AG Köln, Urteil vom 04.08.2009 - 133 C 191/09
Fundstelle
openJur 2011, 67504
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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollsreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leiset.

Tatbestand

Die Klägerin buchte für sich, ihren Ehemann und ihre beiden Kinder für den 22.07.2008 den Flug MI 3472 ab Düsseldorf um 11.40 Uhr nach Budapest.

Dieser Flug wurde kurz vor dem Abflug annulliert, woraufhin die Klägerin und ihre Familie mit einer anderen Fluggesellschaft nach Budapest fliegen konnten, wo sie dann aber erst um 22.00 Uhr ankamen.

Mit der Klage begehrt die Klägerin unter Berufung auf Art. 5, 7, 9 VO (EG) Nr. 261/04 (i. F. VO) Ausgleichszahlung in Höhe von 250,- € je Person und Erstattung von Verpflegungsaufwendungen, die sie mit 45,- € je Person ansetzt abzüglich von der Beklagten insgesamt bereits gezahlter 100,- €.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.080,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 22.07.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet mit den aus der Klageerwiderung ersichtlichen Einzelheiten, es habe sich um eine streikbedingte Annullierung gehandelt, nachdem die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) im Rahmen der laufenden Tarifverhandlungen kurzfristig und unvorhergesehen am Vormittag des 22.07.2008 einen 36-Stunden-Streik angesetzt habe. Dessen Auswirkungen hätten sich im Übrigen auch dann nicht vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Deshalb, so meint, seien, abgesehen davon, dass die Klägerin etwaige Ansprüche ihrer Mitreisenden nicht aktivlegitimiert sei, Ansprüche gem. Art. 7 VO nach Art. 5 Abs. 3 VO iVm Ziff. 14 der Erwägungsgründe ausgeschlossen, während Art. 9 VO einen Zahlungsanspruch nicht normiere.

Hierzu erklärt die Klägerin, sie bestreite den gesamten Vorgang zu dem Streik insgesamt mit Nichtwissen.

Hinsichtlich des sonstigen Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin kann von der Beklagten Zahlung der Klagesumme nicht verlangen.

Ansprüche gem. Art. 5 Abs. 1 c) iVm Art. 7 Abs. 1 a) VO stehen ihr - ungeachtet dessen, ob sie solche ihren Mitreisenden entstanden Ansprüche in eigener Person geltend machen könnte - gem. Art. 5 Abs. 3 VO iVm dem Erwägungsgrund Nr. 14 der VO nicht zu.

Denn die Annullierung des gebuchten Fluges ist auf außergewöhnliche Umstände, nämlich den am selben Tag ausgerufenen Streik der VC zurückzuführen gewesen, der, wie seine Folgen, sich durch zumutbare Maßnahmen nicht hat vermeiden lassen. Dass der Streik die Ursache der Annullierung gewesen ist, ist als unstreitig anzusehen schon deshalb, weil die Klägerin den ins Einzelne gehenden Vortrag der Beklagten völlig unsubstantiiert so bestritten hat, dass nicht klar ist, ob sie den Streik als solchen oder nur dessen Vorgeschichte in Abrede stellen will. Im Übrigen ist der Streik als solcher gerichtsbekannt, wenn man nicht davon ausgehen will, dass VC wie Beklagte und sämtliche Medien sich zu einer Irreführung der Öffentlichkeit verschworen haben. Dass ein Streik aber - gleich ob extern oder intern, inwiefern nicht unterschieden wie - einen außergewöhnlichen Umstand i. S. von Art. 5 Abs. 3 VO darstellt, wird im Erwägungsgrund Nr. 14 der VO ausdrücklich hervorgehoben. Ob er sich durch großzügigere Angebote der Beklagten im Vorfeld hätte vermeiden lassen, kann dahinstehen, weil die Beurteilung dieser Frage den Zivilgerichten unter jedem denkbaren Gesichtspunkt entzogen. Dass aber die Beklagte die Auswirkungen des Streiks des Cockpit-Personals deutschlandweit nicht durch zumutbare Maßnahmen hat abwenden können, liegt auf der Hand, schlicht deshalb, weil es gerade wegen des Streiks an einsetzbarem Personal gefehlt hat.

Soweit die Klägerin Aufwendungen ersetzt verlangt, rechtfertigt sich ihr Begehren nicht aus Art. 5, 9 VO, weil Art. 9 VO nur einen Anspruch auf Unterstützungsleistungen als solche, nicht aber einen Geldanspruch gewährt. Aber auch auf § 280 BGB wegen Schlechterfüllung des Beförderungsvertrages kann die Klägerin sich mit Erfolg nicht stützen. Welche Aufwendungen ihr nämlich tatsächlich - über die bereits erhaltenen 100,- € hinaus - entstanden sind, hat sie nachprüfbar nicht dargetan.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Ziff. 11, 711 ZPO.

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