FG Köln, Urteil vom 15.12.2009 - 12 K 4176/07
Fundstelle
openJur 2011, 67450
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Anrechnung von erhaltenem Pflegegeld auf die als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähigen Pflegekosten.

Die Kläger werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Beide Kläger beziehen Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, der Kläger als Versorgungsbezüge.

Der Kläger ist pflegebedürftig (Pflegestufe III) und lebt in einem Pflegeheim in K. Die für die Pflege entstehenden Aufwendungen werden ihm teilweise durch die Beihilfe und die Pflegeversicherung ersetzt.

Er hat außerdem bei der G eine Pflegezusatzversicherung im Tarif ... abgeschlossenen. Die hierfür gezahlten Beiträge hat er in den Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls in seinen Einkommensteuererklärungen als Sonderausgaben in der Rubrik "Kranken- und Pflegeversicherung" geltend gemacht. Aus dieser Versicherung bezieht er ein monatliches Pflegegeld. Für das Jahr 2004 erhielt er insgesamt ... Euro, in 2005 ... Euro. Die Versicherungsbedingungen lauten auszugsweise wie folgt:

Allgemeine Versicherungsbedingungen für die ergänzende Pflegekrankenversicherung

Teil I: Musterbedingungen 1997 (MB/EPV 97)

Der Versicherungsschutz

§ 1 Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes

Der Versicherer leistet im Versicherungsfall in vertraglichem Umfang Ersatz von Aufwendungen für Pflege oder ein Pflegegeld oder ein Pflegetagegeld sowie sonstige im Tarif vorgesehene Leistungen. Versicherungsfall ist die Pflegebedürftigkeit einer versicherten Person. Pflegebedürftig sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrender Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, nach Maßgabe der Absätze 6 bis 8 in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Die Hilfe im Sinne des Absatzes 2 Satz 2 besteht in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in der Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen.

(...)

(8) Der Zeitaufwand den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe III mindestens 5 Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens vier Stunden entfallen.

(9) Der Versicherungsfall beginnt mit der ärztlichen Feststellung der Pflegebedürftigkeit. Er endet, wenn Pflegebedürftigkeit nicht mehr besteht. (...)

§ 5 Einschränkungen der Leistungspflicht

Keine Leistungspflicht besteht

f) während der Durchführung einer vollstationären Heilbehandlung im Krankenhaus sowie von stationären Rehabilitationsmaßnahmen, Kur- oder Sanatoriumsbehandlungen und während der Unterbringung aufgrund richterlicher Anordnung, es sei denn, dass diese ausschließlich auf Pflegebedürftigkeit beruht; (...)

Allgemeine Versicherungsbedingungen für die ergänzende Pflegekrankenversicherung Teil II

TARIF ... mit Tarifbedingungen (...)

II. Versicherungsleistungen

Es kann ein monatliches Pflegegeld von 300,00 DM oder einem Vielfachen davon versichert werden. Bei Pflegebedürftigkeit wird das monatliche Pflegegeld

In der Pflegestufe in Höhe von

III 100 %

II 60 %

I 30 %

des vereinbarten Betrages gezahlt, wenn pflegerische Leistungen jeweils für den vollen Kalendermonat erbracht wurden. Die Pflegestufen sind in § 1 Abs. 6 MB/EPV 97 festgelegt. Eine Unterscheidung zwischen vollstationärer, teilstationärer und häuslicher Pflege wird nicht vorgenommen. (...)

4. Bestehen die Voraussetzungen für die Zahlung des Pflegegeldes nicht für den vollen Kalendermonat, wird das Pflegegeld anteilig gezahlt. Dabei wird die Monatsleistung durch 30 geteilt und mit der Anzahl der Tage im Monat multipliziert, an denen pflegerische Leistungen erbracht wurden.

Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Versicherungsbedingungen wird auf die Kopien der Versicherungsbedingungen in den Steuerakten des Beklagten (Rechtsbehelfsakte) verwiesen.

Der Beklagte führte die Einkommensteuerveranlagung der Streitjahre mit Einkommensteuerbescheiden 2004 vom 14.12.2006 und 2005 vom 23.03.2007 zunächst erklärungsgemäß durch und berücksichtigte für den Kläger jeweils einen Pflege-Pauschbetrag in Höhe von ... Euro.

Gegen die Bescheide legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein und machten im Einspruchsverfahren Krankheitskosten, insbesondere für die stationäre Pflege des Klägers, nach § 33 EStG wie folgt geltend:

2004 2005 Aufwendungen ... € ... € Erstattung/Beihilfe ... € ... € Erstattung G ohne Pflegegeld ... € ... € Verbleiben ... € ... € bereits mit Pflegepauschale berücksichtigt ... € ... € Mehraufwand vor zumutbarer Eigenbelastung ... € ... €

Die Einsprüche waren überwiegend erfolgreich, der Beklagte erkannte in der Einspruchsentscheidung vom 02.10.2007 die Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen an, brachte jedoch entgegen der von den Klägern durchgeführten Berechnung noch das von der Pflegezusatzversicherung erhaltene Pflegegeld zum Abzug. Vor Berücksichtigung der zumutbaren Eigenbelastung kam er somit auf noch zu berücksichtigende Aufwendungen von ... Euro in 2004 und ... Euro in 2005.

Hiergegen haben die Kläger am 05.11.2007 Klage erhoben und diese wie folgt begründet:

Das Pflegegeld sei von den entstandenen Aufwendungen für die Pflege nicht zum Abzug zu bringen. Mit dem Pflegegeld seien keine konkreten Pflegekosten erstattet worden.

Von den Gesamtkosten für die Unterbringung in dem Pflegeheim trage die Beihilfe 70 % der reinen Pflegekosten, in dem Umfang, indem sie auch die gesetzliche Pflegeversicherung übernehmen würde. Die restlichen 30 % trage die Krankenversicherung im Rahmen der "freiwilligen" Pflegeversicherung nach dem Versicherungstarif T ....

Daneben erhalte der Kläger von der G aufgrund des abgeschlossenen Tarifes ... im Rahmen einer Pflegezusatzversicherung ein Pflegegeld ausgezahlt. Entsprechend den dem Beklagten vorliegenden Versicherungsbedingungen trete der Versicherungsfall für die Zusatzversicherung bei Vorliegen einer Pflegebedürftigkeit der versicherten Person, unabhängig von Anfall und Höhe der Pflegekosten und unabhängig davon, ob die Pflege häuslich oder stationär erfolge, ein. Hiernach sei das Pflegegeld abhängig von der Pflegestufe, jedoch unabhängig von Anfall und Höhe der Pflegekosten und losgelöst davon, ob stationäre oder häusliche Pflege durch Berufspflegekräfte oder häusliche Pflege durch Angehörige bzw. andere Personen erfolge. Das Pflegegeld werde auch unabhängig davon, ob überhaupt Pflegekosten angefallen seien und unabhängig davon, ob pflegerische Leistungen erbracht würden, bezahlt. Das ausgezahlte Pflegegeld stehe damit dem Berechtigten zur freien Verfügung. Er könne es zur Abdeckung entstandener Pflegekosten oder zum Ausgleich von Einnahmeausfällen des pflegebedürftigen Ernährers der Familie bzw. des pflegenden Angehörigen, der seine Berufstätigkeit pflegebedingt einschränke oder ganz aufgebe, verwenden. Hiermit decke das Pflegegeld ebenso wie das Krankentagegeld auch Einnahmeausfälle ab. Der Kläger sei aufgrund seiner Pflegebedürftigkeit dienstunfähig geworden und daher vorzeitig in den Ruhestand getreten. Daher sei das Ruhegehalt gekürzt worden.

Wegen der Ausgestaltung des Pflegegeldes sei das Pflegegeld mit dem Krankentagegeld vergleichbar. Dieses werde nach dem BFH-Urteil vom 22.10.1971 (BStBl II 1972, 177) nicht auf die als außergewöhnlichen Belastungen abzugsfähigen Krankheitskosten angerechnet, da es im Gegensatz zum Krankenhaustagegeld allein bei Arbeitsunfähigkeit ausgezahlt werde und unmittelbar krankheitsbedingte Kosten nicht anfallen bräuchten im Gegensatz zum Krankenhaustagegeld, bei dem normalerweise ein mit Kosten verbundener Krankenhausaufenthalt vorausgesetzt werde.

Die Pflegezusatzversicherung könne daher nicht als Pflegekostenversicherung charakterisiert werden und ebenso nicht als Pflegeheimtagegeldversicherung, da der Versicherungsfall keinen mit Kosten verbundenen Pflegeheimaufenthalt voraussetze. Es handle sich vielmehr um eine Pflegetagegeldversicherung, bei der das - wenn auch nach Pflegestufe gestaffelte - volle monatliche Pflegegeld nur gezahlt werde, wenn die Pflegebedürftigkeit während des ganzen Monats bestanden habe und nicht - etwa zeitweise - von einer vollstationären Heilbehandlung im Krankenhaus überlagert werde.

Beim Pflegegeld fehle es ebenso wie beim Krankentagegeld an dem vom BFH für eine Anrechnung auf die außergewöhnlichen Belastungen geforderten engen Zusammenhang zwischen der Zahlung und dem Anfall von krankheits- bzw. pflegebedingten Kosten.

Soweit der Beklagte seine gegenteilige Auffassung darauf stütze, dass das ausgezahlte Pflegegeld nur für Monate bezahlt werde, in denen pflegerische Leistungen erbracht würden und damit grundsätzlich einen Anfall von Pflegekosten voraussetze, sei dies nicht richtig. Nach § 1 Abs. 2 der allgemeinen Versicherungsbedingungen für die ergänzende Pflege- Krankenversicherung Teil I trete der Versicherungsfall bereits bei Pflegebedürftigkeit ein. Pflegebedürftige Leistungen müssten nicht zwingend erbracht werden und auch nicht zwangsläufig (extern) zu Pflegekosten führen. Dies ergebe sich auch nicht aus der vom Beklagten erwähnten Regelung in Teil I, II. 4. der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die ergänzende Pflegekrankenversicherung. Hiernach werde nicht der Versicherungsfall anders umschrieben und von der Erbringung von pflegerischer Leistung abhängig gemacht. Vielmehr werde lediglich zum Ausdruck gebracht, dass das volle monatliche Pflegegeld nur bezahlt werde, wenn pflegerische Leistungen für den vollen Monat erbracht würden, im Übrigen eben zeitanteilig, wenn etwa der Pflegebedürftige sich für einige Tage während des Monats einer vollstationären Heilbehandlung im Krankenhaus unterziehen müsse.

Die Kläger beantragen:

die Einkommensteuerbescheide 2004 und 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.10.2007 dahingehend zu ändern, dass weitere außergewöhnliche Belastungen von ... Euro für 2004 und ... Euro für 2005 berücksichtigt werden,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt:

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Nach Ansicht des Beklagten ist das Pflegegeld wegen der Vergleichbarkeit mit dem Krankenhaustagegeld auf die als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Kosten anzurechnen. Nach dem Urteil des BFH vom 22.10.1971 seien Krankenhaustagegelder auf die als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Krankheitskosten anzurechnen, obwohl sie unabhängig von der Höhe der angefallenen Aufwendungen pauschal für die Dauer des Krankenhausaufenthalts gezahlt würden. Der BFH sehe hier alleine auf Grund der Anknüpfung an den grundsätzlichen Anfall krankheitsbedingter Kosten einen Ersatz der durch die Krankheit bedingten Aufwendung, der auf die Höhe der berücksichtigungsfähigen außergewöhnlichen Belastungen anzurechnen sei. Etwas anderes gelte für das Krankentagegeld, weil dieses eben nicht zur Abdeckung von Krankheitskosten, sondern als Verdienstausfall gezahlt werde. Hier reiche für die Zahlung auch alleine das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit aus. Das dem Kläger gezahlte Pflegegeld sei mit dem Krankenhaustagegeld vergleichbar. Es staffele sich nach Pflegestufen und werde sowohl bei häuslicher als auch bei stationärer Pflege gezahlt. Es sei zwar weitgehend unabhängig von der Höhe der anfallenden Kosten der Pflege (ein indirekter Kostenbezug ergebe sich nur aus der Bemessung des Pflegegeldes nach der Pflegestufe des Pflegebedürftigen), es werde jedoch nur für Monate gezahlt, in denen pflegerische Leistungen erbracht würden, setze also eindeutig den grundsätzlichen Anfall von Pflegekosten voraus. Auch das Krankenhaustagegeld setze den grundsätzlichen Anfall von krankheitsbedingten Kosten voraus und werde unabhängig von deren Höhe pauschal bezahlt. Nicht vergleichbar sei das Pflegegeld dagegen mit dem Krankentagegeld, das nach der Rechtsprechung nicht auf die abzugsfähigen außergewöhnlichen Belastungen anzurechnen sei. Dieses werde als Verdienstausfall für die Krankheitszeit und nicht als (wenn auch pauschaler) Kostenersatz für die angefallenen Aufwendungen der Krankheit gezahlt. Das Pflegegeld hingegen diene, wenn auch in pauschalisierter Form, der Abdeckung der durch die Pflege verursachten Aufwendungen.

Soweit die Kläger der Auffassung seien, dass das Pflegegeld im Streitfall auch unabhängig vom Anfall von Pflegekosten und nur auf Grund bestehender Pflegebedürftigkeit gezahlt werde, ergebe sich dies nicht aus den Versicherungsbedingungen. Es ergebe sich auch nicht aus der in der Klagebegründung vorgenommenen Differenzierung zwischen den verschiedenen Arten der Pflege. Denn auch durch eine häusliche Pflege würden grundsätzlich Kosten verursacht. Gerade aus der Tatsache, dass sich das Pflegegeld nach dem Grad der Pflegestufe bemesse, ergebe sich eindeutig, dass es als pauschaler Kostenersatz gedacht sei und damit nach den Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung auf die abzugsfähigen Kosten anzurechnen sei.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Leistungen aus der Pflegezusatzversicherung sind auf die als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Pflegekosten anzurechnen.

Nach der Rechtsprechung des BFH zur Krankenhaustagegeld- und Krankentagegeldversicherung (BFH-Urteil vom 22.10.1971 VI R 242/69, BFHE 104, 63, BStBl II 1972, 177) erfolgt eine Anrechnung der Versicherungsleistungen auf die als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähigen Aufwendungen, wenn ein enger Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Leistung besteht. Für das Krankentagegeld hat der BFH einen solchen Zusammenhang verneint, da die Krankentagegelder im Fall der völligen Arbeitsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die durch die Krankheit angefallenen Kosten als Ausgleich für den Verdienstausfall gezahlt würden. Das Einkommen einerseits - "das insgesamt versicherte Krankentagegeld darf das Einkommen aus beruflicher ärztlicher Tätigkeit nicht übersteigen" - und das Kranksein andererseits spielten die entscheidende Rolle. Anders verhalte es sich mit der Krankenhaustagegeldversicherung. Wenn auch das Tagegeld anders als im Falle der normalen Krankheitskostenversicherung ohne Rücksicht auf die Höhe der tatsächlich angefallenen Krankenhauskosten gewährt werde, so sei hier wegen der Anknüpfung an den Krankenhausaufenthalt doch ebenfalls der Zusammenhang mit den Krankheitskosten zu bejahen. Im Grunde handele es sich um eine zusätzliche Krankheitskostenversicherung mit dem besonderen Ziel, die heute erfahrungsgemäß hohen Krankenhauskosten abzudecken. Richtig sei zwar, dass die Krankenhaustagegelder ebenso wie die Krankentagegelder dem Berechtigten zur freien Verfügung gewährt würden. Während aber bei diesen allein die völlige Arbeitsunfähigkeit ausreicht und also unmittelbar krankheitsbedingte Kosten nicht anzufallen brauchten, ist bei jenen doch der normalerweise mit Kosten verbundene Krankenhausaufenthalt vorausgesetzt.

Diese Grundsätze wendet der Senat - ebenso wie die Beteiligten - auf die hier streitige Frage der Anrechnung der Leistungen aus der Pflegezusatzversicherung an.

Danach besteht im Streitfall ein enger Zusammenhang zwischen den durch die Pflege entstandenen Aufwendungen und den Leistungen aus der Pflegezusatzversicherung.

Anders als eine Krankentagegeldversicherung und vergleichbar mit einer Krankenhaustagegeldversicherung setzt die Pflegezusatzversicherung voraus, dass Kosten infolge der Pflegebedürftigkeit angefallen sind. Denn das Pflegegeld wird nur bei Einordnung in eine der drei in den Versicherungsbedingungen definierten Pflegestufen gezahlt. Voraussetzung hierfür ist notwendigerweise, dass der Versicherungsnehmer Hilfe bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung bedarf. Aufgrund dieser Hilfsbedürftigkeit entsteht Aufwand und zwar durch Pflegeleistungen von Familienangehörigen oder Dritten, wie z.B. Pflegediensten oder Pflegeheimen. Der Finanzierung dieses Pflegeaufwandes dient das Pflegegeld, das zwar nicht konkret entstandene Kosten abdeckt und dem Begünstigten zur freien Verfügung steht, aber ohne den Anfall pflegebedingter Aufwendungen nicht denkbar ist. Mit der Einteilung in die der gesetzlichen Pflegeversicherung angepassten 3 Pflegestufen wird typisierend davon ausgegangen, dass je höher der Grad der Pflegebedürftigkeit ist, desto höher die anfallenden Aufwendungen sind. Hierin liegt der entscheidende Unterschied zum Krankentagegeld, für dessen Leistung keinerlei Aufwendungen entstehen müssen.

Die Pflegezusatzversicherung bezweckt lediglich einen Ausgleich für die durch die Pflegebedürftigkeit anfallenden und von der (gesetzlichen) Pflegeversicherung nicht gedeckten Mehrkosten. Der enge Zusammenhang zwischen Versicherungsleistung und Aufwand wird auch durch die nach den Versicherungsbedingungen geltende Regelung des Rangverhältnisses zwischen Leistungen aus der Pflegezusatzversicherung und gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung deutlich: Während der Durchführung einer vollstationären Heilbehandlung im Krankenhaus besteht gemäß § 5 Abs. 1 f) Teil I der Allgemeinen Versicherungsbedingungen keine Leistungspflicht der Pflegezusatzversicherung. Hier wird davon ausgegangen, dass die entsprechenden Aufwendungen durch die Krankenversicherung abgedeckt sind und aufgrund der stationären Unterbringung keine zusätzlichen pflegebedingten Aufwendungen anfallen.

Soweit die Kläger der Auffassung sind, dass das Pflegegeld - wie das Krankentagegeld - auch Verdienstausfälle umfasst, lässt sich dafür in der Ausgestaltung der Pflegezusatzversicherung kein Beleg finden. Im Vergleich zur Krankentagegeldversicherung, bei der die Leistungshöhe durch die Höhe des Einkommens gedeckelt ist (vgl. z.B. § 4 Abs. 1 Musterbedingungen für die Krankentagegeldversicherung, im Internet zu finden unter www.pkv.de/recht/musterbedingungen/krankentagegeldversicherung_mb_kt_2009_pdf.pdf), finden sich bei dem Pflegegeld keinerlei Anknüpfungspunkte an das Einkommen.

Letztlich ist die Pflegezusatzversicherung nach ihrer Ausgestaltung - ähnlich einer zusätzlichen Krankheitskostenversicherung - nur eine private Ergänzung der gesetzlichen Pflegeversicherung. Insbesondere die Einteilung in die Pflegeklassen entspricht fast wörtlich der Regelung in § 15 Abs. 1 SGB XI. Die Leistungen der Pflegeversicherung sind aber nach allgemeiner Auffassung von den als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähigen Aufwendungen abzuziehen. Dies bestreiten auch die Kläger nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alt. FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen, da über die Streitfrage - soweit ersichtlich - bislang nicht entschieden wurde und der Senat ein allgemeines Interesse an der Klärung dieser Rechtsfrage sieht.