OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.04.2009 - I-24 U 27/08
Fundstelle
openJur 2011, 66180
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 08. Oktober 2007 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg -Einzelrichter- wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn, die Gegenseite leistet vorher Sicherheit in gleicher Höhe.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Die klagende Gesellschaft mit beschränkter Haftung nimmt den beklagten Steuerberater und Wirtschaftsprüfer auf Schadensersatz in Anspruch wegen hoher Verluste, die sie bei einer Unternehmensbeteiligung erlitten hat. Dem liegt das folgende Geschehen zugrunde:

Die im Jahre 1993 gegründete Klägerin ist im Bereich der Behälterlogistik unternehmerisch erfolgreich tätig. Sie verfügte über erhebliche liquide Mittel auf Konten bei der Sparkasse M. (künftig: Sparkasse), ihrer Hausbank. Ihr operatives Geschäft wurde faktisch von ihrem Alleingesellschafter, dem Zeugen G. B., geführt (künftig: Alleingesellschafter), der formell seinen Bruder zum Geschäftsführer bestellt hat (künftig: Geschäftsführer). Der Beklagte erledigte für die Klägerin seit deren Gründung alle steuerlichen Angelegenheiten, fertigte die Jahresabschlüsse, führte die Lohn- und Finanzbuchhaltung und war für sie auch wirtschaftsprüfend tätig. Unter dem 14. März 2001 unterzeichneten namens der Klägerin deren Geschäftsführer und der Beklagte eine von diesem gestellte vorformulierte "Rahmenvereinbarung", in welcher die Klägerin "bestätigt", sie habe von dem in Bezug genommenen vorformulierten Klauselwerk "Allgemeine Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfergesellschaften" in der Fassung vom 01. Juli 2000 Kenntnis genommen und dass diese "… für den bisher erteilten Auftrag und auch alle künftigen Aufträge [gelten], ohne das[s] jeweils bei Auftragserteilung die Verwendung … vereinbart werden muss."

§ 9 Abs. 3 Satz 1 ABB lautet:

"Ein Schadensersatzanspruch kann nur innerhalb einer Ausschlussfrist von 12 Monaten geltend gemacht werden, nachdem der Anspruchsberechtigte von dem Schaden und dem anspruchsbegründenden Ereignis Kenntnis erlangt hat, spätestens aber innerhalb von 5 Jahren nach dem anspruchsbegründenden Ereignis" (künftig: Ausschlussklausel).

Im Spätsommer des Jahres 2002 kam der Alleingesellschafter unter im Einzelnen streitigen Umständen, aber letztlich vermittelt durch die Sparkasse in Kontakt mit der inzwischen insolventen A.-GmbH (HRB XXX AG Düsseldorf, künftig: A. D.), die in Ostasien Gartenmöbel herstellen ließ und in der Bundesrepublik vertrieb. Sie suchte Kapitalgeber, um künftig u. a. ein 5-teiliges Gartenmöbel-Set (im Folgenden: Möbelset) mit Konterfei, Namen und Schriftzug des damaligen Mehrfachweltmeisters in der Formel I, des Rennfahrers Michael Schumacher vertreiben zu können ("Michael Schumacher Collection"), und zwar unter der von der Rechteinhaberin (MSM-GmbH, künftig: MSM) noch zu erwerbenden Lizenz (künftig: Vermarktungsprojekt). Der Alleingesellschafter beauftragte namens der Klägerin den Beklagten, diese Investitionsentscheidung beratend zu begleiten, wobei die Einzelheiten zum Inhalt und Umfang des Auftrags ebenso streitig sind, wie die Einzelheiten zu Inhalt und Verlauf der folgenden Gespräche.

Auf Verlangen des Alleingesellschafters wurde am 04. Oktober 2002 für das operative Geschäft die inzwischen ebenfalls insolvente A. Vertriebsgesellschaft mbH (HRB YYY AG Düsseldorf, künftig: A. Vertrieb) neu gegründet, die den Geschäftsbetrieb auch sogleich aufnahm. An ihr beteiligten sich zunächst die A. D. (Lizenznehmerin) zu 70%, die Klägerin zu 30%. Die Klägerin übertrug ihre Anteile jedoch mit Wirkung ab 23. Dezember 2002 auf die A. D., deren Gesellschaftsanteile sie fortan zur Hälfte hielt. Auf Verlangen des Alleingesellschafters erledigte der Beklagte nun auch die steuerlichen Angelegenheiten der A. Vertrieb seit deren Gründung und ab Januar 2003 auch die der A. D..

Seit Beginn des operativen Geschäfts investierte die Klägerin einen erheblichen Teil ihres liquiden Vermögens in die A.-Gesellschaften, und zwar 7.500,00 EUR zum Erwerb von Geschäftsanteilen, 1.014.704,00 EUR durch die Gewährung von Darlehen und 16.641,62 EUR für Avalzinsen, die ihr die Sparkasse vereinbarungsgemäß aus der Übernahme der Lizenzbürgschaft zugunsten der MSM berechnete. Die Klägerin ist ferner seit August 2003 aus der von ihr vereinbarungsgemäß gegenüber der Sparkasse übernommenen Lizenzrückbürgschaft mit 587.900 EUR in Anspruch genommen worden. Die von der Klägerin eingesetzten Mittel sind verloren.

Die Klägerin, die Ende August 2003 jede weitere Zahlung an die A.-Gesellschaften verweigert hatte, hat den Beklagten unter Beendigung der Zusammenarbeit Ende September 2003 zur Aufklärung der Verluste aufgefordert und anschließend durch den am 16. Dezember 2005 beantragten, am 04. Januar 2006 erlassenen und am 07. Januar 2006 zugestellten Mahnbescheid gerichtlich auf Ersatz des negativen Interesses in Höhe von insgesamt 1.626.745,62 EUR (nebst gestaffelter Zinsen) in Anspruch genommen. Der Beklagte habe, so hat die Klägerin im anschließenden Streitverfahren geltend gemacht, den Auftrag gehabt, die betriebswirtschaftliche Seite der zu treffenden Anlageentscheidung sowie die Zuverlässigkeit der für die A.-Gesellschaften handelnden Personen umfassend zu prüfen. Das sei nicht geschehen, so dass der vom Beklagten erteilte Rat, sich an A. zu beteiligen, keine Grundlage gehabt habe. Ohne diesen Rat hätte er von jeglicher Beteiligung an den A.-Gesellschaften abgesehen.

Der Beklagte hat um Klageabweisung gebeten. Er hat geltend gemacht: In Betracht kommende Schadensersatzansprüche seien wegen der verfristeten Geltendmachung ausgeschlossen. Im Übrigen habe die Klägerin keinen umfassenden Auftrag zur Anlageberatung erteilt. Bis zu der zu treffenden Anlageentscheidung (künftig: Anbahnungsberatung) sei es vielmehr im Wesentlichen nur seine Aufgabe gewesen, die Klägerin bei der Art der unternehmerischen Beteiligung (Eigen- oder Fremdkapital) zu beraten. Er habe aus steuerlichen Gründen Fremdkapitalbeteiligung (Darlehen) empfohlen. Den Anteilserwerb habe die Klägerin auf Veranlassung des Alleingesellschafters gewollt, um in höherem Maße an den zu erwartenden Gewinnen beteiligt zu werden. Nach der getroffenen Beteiligungsentscheidung sei es seine Aufgabe gewesen, den jeweiligen Darlehensbedarf der A.-Gesellschaften zu ermitteln, die von diesen vorgelegten Finanzpläne zu kontrollieren und zu überarbeiten, die Auszahlung der von der Klägerin zu gewährenden Darlehn nach Maßgabe der genehmigten Finanzpläne zu veranlassen und die korrekte Verwendung der Darlehensvaluten zu überwachen. Er habe der Klägerin nicht zu der Investition geraten; vielmehr habe er den Alleingesellschafter wiederholt darauf hingewiesen, dass der Erfolg des Investments allein davon abhänge, ob sich das Möbelset wie geplant absetzen lasse.

Das Landgericht hat die Klage ohne weitere Sachprüfung abgewiesen. Es hat gemeint, ein in Betracht kommender Schadensersatzanspruch sei mit Blick auf die wirksam vereinbarte Ausschlussklausel nicht mehr durchsetzbar; die Klägerin habe ausweislich des Schreibens ihrer Prozessbevollmächtigten vom 26. September 2003 spätestens zu diesem Zeitpunkt von dem behaupteten Beratungsdefizit des Beklagten und dem eingetretenen Schaden Kenntnis gehabt, so dass die Einreichung des Mahnantrags bei Gericht die 12-monatige Ausschlussfrist trotz alsbaldiger Zustellung des Mahnbescheids nicht mehr habe wahren können.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie hält die Ausschlussklausel unverändert für unwirksam, wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag und beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.626.745,62 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus 67.500,00 EUR seit dem 11. Oktober 2002,

aus 40.000,00 EUR seit dem 17. Oktober 2002,

aus 41.704,00 EUR seit dem 02. Dezember 2002,

aus 17.000,00 EUR seit dem 05. Dezember 2002,

aus 100.000,00 EUR seit dem 19. Dezember 2002,

aus 166.000,00 EUR seit dem 13. Januar 2003,

aus 111.000,00 EUR seit dem 14. Februar 2003,

aus 162.000,00 EUR seit dem 01. April 2003,

aus 48.000,00 EUR seit dem 23. April 2003,

aus 89.000,00 EUR seit dem 11. Juni 2003,

aus 295.000,00 EUR seit dem 01. August 2003,

aus 115.000,00 EUR seit dem 27. November 2003,

aus 115.000,00 EUR seit dem 06. Februar 2004,

aus 61.500,00 EUR seit dem 15. Juni 2004,

aus 56.400,00 EUR seit dem 16. Juli 2004,

aus 61.500,00 EUR seit dem 08. Juli 2005,

aus 63.500,00 EUR seit dem 31. Dezember 2004 und

aus 16.641,62 EUR seit Eintritt der Rechtshängigkeit (07. Juni 2006).

Der Beklagte will die Berufung zurückgewiesen haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. Der Senat hat den Beklagten angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen L., H. und G. B.. Wegen der Ergebnisse der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 27. Januar 2009 und den Berichterstattervermerk vom 16. Februar 2009 Bezug genommen.

B.

Das Rechtsmittel ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Schadensersatzanspruch. Es kann nicht festgestellt werden, dass in Betracht zu ziehende Pflichtverletzungen des Beklagten für die von der Klägerin erlittenen Verluste ursächlich geworden sind.

I. Der Senat teilt nicht die vom Landgericht vertretene Rechtsauffassung, ein in Betracht kommender Schadensersatzanspruch der Klägerin sei bereits wegen Verfristung ausgeschlossen. Die Ausschlussklausel benachteiligt die Klägerin vielmehr unangemessen und ist deshalb nichtig, § 307 BGB.

1. Richtig ist allerdings der vom Landgericht gewählte rechtliche Ansatz: Mit der Unterzeichnung der "Rahmenvereinbarung" haben die Parteien die vom Beklagten gestellten ABB in sämtliche (auch künftige) Geschäftsbesorgungsverträge einbezogen, die schwerpunktmäßig wirtschaftsprüfende Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Dazu gehört im Gegensatz zur Führung der Buchhaltung und der Erstellung der Jahresabschlüsse, die im Zusammenhang mit der Fertigung von Steuererklärungen schwerpunktmäßig steuerberatende Tätigkeiten darstellen (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 StBerG), auch die hier umstrittene beratende Tätigkeit des Beklagten. Schwerpunkt der von ihm geschuldeten Dienstleistung war die Beratung der von ihrem Alleingesellschafter vertretenen Klägerin "in wirtschaftlichen Angelegenheiten" (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 WiPrO), nämlich zu der ihm gestellten Frage nach der Wirtschaftlichkeit des Investments (vgl. dazu noch die nachfolgenden Erwägungen sub II 1). Die damit verbundenen ertragssteuerlichen Fragen traten in den Hintergrund.

2. Die Ausschlussklausel benachteiligt die Klägerin deshalb unangemessen im Sinne des § 307 BGB, weil sie materiell deutlich hinter der gesetzlichen, den Mindeststandard wiedergebenden Regelung zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Angehörige beratender Berufe, die besonderes Vertrauen beanspruchen, zurückbleibt (vgl. BGH NJW 1979, 1550, 1551 f sub II; 1984, 2524 sub III, 1986, 1171, 1172 sub 2 jew. zum Steuerberater; Staudinger/Coester, BGB [2006], § 307 Rn 657; MünchKomm/Kieninger, BGB, 5. Aufl. [2007], § 307 Rn 110; Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl. § 307 Rn 150).

a) Der für die Rechtsbeziehungen der Parteien maßgebliche Standard ergibt sich mit Blick auf den hier gefragten Schwerpunkt der geschuldeten wirtschaftsprüfenden Beratung (vgl. dazu BGH NJW 1982, 1866,1867) aus § 51a Satz 1 WiPrO. Diese die Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Wirtschaftsprüfer regelnde Bestimmung galt in ihrer Fassung vom 05. November 1975 (BGBl I S. 2803) bis zum Ablauf des 31. Dezember 2003, war also mit Blick auf die hier von der Klägerin geltend gemachten Beratungsdefizite in den Jahren 2002/3 die einschlägige gesetzliche Regelung. Danach verjährten derartige Ansprüche kenntnisunabhängig innerhalb von fünf Jahren ab Schadenseintritt. Wegen der fehlenden Abhängigkeit des Verjährungseintritts von der Kenntnis des Schadenseintritts und der Person des Schädigers konnte das zwar dazu führen, dass Schadensersatzansprüche in den Fällen, in denen der Schaden zwar vor Ablauf der Verjährungsfrist eingetreten, aber erst danach hervorgetreten war oder in denen der Geschädigte den Berater erst nach Ablauf der Verjährungsfrist als Schadensverursacher zu identifizieren vermochte, der Verjährung anheim fielen. Andererseits hatte der Geschädigte aber auch in den Fällen, in denen er die (Mit-) Verantwortlichkeit des Beraters am eingetretenen Schaden sofort erkannt hatte, volle fünf Jahre Zeit, um den Anspruch gerichtlich geltend zu machen.

b) Demgegenüber verschlechtert die Ausschlussklausel, deren Voraussetzungen zudem von Amts wegen und nicht erst auf Einrede berücksichtigt werden müssen, die rechtliche Lage des Verwendungsgegners ganz entscheidend. Da sie die gesetzlichen Verjährungsregeln nicht ersetzt, sondern kumulativ neben diese tritt, werden die Rechte des Verwendungsgegners gegenüber dem gesetzlich geregelten Standard zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen in einem entscheidenden Punkt verschärft, nämlich gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1, Halbs. 1 AAB in den Fällen, in denen der Geschädigte von dem eingetretenen Schaden und dem anspruchsbegründenden Ereignis mehr als ein Jahr vor Eintritt der Verjährung Kenntnis erlangt. In diesen Fällen kann der Geschädigte die ihm gesetzlich nach den Verjährungsregeln zustehende Überlegungsfrist zur Durchsetzung seiner Ansprüche nicht mehr ausschöpfen, sondern muss jetzt binnen Jahresfrist den Anspruch geltend machen, und zwar auch dann, wenn er trotz der erlangten Kenntnis das Vertrauen in den Berater noch nicht verloren hat und sich von diesem weiter beraten und vertreten lässt. Zwar sieht die Ausschlussklausel keine gerichtliche Geltendmachung vor. Der Mandant wird aber auch die außergerichtliche Geltendmachung so lange nicht erwägen, wie er dem Berater trotz der erlangten Kenntnis noch vertraut. Das wird vor allem in den Fällen so sein, in denen der Berater (nur) Mitverursacher des Schadens ist oder in denen der Berater dem Geschädigten Wege aufzeigt, um den zwar eingetretenen, aber noch nicht endgültig erscheinenden Schaden wieder zu beseitigen und die Schadensbeseitigung erst nach Ablauf der Frist misslingt.

c) Die Unangemessenheit der Ausschlussklausel wird ferner gleichsam indiziert durch ihre hohe Distanz von der Frist, welche ein Geschädigter nach der gesetzlichen, für Ansprüche der hier vorliegenden Art seit dem 01. Januar 2004 geltenden Neuregelung der Verjährung (§§ 195, 199 BGB; § 139b WiPrO n.F.) zur Durchsetzung seiner Ansprüche hat. Danach verjähren Schadensersatzansprüche erst binnen drei Jahren beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Schaden entstanden ist und der Geschädigte Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schädigers erlangt hat.

II. Der Senat ist auch der Überzeugung, dass der Beklagte die ihn gegenüber der Klägerin treffenden Beratungspflichten im Zuge der Anbahnungsberatung verletzt hat.

1. Der Beklagte hatte diesbezüglich entgegen seinem Vorbringen keinen gegenständlich eingeschränkten Prüfungs- und Beratungsauftrag. Nach den vom Senat getroffenen Feststellungen hatte er vielmehr die wirtschaftliche Seite der zu treffenden Anlageentscheidung umfassend zu prüfen und den Alleingesellschafter so zu beraten, dass dieser in der Lage war, eine verantwortliche Entscheidung über das von der Klägerin beabsichtigte Investment zu treffen.

a) Dass der erteilte Auftrag im Zuge der Anbahnungsberatung nicht darauf beschränkt war, die Klägerin nur hinsichtlich der Art der Unternehmensbeteiligung zu beraten, ergibt sich indiziell bereits aus dem in anderem Zusammenhang gebrachten Vortrag des Beklagten, wonach er sich schon am 20. September 2002 (noch ohne persönliche Beteiligung des Alleingesellschafters) das Produkt hat vorführen lassen, Absatzprognosen der A. entgegengenommen und die vorgelegte Finanzplanung der A. D. geprüft habe, die Grundlage der geprüften Plausibilität der Renditeprognose und dazu angestellter eigener Prognosen unter Ansatz varianter Umsätze gewesen und die mit dem Alleingesellschafter am 24. September 2002 besprochen worden sei. Im Übrigen hat der Beklagte bei seiner persönlichen Anhörung im Senatstermin erklärt, von dem Alleingesellschafter gebeten worden zu sein, "die von A. vorgelegten Zahlen zu prüfen" und er hat auf den auf diese Aussage bezogenen Vorhalt bekräftigt, seine Aufgabe habe darin bestanden, "die Plausibilität der Angaben von A. zu prüfen und für [den Alleingesellschafter] die Entscheidung [i.e. für die beabsichtigte Anlage] vorzubereiten". Daraus zieht der Senat den Schluss (§ 286 ZPO), dass der Beklagte die erforderlichen Prüfungen uneingeschränkt durchzuführen und die Klägerin diesbezüglich auch uneingeschränkt zu beraten hatte.

b) Die Prüfung und Beratung des Beklagten war in einem Punkt unzureichend.

aa) Allerdings trifft der Vorwurf der Klägerin nicht zu, der Beklagte habe weder die betriebswirtschaftliche Seriosität des Vermarktungsprojekts noch die persönliche Zuverlässigkeit der für die A. handelnden Personen überprüft.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hatte die A. D. zu der vom Senat gewonnenen Überzeugung (§ 286 ZPO) sowohl einen Business- als auch einen Finanzierungsplan vorgelegt, der von dem Beklagten vor der Investitionsentscheidung nicht nur geprüft worden ist, sondern den er unter Zugrundelegung nachteilig abweichender Daten mit weiteren Modellen erläutert und mit dem Alleingesellschafter besprochen hatte. Dieser war ferner darüber informiert, dass der A. D. für das Vermarktungsprojekt kein Eigenkapital zur Verfügung stand und diese dafür auch keine Darlehen auf dem allgemeinen Kreditmarkt zu erlangen vermochte. Das war ja gerade der Anlass der Sparkasse gewesen, den Alleingesellschafter für diese Investition zu interessieren. Schließlich war der Alleingesellschafter auch darüber informiert, dass der faktische Gesellschafter die A. D. mit einer "Strohfrau" führte und künftig die A.-Gesellschaften mit dieser "Strohfrau" führen wollte, um seine Einkünfte wegen unbefriedigt gebliebener Forderungen einer insolventen und vermögenslosen Gesellschaft vor deren Gläubigern zu verbergen. Soweit der Alleingesellschafter in seiner Vernehmung darauf bezogenes Wissen in Abrede gestellt hat, lässt sich wegen der glaubhaften gegenteiligen Aussagen der Zeugen L. und H. und der ebenfalls gegenteiligen Angaben des Beklagten eine davon abweichende Überzeugung nicht gründen. Der Zeuge B. hat als Alleingesellschafter der Klägerin ein unmittelbares persönliches Interesse am Verfahrensausgang, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass seine abweichende Bekundung davon beeinflusst worden ist. Hinzu kommt, dass seine Erinnerung an die aufzuklärenden Geschehnisse auch in anderen, eher unverfänglichen Zusammenhängen getrübt zu sein scheint.

bb) Richtig ist jedoch, dass es der Beklagte versäumt hat, vor der zu treffenden Investitionsentscheidung die Frage einer in Betracht zu ziehenden Verschuldung der A. D. sorgfältig zu prüfen, insbesondere deren Gesellschafter zu veranlassen, einen bilanziellen Zwischenstatus vorzulegen oder fertigen zu lassen. Ein solcher Status konnte durch eine bloße Befragung der Beteiligten und durch die Einsichtnahme in einen "Belegordner" nicht ersetzt werden, weil der Beklagte auf der Grundlage derart unsicherer Informationen keine gesicherten Feststellungen zur Finanzlage des seit fast einem Jahr werbenden Unternehmens zu treffen vermochte. Zumindest hätte er die Klägerin auf die Gefahren, die mit einem solchen Defizit verbunden sind, hinweisen müssen, was nach den in der Beweisaufnahme getroffenen Feststellungen aber nicht geschehen ist.

III. Trotz dieser unvollständigen Beratung haftet der Beklagte für die eingetretenen Schäden nicht. Es kann nämlich nicht festgestellt werden, dass das hier in Rede stehende Beratungsdefizit schadensursächlich geworden ist.

Von einer Kausalität dieser Pflichtverletzung für den Schadenseintritt könnte nur dann die Rede sein, wenn die Klägerin dargelegt und unter Beweis gestellt hätte, dass bereits zum Zeitpunkt ihrer Investitionsentscheidung, also Anfang Oktober 2002, die A. D. überschuldet gewesen war. Da die Klägerin das aber nicht behauptet und dafür weder die vom Senat durchgeführte Beweisaufnahme hinreichende Anhaltspunkte ergeben noch die Klägerin weiteren geeigneten Beweis angetreten hat, ja dem Beklagten nicht einmal die fehlende Prüfung der Überschuldung der A. D. als Pflichtverletzung zum Vorwurf macht, führt das den Senat zu der Überzeugung (§ 286 ZPO), dass diese Frage für die Investitionsentscheidung der Klägerin keine maßgebliche Rolle gespielt hat. Doch selbst dann, wenn die Prüfung der Überschuldung geeignet gewesen wäre, auf die Investitionsentscheidung Einfluss zu nehmen, wäre sie nur in der Weise bedeutsam gewesen, dass die von dem Beklagten richtig belehrte Klägerin diesem diesbezüglich einen (besonderen) Prüfungsauftrag erteilt hätte. Das bloße Nichtvorliegen des Zwischenstatus hätte sie zur Überzeugung des Senats jedenfalls nicht veranlasst, von vornherein von einer Beteiligung abzusehen. Da die Klägerin nicht behauptet, die A. D. sei zu jenem Zeitpunkt überschuldet gewesen, ist im Rechtsstreit davon auszugehen, dass die pflichtgemäße Prüfung des Beklagten zu dem Ergebnis geführt hätte, dass eine Überschuldung nicht vorliege, so dass die über die Finanzlage der A. D. richtig belehrte und informierte Klägerin die Investitionsentscheidung in gleicher Weise getroffen hätte, wie sie sie am Ende tatsächlich getroffen hat.

IV. Ohne Erfolg macht die Klägerin schließlich geltend, der Beklagte habe seine Pflichten als ihr Berater ferner dadurch verletzt, dass er sie nicht wenigstens im Sommer 2003 auf die schwierige wirtschaftliche Lage der A. Vertrieb hingewiesen und ihr so die Möglichkeit genommen habe, wenigstens einen Teil der erlittenen Verluste zu vermeiden. Der Beklagte war für eine solche unternehmerische Entscheidung nicht zuständig, abgesehen davon, dass er sich als der Steuerberater der A.-Gesellschaften schadensersatzpflichtig gemacht hätte, wenn er der Klägerin geraten hätte, vertraglich versprochene Investitionen nicht zu tätigen. Im Übrigen übersieht die Klägerin, dass die Investitionsmittel, die tatsächlich geflossen sind, mit Blick auf die von der Klägerin eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen auch durch den Insolvenzverwalter der A.-Gesellschaften hätten eingefordert werden können, so wie er es hinsichtlich weiterer Darlehnsmittel auch versucht hatte. Deren Ausreichung vermochte der Insolvenzverwalter nur deshalb nicht durchzusetzen, weil es für den letzten Teil der nicht ausgereichten Darlehen keine beweisbare vertragliche Grundlage gegeben hatte.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen; die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 ZPO.