AG Plettenberg, Urteil vom 12.05.2009 - 1 C 372/08
Fundstelle
openJur 2011, 63463
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages anzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe sichert.

Tatbestand

Mit Jagdpachtvertrag vom 31.03.2006 pachteten der Beklagte sowie der mittlerweile verstorbene Herr ..... von der Jagdgenossenschaft des gemeinschaftlichen Jagdbezirks ...... als Verpächter den gemeinschaftlichen Jagdbezirk ........ mit Wirkung ab 01.04.2006 und einer Fläche von 257 ha zu einer jährlichen Jagdpacht von 5.808,00 € an. Das Jagdpachtverhältnis wurde bis zum 31.03.2015 befristet.

In § 10 des Jagdpachtvertrages heißt es:

"Beim Tode des (der) Pächter(s) ist die Nachfolge nach § 14 LJG/NW zu regeln",

wobei zwischen den Parteien unstreitig ist, dass es sich bei der Erwähnung des § 14 LJG/NW um einen Schreibfehler handelt und die Rechtsnachfolge sich nach § 16 LJG/NW richten sollte.

Der Beklagte und Herr ........ trafen unter dem 15.09.2007 untereinander eine schriftliche Vereinbarung dahingehend, dass sie sich die Jagdausübung auf der Fläche des gepachteten Bezirks teilten. Der bereits verstorbene Mitpächter ........ sollte die Jagd in dem südlich gelegenen Teil des gemeinschaftlichen Jagdbezirks ........., der gegenüber dem nördlichen Teil durch eine Linie, die von der ............. bis zum Ende der abgebrochenen Unterführung östlich der ehemaligen Bahntrasse bis zur Kurve zwischen .......... und ........, weiter über den .........Weg, .......... bis zur Gemeindegrenze nahe der oberen ....... verläuft, ausüben. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung wird auf den in Kopie der Klageschrift anliegenden Vertrag (Bl. 20 d.A.) verwiesen.

Im Frühjahr 2008 erkrankte der Pächter ......... schwer. Eine Verlängerung seines am 31.03.2008 auslaufenden Dreijahresjagdscheines beantragte er nicht. Er leitete auch keine weiteren Maßnahmen diesbezüglich ein. Am 22.06.2008 verstarb Herr ........ und wurde zumindest auch von seiner Ehefrau Frau ........... beerbt.

Frau .......... teilte der unteren Jagdbehörde des ........... mit Schreiben vom 24.06.2008 den Tod ihres Mannes mit und benannte zudem einen neuen Jagdausübungsberechtigten - den Kläger - als Rechtsnachfolger. Mit Schreiben vom selben Tage machte Frau ........ entsprechende Mitteilung an die Jagdgenossenschaft. Der Beklagte wurde von ihr mit Schreiben vom 30.6.2008 über das Versterben des Herrn ....... und die Benennung des Klägers in Kenntnis gesetzt.

Die Abkömmlinge des verstorbenen Herrn ....., ....., ..... und ....., billigten die Benennung des Klägers als Jagdausübungsberechtigten nachträglich mit an die untere Jagdbehörde des ......... gerichteten Schreiben vom 17.09.2008.

Die untere Jagdbehörde trug zunächst aufgrund der Benennung durch ..... ....... die hälftige Fläche des gemeinschaftlichen Jagdbezirkes - wie bereits beschrieben - als Pachtfläche in dem Jagdschein des Klägers ein. Mit Schreiben vom 01.07.2008 forderte sie den Kläger zur Rücksendung seines Jagdscheines zwecks Berichtigung auf, da die Eintragung über die entgeltliche Jagderlaubnis in seinen Jagdschein zu Unrecht erfolgt sei.

Der Beklagte jagte zwischenzeitlich auf dem streitgegenständlichen Gebiet, was ihm mit einstweiliger Verfügung des Amtsgerichts Q vom 17.07.2008 in dem Verfahren 1 C 278/08 vorläufig untersagt wurde.

Der Kläger ist der Auffassung, dass er infolge der Benennung durch ..........., die testamentarische Alleinerbin des Mitpächters ........ sei, in die Rechtsnachfolge desselben eingetreten sei. Aufgrund der Regelung in § 10 des Pachtvertrages stehe ihm nunmehr das Jagdrecht zu. Die zuvor bestehende bürgerlichrechtliche Gesellschaft zwischen dem Beklagten und Herrn ...... sei aufgelöst. Der Jagdpachtvertrag sei auch nicht erloschen. Die Voraussetzungen des § 13 BJagdG lägen nicht vor, da eine Frist zur Beantragung eines Jagdscheines von der Jagdbehörde nicht gesetzt worden sei.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, die Jagd in dem südlich gelegenen Teil des gemeinschaftlichen Jagdbezirks ......, der gegenüber dem nördlichen Teil durch eine Linie, die von der ....... bis zum Ende der abgebrochenen Unterführung östlich der ehemaligen Bahntrasse bis zur Kurve zwischen ...... und ......., weiter über den ....... Weg, .... bis zur Gemeindegrenze nahe der oberen ...... verläuft und der in der dieser Klage als Anlage 1 beigefügten Karte grün umrandet dargestellt ist, auszuüben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, der Jagdpachtvertrag sei in Bezug auf Herrn ...... zur Zeit seines Todes aufgrund der Regelung des § 13 BJagdG bereits erloschen gewesen, so dass die Regelung des § 16 LJG/NW nicht eingreife. Da der Mitpächter Herr ...... den Jagdschein bis zum 31.03.2008 nicht verlängert habe und er die Voraussetzungen für eine Verlängerung aufgrund seines schlechten gesundheitlichen Zustandes auch nicht habe erfüllen können, sei der Jagdpachtvertrag mit ihm gemäß § 13 BJagdG entfallen. Der Anteil des Herrn ....... sei gemäß § 13 a BJagdG dem Beklagten als verbleibendem Mitpächter angewachsen.

Der Beklagte meint ferner, zu der Benennung des Klägers als Jagdausübungsberechtigten sei seine Zustimmung erforderlich gewesen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten nicht zu. Der Kläger ist nicht aktivlegitimiert, da er nicht allein Jagdausübungsberechtiger auf der streitigen Fläche ist.

Der Kläger konnte durch die Benennung der ......... schon deshalb nicht Jagdausübungsberechtigter auf der streitigen Fläche werden, weil das Jagdpachtverhältnis mit dem Mitpächter ........ bereits vor dessen Versterben gemäß § 13 BJagdG erloschen war.

Die Regelung des § 16 LJG/NW, wonach die Erben im Falle des Todes eines Mitpächters der unteren Jagdbehörde die jagdausübungsberechtigten Erben bzw. eine andere jagdpachtfähige Person unter Beachtung der Vorschrift des § 11 Abs. 1 benennen, setzt voraus, dass das Jagdpachtverhältnis mit dem Pächter zum Zeitpunkt seines Versterbens noch Bestand hatte. Dies war jedoch aufgrund der Regelung des § 13 BJagdG nicht der Fall, so dass § 16 LJG/NW nicht zum Zuge kam.

Das Jagdpachtverhältnis mit Herrn ............ war bereits vor seinem Tode gemäß § 13 S. 2 Alt. 2 BJagdG erloschen, da die Gültigkeitsdauer seines Jagdscheines mit dem 31.03.2008 abgelaufen war und er die Voraussetzungen für die Erteilung eines neuen Jagdscheines nicht fristgemäß erfüllt hatte.

Nach Auffassung des erkennenden Gerichts ist die Formulierung "nicht fristgemäß" dahingehend auszulegen, dass ein Jagdpachtverhältnis mit Ablauf der Gültigkeitsdauer des Jagdscheins automatisch erlischt, wenn nicht der Pächter rechtzeitig - d.h. vor Ablauf der Gültigkeitsdauer - einen Antrag auf Erteilung eines neuen Jagdscheines gestellt und er die Voraussetzungen für die Erteilung eines neuen Jagdscheines zu diesem Zeitpunkt erfüllt hat.

Das Wort "fristgemäß" kann schon nach seinem Wortlaut nur dahingehend verstanden werden, dass damit der Ablauf der Gültigkeitsdauer des Jagdscheines gemeint ist. Zwar ist ausdrücklich keine Pflicht des Jagdpächters normiert, bei Ablauf der Gültigkeitsdauer des Jagdscheines die Erteilung eines neuen Jagdscheines zu beantragen. Es entspricht aber dem gängigen Sprachgebrauch, bei einer beschränkten Gültigkeitsdauer von einer "Befristung" zu sprechen, so dass aus der Verwendung des Wortes "fristgemäß" durch den Gesetzgeber darauf geschlossen werden kann, dass er damit eben den Ablauf der Gültigkeitsdauer/Befristung des Jagdscheines meinte.

Allein diese Auslegung trägt auch der Vorschrift des § 11 Abs. 5 BJagdG Rechnung, wonach Pächter (grundsätzlich) nur sein kann, wer einen Jagdschein besitzt (vgl. Drees / Thies / Müller-Schallenberg, Das Jagdrecht in Nordrhein-Westfalen, 4. Auflage Stand 2005, S. 116 - zu § 13 BJG; Lorz / Metzger / Stöckel, Jagdrecht, Fischereirecht, 3. Auflage 1998, § 13 Rn. 3; a.A. LG M, Urteil vom 21.07.1967, MDR 6/1968, 496 f.; Mitzschke / Schäfer, Kommentar zum Bundesjagdgesetz, 4. Auflage 1982, § 13 Rn. 14). Der Wille des Gesetzgebers ist danach in der verwendeten Formulierung "fristgemäß" hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen (a.A. LG M, Urteil vom 21.07.1967, MDR 6/1968, 496 f.).

Die vorgenommene Auslegung wird zudem von den folgenden Erwägungen gestützt:

Ursprünglich lautete die Fassung des § 13 S. 1 BJagdG wie folgt:

"Der Jagdpachtvertrag erlischt, wenn dem Pächter der Jagdschein entzogen und nicht wieder erteilt wird".

Im Gesetzgebungsverfahren wurde sodann vorgeschlagen, das § 13 S. 1 BJagdG wie folgt neu gefasst werden solle:

"Der Jagdpachtvertrag erlischt, wenn dem Pächter der Jahresjagdschein unanfechtbar entzogen ist. Er erlischt auch dann, wenn die Gültigkeitsdauer des Jahresjagdscheins abgelaufen und entweder die zuständige Behörde die Erteilung eines neuen Jagdscheins unanfechtbar versagt hat oder der Pächter nicht binnen einer von der zuständigen Behörde gesetzten Frist die Voraussetzung für die Erteilung eines neuen Bundesjagdscheins durch Antragstellung und Einzahlung der Gebühr erfüllt hat".

Letztlich wurde § 13 BJagdG jedoch wie der heutigen Fassung formuliert und insoweit den Bedenken Rechnung getragen, dass es nach der vorgeschlagenen Formulierung im Belieben des Jagdpächters stehen könne, durch Nichterneuerung des Jagdscheines eine ihn drohende Versagung und damit eine zwangsläufige Erlöschung des Pachtvertrages (zunächst) zu vermeiden.

Aus dem Umstand, dass die vorgeschlagene Formulierung, wonach eine von der Jagdbehörde gesetzte Frist abgelaufen sein muss, gerade nicht umgesetzt wurde, ist danach zu schließen, dass der Gesetzgeber mit der Regelung ein Erlöschen des Jagdscheines gerade unabhängig von einer durch die Jagdbehörde gesetzten Frist bezweckte.

Für diese Auslegung spricht auch, dass mehrere Bundesländer im Gegensatz zu Nordrhein-Westfalen aufgrund der sich aus Art. 72 Abs. 3 Nr. 1 GG ergebenden Kompetenz abweichende bzw. klarstellende Regelungen zu § 13 S. 2 BJagdG getroffen haben. So heißt es etwa in Art. 19 des Bayrischen Jagdgesetzes:

"Ist die Gültigkeitsdauer eines Jagdscheins abgelaufen, so erlischt der Jagdpachtvertrag oder Jagderlaubnisvertrag im Fall des § 13 Satz 2 des Bundesjagdgesetzes nur dann, wenn der Jagdpächter oder Inhaber der entgeltlichen Dauerjagderlaubnis innerhalb einer von der Jagdbehörde gesetzten angemessenen Frist einen Jahresjagdschein nicht beantragt oder sonstige Voraussetzungen dafür nicht erfüllt"

und in § 12 Abs. 2 LJagdG Baden-Württemberg:

"Ist der Jagdpächter aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, gehindert, bis zum Ablauf der Gültigkeitsdauer des alten einen neuen Jagdschein zu erwerben oder die Voraussetzungen für dessen Erteilung zu erfüllen, so hat er dies der für seinen Jagdbezirk zuständigen unteren Jagdbehörde unverzüglich schriftlich mitzuteilen. In diesem Fall erlischt der Jagdpachtvertrag erst dann, wenn der Jagdpächter nicht innerhalb einer von dieser Jagdbehörde gesetzten angemessenen Frist einen Jahresjagdschein erworben oder die Voraussetzungen für dessen Erteilung erfüllt hat.

Diese landesrechtlichen Regelungen, wonach erst der Ablauf einer von der Jagdbehörde gesetzten Frist zum Erlöschen des Jagdpachtvertrages führt, wären überflüssig, wenn schon von § 13 S. 2 Alt. 2 BJagdG der Ablauf einer behördlich gesetzten Frist gefordert wäre.

Nachdem schon aufgrund des vorherigen Erlöschens des Jagdpachtverhältnisses mit Herrn ............ gemäß § 13 S. 2 Alt. 2 BJagdG eine Bestimmung des Jagausübungsberechtigten gemäß § 16 LJG/NW durch ............. nicht möglich war, kommt es auf die streitigen Fragen, wie sich die Erbfolge nach Herrn ........... darstellt und ob eine Zustimmung des Beklagten zu der Benennung des Klägers erforderlich gewesen wäre, nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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