die sich auf die Einrichtungsleitung, Beschäftigte, Bewohner, Leistungsbeschreibungen, Konzepte und Vertragsinhalte erstrecken sollen. Es muss daneben dargelegt werden, dass die Anforderungen nach diesem Gesetz und aufgrund dieses Gesetzes erfüllt werden. Das für Soziales zuständige Ministerium wird ermächtigt, die Einzelheiten durch Rechtsverordnung zu regeln. Von dieser Ermächtigung wurde durch Erlass der Durchführungsverordnung zum Wohn- und Teilhabegesetz, dort insbesondere § 27, Gebrauch gemacht. Im vorliegenden Fall haben die Kläger dem Beklagten ein Konzept und diverse Verträge vorgelegt. Diese Angaben sind mit Blick auf die erwähnten Vorschriften unvollständig. Sie verhalten sich z.B. nicht zu der vorgesehenen Zahl der Mitarbeiterstellen, zu dem Namen, der beruflichen Ausbildung und dem Werdegang der Einrichtungsleitung und insbesondere nicht zur Einhaltung der Anforderungen an die Wohnqualität (vgl. § 11 WTG).

Allgemein: Dickmann, Wohn- und Teilhabegesetz, Kommentar, München 2009, § 9 Rdnrn. 2, 3.

Die in dem Bescheid getroffenen Regelungen sind auch ermessensfehlerfrei, insbesondere verhältnismäßig. Der Beklagte hat sein Ermessen erkannt und unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes von der Anordnung der Schließung der Betreuungseinrichtung abgesehen. Als demgegenüber weniger belastendes, aber auch geeignetes Mittel hat er die Kläger vielmehr aufgefordert, ihrer Verpflichtung aus § 9 Abs. 1 WTG bis zum 4. September 2009 nachzukommen und ihnen ab sofort (d.h. bei verständiger Auslegung ab Zugang des Schreibens) bis zur Erfüllung der Anzeigepflicht aus § 9 Abs. 1 WTG jede weitere Aufnahme von pflegebedürftigen älteren Menschen untersagt. Letzteres ist insbesondere mit Blick darauf verhältnismäßig, dass aufgrund der unvollständigen Angaben der Kläger in der Anzeige eine dem Gesetz entsprechende Betreuung weiterer Bewohner nicht sichergestellt werden kann.

II. Die Klage mit den Klageanträgen zu 2. und 3. verfolgte Klage hat - unabhängig von Bedenken gegen deren Zulässigkeit - jedenfalls wie unter I. ausgeführt in der Sache keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO.

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