OLG Köln, Urteil vom 22.01.2009 - 18 U 142/07
Fundstelle
openJur 2011, 63352
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 87 O 181/04
Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 6.7.2007 verkündete Urteil der 7. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 87 O 181/04 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.256.275,15 € nebst Zin-sen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.600.362,51 € vom 16.11.2004 bis zum 16.1.2005 und aus 3.256.275,15 € seit dem 17.1.2005 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 9 % und der Beklagte zu 91 %. Die Kosten der Streithelferin tragen diese selbst zu 9 % und der Beklagte zu 91 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin bzw. die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 3.575.924,77 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten als ihren ehemaligen Geschäftsführer auf Schadensersatz in Anspruch wegen Abgabe einer Garantieerklärung, für die der Beklagte - entgegen dem Gesellschaftervertrag - nicht die Zustimmung des Beirats eingeholt hat und aus der sie von der Streithelferin in Anspruch genommen worden ist. § 7 Abs. 3 litt. b) und h) des Gesellschaftsvertrages der Klägerin bestimmen, dass deren Komplementärin zur Übernahme von Garantien von mehr als 250.000 DM im Einzelfall bzw. von mehr als 1 Mio. DM pro Geschäftsjahr der Zustimmung der Gesellschafterversammlung, die auf den Beirat delegiert ist, bedarf.

Der Beklagte - bis März 2003 auch Gesellschafter der Klägerin - war bis Anfang 2004 einer von zwei Geschäftsführern der Komplementär-GmbH. Am 15.12.2003 erklärte die Klägerin die Kündigung des Geschäftsführervertrages zum 31.12.2004. Nachdem sie dem Beklagten seine bisherige Ressortzuständigkeit entzog, erklärte der Beklagte seinerseits am 5.1.2004 die fristlose Kündigung des Geschäftsführervertrages.

Die Klägerin bezog Stahl u.a. über die Streithelferin. Zwischengeschaltet war eine Firma F. N. U. Ltd. mit Sitz in I, D (Fa. F.N.U.). Es bestanden - im wesentlichen gleichlautende - Lieferverträge zwischen der Streithelferin und F.N.U. auf der einen und F.N.U. und der Klägerin auf der anderen Seite. Die Lieferungen selbst erfolgten unmittelbar zwischen des Streithelferin und der Klägerin.

Der Beirat fasst hinsichtlich der Geschäftsbeziehung zur Streithelferin bzw. F.N.U. in seiner Sitzung vom 13.3.2003 (Anl. B 9) den folgenden Beschluss:

"Künftig sind keine Anzahlungen mehr zu leisten, sondern Zahlungen erfolgen nur mehr gegen Lieferungen.

Über F.N.U. werden nur noch jene Geschäfte abgewickelt, die zur Aufrechnung der offenen Anzahlungen von 2,1 Mio. € (gemeint sind Anzahlungen an die Streithelferin) notwendig sind.

Volle Transparenz aller Liefervereinbarungen gegenüber dem kaufmännischen Geschäftsführer X.."

Unter dem 29.3.2001 übernahm die Klägerin gegenüber der Streithelferin, die damals vertreten war durch den Insolvenzverwalter, eine Garantie für die Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen der F.N.U. gegenüber der Streithelferin aus den Lieferungen 2001 und 2002. Eine entsprechende Garantie für die Lieferungen in 2002 und 2003 gab die Klägerin unter dem 9.7.2002 ab (Anl. B 13). Schließlich unterzeichnete der Beklagte am 17.12.2003 (2 Tage nach der Kündigung seines Geschäftsführervertrages zum 31.12.2004) einen weiteren Garantievertrag (Anl. K 14), betreffend die Verträge zwischen der Streithelferin und F.N.U. aus den Jahren 2003 und 2004. Diese Garantie hatte die Streithelferin - möglicherweise im Hinblick auf die Vorfinanzierung der Lieferungen über eine Factoring-Bank - von der Klägerin verlangt. Auf seine Veranlassung unterzeichnete auch der weitere Geschäftsführer X. die Garantieerklärung. In dieser Erklärung verpflichtete die Klägerin sich, an die Streithelferin Zahlung zu leisten, falls die F.N.U. ihren Verpflichtungen aus den Verträgen mit der Streithelferin in den Jahren 2003 und 2004 nicht fristgerecht nachkommt. Ferner heißt es in der Erklärung:

"Ansprüche aus diesem Vertrag müssen vom Begünstigten schriftlich unter Darlegung des Nichterfüllungsfalles gegenüber dem Garanten geltend gemacht werden."

Im Februar 2004 - nach dem Ausscheiden des Beklagten - beendete die Streithelferin die Zusammenarbeit mit der F.N.U.. Mit Schreiben vom 22.4.2004 (Anl. K 15) nahm die Streithelferin die Klägerin aus der Garantie auf einen Betrag von 3.575.924,77 € einschließlich Zinsen in Anspruch, der zum 20.4.2004 offen stehe. Am 6.5.2004 traf die Klägerin mit der Streithelferin eine sog. Erfüllungsvereinbarung (Anl. K 19), durch die sie sich zur Zahlung dieses Betrages verpflichtete.

In der Gesellschafterversammlung vom 26.5.2004 wurde dem Geschäftsführer X. Entlastung für das Jahr 2003 erteilt und die Entlastung des Beklagten verweigert (Anl. K 29 und Anl. K 142 = GA 686).

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz in Höhe des an die Streithelferin gezahlten Betrages von 3.575.924,77 € mit der Behauptung, sie habe die entsprechenden Rechnungen der Firma F.N.U. ausgeglichen, so dass sie die Lieferungen doppelt bezahlt habe. Sie hat die Klage zunächst im Urkundenverfahren erhoben, ist dann aber auf das ordentliche Verfahren übergegangen, nachdem sie die Original-Garantieerklärung nicht vorlegen konnte.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 3.575.924,77 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.920.012,12 € vom 16.11.2004 bis zum 16.1.2005 und aus 3.575.924,77 € seit dem 17.1.2005 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat jede Pflichtverletzung in Abrede gestellt. Die Abgabe der Garantie sei zur Aufrechterhaltung der - für die Klägerin äußerst günstigen - Lieferbeziehungen mit der Streithelferin erforderlich gewesen. Der Beirat hätte ihr daher auch zugestimmt bzw. zustimmen müssen. Zudem habe der Mitgeschäftsführer X. den Beirat informiert, jedenfalls habe er hierauf vertrauen dürfen.

Zum Hintergrund der Lieferbeziehung hat der Beklagte vorgetragen, dass er seinerzeit mit der Streithelferin vereinbart habe, dass diese in ihren Angeboten und Rechnungen um 10 % über den vereinbarten Preisen liegende Preise angeben solle. Damit habe er verhindern wollen, dass die tatsächlich mit der Streithelferin vereinbarten, für die Kläger äußerst günstigen Preise ihrer Mehrheitsgesellschafterin, die ebenfalls im Stahlgeschäft tätig seien, bekannt würden. Die Differenz habe über Provisionen wieder an die Klägerin zurückfließen sollen. Aufgrund eines zwischenzeitlich über das Vermögen der Streithelferin eingeleiteten Insolvenzverfahrens seien bei den Rückzahlungen Rückstände von etwa 2,1 Mio. € aufgelaufen, die nach der Vereinbarung mit der Streithelferin nach Abschluss des Insolvenzverfahrens hätten gezahlt werden sollen. Nachdem die Rückstände bei der Klägerin aufgefallen seien, hätten diese dadurch zurückgeführt werden sollen, dass mit der Streithelferin besonders niedrige Preise vereinbart wurden (von den Parteien auch als Preisdelta bezeichnet). Der Beklagte hat behauptet, die Fa. F.N.U. sei in die Lieferkette eingeschaltet worden, damit die niedrigeren Stahleinkaufspreise des asiatischen Marktes hätten zugrunde gelegt werden können. Europäische Stahllieferanten seien bereit, asiatischen Unternehmen besonders günstige Einkaufspreise zu gewähren, um auf dem Markt in Fernost Fuß fassen zu können. Die Garantieerklärungen habe die von der Streithelferin eingeschaltete Factoring-Bank verlangt.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Garantievertrag sei nicht wirksam zustande gekommen, da der Vertrag auf Seiten der Streithelferin nicht - bzw. erst im Vorfeld des vorliegenden Prozesses - unterzeichnet worden sei und ein unterzeichnetes Exemplar auch nicht an die Klägerin übermittelt worden sei. Der Streithelferin liegt - unstreitig - kein Exemplar der Garantie mit den Originalunterschriften der Geschäftsführer der Klägerin vor. Der Beklagte hat hierzu behauptet, zwischen ihm und der Streithelferin sei Schriftform vereinbart worden. Zudem sei auch der Garantiefall nicht eingetreten, der Streithelferin habe keine Forderung gegen F.N.U. zugestanden, aufgrund der unberechtigten Einstellung der Lieferungen hätten dieser vielmehr Gegenrechte zugestanden. Der Beklagte hat bestritten, dass die Klägerin die Rechnungen an F.N.U. bezahlt hat, jedenfalls hätte sie eine doppelte Inanspruchnahme dadurch vermeiden können, dass sie die Lieferungen unmittelbar an die Streithelferin bezahlt hätte.

Schließlich hat er sich auf die Entlastung des Geschäftsführer X. berufen, die Gesamtwirkung auch für ihn habe.

Das Landgericht hat nach Parteivernehmung des Geschäftsführer der Klägerin X. die Klage abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Annahme des Landgerichts, bei der Erfüllungsvereinbarung handle es sich um einen Vergleich, der an die Stelle des Garantievertrages getreten sei. Schon die Bezeichnung der Vereinbarung zeige, dass hiermit lediglich die Modalitäten der Erfüllung hätten geregelt werden sollen. Ein Vergleich liege nicht vor, es fehle an der Unsicherheit über den Bestand der Forderung und das gegenseitige Nachgeben. Zweck der Vereinbarung sei die Erklärung der Streithelferin gewesen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Inanspruchnahme aus der Garantie gegeben sei. Damit habe sie - die Klägerin - sich den Rückgriff gegenüber F.N.U. und ggfs. dem Beklagten gerade offen halten wollen. Der Abschluss der Vereinbarung sei aus Gründen der Schadensminderung zulässig und geboten gewesen, um weitere Verzugszinsen zu vermeiden.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts habe sie ihre Schadensminderungspflicht auch nicht dadurch verletzt, dass sie in Kenntnis ihres Beirats von der Garantievereinbarung weiterhin Zahlungen unmittelbar an F.N.U. geleistet habe. Sie sei nämlich nicht berechtigt gewesen, die Zahlung gegenüber F.N.U. zu verweigern. Sie verweist auf ihr erstinstanzliches Vorbringen, wonach jeweils nur im Einzelfall und auf Anweisung des Beklagten der Betrag, den die Streithelferin F.N.U. in Rechnung gestellt habe, unmittelbar an die Streithelferin und der Rest an F.N.U. gezahlt worden sei, wobei ihr die Zahlung an die Streithelferin von F.N.U. gutgeschrieben worden sei. Der Beklagte habe jeweils nach Rücksprache mit F.N.U. sie - die Klägerin - darüber informiert, welche Zahlungen wie an F.N.U. geleistet werden sollten. Dabei sei er ihr - der Klägerin gegenüber - als "Sprachrohr der F.N.U." aufgetreten. Eine generelle Vereinbarung mit F.N.U., Zahlungen schuldbefreiend auch an die Streithelferin leisten zu können, habe nicht bestanden. Direktzahlungen wären auch nicht praktikabel gewesen, weil sie keine Kenntnis darüber gehabt habe, inwieweit Forderungen gegen die F.N.U. noch offen gewesen seien. Sie hätte sich daher umgekehrt der Gefahr eines Rückgriffs durch F.N.U. ausgesetzt gesehen. Zudem sei es treuwidrig, wenn der Beklagte sich ihr gegenüber darauf berufe, dass sie die Zahlungen nicht entgegen seiner Weisung an die Streithelferin statt an F.N.U. geleistet habe.

Das Ergebnis des Landgericht sei offenkundig unbillig. Es sei allein der Beklagte gewesen, der die Garantievereinbarung unterschrieben und den Mitgeschäftsführer X. zur Unterschrift überredet habe. Ferner sprächen zahlreiche Indizien dafür, dass der Beklagte selbst hinter F.N.U. stehe. Hätte der Beklagte die Garantievereinbarung nicht abgeschlossen, wäre sie aus ihr nicht in Anspruch genommen worden. Da die übrigen Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs aus § 43 Abs. 2 GmbHG gegeben seien, hätte der Klage stattgegeben werden müssen.

Die Klägerin und die Streithelferin beantragen,

den Beklagten unter Abänderung des am 6.7.2007 verkündeten Urteils Landgericht Köln - 87 O 181/04 - zu verurteilen, an sie 3.575.924,77 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 2.920.012,12 € für die Zeit vom 16.11.2004 bis zum 16.1.2005 und aus einem Betrag in Höhe von 3.575.924,77 € seit dem 17.1.2005 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen. Es liege schon keine Pflichtverletzung vor. Eine gleichlautende Garantie sei bereits in 2002 abgegeben worden. Das Zustimmungserfordernis gelte nicht für eine bloße Bestätigung eines bereits geschlossenen Garantievertrages. Zudem sei auch kein wirksamer Garantievertrag zustande gekommen. Die Parteien hätten Schriftform vereinbart. Eine Originalurkunde mit allen Unterschriften liege nicht vor. Die Streithelferin habe innerhalb der Annahmefrist die Annahme nicht erklärt. Einem Verzicht auf den Zugang nach § 151 BGB stehe die vereinbarte Schriftform entgegen. Der Beklagte bestreitet, dass die unterschriebene Garantieerklärung der Streithelferin überhaupt zugegangen sei.

Der Beirat sei durch die Person des Dipl.-Ing. T.., den der Geschäftsführer X. ausweislich seiner Parteivernehmung in Kenntnis gesetzt habe, von der Garantieerklärung informiert gewesen, jedenfalls hätte er bei korrekter Handhabung die Garantieerklärung genehmigen müssen.

Es fehle auch am Schaden. Die Zahlungen seien ausschließlich aufgrund der Erfüllungsvereinbarung, nicht aber aufgrund der Garantie, geleistet worden. Die Erfüllungsvereinbarung sei Gegenleistung für die unmittelbare Belieferung der Klägerin durch die Streithelferin "zu den günstigen ostasiatischen Stahlpreisen" gewesen. Die Bezugnahme auf die Garantie sei zum Schein erfolgt und daher nach § 117 BGB nichtig.

Ihm könne kein Verschulden vorgeworfen werden. Für die Angelegenheit (jedenfalls die Einholung der Zustimmung des Beirats) sei der Mitgeschäftsführer X. zuständig gewesen, so dass ihm nur eine Überwachungspflicht oblegen habe. Diese habe er nicht verletzt.

Ansprüche seien jedenfalls deshalb ausgeschlossen, weil ihm für 2002 und dem Geschäftsführer X. - mit Gesamtwirkung ihm gegenüber - für 2003 Entlastung erteilt worden sei.

Im Termin vom 16.10.2008 hat der Beklagte zu Protokoll erklärt, dass eine ausdrückliche Schriftformabrede mit der Streithelferin nicht getroffen worden sei. Sie ergebe sich aber aus den Umständen. In seiner Stellungnahme vom 19.11.2008 zu den Hinweisen des Senats behauptet er, dass lediglich ein schriftliche Schriftformabrede nicht getroffen worden sei, die Schriftform sei aber mündlich vereinbart worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die von ihnen vorgelegten Urkunden Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat überwiegend Erfolg.

Die Klägerin kann vom Beklagten Schadensersatz gem. § 43 Abs. 2 GmbHG verlangen in Höhe des Betrages, wegen dessen sie von der Streithelferin aus der Garantie vom 17.12.2003 in Anspruch genommen wurde. Dem Anspruch steht der Einwand des Mitverschuldens nur in Höhe der nach ihrer Inanspruchnahme aus der Garantie am 15.5.2004 noch an die F.N.U. geleisteten Zahlung von 319.649,62 € entgegen.

1. Die Haftungsnorm des § 43 Abs. 2 GmbHG gilt entsprechend auch für die Haftung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH gegenüber einer GmbH & Co. KG. Der Klage steht nicht schon entgegen, dass die Klägerin einen Gesellschafterbeschluss gem. § 46 Nr. 8 GmbHG über die Inanspruchnahme des Beklagten nicht vorgelegt hat. Denn das Erfordernis einer vorherigen Beschlussfassung gilt bei der GmbH & Co. KG nicht (BGHZ 76, 326, 338; BGH NJW-RR 1992, 800).

2. Das Landgericht hat die Erteilung der Garantie zutreffend als schuldhafte Pflichtverletzung eingestuft.

Die Übernahme der Garantie vom 17.12.2003 ohne Einholung der Zustimmung des Beirats und ohne entsprechende flankierende Maßnahmen zur Verhinderung einer doppelten Inanspruchnahme durch F.N.U. und die Streithelferin war pflichtwidrig.

Im Rahmen des Anspruchs aus § 43 Abs. 2 GmbHG gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Die Gesellschaft hat hiernach grundsätzlich den Eintritt eines Schadens und dessen Verursachung durch ein Verhalten des Geschäftsführers, das sich als "möglicherweise pflichtwidrig" darstellt, darzulegen und zu beweisen. Demgegenüber muss der Geschäftsführer Umstände dafür darlegen und beweisen, dass das schadensauslösende Verhalten nicht pflichtwidrig gewesen ist oder ihn zumindest kein Schuldvorwurf hinsichtlich der Pflichtverletzung trifft (BGH NJW 2003, 358; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl., § 43 Rn 38).

Ein Verstoß gegen die innergesellschaftliche Kompetenzordnung führt zwar - worauf der Beklagte zu Recht verweist - nicht ohne weiteres zu einem Schadensersatzanspruch, vielmehr steht es dem Geschäftsführer offen, darzulegen und ggfs. zu beweisen, dass dieses Unterlassen nicht zu einem Schaden auf Seiten der Gesellschaft geführt hat (BGH DStR 2008, 1599 m. Anm. Goette; DStR 2007, 310). Der Verstoß gegen die Kompetenzordnung hat aber Folgen für die Beweislast. Dass trotz des Verstoßes gegen die gesellschaftsrechtliche Kompetenzordnung kein Schaden entstanden ist, hat derjenige zu beweisen, der gegen die Kompetenzordnung verstoßen hat (BGH DStR 2008, 1599 m. Anm. Goette; DStR 2007, 310).

Die Zustimmung des Beirats war nach § 7 Abs. 3 litt. b) und h) des Gesellschaftervertrages der Klägerin erforderlich. Der Beklagte war nach § 2 Abs. 1 seines Anstellungsvertrages verpflichtet, die Geschäfte in Übereinstimmung mit dem Gesellschaftsvertrag zu führen.

Die Zustimmung des Beirats war nicht deshalb entbehrlich, weil der Beirat bereits von den vorhergehenden Garantien Kenntnis hatte. Zum einen steht diese Kenntnis nicht fest, zum andern stellte die Garantie vom 17.12.2003 eine Erweiterung der bestehenden Garantien auch auf das Jahr 2004 dar.

Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, er sei davon ausgegangen, dass der Mitgeschäftsführer X. den Beirat informiert. Er hat keine Tatsachen vorgetragen, die eine solche Annahme gerechtfertigt hätten. Weder hat er sich vorab um die Zustimmung des Beirats bemüht noch mit dem Geschäftsführer X. ausdrücklich besprochen, dass dieser den Beirat informiert. Die vom Beklagten behauptete generelle Zuständigkeit des Mitgeschäftsführers X. zur Information des Beirats lässt sich weder dessen Aussage im Rahmen seiner Vernehmung als Partei noch den vorliegenden Unterlagen entnehmen.

Schließlich ist die Zustimmung des Beirats auch nicht zu unterstellen. Weder bestand eine Verpflichtung des Beirats zur Zustimmung noch liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass er ihr zugestimmt hätte. Wie aus den Protokollen der Beiratssitzungen vom 13.3.2003 (Anl. B 9) und vom 6.7.2003 (Anl. B 14) ersichtlich, stand dieser der Geschäftsbeziehung mit der Streithelferin seinerzeit ohnehin kritisch gegenüber und hat diese auch nur bis zur Rückführung der Rückstände bei den sog. Provisionen gebilligt. Gleichzeitig hat der Beirat beschlossen, dass keine Anzahlungen mehr geleistet werden, sondern Zahlungen erst nach Lieferung erfolgen dürfen. Damit hat der Beirat zu erkennen gegeben, dass er gerade nicht das Risiko der ordnungsgemäßen Vertragserfüllung durch F.N.U. übernehmen will. Die Übernahme des Risikos der ordnungsgemäßen Zahlungen der F.N.U. an die Streithelferin durch die Klägerin steht in Widerspruch zu dieser Geschäftspolitik des Beirats.

Eine Pflicht des Beirats, der Garantie zuzustimmen, vermag der Senat nicht zu erkennen. Auch wenn die Übernahme der Garantie Voraussetzung für die weitere Belieferung durch die Streithelferin gewesen wäre - woran im Hinblick darauf, dass die Klägerin nach dem Ausscheiden des Beklagten eine unmittelbare Lieferbeziehung mit der Streithelferin ohne Zwischenschaltung der F.N.U. vereinbart hat, erhebliche Zweifel bestehen - kann die Erteilung der Zustimmung nicht unterstellt werden. Denn die Übernahme der Garantie barg für die Klägerin nicht unerhebliche Risiken, weil sie damit für die Erfüllung der Kaufpreisverpflichtungen seitens F.N.U. einzustehen hatte ohne dass sie Einfluss auf oder auch nur Einblick in die Geschäftsbeziehung zwischen der Streithelferin und F.N.U. hatte. Hinzu kommt, dass ein sachlicher Grund für die Zwischenschaltung der F.N.U. nicht ersichtlich ist. Dieses Risiko wird weder durch die - nach Behauptung des Beklagten - günstigen Einkaufspreise noch die beabsichtigte Rückführung der Provisionsverbindlichkeiten der Streithelferin gerechtfertigt. Die in der Übernahme der Garantie liegenden Risiken (insbesondere der Doppelzahlung von Lieferungen) überstiegen den in der Rückforderung der Provisionsverbindlichkeiten liegenden Vorteil. Wirksam konnte das Risiko nur dadurch begrenzt werden, dass die Klägerin den der Firma zustehenden Anteil aus den Rechnungen unmittelbar an diese zahlt. Dies hätte der Beklagte, in dessen Zuständigkeit der Einkauf fiel, durch entsprechende eindeutige und dokumentierte Vereinbarung mit F.N.U. und entsprechender Anweisung an die Mitarbeiter der Klägerin vor der Übernahme derartiger Garantien sicherstellen müssen.

Aus dem vorgenannten Grund war die Übernahme der Garantie ohne entsprechende flankierende Maßnahmen auch dann pflichtwidrig, wenn sie der Zustimmung des Beirats nicht bedurft oder dieser die Zustimmung erteilt hätte.

Daraus ergibt sich zugleich, dass ein eventuelles Verschulden des Beklagten nicht lediglich in einer unzureichenden Überwachung seines Mitgeschäftsführers X. gelegen hat. Der Einkauf fiel - jedenfalls bis Ende 2003 - in seine Zuständigkeit. Es war der Beklagte, der die entsprechenden Vereinbarungen mit der Streithelferin und der F.N.U. ausgehandelt hat. Selbst wenn die Einholung der Zustimmung des Beirats die Aufgabe des Geschäftsführers X. gewesen wäre, hätte der Beklagte die Garantie nicht unterzeichnen dürfen, bevor die Zustimmung nicht vorlag.

Die Pflichtverletzung war schuldhaft. Gründe, die sein Verschulden ausschließen, hat der Beklagte nicht dargelegt. Aus den oben genannten Gründen ergibt sich, dass die Übernahme der Garantie in der gegebenen Form nicht der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes entsprochen hat.

3. Der Haftung des Beklagten steht die Entlastung der Geschäftsführer für das Jahr 2002 und die Entlastung des Mitgeschäftsführers X. für das Jahr 2003 nicht entgegen.

3.1. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten wurde ihm in der Gesellschafterversammlung am 3.6.2003 für das Jahr 2002 Entlastung erteilt.

Die Entlastung hat zur Folge, dass die Klägerin wegen Pflichtverletzungen aus 2002 Schadensersatzansprüche aus § 43 Abs. 2 GmbHG grundsätzlich nicht mehr geltend machen kann (Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Auf., § 46 Rn 41). Damit kann die Klägerin die Haftung nicht auf die Garantie vom 9.7.2002 stützen. Die Entlastung für das Jahr 2002 erfasst aber nicht die streitgegenständliche Garantieerklärung vom 17.12.2003.

3.2. Die Entlastung des Mitgeschäftsführers X. für das Jahr 2003 steht Ansprüchen gegen den Beklagten wegen im Jahr 2003 begangenen Pflichtverletzungen nicht entgegen. Der Entlastung kommt - auch bei angenommener gesamtschuldnerischer Haftung beider Geschäftsführer - keine Wirkung gegenüber dem Beklagten zu. In dem entsprechenden Beschluss haben die Gesellschafter ausdrücklich klargestellt, dass die Entlastungswirkung nicht auch zugunsten des Beklagten gelten soll. Dem Beklagten wurde die Entlastung ausdrücklich verweigert. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung zu einem mit einem von mehreren Gesamtschuldnern geschlossenen Vergleich. Auch einem Vergleich kommt grundsätzlich nur Einzelwirkung zu, ein Wille der Parteien, dem Vergleich beschränkte oder vollständige Gesamtwirkung auch gegenüber an dem Vergleich nicht beteiligte Gesamtschuldnern zukommen zu lassen, muss besonders festgestellt werden (BGH NJW 2000, 1003; NJW-RR 2005, 34; vgl. auch BGH NJW 2003, 2980), wie sich für den Erlass auch aus § 423 BGB ergibt. Das setzt die Feststellung voraus, dass der Gläubiger den Willen hatte, mit dem Vergleich das gesamte Schuldverhältnis zu erledigen - also auch gegenüber den am Vergleich nicht beteiligten Gesamtschuldnern - oder dafür Sorge zu tragen hat, dass der Gesamtschuldner, mit dem er den Vergleich abschließt, auch von den übrigen Gesamtschuldnern nicht über den Vergleichsbetrag hinaus im Wege des Regresses in Anspruch genommen werden kann (BGH NJW 2003, 2980). Auch nach diesen Grundsätzen käme der Entlastung keine Gesamtwirkung zu. Vielmehr ergibt sich daraus, dass die Gesellschafterversammlung dem Beklagten ausdrücklich die Entlastung verweigert hat, der Wille, diesen noch in Anspruch nehmen zu können. Auch für einen Verzicht zugunsten des Mitgeschäftsführers X. auf solche Ansprüche, für die dieser gesamtschuldnerisch mit dem Beklagten haftet, lässt sich dem Beschluss der Gesellschafterversammlung nicht entnehmen.

4. Der Klägerin ist durch die Pflichtverletzung des Beklagten ein Schaden entstanden in Höhe des Betrages, wegen dessen sie aus der Garantie in Anspruch genommen wurde.

4.1. Hierin liegt ein Schaden, weil die Klägerin die betreffenden Lieferungen bereits an die F.N.U. bezahlt hatte.

Die Klägerin hat durch Vorlage und Erläuterung der Auszüge aus ihrer Buchhaltung (GA 47 f. und Anl. K 37, 41 ff.) belegt, dass sie die ihrer Inanspruchnahme aus der Garantie zugrunde liegenden Lieferungen an F.N.U. bereits bezahlt hatte. Der Beklagte hat nur 2 Zahlungen an die F.N.U. vom 15.5.2003 über 1 Mio. € und vom 13.10.2003 über 411.961,37 € bestritten (GA 132), worauf die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, dass diese - unmittelbar an die Streithelferin geleisteten - Zahlungen nicht die Rechnungen betrafen, wegen derer die Streithelferin die Garantie in Anspruch genommen hat, sondern frühere Lieferungen.

Damit steht der Schaden als solcher rechnerisch fest.

Von dem Eintritt des Garantiefalles ist auszugehen. Die Streithelferin hat ihre Ansprüche - wie in der Garantie vorgesehen - unter dem 22.4.2004 (Anl. K 15) schriftlich unter Darlegung des Nichterfüllungsfalles und Beifügung einer Forderungsaufstellung gegenüber der Klägerin geltend gemacht. Die Vorlage der Garantieerklärung selbst war nicht Voraussetzung der Inanspruchnahme. Die Streithelferin hat den Zahlungsrückstand in der Erfüllungsvereinbarung nochmals versichert. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die F.N.U. ihren Verpflichtungen aus den Lieferverträgen gegenüber der Streithelferin nachgekommen ist. Die Rechnungen der Streithelferin an die F.N.U. sind nicht streitig. Dass die F.N.U. gezahlt hat, ist nicht ersichtlich. Die F.N.U. erhebt auch keine rechtlich erheblichen Einwendungen gegen die Forderung. Die Voraussetzungen eines Zurückbehaltungsrechts wegen unberechtigter Einstellung der Lieferungen lassen sich nicht feststellen.

4.2. Die Zahlungen aus der Erfüllungsvereinbarung sind Folge der abgegebenen Garantie. Entgegen der Ansicht des Landgerichts hat der Abschluss der Erfüllungsvereinbarung nicht zur Folge, dass die Zahlungen an die Fa. H. nicht auf die Garantie geleistet wurden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob durch die Erfüllungsvereinbarung eine neue Anspruchsgrundlage geschaffen wurde. Denn ohne die Garantie hätte die Klägerin auch die Erfüllungsvereinbarung nicht abgeschlossen. Zudem nimmt die Vereinbarung ausdrücklich Bezug auf die Garantie. Auf die Rechtsnatur der Erfüllungsvereinbarung (Vergleich, Schuldumschaffung) kommt es daher nicht an.

Die Kausalität der Garantie vom 17.12.2003 für den aufgrund der Erfüllungsvereinbarung gezahlten Betrag wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Klägerin die gleiche Zahlung auch ohne Abgabe der Garantie vom 17.12.2003 hätte leisten müssen, nämlich bereits aus der vorhergehenden Garantie vom 9.7.2002 (Anl. B 13). Diese Garantie erfasst - ebenso wie die streitgegenständliche Garantie - Ansprüche der Streithelferin aus Verträgen aus 2003. Sämtliche Rechnungen, die die Klägerin zum Beleg ihres Schaden vorgelegt hat (Anl. K 42), betreffen Bestellungen aus 2003, die in 2004 zur Zahlung fällig geworden sind.

Die frühere Garantie lässt die Ursächlichkeit der späteren, die gleichen Verträge umfassenden Garantie indes nicht entfallen. Die Streithelferin hat die Klägerin im konkreten Fall aus der späteren Garantie in Anspruch genommen. Sowohl das Anforderungsschreiben vom 22.4.2004 als auch die Erfüllungsvereinbarung nehmen lediglich auf die Garantie vom 17.12.2003 Bezug. Auch wenn man den eigentlichen Schaden bereits in der Haftung für die Verbindlichkeiten der F.N.U. gegenüber der Streithelferin sieht, war die Garantie vom 17.12.2003 für den Schaden ursächlich. In diesem Fall lässt sich der Schaden sowohl aus der Garantie vom 9.7.2002 als auch aus der Garantieerklärung vom 17.12.2003 herleiten. Die Rechtsprechung geht in Fällen der sog. Doppelkausalität bei mehreren Schädigern davon aus, dass beide Ursachen im haftungsrechtlichen Sinne ursächlich sind, da andernfalls jeder Schädiger sich auf den Ursachenbeitrag des anderen stützen könnte (BGH NJW 2004, 2528; VersR 1971, 818, 819; Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., Vor § 249 Rn 86). Diese Grundsätze gelten auch in der vorliegenden Fallkonstellation, in der zwar beide Ursachen vom selben Verursacher gesetzt wurden, dieser aber - wegen der ihm für das Geschäftsjahr 2002 erteilten Entlastung - wegen der früheren Garantie nicht mehr in Anspruch genommen werden kann.

Die vom Beklagten in seiner Stellungnahme vom 19.11.2008 zu den im Termin vom 16.10.2008 erteilten Hinweisen des Senats zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergibt nichts anderes. Der Bundesgerichtshof hat in den vom Beklagten zitierten Entscheidungen (NJW 1989, 2127; 1990, 2882) lediglich festgestellt, dass ein späteres, für den Schadenseintritt kausales Ereignis die Kausalität einer früheren, zum Schaden führenden Handlung nicht beseitigt bzw. dass eine frühere Handlung auch dann kausal sein kann, wenn sie nicht unmittelbar zum Schadenseintritt führt. Den Entscheidungen lässt sich aber nicht entnehmen, dass das spätere Ereignis nicht (ebenfalls) kausal ist.

4.3. Der Beklagte beruft sich gegenüber seiner Haftung ohne Erfolg darauf, dass die Garantieerklärung vom 17.12.2003 nicht wirksam geworden ist, weil sie der Streithelferin nicht zeitnah zugegangen ist und von ihr angenommen wurde und im übrigen kein von allen Geschäftsführern der beteiligten Unternehmen unterschriebenes Exemplar vorliegt. Es genügt für die Wirksamkeit der Garantie, dass die von den Geschäftsführern der Klägerin unterzeichnete Erklärung der Streithelferin zeitnah zumindest per Fax zugegangen ist und von deren Geschäftsführern unterzeichnet wurde.

4.3.1. Der Senat vermag allerdings nicht festzustellen, dass ein Exemplar der Garantieerklärung vom 17.12.2003 mit den Originalunterschriften es Beklagten und seines Mitgeschäftsführers X. an die Streithelferin versandt und dort von ihren damaligen Geschäftsführern unterschrieben wurde. Die Streithelferin sieht sich nicht in der Lage, ein solches Exemplar vorzulegen.

Dagegen steht nach den Umständen fest, dass die vom Beklagten und Herrn X. unterzeichnete Garantieerklärung jedenfalls per Fax an die Streithelferin übersandt wurde und dort von den damaligen Geschäftsführern der Streithelferin I. und Dr. J. unterzeichnet wurde.

Es war Sache der Klägerin, die unterschriebene Garantieerklärung an die Streithelferin weiterzuleiten. Der Geschäftsführer der Klägerin X. hat in seiner Parteivernehmung ausgesagt, der Beklagte habe ihm die Garantieerklärung zur Unterschrift vorgelegt und dabei erklärt, das müsse heute noch erledigt werden, andernfalls bekäme die Klägerin keine Materiallieferungen mehr. Es ist daher naheliegend, dass der Beklagte, der die Garantie mit der Streithelferin vereinbart und sie dem Mitgeschäftsführer X. zur Unterschrift vorgelegt hat, auch deren Weiterleitung an die Streithelferin veranlasst hat. Dort ist die Garantie auch zumindest in Kopie eingegangen und wurde von deren damaligen Geschäftsführern mit Datum 17.12.2003 unterschrieben. Die Streithelferin hat die Übersendung der Garantie zu keinem Zeitpunkt angemahnt, was ebenfalls für ihren zeitnahen Zugang spricht. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die Garantieurkunde der Streithelferin erst im Nachhinein zur Verfügung gestellt hat, sind nicht ersichtlich.

Der Beklagte hat zunächst auch den Vortrag der Klägerin und die Aussage ihres Geschäftsführers X. nicht bestritten, wonach er die Garantieerklärung nach Unterzeichnung durch Herrn X. wieder mitgenommen und selbst ihre Weiterleitung an die Streithelferin veranlasst habe. Erstmals mit Schriftsatz vom 25.8.2006 (GA 607) hat er vorgetragen, er habe die Garantie nicht selbst übermittelt, sondern sei davon ausgegangen, dass Herr X. dies getan habe. Auch wenn dies zutrifft, schließt das aber nicht aus, dass Herr X. die Garantieerklärung auch tatsächlich weitergeleitet hat. Schließlich hat Herr X. in seiner Parteivernehmung erklärt, die Streithelferin habe bereits im Januar 2004 ihm gegenüber erklärt, die Klägerin aus der Garantie in Anspruch zu nehmen. Das setzt aber voraus, dass ihr die Unterzeichnung der Garantie bekannt war und sie die Garantie auch angenommen hat.

Die vom Beklagten angeführten Indizien, nämlich das Fehlen einer Fax-Kennung auf der bei der Streithelferin vorhandenen Kopie und der Umstand, dass die Abgabe der Garantie aus der Bilanz 2003 nicht ersichtlich ist, sind nicht geeignet, Zweifel am Zugang der Garantieerklärung bei der Streithelferin zu begründen. Den Gegenbeweis hat der Beklagte nicht angetreten, obwohl sowohl das Landgericht in seinem Urteil als auch der Senat in der mündlichen Verhandlung zu erkennen gegeben haben, dass sie den zeitnahen Zugang der Garantieerklärung bei der Streithelferin als erwiesen ansehen.

4.3.2. Auf die Frage, wann die Geschäftsführer der Streithelferin die Garantie unterschrieben haben, kommt es nicht an. Jedenfalls ist von einer konkludenten Annahme auszugehen. Die Abgabe der Garantieerklärung war zwischen dem Beklagten und der Streithelferin abgesprochen und die Streithelferin hat sich in der Folgezeit auf die Garantie berufen. Sie war - wie der Beklagte geltend macht - Voraussetzung für die Fortführung der Lieferbeziehung über F.N.U.. Die Garantie bedurfte zu ihrer Wirksamkeit nicht der Unterzeichnung durch die Geschäftsführer der aus ihr begünstigten Streithelferin. Die Garantie ist grundsätzlich formfrei möglich (Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl., § 349 Rn 15). Ein Handelsbrauch, dass außerhalb von Bankgeschäften Garantien - auch Garantien auf erstes Anfordern - zu ihrer Wirksamkeit der Unterzeichnung sowohl durch den Garantiegeber als auch den Begünstigten bedürfen, ist weder ersichtlich noch konkret vorgetragen und unter Beweis gestellt.

Die Klägerin und die Streithelferin haben auch keine ausdrückliche oder konkludente Vereinbarung darüber getroffen, dass die Garantie nur wirksam werden soll, wenn sie im Original von allen vier Geschäftsführern unterzeichnet ist.

Die Darlegungs- und Beweislast für eine solche, qualifizierte Schriftformvereinbarung liegt nach allgemeinen Grundsätzen beim Beklagten, da die Garantie als solche nicht formbedürftig ist und es sich bei der Schriftformvereinbarung um eine für den Beklagten günstige Vereinbarung handelt.

Der Urkunde selbst lässt sich eine vereinbarte Schriftform nicht entnehmen. Allein der Umstand, dass die Erklärung Unterschriftszeilen für insgesamt vier Unterschriften vorsieht, belegt zwar, dass die Erklärungen von den vier Geschäftsführern der beiden beteiligten Unternehmen unterzeichnet werden sollten, besagt aber nicht, dass die Garantie nur wirksam werden soll, wenn ein mit vier Originalunterschriften versehenes Exemplar vorliegt.

Auch die bisherige Handhabung begründet weder ein qualifiziertes Schriftformerfordernis, noch lässt sie den Schluss auf eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Parteien zu. Dass bei den früheren Garantieerklärungen die Schriftlichkeit und der Zugang eines unterzeichneten Exemplars bei der Klägerin nicht streitig ist, lässt nicht den Schluss auf eine - ausdrückliche oder konkludente - wirksamkeitsbegründende Schriftformabrede für die streitgegenständliche Garantie aus Dezember 2003 zu.

Dass die Fa. H. die Garantieerklärung möglicherweise nur per Fax erhalten hat, stünde einer vertraglich vereinbarten Schriftform nach § 127 Abs. 2 BGB nicht entgegen, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist.

Eine solche ausdrückliche Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Dies hat der Beklagte im Termin vom 16.10.2008 auf Nachfrage des Senats ausdrücklich zu Protokoll erklärt. Dass der Beklagte diese Erklärung in seinem Schriftsatz vom 19.11.2008 nur auf eine schriftliche Schriftformabrede beschränkt wissen will und seinen früheren schriftsätzlichen Vortrag wiederholt, wonach die Schriftform mündlich vereinbart worden sei, genügt nicht. Der Vortrag ist prozessual unbeachtlich, weil er widersprüchlich ist. Seine Erklärung im Termin ist auf ausdrückliche Nachfrage des Senats erfolgt, die den nicht misszuverstehenden Zweck hatte, die Notwendigkeit einer eventuellen Zeugeneinvernahme zu diesem Punkt aufzuklären und sich daher gerade auf mündliche Absprachen bezog. Der Beklagte hatte zunächst erläutert, dass er das qualifizierte Schriftformerfordernis aus verschiedenen Umständen herleite. Von einer Absprache hat er hierbei nicht gesprochen. Auf Nachfrage des Senats hat er sodann klargestellt, dass es eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Streithelferin zu einer etwaigen Schriftlichkeit der Garantie nie gegeben habe.

Unabhängig davon beruft der Beklagte sich auch jetzt nur pauschal auf eine mündliche Absprache, einen konkreten Lebenssachverhalt hierzu hat er zu keinem Zeitpunkt vorgetragen.

Dass die Annahmeerklärung der Klägerin - vor Geltendmachung der Garantie - möglicherweise nicht zugegangen ist, ist wegen § 151 BGB unschädlich. Eine ausdrückliche Annahmeerklärung ist nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten, da es sich um eine für die Firma H. rechtlich lediglich vorteilhaftes Geschäft handelt und die Erteilung der Garantie auf ein ausdrückliches Verlangen der Firma H. zurückgeht und mit dem Beklagten abgesprochen war. Ein konkludenter Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung kommt selbst bei formbedürftigen Geschäften in Betracht (BGH NZG 2004, 820, 821).

5. Der Anspruch ist nur in geringem Umfang, nämlich in Höhe von 319.649,62 € (Zahlung vom 15.5.2004 an F.N.U.) wegen Mitverschuldens der Klägerin gem. § 254 BGB in Form der Verletzung der Schadensminderungspflicht ausgeschlossen.

5.1. Die Klägerin muss sich im Verhältnis zum Beklagten ein eventuelles Verschulden des Zeugen X., der die Garantie ebenfalls unterschrieben hat, ohne dass die Zustimmung des Beirats hierzu vorlag, nicht als Mitverschulden entgegen halten lassen. Vielmehr begründet ein solches Verhalten eine Haftung beider Geschäftsführer gegenüber der Klägerin, schränkt aber die Haftung des jeweils anderen Geschäftsführers nicht ein.

5.2. Ein Mitverschulden der Klägerin liegt nicht im Abschluss der Erfüllungsvereinbarung. Wie oben dargelegt, ist der Garantiefall eingetreten. Einwendungen gegen die Inanspruchnahme aus der Garantie waren für die Klägerin jedenfalls nicht erkennbar. Der Abschluss der Erfüllungsvereinbarung stellt sich auch nicht unter dem vom Prozessbevollmächtigten des Beklagten im Termin genannten Gesichtspunkt eines Verzichts auf Regressmöglichkeiten gegenüber der Streithelferin als Verstoß gegen die Obliegenheit zur Schadensminderung dar. Zum einen sind solche Regressansprüche nicht ersichtlich, zum anderen lässt sich der Vereinbarung ein Verzicht auf einen solchen Regress nicht entnehmen.

5.3. Es stellt auch kein den Schadensersatzanspruch einschränkendes oder gar ausschließendes Mitverschulden dar, dass die Klägerin auch nachdem ihrem Beirat die Garantie nach dem Ausscheiden des Beklagten bekannt geworden ist, weiterhin Zahlungen unmittelbar an die Firma F.N.U. geleistet hat. Ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Anlage K 39 hat sie - mit Ausnahme der Zahlung vom 15.5.2004 über 319.649,62 € - lediglich bis zum 26.2.2004 unmittelbare Zahlungen an die F.N.U. geleistet. Dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt schon ernstlich mit ihrer Inanspruchnahme aus der Garantie rechnen musste, steht schon nicht hinreichend fest. Die Aussage des Mitgeschäftsführers X., die Streithelferin habe bereits im Januar 2004 angekündigt, die Klägerin aus der Garantie in Anspruch zu nehmen, ist vage. Dass der Klägerin der Umfang der seinerzeit bestehenden Rückstände der F.N.U. bei der Streithelferin bekannt war, steht nicht fest. Die Inanspruchnahme aus der Garantie erfolgte wegen Forderungen, die ab dem 16.2.2004 fällig geworden sind (was frühere Rückstände, die zwischenzeitlich ausgeglichen wurden, indes nicht ausschließt).

Der für ein Mitverschulden darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat auch nicht dargelegt, dass die Klägerin in diesem Zeitpunkt noch berechtigt gewesen wäre, gegenüber der F.N.U. geschuldete Zahlungen unmittelbar an die Streithelferin zu leisten. Entsprechende Vereinbarungen zwischen der F.N.U. und der Klägerin sind nicht konkret vorgetragen und nicht ersichtlich. Sie hätten vor Abschluss der Garantie getroffen werden müssen. Allein der Umstand, dass die Klägerin nach ihrer eigenen Aufstellung einzelne Zahlungen auf Rechnungen der F.N.U. unmittelbar an die Streithelferin geleistet hat, genügt hierfür nicht. Eine Aufrechnungsbefugnis mit einem eventuellen Rückgriffsanspruch bzw. den ihr von der Streitverkündeten durch die Zahlung aufschiebend bedingt abgetretenen Ansprüchen aus den offenen Rechnungen ist erst mit Zahlung der Klägerin an die Streitverkündete entstanden.

Ein eventuelles Mitverschulden durch unmittelbare Zahlungen an F.N.U. in Kenntnis der Garantie würde im übrigen hinter das Verschulden des Beklagten zurücktreten. Es war in erster Linie Sache des Beklagten, durch Abschluss entsprechender eindeutiger und dokumentierter Vereinbarungen vor Übernahme der Garantie die Gefahr von Doppelzahlungen auszuschließen. Die Verletzung von Pflichten, die in erster Linie dem Schädiger obliegen und die dieser verletzt hat, kann er aber seinerseits nicht dem Geschädigten als Mitverschulden entgegenhalten. § 254 BGB kommt nicht in Betracht, wenn der Schädiger gerade die Pflicht verletzt hat, Fehler des Geschädigten oder seines gesetzlichen Vertreters zu verhindern oder auszugleichen (Staudinger/Schiemann, BGB, § 254 Rn 36; ebenso MüKo-BGB/Oetker, 5. Aufl., § 254 Rn 33).

5.4. Ein anspruchsminderndes Mitverschulden besteht aber, soweit die Klägerin auch nach ihrer Inanspruchnahme aus der Garantie durch Schreiben vom 22.4.2004 und nach Abschluss der Erfüllungsvereinbarung am 6.5.2004 noch Zahlungen unmittelbar an die F.N.U. geleistet hat. Aus der von ihr als Anlage K 39 vorgelegten Aufstellung der Zahlungen an die F.N.U. 2004 ergibt sich eine Zahlung vom 15.5.2004 in Höhe von 319.649,62 €. Hinsichtlich dieser Zahlung wäre der Klägerin eine Aufrechnung möglich und zumutbar gewesen, durch die sie den ihr aus der Inanspruchnahme der Garantie entstandenen Schaden hätte mindern können. Nach der Erfüllungsvereinbarung war die erste Zahlung an die Streithelferin in Höhe von 1,7 Mio. € am 3.5.2004 fällig.

Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 7.11.2008 vorträgt, der Rechnung liege nicht eine Lieferung der Streithelferin, sondern die Stahllieferung einer anderen Lieferantin zugrunde, die ebenfalls über die F.N.U. abgewickelt worden sei, und sie habe die Zahlung nicht zurückhalten können, da sie auf die betreffende Stahllieferung dringend angewiesen sei, ist dieser Vortrag verspätet und rechtfertigt nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Der Beklagte hat bereits in erster Instanz mit Schriftsatz vom 10.1.2007 (GA 702) darauf hingewiesen, dass die Klägerin sogar nach Abschluss der Erfüllungsvereinbarung noch eine Zahlung an die F.N.U. geleistet hat. Zu diesem Vortrag hat die Klägerin sich weder in erster Instanz bis zu dem erst 5 Monate später stattfindenden Verhandlungstermin vom 8.6.2007 noch in der Berufung geäußert. Da der Beklagte bereits schriftsätzlich ausdrücklich auf die betreffende Zahlung verwiesen hat, bedurfte es eines zusätzlichen Hinweises durch den Senat nicht mehr.

6. Dem Schaden der Klägerin stehen keine im Wege des Vorteilsausgleichs anzurechenden Vermögensvorteile gegenüber.

Im Rahmen der Vorteilsausgleichung sind Vorteile auf den Schaden anzurechnen, wenn sie durch das schädigende Ereignis adäquat kausal verursacht wurden und ihre Anrechnung dem Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entspricht, d.h. den Geschädigten nicht unzumutbar belastet und den Schädiger nicht unbillig begünstigt. Zwischen Nach- und Vorteil muss ein innerer Zusammenhang bestehen, der beide bei wertender Betrachtung zu einer Rechnungseinheit verbindet (st. Rspr.; vgl. BGH NJW 1997, 2378 m.w.Nachw; zuletzt BGH NJW 2007, 2695, 2697; 2008, 3359; Palandt/Heinrichs, aaO, Vorb v § 249 Rdnr. 120 ff).

Eine Vorteilsausgleichung durch die Erzielung besonders günstiger Stahlpreise kommt nicht in Betracht, da der Beklagte hierzu keine belastbaren Zahlen vorgetragen hat. Es fehlt aber auch der erforderliche innere Zusammenhang zur Pflichtverletzung (Unterzeichnung der Garantie vom 17.12.2003).

Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, ohne die Garantien hätte die H. die ausstehende Provisionsforderung nicht zurückführen können. Auch insoweit fehlen konkrete Zahlen. Es ist ferner nicht ersichtlich, dass nach Abgabe der Garantie vom 17.12.2003 weitere Rückstände seitens der Fa. H. zurückgeführt wurden. Dagegen spricht, dass offenbar in 2004 keine weiteren Lieferungen über F.N.U. mehr erfolgt sind.

Schließlich stellen die mit der Erfüllungsvereinbarung an die Klägerin abgetretenen Forderungen gegen F.N.U. keinen anzurechnenden Vermögensvorteil dar. Die Ansprüche selbst mindern den Schaden noch nicht. Dass die Klägerin von der F.N.U. Zahlungen auf die Rechnungen erhalten hat, ist nicht ersichtlich und auch eher fernliegend.

7. Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist nicht geboten. Die Stellungnahme des Beklagten vom 19.11.2008 zu den Hinweisen des Senats enthält weder neuen, erheblichen Sachvortrag noch sonstige neue Gesichtspunkte, die einer erneuten mündlichen Verhandlung bedürften.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 Abs. 1, 101 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern nicht eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat hat den Fall auf der Grundlage anerkannter Grundsätze alleine nach den tatsächlichen Besonderheiten des vorliegenden Sachverhaltes entschieden.