OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.05.2009 - 14 A 2934/07
Fundstelle
openJur 2011, 62914
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 25 K 4125/05
Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin absolvierte in der Zeit von 1975 bis 1978 ein Studium in klassischem Tanz, Sport und Gymnastik sowie in basaler Musikerziehung. Von 1978 bis 1982 unterrichtete sie an der Musikschule E. , an der Realschule E. sowie im heilpädagogischen Kindergarten O. . Seit 1982 ist sie selbstständige Inhaberin eines Tanzstudios mit den Bereichen Kindertanz, Jazztanz, Moderner Tanz und Gymnastik.

Unter dem 2. Februar 2000 stellte sie einen Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung zur Umsatzsteuerbefreiung. Dem Antrag fügte sie Unterlagen über ihren Qualifikationsnachweis, die Einrichtung und Ausstattung ihres Unterrichtsraums, die inhaltliche Ausgestaltung des Unterrichts, ein Führungszeugnis, ein Muster des Ausbildungsvertrages sowie Bestätigungen ehemaliger Schülerinnen bei. Hinsichtlich des Inhalts des Unterrichts wurden die verschiedenen Unterrichtseinheiten Kindertanz Altersstufe 3 - 4 Jahre, Kindertanz Altersstufe 5 - 6 Jahre, Kindertanz Altersstufe 7 - 8 Jahre, Kindertanz Altersstufe 9 - 11 Jahre, Moderner Tanz, Jazztanz, Streetjazz, Hip Hop, Tänzerische Gymnastik und Aerobic im Einzelnen geschildert.

Mit Bescheid vom 5. Februar 2001 bescheinigte die Beklagte der Klägerin, dass sie mit der Bildungsmaßnahme "Tanzunterricht zur Vorbereitung auf eine Aufnahmeprüfung an einer Ballettschule oder auf einen Beruf" (ausgenommen Kindertanz und Aerobic) ordnungsgemäß auf einen Beruf vorbereite. Die Bescheinigung bezog sich auf den Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum 29. Februar 2004. In einem Begleitschreiben führte die Beklagte aus, die Bescheinigung habe nicht, wie von der Klägerin gewünscht, rückwirkend für 10 Jahre ausgestellt werden können, da für die Jahre vor 1995 lediglich ein Nachweis vorgelegt worden sei.

Unter dem 2. März 2001 erteilte die Beklagte eine gleichartige Bescheinigung für den Zeitraum vom 1. Januar 1990 bis zum 31. Dezember 1994.

Mit Schreiben vom 17. Februar 2004 beantragte die Klägerin, ihr unter teilweiser Abänderung der Bescheinigung vom 5. Februar 2001 und vom 2. März 2001 ab dem 1. Januar 1982 unbefristet und ohne die Nebenbestimmung eines Werbeverbotes zu bescheinigen, dass die Klassen Kindertanz 1 (Altersstufe 3 - 4 Jahre), Kindertanz 2 (Altersstufe 5 - 6 Jahre), Kindertanz 3 (Altersstufe 7 - 8 Jahre), Kindertanz 4 (Altersstufe 9 - 11 Jahre), Moderner Tanz (Altersstufe ab 12 Jahren), Jazz Dance/Hip Hop/Streetjazz (Altersstufe jeweils ab 12 Jahren), Tänzerische Gymnastik/Aerobic bzw. Aerofit auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Zur Begründung berief sie sich darauf, es sei nicht gerechtfertigt, den Kindertanz von der Bescheinigung auszunehmen. Gleiches gelte für den Bereich Aerobic bzw. Aerofit. Die Bescheinigung sei unbefristet sowie rückwirkend auf den Zeitpunkt des Beginns der freiberuflichen Tätigkeit zu erteilten.

In einer Stellungnahme äußerte das schulfachliche Dezernat der Beklagten keine Bedenken mit Ausnahme der Unterrichtsangebote Aerobic und Tänzerische Gymnastik.

Unter dem 16. September 2004 erteilte die Beklagte der Klägerin daraufhin zwei Bescheinigungen betreffend die Bildungsmaßnahmen Kindertanz 4 - 11 Jahre, Moderner Tanz, Jazztanz, Streetjazz, Hip Hop, zum einen für den Zeitraum vom 1. Januar 1982 bis zum 31. Dezember 1989, zum anderen für den Zeitraum ab dem 1. März 2004. Ebenfalls unter dem 16. September 2004 erging eine Bescheinigung betreffend den Bereich Kindertanz 4 - 11 Jahre für den Zeitraum vom 1. Januar 1990 bis zum 29. Februar 2004. Die Bescheinigungen enthielten jeweils den Zusatz, dass sie für Werbezwecke nicht verwendet werden dürften.

Ebenfalls mit Bescheid vom 16. September 2004 lehnte die Beklagte die Erteilung einer Bescheinigung für die Maßnahmen Aerobic und Tänzerische Gymnastik ab. Zur Begründung verwies sie auf die Kursbeschreibungen der Klägerin, wonach es beim Aerobic darum gehe, Schülern, die sich Jazztanz oder Modernen Tanz zunächst nicht zutrauten, die Möglichkeit einer gezielten Körper- und Bewegungsschulung zu geben. Ferner gehe es um die Vorbeugung und Behebung von Haltungsschäden. Für die Ausbildung zum Aerobic Instructor sei die Teilnahme an dem Kurs weder verbindlich noch nachzuweisen. Bei der Tänzerischen Gymnastik gehe es um die Hinführung zum Tanz, da sie Freude bereite und das körperliche und seelische Wohlbefinden steigere. Es sei nicht ersichtlich, warum dieser Kurs zur Vorbereitung auf den Beruf des Tänzers erforderlich sein solle.

Auf einen Teilwiderspruch betreffend das Werbeverbot in der Bescheinigung vom 16. September 2009 mit Wirkung ab dem 1. März 2004 erteilte die Beklagte mit Bescheid vom 1. Juli 2005 die beantragte Bescheinigung ohne die Nebenbestimmung.

Am 22. September 2004 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid vom 16. September 2004 unter Darlegung des Lehrstoffes im Einzelnen. Sie verwies darauf, dass vier ihrer Schülerinnen Gymnastik- bzw. Sportlehrerinnen geworden seien. Durch den zusätzlichen Besuch dieser Kurse hätten sie die notwendige Schulung für die Aufnahmeprüfung im gymnastischen Bereich erhalten können. Neben der praktischen Vorbereitung seien diese Kurse sogar ausschlaggebend für die Entscheidung zur Berufswahl gewesen und hätten die notwendige optimale Prüfungsvorbereitung gebildet. Schülerpraktikanten von Oberschulen fragten nach diesen Kursen nach und machten hier wichtige Erfahrungen. Auch Schülerinnen, die später Physiotherapeutinnen geworden seien, hätten in diesen Kursen die Grundlagen für einen körperlich orientierten Beruf erhalten. Tänzerisch begabte Schülerinnen hätten eine wichtige Ergänzung zum Tanz durch Fitness, Kraft und Ausdauer erfahren, die im tänzerischen Beruf erforderlich seien. Zusätzlich legte die Klägerin den Praktikumsbericht einer Schülerpraktikantin der 10. Klasse eines Gymnasiums vor.

Nach einer negativen Stellungnahme des schulfachlichen Dezernats wies die Beklagte den Widerspruch mit Bescheid vom 29. August 2005 zurück und führte aus: Soweit es den Unterrichtsteil Aerobic betreffe, mache die Kursbeschreibung der Klägerin deutlich, dass es sich hier nicht um ein berufs- oder prüfungsvorbereitendes Angebot handele, sondern eher um ein allgemeinsportpädagogisches und/oder gesundheitsorientiertes Angebot. Es liege auch dann kein überzeugendes Argument für die Anerkennung als berufs- oder prüfungsvorbereitende Maßnahme vor, wenn sich die eine oder andere Absolventin des Aerobic-Angebots später für eine Ausbildung zur Gymnastik- oder Sportlehrerin entscheide. Der Besuch eines Aerobic- Kurses sei dafür nicht zwingend erforderlich. Dem Argument, dass die Ablegung von Schüler-Praktika für die mögliche Berufsfindung und -entscheidung geeignet seien, könne nicht gefolgt werden. Durch den von der Klägerin vorgelegten Praktikumsbericht werde deutlich, wer die Adressaten bzw. Teilnehmer am Aerobickurs seien: Es handele sich um Teilnehmer, die nicht täglich in Fitness- Studios gehen könnten. Daher umfasse das Programm den gesamten Körper, damit die Kursteilnehmer wenigstens einmal in der Woche den ganzen Körper spüren und bearbeiten könnten. Von einer Berufs- oder Prüfungsvorbereitung könne bei diesem Teilnehmerkreis nicht ausgegangen werden. Der Unterrichtsteil Tänzerische Gymnastik sei ausweislich des Programms dazu gedacht, dass er Freude bereite und das körperliche und seelische Wohlbefinden steigere. Es handele sich also um eine leichte allgemeinsportliche Betätigung.

Die Klägerin hat am 16. September 2005 Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt: Sie betreibe eine förderungsfähige Einrichtung im Sinne des § 4 Nr. 21 a) UStG. Die streitigen Kurse erfüllten die in § 4 Nr. 21a) bb) UStG aufgestellten Anforderungen. Auch bei Kursen, die sich an Teilnehmer richteten, die sich noch nicht zutrauten, künstlerischen Ansprüchen zu genügen, werde die spätere Ausbildung jedenfalls gefördert oder erleichtert. Der Kurs Aerobic führe insoweit zum Beruf des Aerobic-Lehrers. Tänzerische Gymnastik gehöre zum Leistungsfach Sport. Der Kurs diene der Prüfungsvorbereitung, da das Ergebnis gegebenenfalls die Sportnote im Abitur präge. Aus dem Teilnehmerkreis ergebe sich nichts Gegenteiliges. Die Motivation für die Teilnahme am Unterricht sei unbeachtlich. Die fachliche Qualifikation der Lehrkraft im unterrichteten Fach stehe nicht im Streit.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter teilweiser entsprechender Abänderung des Bescheides vom 16. September 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2005 zu verpflichten, der Klägerin gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) UStG zu bescheinigen, dass auch die angebotenen Kurse/ Fächer Aerobic und Tänzerische Gymnastik auf einen Beruf bzw. auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten, ferner, die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie sich auf die ablehnenden Bescheide bezogen. Ergänzend hat sie darauf hingewiesen, dass die Frage, ob der Unternehmer eine Privatschule oder eine andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung unterhalte, nicht Gegenstand der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG sei.

Durch das angefochtene Urteil hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung unter anderem ausgeführt: Die Klägerin habe in der Begründung ihres Antrags und in ihrer Widerspruchsbegründung im Einzelnen dargelegt, Aerobic diene mit der vermittelten Fitness- und Körperarbeit der Berufsvorbereitung des modernen Tänzers. Der Kurs diene auch der Vorbereitung auf den Beruf des Aerobicausbilders, den eine ihrer Schülerinnen ergriffen habe. Ferner sei er mit Blick auf die Kriterien der Sporteignungsprüfung der DSHS L. auch zur Prüfungsvorbereitung geeignet. Die Tänzerische Gymnastik vermittele die körperlichen Grundlagen hinsichtlich Fitness, Kraft und Ausdauer, die in den künstlerisch orientierten einzelnen Kursen im Tanz benötigt würden. Die Leistungen könnten in die abiturrelevante Sportnote eingehen. Einige der Schülerinnen seien Sport- oder Gymnastiklehrerinnen oder Physiotherapeutinnen geworden. Auch Bühnentänzer benötigten zusätzliches Kraft- und Konditionstraining in Fitnessstudios. Im Übrigen wird auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zugelassen.

Die Beklagte hat Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Entgegen der Auslegung des § 4 Nr. 21 a) UStG durch das Verwaltungsgericht sei die Prüfung durch die Beklagte nicht darauf beschränkt, isoliert festzustellen, ob die betreffende Leistung "ordnungsgemäß" auf einen Beruf oder eine Prüfung vorbereite. Es komme auch auf das Tatbestandsmerkmal der "unmittelbar" dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistung an. Die hier in Rede stehenden Kurse erfüllten diesen Zweck (zumindest) nicht unmittelbar. Zudem gehe das Verwaltungsgericht selbst davon aus, dass der zentrale Anknüpfungspunkt die Frage sei, ob die Ausbildung als solche für das jeweilige Ziel erforderlich und geeignet sei. Das Verwaltungsgericht setze jedoch letztlich den Gesichtspunkt der "Erforderlichkeit" mit dem der "Nützlichkeit" gleich. Es könne nicht Zweck der Norm sein, nahezu jede Unterrichts- oder Trainingsleistung von der Umsatzsteuer zu befreien, die für eine potenzielle Berufsausbildung oder Prüfungsvorbereitung lediglich "nützlich" sei. Vielmehr sei das zentrale Merkmal der "Erforderlichkeit" so zu interpretieren, dass im Rahmen der jeweiligen Maßnahme spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt würden, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig bzw. Gegenstand einer Prüfungsleistung seien. Vorliegend handele es sich bei den betroffenen Kursen um überwiegend sport- bzw. freizeitorientierte Angebote, die für die Berufsbildung oder Prüfungsvorbereitung zwar möglicherweise nützlich sein könnten, aber nicht erforderlich seien. Soweit berufsbedingt ein erheblicher Grad von Fitness erforderlich sei, müsse dieser nicht zwangsläufig durch Aerobic oder Tänzerische Gymnastik erworben werden. Eine restriktive Normenauslegung sei geboten, um den allgemeinen Grundsatz der Steuerpflichtigkeit von Umsätzen nicht ins Gegenteil zu verkehren. Dies ergebe sich auch aus den entsprechenden Gesetzesmaterialien und sei aus europarechtlicher Sicht geboten.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und führt ergänzend aus: Das von der Beklagten angeführte Argument der Erforderlichkeit der Leistung für ein Bildungsziel sei nicht Voraussetzung für die Steuerfreiheit einer Leistung nach der hier in Rede stehenden Norm. Es komme nur darauf an, dass die Leistung es einem Teilnehmer ermögliche, die vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten durch Vertiefung und Fortentwicklung letztlich auch beruflich zu nutzen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Parteivorbringens im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

Zutreffend hat sich das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil auf den Standpunkt gestellt, die ablehnenden Bescheide der Beklagten seien rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch zu.

Der klägerische Anspruch auf die beantragte Bescheinigung ergibt sich aus § 4 Nr. 21 a) UStG, wonach von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen steuerfrei sind. Voraussetzung ist nach der Regelung des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG, dass die zuständige Landesbehörde, hier die Beklagte, bescheinigt, dass die Einrichtung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet.

Demgemäß steht hier ausschließlich die Frage der "ordnungsgemäßen Vorbereitung" zur Entscheidung. Ob eine Schule/Einrichtung im Sinne der genannten Norm vorliegt, bedarf keiner Überprüfung. Diese Frage ist nicht Gegenstand der hier in Rede stehenden Bescheinigung,

vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976

- VII C 73.75 -, in: juris, Rdnr. 22, m.w.N.; Offerhaus/Söhn/Lange, Umsatzsteuer, Kommentar, § 4 Nr. 21 UStG, Rdnr. 60.

Die Bescheinigung der Landesbehörde dient allein dem Nachweis, dass die Einrichtung nach ihrer Organisation und ihrem Lehrziel auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet. Es wird die Eignung der Einrichtung hierzu bescheinigt. Es liegt im Wesen einer solchen Bescheinigung, dass sie sich hierauf beschränkt und nicht die konkrete Ausbildung einzelner Schüler oder Lehrgangsteilnehmer beurteilt. Dabei kommt es u. a. nicht darauf an, welche Schüler letztlich einen der Ausbildung entsprechenden Beruf ergreifen. Grundsätzlich ist auch nicht darauf abzustellen, in welchem Alter die Schüler in der Regel eine solche Entscheidung für einen Beruf treffen. Maßgeblich ist insoweit vielmehr, ob spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind,

vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976, a.a.O., Rdnr. 15; BFH, Urteil vom 3. Mai 1989

- V R 83/84 -, in: juris, Rdnr. 11; Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 16. November 2006

- 1 K 814/06 -, in: juris, Rdnr. 19, m.w.N.

Der Begriff der "ordnungsgemäßen Vorbereitung" ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Ordnungsgemäß ist die steuerlich privilegierte Leistung dann, wenn sie a) objektiv geeignet ist, der Berufs- oder Prüfungsvorbereitung zu dienen, b) von einem seriösen Institut erbracht wird und c) die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen,

vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976,

a.a.O., Rdnr. 18; Offerhaus/Söhn/Lange, a.a.O.,

Rdnr. 56 a.

Dass diese Kriterien in Folge des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 sich geändert haben könnten, ist nicht festzustellen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Gesetzesmaterialien in BTDRS 14/265, auf die die Beklagte hinweist. Zunächst wird in der Begründung zu Nummer 3 (§ 4), S.198, einleitend darauf hingewiesen, dass es sich - lediglich - um redaktionelle Folgeänderungen der Neuregelung der Eigenverbrauchsbesteuerung handelt. Unter dem Abschnitt zu Buchstabe d (Nr. 21) ist zwar ausgeführt, die Neufassung des § 4 Nr. 21 beschränke die Umsatzsteuerbefreiung für Unterrichtsleistungen durch Einzelunternehmen auf das EG-rechtlich notwendige Maß. Die derzeit geltende weitergehende Umsatzsteuerbefreiung für Leistungen einzelner Personen führe zu einer unangemessenen Ausdehnung der von der Umsatzsteuer befreiten Leistungen. Sodann wird aber klargestellt, hierbei handele es sich insbesondere um die im Verwaltungswege (Abschn. 112a UStR) gewährte Umsatzsteuerbefreiung für Einzelunternehmer, die an Ergänzungsschulen oder anderen allgemein- oder berufsbildenden Einrichtungen Unterricht erteilten. Damit betrifft die Gesetzesänderung den hier nicht zur Entscheidung stehenden Begriff der Schule/Einrichtung. Dass damit gleichzeitig eine einschränkende Auslegung des bei der hier in Rede stehenden Bescheinigung geltenden Prüfungsmaßstabes und damit letztlich auch deren Inhalts verbunden sein sollte, lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen.

Auch der Hinweis in den Gesetzesmaterialien auf das EG-Recht gibt nichts für eine Änderung der genannten, vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien her. Gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG befreien die Mitgliedstaaten den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht von der Steuer. In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs,

vgl. Urteil vom 23. August 2007 - V R 10/05 -,

in: juris, Rdnrn. 43 und 44, unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 14. Juni 2007 - C- 445/04 -,

der sich der Senat anschließt, ist geklärt, dass sich der gemeinschaftsrechtliche Begriff "Schul- und Hochschulunterricht" dieser Vorschrift nicht auf Unterricht beschränkt, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt. Er schließt vielmehr (auch) andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben.

Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten lässt sich aus dem Begriff "unmittelbar" in § 4 Nr. 21 a) UStG nichts dafür herleiten, die Ausbildung müsse erforderlich im Sinne von geradezu zwingend erforderlich sein. Das Merkmal der "Unmittelbarkeit" bezieht sich nicht auf den Inhalt der Leistungen, die nach dem Gesetzeswortlaut zur Überprüfung der Verwaltungsbehörde stehen, sondern beschreibt die Art und Weise, in der Leistungen bei der Erfüllung des Zwecks der Einrichtung eingesetzt werden müssen. Danach dienen nur solche Leistungen unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck, die ihn nicht nur ermöglichen, sondern ihn selbst bewirken,

vgl. BFH, Urteile vom 3. Mai 1989, a.a.O., Rdnr. 10, und vom 23. August 2007, a.a.O, Rdnr. 40.

Dementsprechend scheiden zum Beispiel die von beauftragten selbstständigen Dozenten erbrachten Unterrichtsleistungen von der Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 21 b) bb) UStG aus,

vgl. BFH, Urteil vom 23. August 2007, a.a.O., Rdnr. 41.

Im Übrigen dienen auch solche Leistungen nicht unmittelbar, durch die sich die Schule Geldmittel verschafft, selbst wenn sie nur erbracht werden, damit die Schule ihren Bildungszweck damit finanzieren kann,

vgl. Offerhaus/Söhn/Lange, a.a.O., Rdnr. 62.

Für die Frage, in welchem Verhältnis die von der Schule oder Einrichtung erbrachten Vorbereitungsleistungen zu einem möglichen späteren Beruf oder zu einer Prüfung stehen müssen, gibt der Begriff "unmittelbar" somit nichts her.

Soweit es die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG betrifft, hängt im Hinblick auf die erforderliche Vergleichbarkeit mit den staatlichen Bildungseinrichtungen die Feststellung der ordnungsgemäßen Vorbereitung im Wesentlichen von der Qualifikation der Lehrkräfte ab,

vgl. Urteil des Senats vom 6. Februar 2006

- 14 A 2086/03 -, in: juris, Rdnr. 27.

Anhaltspunkte, die Qualifikation im vorliegenden Fall in Zweifel zu ziehen, sind nicht ersichtlich und auch von der Beklagten nicht vorgetragen.

Gleiches gilt für die Frage, ob es sich bei der Einrichtung der Klägerin um ein seriöses Institut im Sinne der o.a. vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Kriterien handelt.

Die in Rede stehenden Kurse in den Fächern Aerobic und Tänzerische Gymnastik dienen auch nach ihrem Inhalt der Vorbereitung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung. Zwar sind private Bildungseinrichtungen grundsätzlich nicht verpflichtet, nur solche Unterrichtsleistungen anzubieten, die der Berufs- oder Prüfungsvorbereitung dienen. Sie können vielmehr neben der Ausbildung auch andere Kurse anbieten, die nicht der Berufs- oder Prüfungsvorbereitung dienen, sondern in den Hobbybereich fallen,

vgl. Urteil des Senats vom 6. Februar 2006,

a.a.O., Rdnr. 24.

Einen lediglich hobbymäßigen Inhalt weisen die von der Klägerin angebotenen Kurse in Aerobic und Tänzerischer Gymnastik nicht auf. Dies hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die Begründung des klägerischen Antrags und die Widerspruchsbegründung im angefochtenen Urteil (S. 9/10) zutreffend dargelegt, so dass der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen darauf Bezug nimmt. Zudem hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 2009 nachvollziehbar dargelegt, bei der Aufnahme von neuen Kursteilnehmern werde nach dem bereits vorhandenen Ausbildungsstand und nach den von ihnen gewünschten Ausbildungszielen gefragt. Dementsprechend werde der jeweilige Ausbildungsinhalt der Kurse auf die Teilnehmer entsprechend ihren individuellen Vorgaben abgestimmt. Die Teilnehmer würden im Rahmen der Kurse entsprechend betreut. Gegebenenfalls würden auch die Kurse nach den Vorgaben der Teilnehmer zusammengestellt. Damit bemisst sich der Inhalt der Kurse nicht lediglich an einer im wesentlichen gleichartigen hobbymäßigen (Basis-)Ausbildung oder Freizeitgestaltung, ohne dass eine Differenzierung im Hinblick auf die einzelnen Kursteilnehmer erfolgte. Anhaltspunkte, dass in Folge der Berücksichtigung der individuellen Vorgaben eine Aufspaltung in reine Hobbykurse einerseits und berufs- oder prüfungsvorbereitende Kurse andererseits erfolgt sein könnte, sind nicht ersichtlich. Anlass, dieser Frage nachzugehen, sieht der Senat daher nicht.

Schließlich weist der Senat darauf hin, dass die Beklagte mit Bescheid vom 5. Februar 2001 für den Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum 29. Februar 2004 und mit Bescheid vom 2. März 2001 für den Zeitraum vom 1. Januar 1990 bis zum 31. Dezember 1994 bereits Bescheinigungen für die Bildungsmaßnahme "'Tanzunterricht zur Vorbereitung auf eine Aufnahmeprüfung an einer Ballettschule oder auf einen Beruf' (ausgenommen Kindertanz und Aerobic)" ausgestellt hat. Diese Bescheide umfassen den Lehrstoff "Tänzerische Gymnastik". Nachvollziehbare Gründe, die eine abweichende Beurteilung für die verschiedenen Zeiträume rechtfertigen könnten, sieht der Senat nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen gemäß §§ 132 Abs. 2 und 137 Abs. 1 VwGO nicht vorliegen.