LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.2008 - L 11 KA 16/07
Fundstelle
openJur 2011, 66353
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. S 33 KA 49/05
  • nachfolgend: Az. B 6 KA 12/09 B
Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.01.2007 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die aus fünf Fachärzten für Nuklearmedizin bestehende Klägerin wendet sich gegen einen Regress wegen Verordnung von unzulässigem Sprechstundenbedarf (SSB) in den Quartalen 3/2001 bis 1/2002.

Mit Schreiben vom 16.07.2002, eingegangen beim Prüfungsausschuss am 25.09.2002, beantragte die Beigeladene zu 9) die Prüfung der Verordnungsweise der Klägerin im Quartal 3/2001 mit der Begründung, dass die Verordnung von Fingerschienen als SSB unzulässig sei. Den Regressbetrag gab sie mit 696,00 DM (= 345,18 Euro) netto an; die entsprechende Verordnung (neuzeitliche Fingerschienen) fügte sie dem Antrag (in Ablichtung) bei. Mit weiterem Schreiben vom 31.10.2002, eingegangen beim Prüfungsausschuss am 20.12.2002, beantragte die Beigeladene zu 9) mit gleicher Begründung die Prüfung der Verordnungsweise der Klägerin im Quartal 4/2001; den Regressbetrag gab sie mit 67,80 DM (= 34,67 Euro) netto an; die entsprechende Verordnung (neuzeitliche Fingerschienen) fügte sie dem Antrag (in Ablichtung) bei. Mit Schreiben vom 06.03.2003, eingegangen beim Prüfungsausschuss am 26.03.2003, beantragte die Beigeladene zu 9) die Prüfung der Verordnungsweise der Klägerin im Quartal 1/2002 mit der Begründung, dass die Verordnung von Mono Embolex als SSB unzulässig sei. Den Regressbetrag gab sie mit 4.007,88 Euro netto an; die entsprechende Verordnung fügte sie dem Antrag (in Ablichtung) bei. Mit abgelichtet war eine weitere Verordnung u.a. über "12 neuzeitliche Fingerschienen" für 414,22 Euro.

Dieser Antrag wurde der Klägerin - ebenso wie die zuvor gestellten Anträge - zugeleitet, die daraufhin (Schreiben vom 22.07.2003) mitteilte, auch für das Quartal 1/2002 beziehe sie sich auf ihre vorangegangene Begründung, weshalb die von ihr verordneten neuzeitlichen Fingerschienen als SSB zu vergüten seien.

Mit unter dem 31.07.2003 datierendem Schreiben, das den Eingangsstempel des Prüfungsausschusses vom 26.03.2003 trägt, beantragte die Beigeladene zu 9) - erneut - die Prüfung der Verordnungsweise der Klägerin im Quartal 1/2002 nunmehr mit der Begründung, dass die Verordnung von neuzeitlichen Fingerschienen als SSB unzulässig sei. Auf dem Schreiben ist u.a. aufgeführt "Korrekturantrag v. 06.03.03".

Die Klägerin nahm zu den Anträgen Stellung: Bei den benutzten Fingerschienen handele es sich um Artikel, die ihrer Art nach bei mehreren Patienten auch an verschiedenen Fingergelenken einsetzbar seien. Der Gebrauch entspreche den explizit in der SSB-Vereinbarung aufgeführten erstattungsfähigen Cramerschienen. Diese gebe es allerdings nicht in schmalen Breiten, so dass damit die Ruhigstellung eines einzelnen Fingers oder sogar nur eines Fingergelenks, wie dies bei den in ihrer Praxis durchgeführten Radiosynoviorthesen geboten sei, nicht erfolgen könne.

Der Prüfungsausschuss setzte mit (zwei) Bescheiden vom 06.01.2004 Regresse in Höhe der Netto-Verordnungskosten von insgesamt 794,07 Euro mit der Begründung fest, dass neuzeitliche Fingerschienen als Sachkosten auf den Abrechnungsscheinen des jeweiligen Patienten abzurechnen seien.

Mit ihren Widersprüchen machte die Klägerin u.a. geltend, sie habe sich seit Inkrafttreten der neuen SSB-Vereinbarung um Vorabklärung der Abrechnungsmöglichkeiten ihrer Materialien bemüht. In der Sitzung vor dem Prüfungsausschuss vom 15.05.2003 sei ihr mündlich zugesichert worden, dass sie neuzeitliche Fingerschienen weiterhin als SSB abrechnen könne, ohne Regresse befürchten zu müssen. Sie legte dazu das Schreiben des Prüfungsausschusses vom 04.06.2003 vor, nach dem die Beigeladenen zu 9) in der Sitzung vom 15.05.2003 ihre auf § 13 der Prüfvereinbarung gestützten Prüfungsanträge für die Quartale 3/1999, 1/2000 bis 2/2001 zurückgenommen hat. Sie - die Klägerin - berufe sich deshalb auf Vertrauensschutz.

Der Beklagte wies die Widersprüche mit Bescheid vom 31.01.2005 zurück: Nach der SSB-Vereinbarung seien bei Anforderung von SSB nur die unter Ziffer (Ziff.) IV. der Vereinbarung aufgeführten Mittel verordnungsfähig. Unter Ziff. IV.1 - Verband- und Nahtmaterial - seien ausschließlich Cramerschienen genannt. Die von der Klägerin verordneten neuzeitlichen Fingerschienen seien in dieser abschließenden Liste nicht aufgeführt, so dass eine Verordnung zu Lasten des SSB damit ausscheide.

Mit ihrer Klage vom 22.02.2005 hat die Klägerin vorgetragen, der Begriff Cramerschienen in der SSB-Vereinbarung sei als historische Bezeichnung anzusehen. Der Schwerpunkt liege auf dem Begriff Schiene. Die SSB-Vereinbarung stelle auf eine medizinisch sinnvolle, funktionsgerechte Anwendung ab und nicht auf medizinhistorische Begriffe. Cramerschienen in der ursprünglichen Bezeichnung fänden heute kaum noch Anwendung. Sinngemäß müsse der Begriff Cramerschienen in der SSB-Vereinbarung daher auch auf die heute zur Anwendung kommenden neuzeitlichen Fingerschienen übertragen werden. Die Verwendung dieser neuzeitlichen Fingerschienen sei darüberhinaus wirtschaftlicher und sinnvoller als die von Cramerschienen. Sie berufe sich auf Vertrauensschutz, da sie vom Prüfungsausschuss erst Anfang 2004 darauf hingewiesen worden sei, dass die Schienen als Sachkosten abzurechnen seien. In der Sitzung des Prüfungsausschusses im Mai 2003 habe die Vorsitzende und Vertreterin der Beigeladenen zu 9) zugesagt, dass die Schienen weiterhin als SSB zu beziehen seien. Auch die Beigeladene zu 8) sei ihrer Informationspflicht nicht nachgekommen; sie habe erst in der "KVNo aktuell", Heft 12/2003, darauf hingewiesen, dass Fingerschienen als Sachkosten abzurechnen seien. Darüber hinaus seien die Prüfungsanträge bei anderen Ärzten jedenfalls teilweise von der Beigeladenen zu 9) zurückgenommen worden. Bei ihr habe der Prüfungsausschuss die Regressanträge der Beigeladenen zu 9) für die Quartale 4/2002 und 2/2003 zurückgewiesen. In seinem das Quartal 4/2002 betreffenden Beschluss vom 23.02.2005 habe er ausgeführt, dass Fingerschienen mit den in der SSB-Vereinbarung aufgeführten Cramerschienen gleich zu setzen seien. Ein chaotisches Wechselbad von Entscheidungen zeige dann der Beschluss des Prüfungsausschusses vom 11.07.2005 (Quartal 3/2003), mit dem gegen sie wiederum ein Regress wegen neuzeitlicher Fingerschienen festgesetzt worden sei. Offensichtlich habe zwischen Antragstellern und Ausschüssen völlige Unstimmigkeit darüber bestanden, ob neuzeitliche Fingerschienen als SSB verordnet werden können, so dass ihr kein Verschulden vorgeworfen werden könne.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 31.01.2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über die Widersprüche gegen die Bescheide des Prüfungsausschusses vom 06.01.2004 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 9) haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 9) haben vorgetragen, die SSB-Vereinbarung sehe die Verordnung von Cramerschienen, aber nicht weiterer Schienen vor. Der Begriff Cramerschienen sei eindeutig; hierunter seien weder neuzeitliche Fingerschienen noch z.B. Fingerschienen nach Stack zu subsumieren. Praktikabilitätsgesichtspunkte rechtfertigten keine erweiternde Auslegung der SSB-Vereinbarung; dies gelte auch im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin, neuzeitliche Schienen seien besser geeignet. Anderslautende Entscheidungen des Prüfungsausschusses seien unbeachtlich; ein Rechtssatz, dass auch im Unrecht Gleichheit herzustellen sei, bestehe nicht. Unerheblich sei auch, welche Erklärungen in der Sitzung des Prüfungsausschusses im Mai 2003 abgegeben worden seien. Vorliegend seien Sachverhalte aus den Quartalen 3/2001 bis 1/2002 streitig; eine erst später abgegebene Erklärung könne für diesen Zeitraum keine Rechtsrelevanz entfalten. Ob und inwieweit bzw. aus welchen Gründen früher Prüfanträge zurückgenommen worden seien, sei nicht bekannt.

Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Klage mit Urteil vom 10.01.2007 abgewiesen. Die von der Klägerin zur Ruhigstellung von Gelenken im Anschluss an die durchgeführten Radiosynoviorthesen verordneten neuzeitlichen Fingerschienen seien nicht als SSB verordnungsfähig, da sie nicht in Ziff. IV.1 der SSB-Vereinbarung aufgeführt seien. Unter Verband- und Nahtmaterialien seien Cramerschienen sowie thermoplastisches Material / Platten zur Anfertigung von Schienenverbänden genannt, nicht jedoch generell jegliche Mittel zur Herstellung von Verbänden zur Ruhigstellung von Fingern bzw. Gelenken. Eine analoge bzw. erweiternde Anwendung der Bestimmungen der SSB-Vereinbarung komme nicht in Betracht, denn die SSB-Vereinbarung könne nur nach ihrem Wortlaut und nach dem systematischen Zusammenhang ausgelegt werden. Die Entscheidung darüber, ob und welche Mittel in die SSB-Vereinbarung aufgenommen würden, obliege allein den Vertragspartnern. Unerheblich sei, ob der Klägerin ein Verschulden vorzuwerfen sei, da es nicht um die Feststellung eines sonstigen Schadens in Folge schuldhafter Verletzungen vertragsärztlicher Pflichten handele. Vertrauensgesichtspunkte seien bereits aufgrund des Zeitablaufs nicht relevant.

Gegen das am 06.02.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 05.03.2007 Berufung eingelegt und vorgetragen: Das SG habe den Begriff Cramerschienen falsch ausgelegt. Dieser Begriff werde bereits seit 100 Jahren verwandt; er bezeichne eine biegbare und zu polsternde Drahtschiene, die es in unterschiedlichen Formen im Handel gebe. Nach Auskunft der Herstellerfirma - der Paul Koch GmbH - sei auch eine Fixverbandschiene eine gepolsterte Ausführung der Cramerschiene. Sie sei sozusagen die komfortable Variante der Cramerschiene und müsste eigentlich heißen gepolsterte oder modifizierte Cramerschiene. Gleiches gelte für die neuzeitlichen Fingerschienen; auch diese seien eine spezielle Ausführung der Cramerschiene. Cramerschiene sei ein Überbegriff für alle biegbaren Drahtschienen. Damit seien die von ihr verordneten Varianten dieser Schiene als SSB verordnungsfähig. Im Übrigen seien die Vertragspartner der SSB-Vereinbarung selbst über Jahre hinweg davon ausgegangen, dass Fixverbandschienen ebenso wie neuzeitliche Fingerschienen als SSB verordnungsfähig seien. Dementsprechend habe es bis 2000 keine Regresse gegeben. In den Quartalen 4/1996 und 3/1997 seien ihre Verordnungen wegen unzulässig verordneten SSB geprüft worden. Dabei seien von ihr rezeptierte neuzeitliche Fingerschienen nicht regressiert worden, obwohl diese in den geprüften Rezepten aufgeführt gewesen seien. Auch hinsichtlich der Quartale 3/1999 bis 2/2001 sei gegen sie ein Prüfverfahren geführt worden; die Beigeladene zu 9) habe aber den Prüfantrag zurückgezogen. Noch in der Sitzung des Prüfungsausschusses im Mai 2003 habe die Vertreterin der Beigeladenen zu 9) als Vorsitzende erklärt, dass neuzeitliche Fingerschienen als SSB bezogen werden könnten. Erst Ende 2003 sei in der "KVNo aktuell" darauf hingewiesen worden, dass diese Schienen nicht mehr als SSB bezogen werden könnten. Aus all diesen Gründen bestehe Vertrauensschutz. Zudem habe sie sich am 08.10.2002 bemüht, von der Beigeladenen zu 8) eine Bestätigung zu erhalten, dass die streitgegenständlichen Schienen als SSB abzurechnen seien. Weil es offenbar zu diesem Zeitpunkt keine einheitliche Meinung gegeben habe, sei sie auf die vom Prüfungsausschuss noch zu treffende Entscheidung verwiesen worden. Wäre die Beigeladenen zu 8) zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass die Schienen nicht (mehr) als SSB verordnungsfähig seien, hätte ihr dies mitgeteilt werden müssen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.01.2007 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 31.01.2005 zu verurteilen, über den Widerspruch gegen die Bescheide des Prüfungsausschusses vom 06.01.2004 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, Cramerschienen seien nur diese Schienen; ein ersatzweise Bezug anderer Mittel oder Artikel sei nicht zulässig. Ebenso bestehe für eine analoge oder erweiternde Anwendung kein Raum; die SSB-Vereinbarung könne nur nach ihrem Wortlaut und nach dem systematischen Zusammenhang ausgelegt werden. Im Übrigen gebe es eine SSB-Vereinbarung erst seit dem 01.07.1995, so dass das Vorbringen der Klägerin zu einem jahrzehntelangen Verständnis der SSB-Vereinbarung nicht nachvollziehbar sei. Ohne Relevanz sei auch, ob über Jahre mit Blick auf erfolgende Fehlverordnungen Prüfanträge gestellt worden seien oder nicht. Die Möglichkeit, einen Prüfantrag zu stellen, enthalte nicht die Verpflichtung, SSB-Verordnungen insgesamt auf ihre Zulässigkeit hin zu überprüfen. Aus dem Nichtstellen eines Prüfantrags könne in der Rechtsbeziehung zu ihr kein irgend gearteter Vertrauenstatbestand begründet werden.

Die Beigeladene zu 9) weist darauf hin, dass es sich bei ihren Prüfanträgen für die Quartale 3/1999, 1/2000 bis 2/2001 um keine Anträge auf Prüfung wegen unzulässiger Anforderung von SSB, sondern um Anträge auf Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungstätigkeit der Klägerin nach Durchschnittswerten gehandelt habe. Auch wenn es schon deshalb nicht mehr darauf ankomme, teile sie ergänzend mit, dass die Anträge deshalb zurückgenommen worden seien, weil die Praxis der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt nicht mit anderen Praxen vergleichbar gewesen sei.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen; denn der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 31.01.2005 ist rechtmäßig; die Klägerin ist nicht i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Auf die zutreffenden Entscheidungsgründe im erstinstanzlichen Urteil wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend führt der Senat aus:

Die Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung und damit auch der Beklagte sind befugt, Regresse wegen unzulässiger Verordnung von SSB festzusetzen. Das ergibt sich aus Ziff. VI.1 der ab 01.07.2001 geltenden SSB-Vereinbarung (Rheinisches Ärzteblatt 9/2001, S. 73 ff) i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 4 der ab 01.01.2001 geltenden Prüfvereinbarung (Rheinisches Ärzteblatt 6/2001, S. 109). Danach erfolgt die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und der Zulässigkeit von SSB-Anforderungen nach den Bestimmungen der Gemeinsamen Prüfvereinbarung. Die Ermächtigungsgrundlage hierfür findet sich in § 106 Abs. 2 Satz 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes, nach dem die Krankenkassenverbände gemeinsam und einheitlich mit den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV´en) über die in § 106 Abs. 2 Satz 1 SGB V vorgesehenen Prüfungen hinaus andere arztbezogene Prüfungsarten vorsehen können. Demgemäß ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass den Prüfgremien die Zuständigkeit für Regresse wegen unzulässiger Arzneimittelverordnung, auch im Wege des Sprechstundenbedarfs, durch gesamtvertragliche Vereinbarung übertragen werden darf (Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-5533 Allg Nr. 2; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 52; BSG, Urteil vom 20.10.2004 - B 6 KA 41/03 -). Nichts anderes gilt für die Verordnung solcher Gegenstände oder Arzneimittel, für die zwar eine Leistungspflicht der Krankenkassen nach den Bestimmungen des SGB V besteht, die aber nicht zulässigerweise als SSB verordnet werden können. Denn auch in diesem Fall soll die Prüfung die wirtschaftliche Versorgung der Versicherten gewährleisten (BSG SozR 3-5533 Allg Nr. 2 m.w.N.). Das wird in besonderem Maße deutlich bei der Verordnung von Arzneimitteln. Hier gewährleistet die Wirtschaftlichkeitsprüfung zum einen, dass die für die Einzelverordnung geltenden Wirtschaftlichkeitskriterien nicht durch eine Verordnung als SSB unterlaufen werden. Bei über SSB verordnungsfähigen Mitteln, die ihrer Art nach bei mehr als einem Berechtigten angewandt werden und die daher ohnehin einzelnen Versicherten nicht zugeordnet werden können, kommt es nämlich in erster Linie auf eine möglichst preiswerte Beschaffung großer Mengen an, wie sie im Rahmen der SSB-Verordnung von Groß-, Anstalts- oder Bündelpackungen ermöglicht wird (vgl. Ziff. V.3 SSB-Vereinbarung). Demgegenüber hat bei Einzelverordnungen beispielsweise der Apotheker auf die Abgabe wirtschaftlicher Einzelmengen zu achten (vgl. § 129 Abs. 1 Nr. 3 SGB V). Ebenso besteht bei Einzelverordnungen die Möglichkeit, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Verordnung bezogen auf den einzelnen Versicherten zu prüfen, während dies ausgeschlossen ist, wenn der Versicherte aus SSB versorgt wird. Schließlich wird mit Hilfe der Prüfung auch sichergestellt, dass nicht auf dem Weg über die SSB-Verordnung die nach § 31 Abs. 3 SGB V vorgesehenen Zuzahlungen des einzelnen Versicherten unterlaufen werden, die sein Ausgaben- und Preisbewusstsein stärken und daher ebenfalls dem Wirtschaftlichkeitsgebot dienen sollen (vgl. BT-Drucks. 11/2237, S. 138 f.).

1. Bereits danach kommt es auf den Einwand der Klägerin, ihre Verordnungsweise sei wirtschaftlicher, nicht an.

2. Die Prüfanträge sind rechtzeitig gestellt.

Nach § 15 Abs. 1 Nr. 4 Prüfvereinbarung prüft der Prüfungsausschuss auf Antrag der Krankenkassen, ihrer Verbände, der von ihnen benannten Stellen oder der KV Nordrhein u.a., ob der Vertragsarzt entgegen den vertraglichen Regelungen unzulässige Anforderungen von SSB vorgenommen hat. Der Antrag muss innerhalb einer Frist von 12 Monaten nach Abschluss des Quartals gestellt werden, in dem der vom Antrag erfasste Sachverhalt angefallen ist (§ 15 Abs. 2 Prüfvereinbarung).

Der unter dem 31.07.2003 datierende Prüfantrag der Beigeladenen zu 9) für das Quartal 1/2002 ist damit verfristet, da er nach § 15 Abs. 2 Prüfvereinbarung bis zum 31.03.2003 gestellt hätte werden müssen. Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus dem auf dem Antrag befindlichen Eingangsstempel des Prüfungsausschusses (26.03.2003); denn dieser ist offensichtlich unrichtig. Dies wird nicht nur durch das Datum des Schreibens sondern auch den Umstand belegt, dass der Antrag unter dem 08.08.2003 an die Klägerin versandt wurde.

Allerdings hat die Beigeladene zu 9) bereits zuvor (am 26.03.2003 beim Prüfungsausschuss eingegangenes Schreiben vom 06.03.2003) die Prüfung der Verordnungsweise der Klägerin im Quartal 1/2002 mit der Begründung einer unzulässigen Verordnung von Mono Embolex beantragt. Dahinstehen kann, ob eine Korrektur dieser Antragsbegründung wegen u.a. aufgrund der vorangegangen Prüfanträge vom 16.07.2002 und 31.10.2002 offensichtlicher Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit - z.B. in analoger Anwendung des § 38 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - möglich ist. Denn eine solche Berichtigung ist nicht erforderlich. Dem Antrag vom 06.03.2003 war nämlich auch die Ablichtung einer Verordnung von neuzeitlichen Fingerschienen über 414,22 Euro beigefügt. Im Zusammenhang mit den vorangegangenen Prüfanträgen stellt dies bereits eine Antragstellung durch schlüssiges Verhalten dar (vgl. BSG, Urteil vom 21.06.1995 - 6 RKa 54/94 - in SozR 3-2500 § 106 Nr. 28). Diese Wertung wird durch das Verständnis der Klägerin bestätigt; sie hat nämlich das Schreiben der Beigeladenen zu 9) vom 06.03.2003 selbst als auf Überprüfung ihrer Verordnung von Fingerschienen gerichteten Antrag verstanden. Dies folgt aus ihrer Stellungnahme vom 22.07.2003 zu dem Antrag vom 06.03.2003, in der sie sich ausdrücklich gegen einen Regress wegen unzulässig verordneter neuzeitlicher Fingerschienen wendet.

3. Die Klägerin hat durch Verordnung der streitigen neuzeitlichen Fingerschienen (über SSB) in unzulässiger Weise SSB angefordert.

Dahingestellt bleiben kann, ob für die Auslegung der SSB-Vereinbarung die einschränkenden Maßstäbe gelten, die die Rechtsprechung für die Auslegung von Bewertungs- und Vergütungsregelungen entwickelt hat (so für den Einheitlichen Bewertungsmaßstab BSG SozR 3-5533 Nr. 100 Nr. 1; BSG SozR 3-5533 Nr. 75 Nr. 1; BSG SozR 3-5533 Nr. 2449 Nr. 1 m.w.N.), oder ob die allgemeinen Auslegungsgrundsätze für Normenverträge eingreifen (so z.B. für die Auslegung der Onkologie-Vereinbarung BSG, USK 99108). Denn in jedem Fall ergibt sich, dass die Parteien der SSB-Vereinbarung einen - ggf. mit der wegen der Formulierung in Ziff. IV.7 "insbesondere" bei Notfällen und Sofortanwendung möglichen Ausnahme - abschließenden Katalog der verordnungsfähigen Mittel aufgestellt haben, der mangels einer Regelungslücke einer erweiternden Auslegung unter teleologischen Gesichtspunkten oder gar einer Rechtsfortbildung nicht zugänglich ist.

Ziff. III.1 SSB-Vereinbarung schränkt die Verordnungsfähigkeit von Mitteln als SSB in mehrfacher Weise ein. Zunächst muss es sich um Mittel handeln, die ihrer Art nach bei mehr als einem Berechtigten angewendet werden, oder die zur Notfall- oder Sofortbehandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung erforderlich sind (Ziff. III.1 Satz 1 SSB-Vereinbarung). Zur länger andauernden Therapie ist nur die Einzelverordnung auf den Namen des Patienten zulässig (Ziff. III.1 Satz 2 SSB-Vereinbarung). Bei der Anforderung von SSB sind nur die unter Ziff. IV. dieser Vereinbarung aufgeführten Mittel verordnungsfähig (Ziff. III.1 Satz 3 SSB-Vereinbarung). Ein ersatzweiser Bezug anderer Mittel oder Artikel ist nicht zulässig (Ziff. III.1 Satz 4 SSB-Vereinbarung). Diese Regelungen sind abschließend; sie entsprechen ihrer Struktur nach der in Ziff. V.3 der Anlage 12 zum Bundesmantelvertrag Zahnärzte-/Ersatzkassen, die von der Rechtsprechung ebenfalls als abschließend angesehen worden ist (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 29). Hier wie dort haben sich die Vertragsparteien für eine Kombination von Positivliste und einschränkenden Indikationen entschieden. Der Unterschied besteht allein darin, dass in der hier anwendbaren SSB-Vereinbarung die einschränkenden Indikationen, wie z.B. durch Ziff. III.1 Satz 1 sowie Ziff. III.4 bis 6 geschehen, zum Teil im Sinn allgemeiner Regelungen vor die "Klammer" der in Ziff. IV enthaltenen Aufstellung der als SSB zulässigen Mittel gezogen worden sind (Urteile des Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen (NRW) vom 30.07.2003 - L 11 KA 116/01 und L 11 KA 149/01 -).

In der Liste Ziff. IV.1 - 6 SBB-Vereinbarung sind "neuzeitliche Fingerschienen" nicht aufgeführt. Sie können auch nicht unter die in Ziff. IV.1 SSB-Vereinbarung genannten Cramerschienen subsumiert werden. Die Vereinbarungen zwischen KV´en und Verbänden der Krankenkassen sind allein einer am Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang orientierten Auslegung zugänglich (vgl. zum Gebührenordnungsrecht BSG, Urteil vom 13.05.1998 - B 6 Ka 34/97 R - m.w.N.; zur vorliegenden SSB-Vereinbarung LSG NRW, Urteil vom 25.11.1998 - L 11 KA 69/98 -). Davon ausgehend ist die Bezeichnung "Cramerschienen" eindeutig. Es sind bezugslos nicht irgendwelche Schienen, sondern Schienen genannt, die von dem Chirurgen Friedrich Cramer entwickelt und nach ihm benannt worden sind. Es handelt sich dabei um eine biegsame, leicht abzuwinkelnde aus Draht hergestellte Leiterschiene für die Knochenbruchbehandlung (vgl. "Geschichte der Orthopädie in Wiesbaden" von Prof. J. Eichler und Prof. J. Pfeil, www.joho.de/fachabteilungen/orthopaedische/historie.htm und www.drkoch.de/de/system/praxiszubehoerklinikzubehoer/cramerschiene.php). Mit diesen Cramerschienen haben andere Schienen ggf. gemeinsam, dass sie ebenfalls Gelenke stabilisieren oder fixieren können; es handelt sich aber begrifflich nicht um Cramerschienen, sondern um Fixbandschienen oder Finger- und Handschienen (wie z.B. die Stack- Schienen bzw. Stack-Fingerschienen) oder die Fingerschiene nach Kienle (und nicht nach Cramer) oder die Böhler-Fingerschiene (und nicht die Cramer-Schiene) oder eine Froschfingerschiene (und eben nicht die Cramer-Fingerschiene). Dementsprechend nimmt auch der von der Klägerin herangezogene Hersteller der Cramerschienen eine klare Aufteilung in Cramerschienen, Fixbandschienen sowie Hand- und Fingerschienen vor (www.drkochwebshop.de/index.php/cat/c53 Cramerschienen.html).

4. Das BSG hat wiederholt ausgeführt, dass sachlichrechnerische Richtigstellungen aus Vertrauensschutzgründen nicht erfolgen dürfen, wenn die KV über einen längeren Zeitraum eine systematisch fachfremde oder eine ohne ausreichende fachliche Qualifikation ausgeübte Tätigkeit wissentlich geduldet und der Vertragsarzt im Vertrauen auf die weitere Vergütung solcher Leistungen weiterhin entsprechende Leistungen erbracht hat (BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 9 und BSGE 84, 290 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 21; BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 6). Es hat dafür eine längere Verwaltungspraxis gefordert, die über eine Zeit von wenigen Monaten hinausgehen muss (BSGE 84, 290 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 21). Diese Grundsätze sind auf einen SSB-Regress zu übertragen. Die Voraussetzungen für einen Vertrauensschutz sind aber nicht erfüllt:

Vertrauen auf die Richtigkeit eines Verwaltungshandelns schützt den Vertragsarzt nur gegenüber demjenigen, der den Vertrauenstatbestand gesetzt hat (z.B. BSG, Urteil vom 12.12.2001 - B 6 KA 3/01 R -). Dementsprechend kann sich die Klägerin gegenüber dem Beklagten nicht auf Vertrauensschutz berufen, da dieser bisher überhaupt nicht mit der Materie befasst war. Weder das Unterlassen von - früheren - Prüfanträgen noch Entscheidungen des Prüfungsausschusses können dem Beklagten entgegengehalten werden. Denn auf diese nicht in seinem Verantwortungsbereich liegenden Entscheidungen hat er keinen Einfluss (LSG NRW, Urteil vom 30.07.2003 - L 11 KA 116/01 -).

Ungeachtet dessen ist ein Vertrauenstatbestand ohnehin nicht gegeben. Abgestellt werden kann ausschließlich auf den Zeitpunkt der Verordnung (Juli 2001 bis März 2002). Bezogen hierauf müsste ein Sachverhalt bestanden haben, aufgrund dessen die Klägerin darauf hätte vertrauen können, dass ihre Verordnungen rechtmäßig sind.

Davon ausgehend ist ihr Vorbringen, a.im Mai 2003 sei ihr von der Beigeladenen zu 9) bzw. dem Prüfungsausschuss zugesichert worden, neuzeitliche Fingerschienen seien als SSB verordnungsfähig, b.im Juni 2003 habe die Beigeladene zu 9) - im Übrigen nicht auf Prüfung der Verordnungsfähigkeit als SSB (§ 15 Abs. 1 Nr. 4 Prüfvereinbarung), sondern auf Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungstätigkeit nach Durchschnittswerten (§ 13 Prüfvereinbarung) gerichtete - Prüfanträge zurückgenommen, c.sie habe sich am 08.10.2002 durch Anfrage bei der Beigeladenen zu 8) erfolglos um Klärung bemüht, d.Antragsteller, Beigeladene zu 9), KV und Prüfungsausschuss hätten divergierende Auffassungen zur Verordnungsfähigkeit von Fingerschienen gehabt, rechtlich nicht erheblich.

All dies ist, wenn überhaupt, erst nach der hier streitigen Verordnung von Relevanz. Im Übrigen begründen unterschiedliche Auffassungen zu einer Rechtsfrage gerade kein Vertrauen dergestalt, dass die Auffassung, der man selber zuneigt, richtig ist.

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, seit dem 01.07.1995 (seitdem gibt es eine SSB-Vereinbarung und sind Cramerschienen in Ziff. IV.1 SSB-Vereinbarung aufgeführt) sei ihre Verordnung von Fingerschienen als SSB nicht beanstandet worden. Vertrauensschutz setzt einen gegenüber dem betroffenen Arzt gesetzten besonderen Vertrauenstatbestand voraus (LSG NRW, Urteil vom 14.11.2007 - L 11 KA 36/07 - unter Hinweis auf Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, § 106 Rdn. 356). Hinsichtlich der rückwirkenden Korrektur von Honorarbescheiden hat das BSG in der bloßen Duldung einer objektiv fehlerhaften Abrechnungspraxis durch eine Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung keinen Vertrauenstatbestand gesehen (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr. 1; s. auch SozR 4-2500 § 95 Nr. 8). Übertragen bedeutet dies: Selbst wenn also in der Vergangenheit entsprechende - nicht rechtmäßige - Verordnungen von Fingerschienen unbeanstandet geblieben sind, wäre dies nach diesen Maßstäben unbeachtlich (LSG NRW, Urteil vom 14.11.2007, a.a.O.). Erst wenn eine konkrete Prüfung einer bestimmten Verordnung mit dem Ergebnis erfolgt ist, dass eine Verordnungsfähigkeit besteht, könnte ggf. dadurch für folgende Verordnungen ein Vertrauenstatbestand mit der Folge begründet worden sein, dass vor Regressen ein Hinweis auf eine geänderte Rechtslage bzw. -auffassung zu fordern ist. Dies ist hier aber nicht der Fall. In dem von der Klägerin vorgelegten Prüfungsantrag der Beigeladenen zu 9) vom 25.08.1998 waren Folioplast und Zellstoff beanstandet worden. Dass zufälligerweise auf den zugrunde liegenden Verordnungen auch Fingerschienen aufgeführt waren, besagt weder, dass diese Prüfgegenstand waren, noch, dass damit wissentlich eine Verordnungsfähigkeit anerkannt worden ist.

Auch eine unklare Rechtslage kann nicht zum Vertrauensschutz führen. Eine unklare Rechtslage ist von vornherein nicht geeignet, Gewissheit von der Rechtmäßigkeit eines bestimmten Handelns zu vermitteln. Allenfalls kann derjenige, der sich auf eine Rechtsposition beruft, darauf hoffen, dass sich die von ihm vertretene Ansicht als die zutreffende erweisen wird. Im Übrigen hat aber der Betreffende ebenso in Erwägung zu ziehen, dass sich die andere Ansicht durchsetzt, sich mithin sein Handeln (Verordnen) als unzulässig erweist. Die Argumentation, es könne nicht zu Lasten des Arztes gehen, wenn die Rechtslage in Folge eines Meinungsstreits unklar sei (so SG Potsdam, Urteil vom 18.07.2007 - S 1 KA 101/06 -) bedeutet im Ergebnis, dass ein Verschuldenserfordernis hinsichtlich der Verordnung eingeführt wird. Denn insoweit wird die Zulässigkeit/ Unzulässigkeit der Verordnung von einer subjektiven "Erkennbarkeit" abhängig gemacht. Das entspricht weder der Rechtsprechung des BSG noch der des Senats. Zutreffend weist das SG Berlin (Urteil vom 20.06.2007 - S 83 KA 383/06 -) demgegenüber darauf hin, dass sich die ungeklärte Rechtslage im Zeitpunkt der Verordnung zu Lasten des Arztes auswirken muss. Wenn sich die Klägerin dafür entschieden hat, die Verordnungen zu Lasten der Beigeladenen zu 9) als SSB (Ziff. I Abs. 1 SSB-Vereinbarung) vorzunehmen, so hat sie dafür einzustehen und kann sich nicht darauf berufen, sie habe darauf "vertraut", ihre Rechtsansicht sei zutreffend (LSG NRW, Urteil vom 14.11.2007, a.a.O., bestätigt durch BSG, Urteil vom 05.11.2008 - B 6 KA 63/07 R -).

5. Der Beklagte musste die Klägerin vor einem Regress weder beraten noch musste er Ermessenserwägungen hinsichtlich der Festsetzung der Regresse anstellen. § 15 Abs. 4 der Prüfvereinbarung sieht vor, dass immer dann, wenn der Prüfungsausschuss einen Prüfantragantrag für begründet erachtet, er den vom Arzt zu leistenden Regressbetrag festzusetzen hat (vgl. BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 1; SozR 3-2500 § 106 Nr. 53; Beschluss vom 30.05.2006 - B 6 KA 14/06 B -). Bei Einzelprüfungen, die die Verordnungsfähigkeit einzelner Mittel zum Gegenstand haben, kommt bei Feststellung einer "Unwirtschaftlichkeit" im Regelfall nur die Verhängung eines Regresses in Betracht (LSG NRW, Urteil vom 14.11.2007, a.a.O.). Auch das BSG geht in seinem Urteil vom 27.06.2007 - B 6 KA 44/06 R - offenbar selbstverständlich davon aus, dass die Verhängung von Verordnungsregressen keine Ermessensentscheidung erfordert; denn es hat in dem genannten Urteil die Verhängung eines Regresses wegen der unwirtschaftlichen Verordnung eines Arzneimittels gebilligt, ohne die Frage der Ermessensausübung aufzuwerfen.

6. Die unzulässige Verordnung von SSB führt zum Entstehen eines verschuldensunabhängigen Regressanspruchs (LSG NRW, Urteil vom 30.07.2003 - L 11 KA 116/01 -, BSG, Urteil vom 20.10.2004 - B 6 KA 65/03 R -). Der Regress wegen unzulässiger SSB-Verordnung ist ein Unterfall des Verordnungsregresses. Er richtet sich auf den Betrag, den die Krankenkasse an die Apotheke für Arzneien / Mittel gezahlt hat, welche dem verordnenden Vertragsarzt aufgrund der SSB-Verordnung ausgehändigt wurden und werden durften. Demgegenüber ist der typische Schadensregress außerhalb des Verordnungsverhaltens dadurch gekennzeichnet, dass das Verhalten des Arztes Folgekosten der Kassen ähnlich einem "Mangelfolgeschaden" nach bürgerlichem Recht ausgelöst hat (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 52). Um einen solchen "Mangelfolgeschaden" geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht (LSG NRW, Urteil vom 30.07.2003 - L 11 KA 116/01 -). 7. Der auf das Fehlen der Verordnungsfähigkeit eines Medikaments / Mittels gestützte SSB-Regress ist seiner Rechtsnatur nach ein Schadensersatz- und kein Bereicherungsanspruch (BSG, Urteil vom 20.10.2004 - B 6 KA 41/03 R -). Insoweit kommt auf der Grundlage des normativen Schadensbegriffs eine Berücksichtigung ggf. ersparter Aufwendungen als schadensmindernde Vorteile nicht in Betracht. Eine solche Anrechnung entspräche nicht dem Zweck des Schadensersatzes; denn anderenfalls wären die Zielsetzungen der SSB-Vereinbarung gefährdet (LSG NRW, Urteil vom 30.07.2003 - L 11 KA 44/05 -).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).