VerfGH für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.05.2009 - VerfGH 3/09
Fundstelle
openJur 2011, 66972
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

A.

Der Organstreit betrifft die Frage, ob der Antragsgegner die Rechte der Antragsteller auf Chancengleichheit als politische Parteien verletzt und gegen das rechtsstaatliche Willkürverbot verstoßen hat, indem er den Wahltag für die allgemeinen Kommunalwahlen 2009 auf den 30. August 2009 festgelegt hat.

I.

1. Die laufende Kommunalwahlperiode dauert gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der Wahlperiode der im Jahr 2004 gewählten kommunalen Vertretungen vom 17. Juni 2003 (GV. NRW. S. 312) bis zum 20. Oktober 2009.

§ 14 Abs. 1 des Gesetzes über die Kommunalwahlen im Lande Nordrhein- Westfalen (Kommunalwahlgesetz – KWahlG NRW) in der Fassung der Änderung vom 9. Oktober 2007 (GV. NRW. S. 374) lautet wie folgt:

1Wahltag ist ein Sonntag. 2Der Wahltag wird für allgemeine Neuwahlen vom Innenminister, im Übrigen von der Aufsichtsbehörde festgelegt und bekannt gemacht (Wahlausschreibung), soweit dieses Gesetz und die Wahlordnung nichts anderes bestimmen.

Durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes über die Zusammenlegung der allgemeinen Kommunalwahlen mit den Europawahlen (KWahlZG) vom 24. Juni 2008 (GV. NRW. S. 514 ff.) wurde § 14 Abs. 1 Satz 2 KWahlG NRW dahingehend geändert, dass die Kommunalwahlen am Tag der Europawahl stattfinden sollen. Als Ende der laufenden Wahlperiode war weiterhin der 20. Oktober 2009 vorgesehen. Mit Urteil vom 18. Februar 2009 - VerfGH 24/08 - entschied der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, dass die Inkrafttretensbestimmung in Art. 12 Satz 1 KWahlZG mit demokratischen Grundsätzen im Sinne von Art. 1 Abs. 1 der Landesverfassung (LV NRW) i. V. m. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) insoweit unvereinbar und nichtig sei, als hierdurch Art. 1 Nr. 3 KWahlZG schon für die Neuwahlen zur am 21. Oktober 2009 beginnenden Kommunalwahlperiode in Kraft gesetzt worden sei. Es entspreche einem demokratischen Grundsatz, dass zwischen Wahl und Konstituierung neu gewählter Volksvertretungen äußerstenfalls drei Monate liegen dürften. Diesen Anforderungen trage Art. 12 Satz 1 KWahlZG bezogen auf das Inkrafttreten von Art. 1 Nr. 3 KWahlZG für die Neuwahl zur am 21. Oktober 2009 beginnenden Kommunalwahlperiode nicht hinreichend Rechnung.

2. Mit Pressemitteilung vom 18. Februar 2009 erklärte der Antragsgegner: "Wir haben uns jetzt für den 30. August 2009 als Wahltermin entschieden, um die Eigenständigkeit der Kommunalwahlen sicherzustellen und zugleich unter Berücksichtigung der Ferientermine eine gute Wahlbeteiligung zu ermöglichen. Wir nähern uns mit der Festlegung des Wahltermins im August dem künftig in der Jahresmitte gelegenen gemeinsamen Wahltermin von Kommunal- und Europawahl." Mit Bekanntmachung vom 4. März 2009 (MBl. NRW. S. 97) bestimmte der Antragsgegner förmlich gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 KWahlG in der Fassung der Änderung vom 9. Oktober 2007 (GV. NRW. S. 374), dass die allgemeinen Neuwahlen zu den Vertretungen der Gemeinden und Kreise und zu den Bezirksvertretungen in den kreisfreien Städten sowie die Wahlen der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und Landrätinnen und Landräte am 30. August 2009 stattfinden. Zugleich hob er die Wahlausschreibung vom 11. Dezember 2008 (MBl. NRW. S. 601; MBl. NRW. 2009 S. 16) mit der früheren Bestimmung des 7. Juni 2009 als Wahltag auf. In einer Presseerklärung vom 5. März 2009 führte er begründend aus: "Nur ein von der Bundestagswahl unabhängiger Termin für die Kommunalwahl stellt sicher, dass sich der Wahlkampf und die Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger auf die Zukunftsthemen ihrer Städte und Gemeinden konzentrieren. Darüber sind wir uns in der Regierungskoalition einig."

Am 4. März 2009 befasste sich der Landtag Nordrhein-Westfalen mit der Frage des Wahltermins in einer Sondersitzung (Plenarprotokoll 14/117). Dabei rechtfertigten der Antragsgegner und die Regierungsfraktionen den 30. August 2009 als Kommunalwahltermin gegen Angriffe der Oppositionsfraktionen. Der Antragsgegner erklärte in seinem Redebeitrag, die Terminentscheidung sei das Ergebnis einer Abwägung zwischen den Gesichtspunkten der Wahlbeteiligung und der Eigenständigkeit der Wahl. Zentrale Bedeutung habe man der Eigenständigkeit der Kommunalwahl und der Chancengleichheit gerade auch für kleine Wählergruppen beigemessen. Kommunale Themen sollten bei der Kommunalwahl überwiegen und nicht von der Kanzlerfrage überdeckt werden. In drei Ländern (Saarland, Sachsen, Thüringen) seien die Landtagswahlen ebenfalls auf den 30. August 2009 terminiert worden, um keine Überlappung von Bundestags- und Landtagswahlen zu bekommen.

Von mehreren in diesem Zusammenhang zur Abstimmung gestellten Anträgen nahm der Landtag lediglich einen Antrag der Fraktionen der CDU und FDP an. Danach begrüßte und unterstützte der Landtag unter anderem den Beschluss der Landesregierung, den neuen Termin für die allgemeinen Kommunalwahlen auf den 30. August 2009 festzulegen. Zugleich begrüßte und würdigte er, dass mit einem eigenständigen Kommunalwahltermin die demokratischen Prinzipien und die Wahlrechtsgrundsätze der Wettbewerbs- und Chancengleichheit von Parteien, Wählergruppen und Einzelbewerbern gewahrt blieben, und sprach sich deshalb gegen eine Zusammenlegung der allgemeinen Kommunalwahlen mit der Bundestagswahl aus (LT NRW-Drs. 14/8670). Ein Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des KWahlZG mit dem Ziel, die allgemeinen Kommunalwahlen im Jahr 2009 auf den 27. September 2009 (Tag der Bundestagswahl) festzulegen (LT NRW-Drs. 14/8652), wurde an den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform überwiesen. Dessen Vorsitzender stellte in der Sitzung am 11. März 2009 fest, dass der Gesetzentwurf zurückgezogen sei (Ausschussprotokoll 14/838).

II.

1. Mit dem am 23. März 2009 eingeleiteten Organstreitverfahren beantragen die Antragsteller festzustellen,

dass die Bekanntmachung des Antragsgegners vom 4. März 2009, mit der der Wahltag für die allgemeinen Kommunalwahlen 2009 auf den 30. August 2009 festgelegt wird, gegen das Recht auf Chancengleichheit der Antragsteller und das rechtsstaatliche Willkürverbot im Sinne von Art. 1 Abs. 1 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen i. V. m. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 und Art. 21 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland verstößt.

Sie machen geltend:

a) Der Antrag sei zulässig. Die Landesverbände politischer Parteien seien im Organstreitverfahren parteifähig. Die Wahlbekanntmachung des Antragsgegners sei ein zulässiger Antragsgegenstand, dem auch ein verfassungsrechtliches Rechtsverhältnis zu Grunde liege. Zwar ergebe sich die Kompetenz des Innenministers zur Festlegung des Wahltermins für Kommunalwahlen aus § 14 Abs. 1 Satz 2 KWahlG NRW. Jedoch gälten für Kommunalwahlverfahren dieselben demokratischen Grundsätze wie für die Wahlen zum Bundestag und zu den Landesparlamenten. Dementsprechend habe die Festlegung des Wahltermins verfassungsrechtlichen Charakter und bestehe im Verhältnis zwischen den Organen, die für die Festlegung des Wahltermins kompetent seien, und den davon betroffenen Wahlbewerbern und politischen Parteien ein verfassungsrechtliches Rechtsverhältnis. Politische Parteien könnten sich ferner im Organstreitverfahren auf eine Verletzung der Chancengleichheit berufen.

b) Der Antrag sei auch begründet. Die Festlegung des Wahltags unterliege verfassungsrechtlichen Bindungen nicht nur hinsichtlich eines frühest- und spätestmöglichen Zeitpunkts. Darüber hinaus müssten unter anderem auch das Willkürverbot und das Gebot der Chancengleichheit der politischen Parteien beachtet werden. Die Chancengleichheit verbiete unmittelbare oder auch faktische Differenzierungen, durch die die vorgefundene Wettbewerbslage zwischen verschiedenen Parteien ohne zwingenden rechtfertigenden Grund verfälscht bzw. in einer ernsthaft ins Gewicht fallenden Weise verändert werde. Ungleiche Auswirkungen könnten sich, ohne dass dies empirisch allgemein abgesichert sei, bei der Zusammenlegung von Wahlen ergeben sowie dann, wenn Wahlen gerade nicht zusammen gelegt würden. Dabei handele es sich jedoch nicht um Auswirkungen, die die Wettbewerbslage zwischen den Parteien in einer ernsthaft ins Gewicht fallenden Weise veränderten. Deshalb sei die Festlegung eines gesonderten Wahltermins grundsätzlich zulässig und verstoße als solche noch nicht gegen das Gebot formaler Gleichbehandlung der politischen Parteien.

c) Die Festlegung des Wahltermins dürfe allerdings nicht im Einzelfall willkürlich erfolgen. Das Willkürverbot verbiete eine Ungleichbehandlung, für die sich kein vernünftiger Grund finden lasse. Deshalb müsse auch für die Festlegung des 30. August 2009 als Wahltermin ein sachlicher Grund genannt werden. Diese Terminierung sei schon deshalb begründungsbedürftig, weil sie sich der äußersten zulässigen Grenze bis auf zwei Wochen nähere und die politische Legitimationsfunktion der Wahl umso mehr gemindert werde, je länger die Wahl von der Konstituierung neu gewählter Volksvertretungen entfernt liege. Demgegenüber stünden eine ganze Reihe von anderen Terminen zur Verfügung, die diesen demokratischen Grundgedanken besser erfüllten und für die weitere rechtliche Gesichtspunkte stritten. Insbesondere würde die Zusammenlegung mit der Bundestagswahl zu einer erhöhten Wahlbeteiligung führen. Demgegenüber führe ein eigenständiger Kommunalwahltermin in zeitlicher Nähe zur Bundestagswahl zu Wahlmüdigkeit und lasse eine geringere Wahlbeteiligung erwarten. Er erfordere im Übrigen einen erheblichen zusätzlichen Aufwand und lasse Mehrkosten in Millionenhöhe entstehen.

d) Ausgehend von diesen Erwägungen bedürfe es gewichtiger Gründe, warum die demokratisch legitimierten Ziele der Erhöhung der Wahlbeteiligung und des baldigen Zusammentritts gewählter Vertretungskörperschaften bei Vermeidung zusätzlicher Belastungen durch den Antragsgegner nicht verfolgt würden. Solche Gründe gebe es nicht. Es sei zweifelhaft, ob als sachlicher Grund angeführt werden könne, die Durchführung der allgemeinen Kommunalwahlen am Tag der Bundestagswahl lasse eine nicht erwünschte Überlagerung kommunalpolitischer durch bundespolitische Themen erwarten. Denn der Wähler wisse zumindest weitgehend die verschiedenen Ebenen der Bundes- und Kommunalpolitik zu unterscheiden. Jedenfalls lasse sich selbst mit der Terminierung der Kommunalwahlen auf den 30. August 2009 die befürchtete Überlagerung der Wahl mit bundespolitischen Themen nicht vermeiden. Denn der Termin liege nur vier Wochen vor der Bundestagswahl und falle damit in die so genannte "heiße" Wahlkampfphase der letzten sechs Wochen vor der Wahl. Das OVG Lüneburg habe selbst bei einer Vorverlegung des Kommunalwahltermins auf zwei Monate vor der Bundestagswahl keine wirksame Entflechtung der Wahlkampfzeit angenommen.

e) Hinzu komme, dass die Begründung, eine Überlagerung der Wahl mit bundespolitischen Themen vermeiden zu wollen, sachfremde Erwägungen überdecken solle. Da die wesentlichen Gründe für eine Zusammenlegung der Kommunalwahlen mit der Bundestagswahl sprächen und der gegenläufige Grund der Vermeidung einer Überlagerung der Kommunalwahl mit bundespolitischen Themen nicht tragfähig sei, bleibe als einzige Begründung für die Terminierung auf den 30. August 2009, der kleineren Partei in der aktuellen Regierungskoalition, nämlich der FDP, der auch der Antragsgegner angehöre, Vorteile zu verschaffen. Denn bei einer hohen Wahlbeteiligung, die bei einer Zusammenlegung der Kommunalwahlen mit der Bundestagswahl zu erwarten sei, schnitten nach aller Erfahrung große Parteien besser ab als kleine Parteien. Dies finde seine Bestätigung in den bisherigen Wahlergebnissen, nach denen die FDP den niedrigsten prozentualen Stimmenanteil in dem Jahr erzielt habe, in dem die Kommunalwahlen zusammen mit der Bundestagswahl stattgefunden hätten. Dafür, dass diese sachfremden Erwägungen für die Festlegung des Wahltags ausschlaggebend gewesen seien, spreche ein Vermerk vom 12. Juni 2007 aus dem Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen. Danach hätten die Generalsekretäre von FDP und CDU eine Bündelung der Wahltermine 2009 grundsätzlich für wünschenswert gehalten. Sie hätten sich beide aber aus politischen Erwägungen nur äußerst ungern für eine Zusammenlegung der Kommunalwahl mit der Bundestagswahl aussprechen wollen. Zwar sei die Erwägung, die Überlagerung kommunalpolitischer Themen durch bundespolitische Themen sei nicht erwünscht, in die Gesetzesbegründung zum Kommunalwahlzusammenlegungsgesetz aufgenommen worden. Dort sei jedoch auch ausgeführt worden, ein dritter Wahltermin im Jahr 2009 nach der Sommerpause ausschließlich für die Kommunalwahl zusätzlich zur Europawahl und zur Bundestagswahl berge die Gefahr einer für die Demokratie unerfreulich geringeren Wahlbeteiligung und sei wegen der damit verbundenen zusätzlichen Belastungen nicht vertretbar.

f) Die Wahltagsbestimmung sei schließlich deshalb willkürlich, weil ein Abwägungsdefizit vorliege. Es sei geboten gewesen, vor einer Entscheidung das umfangreiche schriftliche Urteil vom 18. Februar 2009 auszuwerten, in dem der Verfassungsgerichtshof inhaltliche Kriterien für die Bestimmung des Wahltermins herausgearbeitet habe, denen er teilweise sogar Verfassungsrang beigemessen habe. Der Antragsgegner habe sich demgegenüber lediglich auf die knappe mündliche Urteilsbegründung stützen können. Denn er habe sich ausweislich einer Presseerklärung des Innenministeriums vom 18. Februar 2009, 14:02 Uhr, bereits wenige Stunden nach der Urteilsverkündung für den 30. August 2009 als Wahltermin entschieden. Zu diesem Zeitpunkt habe ihm das schriftliche Urteil noch nicht vorgelegen. Ungeachtet dessen hätte die erforderliche Abwägung selbst in Kenntnis des schriftlichen Urteilstextes nicht in weniger als drei Stunden bewältigt werden können. Es handele sich um eine längere Entscheidung, deren Auswertung schon eine gewisse Zeit fordere, der Innenminister sei nicht in Münster gewesen, die Wahltagsbestimmung habe einer Vorbereitung durch den Beamtenapparat des Innenministeriums bedurft, der Ministerpräsident sei auf einer Reise in die USA gewesen und in die wenigen Stunden zwischen Urteilsverkündung und Bekanntmachung des Wahltags sei überdies die Mittagspause gefallen. Es gebe im Übrigen Anzeichen dafür, dass man sich schon auf einen Termin festgelegt gehabt habe, ohne die zu berücksichtigenden rechtlichen Argumente des Verfassungsgerichtshofs überhaupt zu kennen. Denn schon vor dem Verkündungstermin sei in der Presse für den Fall einer Niederlage vor dem Verfassungsgerichtshof über einen möglichen Wahltermin am 30. August 2009 spekuliert worden.

2. Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

Er trägt vor:

a) Der Antrag sei bereits unzulässig. Es bestehe kein verfassungsrechtliches, sondern ein verwaltungsrechtliches Rechtsverhältnis. Der Innenminister übe lediglich in Vollzug des Kommunalwahlgesetzes sein politisches Ermessen aus. Daran ändere nichts, dass er dabei (wie bei jedem Gesetzesvollzug) auch an die Verfassung gebunden sei. Die Festlegung des Kommunalwahltermins sei anders als die Bestimmung des Wahltermins für Parlamentswahlen kein staatsorganisatorischer Akt mit Verfassungsfunktion. Die Kommunalvertretung sei als Verwaltungsorgan mit der Ausübung von Staatsgewalt durch Parlamente nicht zu vergleichen.

Abgesehen davon hätten die Antragsteller eine Verletzung im Organstreitverfahren rügefähiger Rechtspositionen nicht geltend gemacht. Sie machten selbst ausdrücklich keine Verletzung ihrer Chancengleichheit geltend. Selbst wenn es zuträfe, dass sich eine gemeinsame oder getrennte Durchführung von Wahlen auf kleine und große Parteien unterschiedlich auswirke, könnte nicht die Chancengleichheit beider Antragsteller verletzt sein, weil der Antragsteller zu 1. Landesverband einer großen und der Antragsteller zu 2. Landesverband einer kleinen Partei sei. Aus dem allein als verletzt gerügten Willkürverbot folge nur eine objektivrechtliche Verpflichtung, deren Verletzung im Organstreitverfahren nicht geprüft werden könne. Selbst wenn der Wahltermin willkürlich festgelegt werde, sage dies nichts darüber aus, ob sich hieraus eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Parteien und damit eine Verletzung ihrer organschaftlichen Rechte ergebe. b) Der Antrag sei auch unbegründet. Die Festsetzung des Wahltermins sei eine politischplanerische Entscheidung mit prognostischen Elementen. Bei dieser seien verschiedene Faktoren wie etwa die Höhe der Wahlbeteiligung, die Chancengleichheit der Parteien, die Durchführbarkeit des Wahlkampfs und die Berücksichtigung von Ferienzeiten zu berücksichtigen. Auch Gesichtspunkte wie die Gewinnbarkeit ehrenamtlicher Wahlhelfer oder Kosten dürften eine Rolle spielen. Prognostischen Charakter habe etwa die Einschätzung der Auswirkungen des Wahltermins auf die Wahlbeteiligung. Hieraus ergebe sich ein Gestaltungsspielraum, der verfassungsrechtlich nur auf gravierende Fehleinschätzungen und Abwägungsmängel sowie das objektive Willkürverbot überprüfbar sei. Insbesondere könne dem Demokratiegebot nicht die Pflicht entnommen werden, die Wahl auf den Tag festzulegen, an dem die höchste Wahlbeteiligung erwartet werde. Das Erfordernis hinreichender Legitimation enthalte keine Pflicht zur Optimierung.

c) Der Antragsgegner habe in pflichtgemäßer Ausübung des ihm eingeräumten politischen Ermessens den 30. August 2009 als Wahltermin bestimmt. Dabei habe er insbesondere die Chancengleichheit der an den Wahlen teilnehmenden Parteien und Gruppierungen sowie die Ferienlage in Nordrhein-Westfalen berücksichtigt. Die Erwägung, die allgemeinen Kommunalwahlen nicht am Tag der Bundestagswahl durchzuführen, damit diese nicht durch bundespolitische Themen überlagert würden, trage diesen Gesichtspunkten Rechnung und sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der vom Gesetz vorgesehene Normalfall sei die isolierte Durchführung der Kommunalwahlen. Nicht diese, sondern eine mögliche Zusammenlegung mit anderen Wahlterminen bedürfe der Rechtfertigung. Eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Zusammenlegung von Wahlen bestehe nicht. Dem Umstand, dass ein eigenständiger Wahltermin mit einem höheren finanziellen und organisatorischen Aufwand verbunden sei als ein Wahltermin am Tag der Bundestagswahl, komme keine entscheidende Bedeutung zu. Der demokratische Hauptlegitimationsakt könne nicht primär von Kostenerwägungen abhängig sein. Nur gegen die Zusammenlegung von Kommunalwahlen mit Bundestagswahlen gebe es in der Rechtsprechung grundsätzliche Bedenken, die sich auf die dominierende Ausstrahlungskraft dieser Wahlen stützten und auf Europawahlen nicht übertragbar seien. Im Übrigen entspreche es auch dem Willen des Gesetzgebers, der im Kommunalwahlzusammenlegungsgesetz zum Ausdruck gekommen sei, die Kommunalwahlen nicht mit der Bundestagswahl zusammenzulegen.

d) Ein weiterer gewichtiger Abwägungsgesichtspunkt bei der Wahlterminierung sei die Berücksichtigung von Schulferien. Nach der Bundestagswahl und damit näher am Ende der Kommunalwahlperiode hätten die Kommunalwahlen wegen der am 12. Oktober 2009 beginnenden Herbstferien nur am 4. Oktober 2009 und damit nur eine Woche nach der Bundestagswahl stattfinden können. Dieser Termin hätte jedoch mehr als alle anderen möglichen Wahltage Anlass zu Wahlmüdigkeit gegeben und eine geringe Wahlbeteiligung erwarten lassen. Demgegenüber spreche für den 30. August 2009 außer einem hinreichenden Abstand zur Bundestagswahl, dass an diesem Tag zudem Landtagswahlen im Saarland, in Sachsen und in Thüringen stattfänden.

e) Mit der Wahlterminierung auf den 30. August 2009 werde die Wettbewerbslage zwischen den Parteien nicht unter Verstoß gegen das Gebot der Chancengleichheit verfälscht oder in einer ernsthaft ins Gewicht fallenden Weise verändert. Darüber hinaus habe der Antragsgegner nicht gegen das rechtsstaatliche Willkürverbot verstoßen. Dies setze voraus, dass sich für eine staatliche Maßnahme kein – wie auch immer gearteter – sachlich vertretbarer zureichender Grund finden lasse. Dabei müsse die Unsachlichkeit evident sein. Damit belasse das Willkürverbot dem Entscheider einen denkbar weiten Entscheidungsspielraum. Diesen Spielraum habe der Antragsgegner mit seiner ordnungsgemäßen Abwägung eingehalten. Er habe sich auch nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Die Erwartung, dass bei einer Zusammenlegung der Kommunalwahlen mit der Bundestagswahl große Parteien besser abschneiden würden als kleine, sei unberechtigt. Schon die Wahlergebnisse in den beiden Jahren 1975 und 1994, in denen die Kommunalwahlen in der Vergangenheit am Tag von Parlamentswahlen stattgefunden hätten, ließen sich nicht als Bestätigung hierfür anführen. Auch wenn bei diesen Wahlen die Wahlbeteiligung sehr hoch gewesen sei, hätten die Stimmenanteile bei den großen Parteien nicht signifikant höher gelegen als im Durchschnitt aller Wahlen; die CDU habe 1994 sogar ein unterdurchschnittliches Ergebnis erzielt. Die Grünen hätten dagegen als kleine Partei bei dieser Wahl besonders gut abgeschnitten. Bei der FDP habe der Stimmenanteil 1975 über und 1994 unter ihrem langjährigen Mittelwert gelegen. Abgesehen von dem Ergebnis der FDP im Jahr 1994 hätten sämtliche Parteien in den vergangenen 60 Jahren ihre höchsten und niedrigsten Ergebnisse jeweils bei isolierten Kommunalwahlen erzielt. Aus dem einmaligen Abweichen der FDP könne daher kein Trend oder gar eine Gesetzmäßigkeit abgeleitet werden, zumal diese auch bei isolierten Wahlen 1984 und 1999 nur unwesentlich besser abgeschnitten habe als im Jahr 1994.

3. Der Landesregierung und dem Landtag Nordrhein-Westfalen ist von der Einleitung des Verfahrens Kenntnis gegeben worden.

B.

Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist gemäß Art. 75 Nr. 2 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen – LV NRW –, § 12 Nr. 5, §§ 43 ff. des Verfassungsgerichtshofgesetzes – VerfGHG – zulässig, aber unbegründet (C.).

I. Die Antragsteller können als Landesverbände politischer Parteien Beteiligte eines Organstreitverfahrens nach Art. 75 Nr. 2 LV NRW, § 12 Nr. 5, § 43 VerfGHG sein (vgl. VerfGH NRW, Urteil vom 16. Dezember 2008 - VerfGH 12/08 -, NWVBl. 2009, 98; OVGE 49, 290, jeweils m.w.N.). Auch der Antragsgegner kann als Teil der Landesregierung als einem obersten Landesorgan Beteiligter in einem Organstreitverfahren sein (vgl. VerfGH NRW, OVGE 46, 282, 287).

II. 1. Die Antragsteller sind gemäß § 44 Abs. 1 VerfGHG antragsbefugt. Es kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der Antragsgegner Rechte der Antragsteller, die aus einem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten erwachsen, durch die beanstandete Maßnahme verletzt oder unmittelbar gefährdet hat. Denn die Antragsteller nehmen an den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen teil (vgl. BVerfGE 120, 82, 99; BVerfGE 99, 69, 79) und machen geltend, der Wahltermin sei unter Verstoß gegen das Willkürverbot festgesetzt worden, um einer bestimmten politischen Partei Vorteile zu verschaffen.

Als rechtserhebliche Maßnahme im Sinne von § 44 Abs. 1 VerfGHG kommt jedes Verhalten des Antragsgegners in Betracht, das geeignet ist, dem Bereich des Verfassungslebens angehörende Rechte des Antragstellers zu beeinträchtigen (vgl. BVerfGE 118, 277, 317 f.; siehe ferner Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 2. Aufl. 2001, Rn. 983 f.). Politische Parteien können die behauptete Verletzung ihres verfassungsrechtlichen Status durch ein Verfassungsorgan im Organstreit geltend machen. Ihr verfassungsrechtlicher Status findet seine Grundlage in Art. 21 Abs. 1 GG, dessen Grundsätze als Landesverfassungsrecht unmittelbar auch in den Ländern gelten (vgl. VerfGH NRW, Urteil vom 16. Dezember 2008 - VerfGH 12/08 -, NWVBl. 2009, 98; OVGE 47, 304, 305 m. w. N.). Dieser Status umfasst den Auftrag politischer Parteien, bei der politischen Willensbildung des Volkes vornehmlich im Bereich und im Vorfeld von Wahlen mitzuwirken und schließt ihr Recht auf Chancengleichheit ein (BVerfGE 73, 1, 28 f.).

2. Mit der Festsetzung des Wahltags für die allgemeinen Kommunalwahlen durch den Innenminister wird auch ein verfassungsrechtliches Verhältnis begründet, das Gegenstand eines Organstreits sein kann. Die Befugnis des Innenministers, den Wahltag zu bestimmen, ergibt sich zwar nicht aus der Landesverfassung, sondern aus § 14 KWahlG NRW. Gleichwohl ist die Bestimmung des Kommunalwahltermins durch den Innenminister als Teil des Verfassungsorgans Landesregierung - vergleichbar der Terminfestlegung im Bereich von Parlamentswahlen - ein staatsorganisatorischer Akt mit Verfassungsfunktion (vgl. für Parlamentswahlen BayVerfGH N. F. 27, 119, 125 f. sowie BVerfGE 114, 121, 146; BVerfGE 62, 1, 31). Das ergibt sich bereits aus der hervorgehobenen verfassungsrechtlichen Bedeutung der allgemeinen Kommunalwahlen für die Legitimation von Staatsgewalt nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG. Kommunalwahlen müssen gemäß Art. 78 Abs. 1 LV NRW und Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG denselben demokratischen Grundsätzen genügen, wie sie für Wahlen zum Bundestag und zu den Landesparlamenten gelten (VerfGH NRW, Urteil vom 18. Februar 2009 - VerfGH 24/08 -, DVBl. 2009, 516, 517; BVerfGE 83, 37, 53 und 55). Den politischen Parteien ist damit durch Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG auch auf der Ebene der Kommunen die Mitwirkung bei der politischen Willensbildung des Volkes im Vorfeld von Wahlen verfassungsrechtlich aufgetragen. Auf Antrag einer politischen Partei kann im Organstreitverfahren die Vereinbarkeit der zentralen Festlegung des Kommunalwahltermins durch den Innenminister mit solchem Verfassungsrecht geklärt werden, das der Sicherung eines freien und offenen Prozesses der Meinungs- und Willensbildung des Volkes einschließlich der Integrität des Wahlakts zu dienen bestimmt ist.

3. An der Möglichkeit einer derartigen selbständigen Überprüfung einer landesweit geltenden Entscheidung über einen Wahltermin im Organstreit besteht neben der durch das Wahlprüfungsrecht nur auf örtlicher Ebene eröffneten Prüfung auf Unregelmäßigkeiten bei der Vorbereitung der Wahlen oder bei der Wahlhandlung ein dringendes Interesse (vgl. BayVerfGH N. F. 27, 119, 125 f.; siehe auch BVerfGE 89, 243, 250 f.). Nur im Wege des dafür vorgesehenen Organstreitverfahrens wird zur Sicherung des Rechtsfriedens für die Zukunft eine Klärung verfassungsrechtlicher Fragen von allgemeiner Bedeutung bezogen auf den Grundakt demokratischer Legitimation der landesweiten Kommunalwahlen ermöglicht (vgl. hierzu auch BVerfGE 4, 27, 30 f. sowie BVerfGE 11, 329 f.). Da die Rechtsverfolgung subjektiver Rechte Einzelner ausschließlich wahlrechtlichen Rechtsbehelfen vorbehalten ist (vgl. BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 14. April 1994 - 2 BvR 2686/93 u. a. –, NVwZ 1994, 893, 894; BVerfGE 28, 214, 219), trägt die Eröffnung dieses besonderen verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes unter ausschließlicher Beteiligung von Verfassungsorganen hinreichend dem Erfordernis Rechnung, dass die Rechtskontrolle der auf das Wahlverfahren bezogenen Entscheidungen während des Wahlablaufs begrenzt wird und im Übrigen einem nach der Wahl durchzuführenden Prüfungsverfahren vorbehalten bleiben muss (offen gelassen bei BVerfGE 83, 156 f., BVerfGE 74, 96, 100 f.; siehe auch BVerfGE 114, 121, 146; BVerfGE 62, 1, 31 f.; a. A. Schreiber, Handbuch des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag, 7. Aufl. 2002, § 49 Rn. 4 u 5 m. w. N.).

III. Die Antragsfrist des § 44 Abs. 3 VerfGHG ist eingehalten. Der Antrag ist innerhalb von sechs Monaten nach Veröffentlichung der Wahlbekanntmachung des Antragsgegners vom 4. März 2009 gestellt worden.

C.

Der Antrag ist unbegründet.

Der Antragsgegner hat durch die Festsetzung des Wahltermins für die allgemeinen Kommunalwahlen 2009 auf den 30. August 2009 nicht gegen Verfassungsrecht verstoßen, das dem verfassungsrechtlichen Status politischer Parteien zuzurechnen ist. Ihm stand bei seiner Entscheidung ein Spielraum zu, der verfassungsrechtlich lediglich durch das Willkürverbot, das Recht auf Chancengleichheit der politischen Parteien und die Grundsätze des demokratischen Rechtsstaats beschränkt war (vgl. für die Landtagswahlen Müller-Terpitz, in: Löwer/Tettinger, LV NRW, 2002, Art. 34 Rn. 10). Bei seiner Entscheidung hat der Antragsgegner weder das Recht der Antragsteller auf Chancengleichheit als politische Parteien (dazu I.) noch das Willkürverbot (dazu II.) verletzt. Eine Verletzung der Grundsätze des demokratischen Rechtsstaats ist nicht ersichtlich und von den Antragstellern auch nicht geltend gemacht worden.

I. 1. Das Recht der Parteien auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb aus Art. 21 Abs. 1 GG ist ebenso wie der Grundsatz der gleichen Wahl aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG wegen des Zusammenhangs mit dem egalitären demokratischen Prinzip im Sinne einer strengen und formalen Gleichheit zu verstehen (BVerfGE 120, 82, 102). Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch einen zwingenden Grund. Allerdings ist nicht jede Differenzierung zwischen konkurrierenden politischen Organisationen verboten. Insbesondere müssen vorgegebene Unterschiede zwischen den konkurrierenden Bewerbern und Bewerbergruppen nicht ausgeglichen werden (vgl. BVerfGE 104, 287, 300). Der Staat darf aber die vorgefundene Wettbewerbslage nicht in einer ernsthaft ins Gewicht fallenden Weise verändern (vgl. BVerfGE 99, 69, 78 f.; BVerfGE 85, 264, 297) oder gar verfälschen (vgl. BVerfGE 111, 382, 398). Gegen die Grundsätze der Wahlgleichheit und der Chancengleichheit der Parteien wird auch dann verstoßen, wenn ein Ziel verfolgt wird, das bei der Ausgestaltung des Wahlrechts nicht verfolgt werden darf, oder wenn eine Maßnahme nicht geeignet und erforderlich ist, um die mit der jeweiligen Wahl verfolgten Ziele zu erreichen (BVerfGE 120, 82, 107).

2. Nach diesen Maßstäben verstößt die Bestimmung des Wahltags für die allgemeinen Kommunalwahlen 2009 auf den 30. August 2009 nicht gegen das Gebot der Chancengleichheit der politischen Parteien. Sie ist nicht geeignet, eine maßgebliche Verschiebung der Wettbewerbslage herbeizuführen.

Die Festlegung eines eigenständigen Wahltermins verstößt als solche nicht gegen das Gebot der Chancengleichheit der politischen Parteien. Sie begründet schon im Ansatz keine Veränderung der vorgefundenen Wettbewerbslage. Von einem Wahltermin sind alle politischen Gruppierungen und Wahlbewerber gleichermaßen betroffen (vgl. RhPfVerfGH, Entscheidung vom 29. November 1983 - 6 u. 7/83 -, NVwZ 1984, 574, 575 f.; Henze, Nds. VBl. 1993, 185, 187; siehe auch VerfGH Berlin, Beschluss vom 29. August 2001 - 90 A/01 -, juris, Rn. 12). Das gilt auch dann, wenn in einem eng umrissenen Zeitraum mehrere Wahlen anstehen. Derartige Konstellationen mögen lediglich Anlass zu einer Entscheidung darüber geben, ob zur Vermeidung von Wahlmüdigkeit ein bestimmter Abstand zwischen den Wahltagen liegen soll oder ob im Interesse einer höheren Wahlbeteiligung und der Kostenminimierung Wahltermine zusammengelegt werden sollen. Auch in einem solchen Fall führt die Bestimmung eines eigenständigen Wahltermins mit der Folge einer entsprechend geringeren Wahlbeteiligung aber zu keiner rechtlich relevanten Veränderung der Wettbewerbslage. Denn grundsätzlich hat jede Wahl ihren eigenen Wahltag, für den alle Parteien und Wahlbewerber ihre Wähler mobilisieren und auf eine möglichst hohe Wahlbeteiligung hinwirken müssen. Ob diese Mobilisierung großen oder kleinen Parteien unterschiedlich leicht fällt, gehört gegebenenfalls zu den vorgegebenen Unterschieden, die nach dem Gebot der Chancengleichheit nicht vom Staat ausgeglichen werden müssen.

II. 1. Mit der Festlegung des Wahltermins auf den 30. August 2009 hat der Antragsgegner nicht gegen das alle Staatsorgane bindende rechtsstaatliche Willkürverbot verstoßen. Dieses wird nicht schon dann verletzt, wenn unter mehreren Lösungen nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste gewählt wird, vielmehr nur dann, wenn sich ein sachgerechter Grund für eine Maßnahme nicht finden lässt. Was hierbei sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern nur in Bezug auf die Eigenart des konkret betroffenen Sachverhalts (vgl. BVerfGE 89, 132, 141 f.; siehe auch BVerfGE 57, 1, 8). Entscheidungen von Staatsorganen im Zusammenhang mit Wahlen dürfen kein Ziel verfolgen, das bei der Ausgestaltung des Wahlrechts nicht verfolgt werden darf (vgl. BVerfGE 120, 82, 107). Das ergibt sich aus dem Willkürverbot und gilt nicht nur für Differenzierungen, die nach den Grundsätzen der Wahlgleichheit und der Chancengleichheit rechtfertigungsbedürftig sind. Denn Wahlen sind als Grundakte demokratischer Legitimation in höchstem Maße der Integrität bedürftig, und alle Entscheidungen zu ihrer Vorbereitung müssen gewährleisten, dass eine von unzulässigem Druck und sachfremden Einflüssen freie Stimmabgabe gewährleistet ist (vgl. BVerfGE 44, 125, 139 f.).

2. Diesen Anforderungen genügt die Bestimmung des Wahltermins für die allgemeinen Kommunalwahlen auf den 30. August 2009, die der Antragsgegner vorgenommen hat, nachdem der Verfassungsgerichtshof NRW mit seinem Urteil vom 18. Februar 2009 - VerfGH 24/08 - das Inkraftsetzen von Art. 1 Nr. 3 KWahlZG schon für die Neuwahlen zur am 21. Oktober 2009 beginnenden Kommunalwahlperiode für verfassungswidrig erklärt hatte.

a) Die vom Antragsgegner für den 30. August 2009 als Wahltag angeführten Gründe sind sachlich nachvollziehbar und nicht willkürlich. Er hat sich bei seiner Entscheidung ausweislich seiner Presseerklärungen vom 18. Februar 2009 und 4. März 2009 im Kern von den folgenden Erwägungen leiten lassen: Der Termin solle die Eigenständigkeit der Kommunalwahlen sicherstellen und insbesondere eine Überlagerung kommunalpolitischer Themen durch die Bundespolitik und die Kanzlerfrage sowie eine damit verbundene Gefährdung der Wettbewerbs- und Chancengleichheit von Parteien, Wählergruppen und Einzelbewerbern vermeiden. Er sichere zugleich unter Berücksichtigung der Ferientermine eine gute Wahlbeteiligung und einen Wahlkampf auch außerhalb der Ferien. Zudem erfolge bereits eine Annäherung an den künftig in der Jahresmitte gelegenen gemeinsamen Wahltermin von Europa- und Kommunalwahl.

b) Nachvollziehbar ist insbesondere, dass der Antragsgegner zur Vermeidung möglicher Beeinträchtigungen der Chancengleichheit von einer Zusammenlegung der Kommunalwahlen mit der Bundestagswahl Abstand genommen hat, obwohl er zunächst eine Zusammenlegung mit der Europawahl ins Auge gefasst hatte. Diese Entscheidung ist schon im Hinblick auf die divergierende Rechtsprechung verständlich, wonach gerade die Zusammenlegung von Kommunal- und Bundestagswahlen unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit problematisch ist. Gegen eine solche Zusammenlegung ist eingewandt worden, dass wegen der allgemeineren und größeren Bedeutung der Bundestagswahlen die Gefahr bestehe, kommunalpolitische Themen könnten hinter den bundespolitischen zurücktreten. Insbesondere könnten die Gewichte zu Ungunsten der freien Wählervereinigungen verschoben werden, weil nur den politischen Parteien während des Bundestagswahlkampfs in den Medien Sendezeiten eingeräumt würden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18. Juli 1994 - 1 S 1885/94 -, NVwZ 1994, 1231, 1232 einerseits und OVG Lüneburg, OVGE 35, 420, 424, sowie RhPfVerfGH, Entscheidung vom 29. November 1983 - 6 u. 7/83 -, NVwZ 1984, 574, 575 f. andererseits).

c) Ausgehend von der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Grundentscheidung, für die Kommunalwahlen einen gesonderten Wahltermin festzulegen, ist es überdies nicht sachfremd, dass mit dem 30. August 2009 ein Termin bestimmt worden ist, der unter Berücksichtigung von Ferienzeiten vier Wochen vor der Bundestagswahl liegt und damit eine allzu große Nähe zu dieser Wahl mit Blick auf die sonst zu befürchtende Wahlmüdigkeit vermeidet (vgl. hierzu Henze, Nds. VBl. 1998, 185, 189). Dabei ist unter dem vom Antragsgegner angeführten Gesichtspunkt einer besseren Chancengleichheit von besonderer Bedeutung, dass damit Wahlwerbesendungen politischer Parteien zur Bundestagswahl im Wesentlichen erst nach den Kommunalwahlen stattfinden werden. Denn sie werden üblicherweise schwerpunktmäßig in den letzten drei bis vier Wochen vor der Wahl ausgestrahlt (vgl. etwa Nr. 5 der Rechtlichen Hinweise der DLM zu den Wahlsendezeiten für politische Parteien im bundesweit verbreiteten Privatfunk, abgedruckt bei Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 2003, Anhang zu § 42).

d) Vor dem Hintergrund der vom Innenminister angeführten sachlich nachvollziehbaren Erwägungen kann der Verfassungsgerichtshof auch nicht feststellen, dass die Terminsbestimmung aus nicht genannten sachfremden Gründen willkürlich erfolgt sein könnte. Dies lässt sich insbesondere nicht dem von den Antragstellern angeführten Vermerk aus dem Innenministerium NRW vom 12. Juni 2007 entnehmen. Der Antragsgegner hat in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragen, dass die in diesem Vermerk festgehaltene Besprechung im Vorfeld der parlamentarischen Debatten über die Zusammenlegung der Kommunalwahl mit der Europawahl stattgefunden habe. Diese Besprechung habe nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 18. Februar 2009, durch welche die Sachlage grundlegend geändert worden sei, für die Festlegung des Wahltermins keine Bedeutung mehr gehabt. In den nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs geführten Diskussionen über den Kommunalwahltermin hätten sich die Antragsteller unmissverständlich für den 27. September 2009 als den Termin der Bundestagswahl ausgesprochen. Bei dieser Sachlage seien Konsultationen der Antragsteller bezüglich des Kommunalwahltermins von vornherein entbehrlich gewesen.

e) Willkür liegt auch nicht unter dem von den Antragstellern geltend gemachten Gesichtspunkt eines Abwägungsdefizits im Hinblick darauf vor, dass der Antragsgegner seine Entscheidung für einen Wahltermin am 30. August 2009 bereits ohne Kenntnis des vollständigen schriftlichen Urteils des Verfassungsgerichtshofs NRW vom 18. Februar 2009 - VerfGH 24/08 - nur wenige Stunden nach der Urteilsverkündung in einer Pressemitteilung angekündigt hat. Zwar spricht der Antragsgegner in dieser Pressemitteilung davon, sich "jetzt für den 30. August 2009 als Wahltermin entschieden" zu haben. Diese Mitteilung war jedoch lediglich eine politische Verlautbarung, der die formale Bekanntmachung des Wahltermins erst am 4. März 2009 gefolgt ist. Zu diesem Zeitpunkt war dem Antragsgegner die vollständige Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 18. Februar 2009 bekannt. Eine Aussage zum Termin der Kommunalwahl ist dieser Entscheidung nicht zu entnehmen.