LG Köln, Urteil vom 12.02.2009 - 29 S 93/08
Fundstelle
openJur 2011, 64001
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 23 C 24/07
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Leverkusen vom 20.08.2008 - 23 C 24/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft L2-Straße21-23a. Mit seiner Klage vom 18.09.2007 hat sich der Kläger gegen den Beschluss zu TOP 6 b) aus der Wohnungseigentümerversammlung vom 21.08.2007 gewendet und begehrt, diesen für unwirksam zu erklären. In der Klageschrift vom 18.09.2007 lautet die Beklagtenbezeichnung: "Wohnungseigentümergemeinschaft L2-Straße21-23a, ......2 M, Zustellungsbevollmächtigte und Verwalterin: WCW Haus- und Grundbesitz-Verwaltungs-GmbH, H-Straße, ...... M, vertreten durch die Geschäftsführer T und K - Beklagte". Die Klageschrift ist der Verwalterin der WEG am 25.10.2007 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 07.01.2008 hat der Klägervertreter mitgeteilt, dass die Klage nunmehr gerichtet werde gegen "1. Andreas Doss, L2-Straße21, ......2 M, ...". Es folgte eine Auflistung der einzelnen Miteigentümer. Wegen der Einzelheiten der Begründung sowie der Darstellung des Parteivorbringens wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des Amtsgerichts Bezug genommen, mit dem dieses die Klage abgewiesen hat. Gegen dieses am 27.08.2008 an den Prozessvertreter des Klägers zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 12.09.2008, hier eingegangen am selben Tag, Berufung eingelegt und diese am 30.09.2008 begründet.

Der Kläger beantragt,

Unter Aufhebung des Urteils des AG M vom 20.08.2008, Az. 23 C 24/07 die Beschlüsse zu TOP 6b) aus der WE-Versammlung vom 21.08.2007 für unwirksam zu erklären, die wie folgt lauten:

"Die WCW Haus- und Grundbesitz-Verwaltungs-GmbH wird beauftragt, den auf die Eigentümer A und Z entfallenden Betrag der Fertigstellungskosten gerechnet nach Miteigentumsanteilen, mit Fristsetzung 30.09.2007 anzufordern. Des Weiteren wird die Kanzlei N beauftragt, die Differenz zwischen dem angefochtenen Betrag der Fertigstellung und der restlichen Kaufpreiszahlung gemäß dem § 812 der ungerechtfertigten Bereicherung bei den Miteigentümern A und Z einzufordern."

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen.

Dies folgt allerdings bereits daraus, dass die materielle Anfechtungsfrist des § 46 Abs. 1 S. 2 WEG nicht eingehalten worden ist. Nach dieser Vorschrift muss die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach Beschlussfassung erhoben werden. Gem. § 253 Abs. 1 ZPO erfolgt die Klageerhebung durch Zustellung der Klageschrift an den Beklagten. Richtiger Beklagter der Beschlussanfechtungsklage sind nach § 46 Abs. 1 S. 1 WEG die übrigen Wohnungseigentümer.

Vorliegend ist die Klage allerdings nicht an den richtigen Beklagten zugestellt worden. Sie richtete sich von Anfang an gegen die WEG und nicht gegen die übrigen Eigentümer und kann daher auch nicht den Ablauf der Frist des § 46 Abs. 1 S. 2 WEG hemmen.

Die Bezeichnung der Beklagten in der Klageschrift vom 18.09.2007 ist insofern eindeutig. Das ergibt sich auch daraus, dass in den folgenden Schriftsätzen sowohl im Rubrum als auch im Text der Schriftsätze stets von der Beklagten die Rede ist. Der Klägervertreter selbst hat in seiner Klageänderung vom 07.01.2008 dargelegt, dass die Klage "nunmehr gerichtet wird gegen...". Es folgt eine Auflistung der einzelnen Wohnungseigentümer. Der Kläger geht also selbst davon aus, dass es sich bei den übrigen Wohnungseigentümern um neue von der WEG verschiedene Beklagte handelt. Eine Auslegung der ursprünglichen Klageschrift als gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtet kommt nicht in Betracht. Eine solche kann nur erfolgen, wenn die Bezeichnung in der Klageschrift überhaupt der Auslegung fähig ist. Auslegungsfähigkeit liegt allerdings nur dann vor, wenn die Bezeichnung mehrdeutig ist. So liegen die Dinge hier indes nicht. Die Verantwortung für die Parteibezeichnung liegt allein beim Kläger (MüKo ZPO-Lüke, § 253 Rn. 45; Berghoff, Die wohnungseigentumsrechtliche Anfechtungsklage im ZPO-Verfahren, NZM 2007, 425). Die bezeichnete Partei erlangt die Parteistellung ohne Rücksicht auf ihre Beteiligung am materiellen Rechtsverhältnis (MüKo-Lüke, § 286, Rn. 45). Mit der gewählten Bezeichnung "Wohnungseigentümergemeinschaft XY" und "Beklagte" hat der Kläger eindeutig die WEG als Verband verklagen wollen, was sich auch aus § 10 Abs. 6 S. 4 WEG ergibt, der den Begriff der "Wohnungseigentümergemeinschaft X" für den Verband zwingend vorschreibt und reserviert. Dass der Verband indes nicht passivlegitimiert in Bezug auf das Anfechtungsrecht ist, liegt in der Risikosphäre des Klägers. Stellt sich nämlich heraus, dass eine nach der Klageschrift mit hinreichender Deutlichkeit gemeinte Partei materiellrechtlich nicht der Berechtigte oder Verpflichtete ist, so kann eine Umstellung nur durch Parteiwechsel, nicht jedoch durch Berichtigung erfolgen (BGH NJW 1987, 1947; LG Darmstadt, ZMR 2008, 736). Insofern ist auch nicht die Entscheidung des BGH, Urteil vom 27.11.2007 - X ZR 144/06 auf diesen Fall übertragbar. In dieser Entscheidung war klar aus der Klagebegründung ersichtlich, dass es zu der im Klagerubrum aufgeführten Beklagten keine rechtlichen Beziehungen gab. So liegen die Dinge hier aber gerade nicht. Es bestehen rechtliche Beziehungen der Klägerin sowohl zu den übrigen Miteigentümern als auch zur WEG als Verband (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 05.09.2008 - 16 S 13/08)

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 44 Abs. 1 WEG. Zwar hilft diese Vorschrift über mögliche Schwierigkeiten bei der Bezeichnung der beklagten Partei hinweg. Gemeint ist hier allerdings, dass als Bezeichnung für die übrigen Wohnungseigentümer ausreichend ist: "Wohnungseigentümer der Liegenschaft...." (vgl. Riecke, Schmid-Abramenko, § 44 Rn. 3). Diese Bezeichnung muss dann später durch die Angaben zu den einzelnen Wohnungseigentümern ersetzt werden, nämlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Verwendung dieser Sammelbezeichnung ist jedoch, dass sämtliche Wohnungseigentümer als Parteien an einem Rechtsstreit beteiligt werden sollen (Jennißen-Suilmann, § 44 Rn. 4). Daraus folgt, dass die Vorschrift hier schon gar nicht anwendbar ist, da sie nicht da abhelfen soll, wo von vornherein die falsche Partei verklagt wurde, sondern nur über Schwierigkeiten hinweghelfen soll, die bei dem Vorgehen gegen die richtige Partei, nämlich die einzelnen Miteigentümer naturgemäß bestehen.

Auch die Verweise des Klägervertreters auf die Urteile des OLG Karlsruhe vom 30.06.2008, NJW 2008, 2857, OLG Düsseldorf vom 26.06.2008, NJW RR, 1467 verfangen nicht. Diese verhalten sich ersichtlich zum WEG alte Fassung und sind wegen der Anwendbarkeit der ZPO nach dem neuen WEG hier nicht einschlägig.

Daher wird das Verfahren gegen die übrigen Wohnungseigentümer mangels Zustellung der Klageänderung vom 07.01.2008 gem. § 261 Abs. 2 ZPO frühestens mit der Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung am 07.04.2008 rechtshängig, mithin lange nach Ablauf der Anfechtungsfrist. Die vorherige Klageerhebung gegen die WEG wirkt nicht fristwahrend gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern, da es sich nach dem oben Ausgeführten eben nicht um eine einfache identitätswahrende Berichtigung sondern um eine subjektive Klageänderung handelt.

Gründe für eine Wiedereinsetzung in die Anfechtungsfrist nach §§ 46 Abs. 1 S. 3 WEG, 223 ff. ZPO sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, denn die dafür erforderlichen Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung in Bezug auf die jeweilige Bezeichnung des Beklagten. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 18.121,64 €