OLG Hamm, Urteil vom 04.11.2009 - 11 U 15/09
Fundstelle
openJur 2011, 67303
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 18. November 2008 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außerge-richtlichen Kosten der Streithelferin, die diese selbst zu tragen hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen hinsichtlich der Frage einer dem Beklagten anzulas-tenden schuldhaften Amtspflichtverletzung

Gründe

I.

Die Klägerin ist Gebäudeversicherer der Immobilie …, in der es am 16.11.2007 aufgrund Hitzeübertragung von dem dort installierten Kaminofen und dessen Ofenrohr auf die dahinter liegende Wand im Flur des ersten Obergeschosses zu einem Brandschaden kam, für dessen Beseitigung die Klägerin nach ihrer Behauptung insgesamt 15.718,16 € verauslagt hat.

Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin den Beklagten, der den schadensursächlichen Kaminofen vor dem Schadensfall am 12.02.2007 in seiner Eigenschaft als örtlich zuständiger Bezirksschornsteinfegermeister geprüft und abgenommen hatte, unter Vornahme eines Abzugs aus dem Gesichtspunkt "neu für alt" aus auf sie übergegangenem Recht des Hauseigentümers auf Schadensersatz in Anspruch, nachdem sie ihn vorprozessual vergeblich zur Schadensregulierung hatte auffordern lassen, die der Beklagte mit Schreiben vom 13.12.2007 ablehnte.

Die Klägerin hat vorgetragen, bei der Abnahme des Kaminofens sei der Beklagte irrig von einem den Anforderungen des § 8 Abs. 3 FeuerungsVO entsprechenden und damit ausreichend großen Abstand zwischen Ofen und Ofenrohr zur mit einer gestrichenen Strukturtapete verkleideten Wand ausgegangen. Tatsächlich habe der Abstand zwischen Wand und Ofen samt Ofenrohr gegen die Bestimmungen der §§ 17 und 43 BauO NRW sowie die hierzu ergangenen Verwaltungsvorschriften verstoßen, da der vorhandene Wandbelag nicht als (Papier-)Tapete i.S.d. Verwaltungsvorschriften einzuordnen sei, sondern -insoweit unstreitig- aus einer mehr als 0,5 mm starken Prägetapete mit Putzstruktur aus Vinyl bestanden habe, die mit einer Papiertapete nicht gleichgesetzt werden könne. Der eingetretene Brandschaden sei auf eine Überhitzung der Tapete an der Wand hinter dem Ofen zurückzuführen, zu der es allein infolge des zu geringen, weil lediglich 8,5 cm großen Abstands zum Ofenrohr gekommen sei. Die Brandentwicklung sei dabei zusätzlich dadurch begünstigt worden, dass bei Aufstellung des Ofens der in den technischen Vorgaben des Herstellers geforderte Wandabstand von mindestens 200 mm unterschritten und tatsächlich nur ein Abstand von 35 mm eingehalten worden sei, wodurch die Wärmeabfuhr verringert und ein Wärmestau erzeugt worden sei. Dem Beklagten sei als weiteres Versäumnis vorzuwerfen, dass er sich vor Erteilung der Abnahme keine Gewissheit über die Beschaffenheit des Wandbelags und die in Abhängigkeit davon zu stellenden Anforderungen an die Aufstellung des Kaminofens samt Verrohrung verschafft habe. Auch seien ihm die Brandeigenschaften einer Vinyltapete offensichtlich nicht bekannt gewesen, was insoweit als vorwerfbare Wissenslücke zu werten sei.

Die Streithelferin der Klägerin hat ergänzend vorgetragen, zum Zeitpunkt der Abnahme des Kaminofens durch den Beklagten habe der Kamin zunächst noch in größerem Abstand zur Wand gestanden, sei allerdings noch nicht an den Schornstein angeschlossen gewesen, weil noch ein Verbindungsstück des Ofenrohrs gefehlt habe. Der Beklagte habe sich dann nach dem Grund für den (großen) Abstand erkundig und nach dessen Erläuterung sinngemäß geäußert, der Einbau des fehlenden Verbindungsstücks sei nicht notwendig, da der Ofen ohne weiteres näher an die Wand herangeschoben werden könne. Dies sei daraufhin unter Mithilfe des Beklagten geschehen, wobei der Beklagte auf den Hinweis des Zeugen XY, dass die Aufstellanleitung des Herstellers einen größeren Abstand vorschreibe, erklärt habe, dessen Einhaltung sei nicht erforderlich, weil die vorhandene Tapete nicht brennbar sei. Soweit der Beklagte über seine hoheitliche Tätigkeit hinaus Hilfestellung bei der Aufstellung des Kaminofens geleistet habe, hafte er auch privatrechtlich aufgrund Verletzung einer vertragsähnlichen Sonderbeziehung.

Der Beklagte hat dagegen eingewandt, er habe lediglich eine Abnahme gemäß § 43 Abs. 7 BauO NRW vorgenommen, die sich allein auf die Feststellung des ordnungsgemäßen Zustands und die Geeignetheit des Schornsteins für die angeschlossene Feuerstelle bezogen habe, nicht dagegen auch auf die sicherheitstechnisch ordnungsgemäße Aufstellung der angeschlossenen Befeuerungsanlage. Der Schornstein habe sich nach seinen Feststellungen in einem ordnungsgemäßen Zustand befunden, so dass es bereits an einer ihm anzulastenden Pflichtverletzung fehle. Der Beklagte hat weiter mit Nichtwissen bestritten, dass Brandursache eine Überhitzung der Tapete im Nahbereich des Kaminofens gewesen sei und geltend gemacht, eine mit Tapete bekleidete Wand falle ohnehin nicht unter die Kategorie brennbarer Stoffe, während sich vom Hersteller oder nach der FeuerungsVO vorgegebene Mindestabstände nur auf brennbare Bauteile bezögen. Unabhängig davon fehle es jedenfalls an einem ihm anzulastenden Verschulden, da für ihn nicht ersichtlich gewesen sei, dass der Anstrich der Tapete zu einem veränderten Brandverhalten führte. Zudem habe der Abstand zwischen Wand und Kaminofen zum Zeitpunkt seiner Abnahme noch 20 cm betragen, einen geringeren Abstand habe er erst genehmigt, nachdem er sich zuvor auf telefonische Nachfrage des Versicherungsnehmers der Klägerin hin vergewissert habe, dass es sich bei der Wand in Kaminofennähe um eine Massivwand handelt(e) und brennbare außergewöhnliche Stoffe nicht vorhanden waren. Überdies sei eine etwaige Pflichtverletzung nicht für den eingetretenen Schaden kausal geworden, da Verkohlungserscheinungen, wie sie nach dem Brand an der Wand hinter dem Kaminofen festgestellt worden seien, erst bei einer Temperatur oberhalb von 360 ° C aufträten, was bei einem Abstand zwischen Ofen und Wand von 8,5 cm eine Aufheizung des Ofens auf über 400 ° C voraussetze; eine solche Temperatur werde bei bestimmungsgemäßem Gebrauch des Ofens aber nicht erreicht, weshalb davon auszugehen sei, dass vor dem Schadensfall deutlich zu viel Brennstoff aufgelegt worden sei. Vor diesem Hintergrund sei dem Versicherungsnehmer der Klägerin ein weit überwiegendes und im Ergebnis anspruchsausschließendes Mitverschulden zur Last zu legen, zumal er den Ofen nach Befeuerung unbeaufsichtigt gelassen habe. Daneben hat der Beklagte auch den behaupteten Schadensumfang bestritten.

Das Landgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil abgewiesen und zur Begründung unter näherer Darlegung ausgeführt, der Beklagte hafte weder nach § 839 BGB noch privatrechtlich nach § 280 BGB. Zwar sei er bei der Ausstellung seiner Bescheinigung nach § 43 BauO NRW in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben tätig geworden und habe in diesem Zusammenhang nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 SchFG auch die Verpflichtung gehabt, Schornstein, Feuerstätte, Verbindungsstücke und Lüftungsanlagen oder ähnliche Einrichtungen unter Beachtung einschlägiger öffentlichrechtlicher Sicherheitsvorschriften, zu denen auch die Feuerungsverordnung und hier speziell die dort in § 8 getroffene Regelung zur Einhaltung von Mindestabständen zu brennbaren Baustoffen gehöre, auf ihre Feuersicherheit hin zu überprüfen. Bei Auslegung dieser Regelung sei allerdings die Verwaltungsvorschrift zur Landesbauordnung gemäß Runderlass des Ministeriums für Städtebau und Wohnen sowie Kultur und Sport vom 12.10.2000 (SMBl.NRW 23210) mit einzubeziehen. Nach § 17 dieser Verwaltungsvorschrift seien als brennbare Baustoffe allein solche zu verstehen, die beim Brand brennend abfallen oder brennend abtropfen, wobei Bekleidungen von Bauteilen grundsätzlich in die Beurteilung mit einzubeziehen seien, sofern es sich nicht um Beschichtungen bis 0,5 mm Dicke, um Anstriche oder um Tapeten auf Mauerwerk, Beton oder mineralischem Putz handele. Da vorliegend nach Vortrag der Klägerin die auf dem Mauerwerk hinter dem Kaminofen aufgebrachte Vinyltapete brandursächlich geworden sei, fehle es danach an einer Pflichtverletzung des Beklagten. Allein die Nichteinhaltung der Aufstellanweisungen des Herstellers begründe keine Amtspflichtverletzung, da sich Amtspflichten nur aus öffenlichrechtlichen Bestimmungen ergeben und durch Vorgaben eines privaten Herstellers nicht ausgeweitet werden könnten. Eine privatrechtliche Haftung setze dagegen den Abschluss eines Werkvertrages voraus, an dem es mit Rücksicht auf die hoheitliche Tätigkeit des Beklagten im Zusammenhang mit der Feuerstättenschau fehle.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags weiterverfolgt. Zur Begründung verweist sie darauf, die vom Landgericht angezogene Regelung in § 17 des Runderlasses vom 12.10.2000 (VV BauO NRW) habe zum einen keinen Normcharakter, richte sich zum anderen aber auch nicht an das Schornsteinfegerwesen, sondern (allein) an die Baubehörden des Landes. Dessen ungeachtet habe das Landgericht aber auch den Inhalt der genannten Regelung verkannt und sei daher zu Unrecht zu der Einschätzung gelangt, dass es sich bei der im Brandbereich aufgebrachten, überdies noch überstrichenen Vinyltapete um eine "Tapete" i.S. von § 17 VV BauO NRW handele. Tatsächlich sei eine überstrichene Vinyltapete als Beschichtung eigener Art anzusehen. Zudem habe der Beklagte seinen ihm zugewiesenen Aufgabenbereich dadurch gefahrerhöhend überschritten, dass er im Zuge der von ihm vorgenommenen Abnahme darauf hingewiesen habe, ein -zunächst gewahrter- Sicherheitsabstand sei unnötig, der Kaminofen könne daher näher an die Wand herangerückt werden, was anschließend dann auch geschehen sei.

Der Kläger und die Streithelferin beantragen,

den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an die Klägerin 13.610,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 14.12.2007 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil mit näheren Ausführungen unter weitgehender Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags als richtig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in seinem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht bereits dem Grunde nach als unbegründet angesehen, was weitere Ausführungen zur Schadenshöhe entbehrlich machte.

1.

Zutreffend und von der Berufung unbeanstandet ist das Landgericht davon ausgegangen, dass als Anspruchsgrundlage für das Schadensersatzverlangen der Klägerin aus nach § 67 VVG a.F. auf sie übergegangenem Recht ihres Versicherungsnehmers Pingel allein die Bestimmung des § 839 Abs. 1 BGB in Betracht kommt, während ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB) ausscheidet, weil die dem Beklagten angelastete Pflichtverletzung seinem hoheitlichen Aufgabenbereich zuzuordnen ist (vgl. hierzu auch OLG München, Urteil vom 29.01.2004 -1 U 4881/03-, OLGR München 2004, 227 f).

a)

In seiner Eigenschaft als von der zuständigen Verwaltungsbehörde hierzu bestellter Bezirksschornsteinfeger (§ 3 Abs. 1 SchfG) wird der Beklagte zwar als dem Handwerk angehörender Gewerbetreibender (§ 3 Abs. 2 S. 1 SchornsteinfegerG) im Rahmen privatrechtlicher Werkverträge tätig, soweit er beispielsweise Kehrarbeiten für die Eigentümer von ihm betreuter Hausgrundstücke ausführt, handelt daneben aber bei bestimmten Tätigkeiten, so bei der Feuerstättenschau (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 SchfG), der Bauabnahme (§ 43 Abs. 7 BauO NRW) sowie bei Tätigkeiten auf dem Gebiet des Immissionsschutzes und der rationellen Energieverwendung auch in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben (§ 3 Abs. 2 S. 2 SchfG; vgl. hierzu auch BGH NJW 1974 m.w.N. sowie Urteil des Senats vom 14.06.1989 -11 U 27/89-, NVwZ-RR 1990, 228 f.). Soweit er in Erfüllung solcher Aufgaben einem Dritten Schaden zufügt, richten sich dessen Schadenersatzansprüche (allein) nach § 839 BGB (BGH aa0. m.w.N.).

b)

In Übereinstimmung mit der Rechtssprechung des BGH (NJW 1974, 1507 ff; 1508 f; zugrunde lag dem eine Entscheidung des Senats vom 28.04.1972 -11 U 269/71-, NJW 1972, 2088) stellt das Landgericht fest, dass der Beklagte für in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben verursachte Schäden persönlich hafte, weil eine Haftung der Körperschaft, in deren Diensten er steht, nach Art. 34 Abs. 1 GG durch § 1 Abs. 3, § 4 des Preuß. StaatshaftungsG v. 1.8.1909 ausgeschlossen sei. Diese Einschätzung ist zwar nicht unbestritten (vgl. Burrichter NJW 1973, 192; abweichend auch OLG Karlsruhe, VersR 2007, 108 und OLG München, OLGR 2004, 227; vgl. Nachweis bei Palandt-Sprau, BGB, 68. Aufl. § 839 Rn 136), einer nähere Auseinandersetzung mit dem insoweit bestehenden Meinungsstreit bedarf es vorliegend allerdings nicht, da aus noch darzulegenden Gründen bereits eine Amtspflichtverletzung des Beklagten zweifelhaft und jedenfalls ein Schuldvorwurf gegen ihn nicht zu erheben ist.

2.

Das Landgericht ist weiter davon ausgegangen, dass der Beklagte bei Ausstellung seiner Bescheinigung nach § 43 Abs. 7 BauO NRW vom 13.02.2007 (Anl. K 2 zur Klageschrift) bzw. der in diesem Zusammenhang erfolgten Feuerstättenschau nach §§ 3 Abs. 2 S. 2, 13 Abs. 1 Nr. 2 u. Nr. 4 SchfG in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben tätig wurde. Das greift die Berufung nicht an und ist aus Rechtsgründen auch nicht zu beanstanden.

Allein der Klarstellung halber weist der Senat daher darauf hin, dass die nach § 43 Abs. 7 BauO NRW bei Anschluss von Feuerstätten vom Bauherrn einzuholende Bescheinigung des Bezirksschornsteinfegermeisters, die der Beklagte am 13.02.2007 ausgestellt hat, nur der Feststellung dient, dass die Abgasanlage, an die der Anschluss der Feuerstätte erfolgte, sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befindet und für die angeschlossene Feuerstätte geeignet ist, was im Streitfall offensichtlich der Fall war. Auch die Klägerin behauptet nicht, dass der am 16.11.2007 aufgetretene Brandschaden durch einen nicht ordnungsgemäßen Zustand des Schornsteins oder der bauseits schon vorhandenen Abgasanlagen verursacht oder auch nur in seiner Entstehung begünstigt oder seinem Ausmaß beeinflusst wurde.

Anlässlich der am 12.02.2007 von ihm vorgenommenen Überprüfung nach § 43 Abs. 7 BauO NRW war der Beklagte allerdings -wie auch das Landgericht angenommen hat- vor dem Hintergrund der ihm nach §§ 3 Abs. 2 S. 2, 13 Abs. 1 Nr. 2 SchfG als öffentliche Aufgabe obliegenden Feuerstättenschau sowie seiner in sonstigen Fällen bestehenden Prüfungspflicht nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 SchfG weiter verpflichtet, den neu aufgestellten Kaminofen im Haus des Versicherungsnehmers der Klägerin -eine Feuerstätte i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 2 SchfG (§ 1 Nr. 1 KÜO)- auf seine Feuersicherheit hin zu überprüfen. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung dieser Aufgabe dient dabei dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung der Feuersicherheit (vorbeugender Brandschutz), daneben aber im Sinne einer drittschützenden Amtspflicht auch dem Schutz des einzelnen Grundstückseigentümers, dessen Eigentum durch Versäumnisse und unsachgemäße Prüftätigkeit des Beklagten in diesem Bereich unmittelbar bedroht ist (BGH NJW 1974, 1507 ff, 1508 unter Hinweis auf Hegel, VersR 1962, 1039; Senat, NVwZ-RR 1990, 228).

3.

Die Berechtigung des von der Klägerin erhobenen Vorwurfs, der Beklagte habe im Rahmen seiner nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 4 SchfG (zur Unterscheidung vgl. BGH NJW 1974, 1507 ff, 1508) entfalteten Prüftätigkeit seine ihm hierbei obliegenden Amtspflichten verletzt, erscheint nach Einschätzung des Senats indes nachhaltig zweifelhaft.

a)

Bei der nach den genannten Bestimmungen von ihm vorzunehmenden Überprüfung der Feuersicherheit der Feuerstätte und ihrer Verbindungsstücke zum Schornstein (Rauchrohranschluss) hatte sich der Beklagte -wie das Landgericht zutreffend feststellt- an einschlägigen öffentlichrechtlichen Sicherheitsvorschriften und hier speziell an der Bestimmung des § 8 Abs. 1 FeuerungsVO -Abstände von Abgasanlagen zu brennbaren Bauteilen- zu orientieren, die in ihrer zum Schadenszeitpunkt gültigen Fassung (ab 01.09.2006) auszugsweise folgenden Wortlaut hatte:

(1) Abgasanlagen müssen zu Bauteilen aus brennbaren Baustoffen so weit entfernt oder so abgeschirmt sein, dass an diesen bei Nennleistung keine höheren Temperaturen als 85°Celsius und bei Rußbränden in Schornsteinen keine höheren Temperaturen als 100°Celsius auftreten können.

Dies gilt als erfüllt, wenn

die in den harmonisierten technischen Spezifikationen genannten Abstände eingehalten sind, bei Abgasanlagen, deren Wärmedurchlasswiderstand mindestens 0,12 Quadratmeter mal Kelvin je Watt und deren Feuerwiderstandsdauer mindestens 90 Minuten beträgt, ein Mindestabstand von 5 Zentimeter eingehalten ist oder Nummer 1 und 2 nicht anwendbar sind und ein Mindestabstand von 40 Zentimeter eingehalten ist.

(2) ....

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 ist bei Abgasleitungen für Abgastemperaturen bis zu 300°Celsius bei Nennleistung

1. .....

2. außerhalb von Schächten ein Mindestabstand von 20 Zentimeter

3. .....

erforderlich ....

Weitere Vorgaben zum vorbeugenden Brandschutz finden sich in § 17 BauO NRW, dessen Abs. 1 in der ab 31.12.2003 geltenden Fassung bestimmt

Bauliche Anlagen sowie andere Anlagen und Einrichtungen im Sinne des Abs. 1 Satz 2 müssen unter Berücksichtigung insbesondere

der Brennbarkeit der Baustoffe, der Feuerwiderstandsdauer der Bauteile, ausgedrückt in Feuerwiderstandsklassen, der Dichtheit der Verschlüsse von Öffnungen, der Anordnung von Rettungswegen

so beschaffen sein, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird ......

.......

In Ergänzung hierzu finden sich in den vom Landgericht zu Recht in die Beurteilung einbezogenen Verwaltungsvorschriften zur Landesbauordnung -VV BauO NRW- (Runderlass des Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport vom 12.10.2000 -MBl. NRW S. 1432/SMBl. NRW. 23210) unter Ziffer 17 Brandschutz (§ 17) weitere Aussagen zur Auslegung des § 17 BauO NRW. Hiernach entsprechen die in der Landesbauordnung und in Vorschriften auf Grund der Landesbauordnung verwendeten brandschutztechnischen Begriffe und die zugehörigen Prüfbestimmungen der Norm DIN 4102 -Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen-, wobei sich aufgestellte Anforderungen vorbehaltlich abweichender Bestimmung auf die Beurteilung der Baustoffe und Bauteile in eingebautem Zustand beziehen. Die Anforderungen an Bekleidungen gelten -so die Verwaltungsvorschrift weiter- auch für nichtbekleidete Oberflächen von Bauteilen, wobei als Bekleidungen an Bauteilen (z.B. Rohdecke) befestigte Baustoffe zu verstehen sind, die diese Bauteile ganz oder überwiegend bedecken, wie Unterdecken, Platten, Beläge auf Wänden mit oder ohne Unterkonstruktion sowie Putze. Soweit Bekleidungen und somit die Oberfläche von Bauteilen nichtbrennbar oder schwerentflammbar sein müssten, ist nach der Verwaltungsvorschrift deren Oberflächenbehandlung grundsätzlich in die Beurteilung der Brennbarkeit mit einzubeziehen, es sei denn, es handelt sich um Beschichtungen bis 0,5 mm Dicke, um Anstriche oder um Tapeten auf Mauerwerk, Beton oder mineralischen Putz.

b)

Nach Behauptung der Klägerin wurde der Brandschaden am 16.11.2007 durch Hitzeübertragung vom Kaminofen und dessen Ofenrohr auf die dahinter liegende Wand verursacht, deren aus einer überstrichenen Vinyltapete bestehende Bekleidung wegen eines zu geringen Abstands zwischen Feuerstätte und Wand überhitzt und so entzündet worden sein soll. Dieser Vortrag kann -ebenso wie die weitere Behauptung der Klägerin, der Beklagte habe tatkräftig und in gefahrerhöhender Weise dabei mitgeholfen, dass bei der Aufstellung des schadensauslösenden Kaminofens (samt Verrohrung) die in § 8 FeuerungsVO wie auch die in den Aufstellungsanweisungen des Herstellers vorgegebenen Mindestabstände unterschritten wurden- als zutreffend unterstellt werden, rechtfertigt allein aber noch nicht den zweifelsfreien Schluss auf eine dem Beklagten zur Last fallende Amtspflichtverletzung, deren Vorliegen das Landgericht verneint hat.

aa)

Nach Ziffer 17.1 der Verwaltungsvorschrift zu § 17 BauO NRW -die das Landgericht ungeachtet hiergegen erhobener Einwände der Klägerin zu Recht als Auslegungshilfe bei der inhaltlichen Bestimmung des in § 8 Abs. 1 FeuerungsVO verwandten Begriffs eines "Bauteils aus brennbaren Baustoffen" hinzu gezogen hat, da auch Verwaltungsvorschriften geeignet sind, den Pflichtenkreis eines Amtsträgers näher zu beschreiben und keine tragfähigen Gründe dagegen sprechen, baurechtliche Brandschutzbestimmungen bei der inhaltlichen Ausfüllung des durch § 13 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 4 SchfG gezogenen Pflichtenkreises mit einzubeziehen, ganz im Gegenteil auch in § 17 BauO NRW Anforderungen an den vorbeugenden Brandschutz aufgestellt werden und eine unterschiedliche Definition des Begriffs "brennbarer Baustoffe" in § 8 Abs. 1 FeuerungsVO und § 17 BauO NRW sinnwidrig wäre- ist zwar die Oberflächenbehandlung von Bekleidungen und Bauteilen, deren Oberfläche nichtbrennbar oder schwerentflammbar sein muss, grundsätzlich in die Beurteilung der Brennbarkeit mit einzubeziehen. Dies gilt aber dann nicht, wenn es sich um Beschichtungen bis 0,5 mm, um Anstriche oder um Tapeten auf Mauerwerk, Beton oder mineralischem Putz handelt.

bb)

Der Senat verkennt dabei nicht, dass -wie die Klägerin zutreffend geltend macht- in Ziffer 17.1 der Verwaltungsvorschrift zu § 17 BauO NRW ausdrücklich auf die DIN 4102 -Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen- Bezug genommen und bestimmt wird, dass "die in der Landesbauordnung und den Vorschriften auf Grund der Landesbauordnung verwendeten brandschutztechnischen Begriffe und die zugehörigen Prüfbestimmungen" der genannten DIN entsprechen, was dafür sprechen könnte, dass nach Maßgabe der Definition in der Anmerkung zu Ziffer 2.2 der DIN 4102-4 als "Tapete" im Sinne der Verwaltungsvorschrift ausschließlich "übliche Papier-Wandbekleidungen (Tapeten)" zu verstehen sind, die im Schadensfall auf der Wand hinter dem angeblich brandverursachenden Kaminofen aufgebrachte Vinyltapete mithin mangels papierener Struktur nicht als "Tapete" anzusehen wäre. Dieser Schluss ist nach Auffassung des Senats jedoch nicht zwingend, da andererseits hinsichtlich der in der Verwaltungsvorschrift zu § 17 BauO NRW weiter angesprochenen "Anstriche" eine vergleichbare Definition in der DIN 4102-4 fehlt und auch der dort in der Anmerkung zu Ziffer 2.2 zu findende Verweis auf Anstriche auf Dispersions- oder Alkydharzbasis nicht in die Verwaltungsvorschrift zu § 17 BauO NRW übernommen wurde, während umgekehrt die in der Verwaltungsvorschrift angesprochenen (sonstigen) Beschichtungen (bis 0,5 mm Dicke) in der Vorbemerkung zu Ziffer 2.2 der DIN 4102-4 nicht erwähnt werden.

Handelte es sich bei der in Rede stehenden Vinyltapete aber um eine Tapete im Sinne von Ziffer 17.1 der Verwaltungsvorschrift zu § 17 BauO NRW, bestand für den Beklagten keine Veranlassung, deren Entflammbarkeit und Brandverhalten näher zu überprüfen, und zwar unabhängig davon, dass die (Vinyl-)Tapete überstrichen war und danach -so die Behauptung der Klägerin- eine Stärke von mehr als 0,5 mm hatte, da sich hierdurch nach der Systematik der Verwaltungsvorschrift zu § 17 BauO ihre Eigenschaft als "Tapete" nicht änderte.

Soweit die Klägerin dagegen erstmals mit der Berufung in Abrede stellt, dass die in Brand geratene Vinyltapete überhaupt "auf Mauerwerk" aufgebracht gewesen sei, handelt es sich um neuen Vortrag i.S.d. §§ 529, 531 ZPO, der zudem mangels substantiierter Darlegungen dazu, wie der Trägeruntergrund der Tapete tatsächlich beschaffen war, unbeachtlich ist.

4.

Selbst wenn man aber ungeachtet vorstehend aufgezeigter Bedenken eine Amtspflichtverletzung des Beklagten bejahen wollte, scheitert ein daran anknüpfender Amtshaftungsanspruch jedenfalls am fehlenden Verschulden des Beklagten.

Bei der Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung hat jeder Inhaber eines öffentlichen Amtes die Gesetzes- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und sich danach aufgrund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsmeinung zu bilden (BGH NJW 2003, 3693 ff, 3696; NJW 1994, 3158 ff). Ein Fahrlässigkeitsvorwurf kann dabei auch dann begründet sein, wenn es um eine Rechtsfrage geht, zu der es noch keine Rechtsprechung und noch keine Stellungnahme im Schrifttum gibt, falls sich Auslegung und Anwendung so weit von Wortlaut und Sinn des Gesetzes entfernen, dass das gewonnene Ergebnis nicht mehr als vertretbar angesehen werden kann (BGH NJW 2003, 3696 unter Hinweis auf Staudinger/Wurm BGB, 13. Bearbeitung 2002, § 839 Rn. 205 f, 209 ff). Geht es allerdings um die Auslegung von Gesetzesbestimmungen, deren Verständnis zweifelhaft ist, was insbesondere dann der Fall sein kann, wenn die Bestimmung neu ist und die auftauchenden Auslegungsfragen noch nicht ausgetragen sind, fehlt es am Verschulden bei einer zwar unrichtigen, aber nach gewissenhafter Prüfung der zu Gebote stehenden Hilfsmittel auf vernünftige Überlegungen gestützten Auslegung. Dass seine so gewonnene und daher vertretbare Rechtsauffassung später von den Gerichten missbilligt wird, kann dem Amtsträger bei dieser Sachlage nicht in der Rückschau als Verschulden angelastet werden (BGH aa0. unter Hinweis auf Staudinger/Wurm aaO, § 839 Rn. 209 m.w.N.).

Diese Grundsätze sind auch im Streitfall heranzuziehen und führen im Ergebnis dazu, dass dem Beklagten selbst bei unterstellter Amtspflichtverletzung kein Verschuldensvorwurf gemacht werden kann. Dass als "Tapete" im Sinne der Verwaltungsvorschrift zu § 17 BauO NRW aufgrund der hierin in Bezug genommenen DIN 4102 und der dortigen Anmerkung zu Ziffer 2.2 allein "Papier-Wandbekleidungen" zu verstehen sind, musste der Beklagte aus dargelegten Gründen auch bei sorgfältiger Prüfung, von der mangels gegenteiliger Anhaltspunkte zu seinen Gunsten auszugehen ist, weder als zwingend noch als nach Wortlaut und Sinn der Bestimmung zumindest naheliegend ansehen, zumal der Begriff der "Tapete" sich nach landläufigem Verständnis nicht auf Wandbekleidungen papierener Konsistenz beschränkt, sondern auch solche anderer Beschaffenheit wie etwa aus Seide, Stoff, Glasfaser oder -wie im Streitfall- Kunststoff mit umfasst. Seine Einschätzung, bei der am Schadensort angetroffene Vinyltapete handele es sich gleichermaßen um eine "Tapete" im Sinne der Verwaltungsvorschrift zu § 17 BauO NRW, die daher auch unter Berücksichtigung ihres Anstrichs nicht in die von ihm vorzunehmende Beurteilung der Brennbarkeit einzubeziehen sei, erscheint vielmehr vor dem Hintergrund, dass weitere Auslegungshilfen nicht zur Verfügung standen und der Beklagte auch auf keine einschlägige gerichtliche Entscheidung zurückgreifen könnte, ebenso verständlich wie vertretbar, weshalb der Senat bei gebotener Zugrundelegung eines objektivierten Maßstabs (Palandt-Sprau, GB, 68. Aufl. § 839 Rn. 52 m.w.N.) keinen Verstoß des Beklagten gegen die von ihm zu beachtende Sorgfalt zu erkennen vermag.

5.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist im Hinblick auf das die vom Senat verneinte Vorliegen einer schuld- haften Amtspflichtverletzung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO zuzulassen.