OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.05.2009 - 13 C 20/09
Fundstelle
openJur 2011, 62732
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 26. Januar 2009 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO - im Grundsatz - nur im Rahmen der fristgerechten Darlegungen

- vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77 = NJW 2004, 2510, 2511; Bay. VGH, Beschluss vom 16. Januar 2003 - 1 CS 02.1922 - , NVwZ 2003, 632 -

der Antragstellerin befindet, hat keinen Erfolg. Der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts ist bei Zugrundelegung dieses Prüfungsumfangs nicht zu beanstanden.

Soweit die Antragstellerin die Reduzierung des Gesamtlehrdeputats der Lehreinheit Zahnmedizin um 2 DS von 217 DS auf 215 DS moniert, verfängt ihr Vorbringen nicht. Sowohl das Verwaltungsgericht als auch der Antragsgegner haben zutreffend darauf hingewiesen, dass auch in dem Fall einer fehlerhaften Reduzierung des Gesamtlehrdeputats als Folge einer Umwandlung einer W2-Stelle in eine Stelle eines Akademischen Oberrats auf Zeit sich eine Kapazität von 35 Studienplätzen ergäbe, die aber tatsächlich besetzt sei.

Die Einwände der Antragstellerin gegen den Ansatz von jeweils vier Stunden Lehrdeputat für die befristet beschäftigten Wissenschaftlichen Angestellten Dr. L. und Dr. U. -N. verhelfen der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg.

Die Kapazitätsberechnung nach dem Modell der KapVO basiert auf dem sog. Stellenprinzip, nach welchem in die Kapazitätsberechnung die der Stelle der jeweiligen Stellengruppe aus ihrem Amtsinhalt abgeleitete Regellehrverpflichtung unabhängig von ihrer Besetzung oder der Qualifikation ihres Stelleninhabers und seinem tatsächlichen Lehraufwand einzubringen ist. Nur dann kann nach der ständigen und bekannten Rechtsprechung des Senats von dem Regellehrdeputat abgewichen werden, wenn die Hochschule die Stelle bewusst dauerhaft mit einer Lehrperson besetzt, die individuell eine höhere Lehrverpflichtung als die der Stelle hat, und dadurch der Stelle faktisch einen anderen, dauerhaften, deputatmäßig höherwertigen Amtsinhalt vermittelt.

Näher dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 9. März 2005 - 13 C 130/05 - und vom 27. April 2009 - 13 C 10/09 -, juris.

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Arbeitsverträge der Wissenschaftlichen Angestellten Dr. L. und Dr. U. -N. dürfen gemäß § 2 Abs. 1 des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes bis zu 15 Jahre befristet werden. Nach dem glaubhaften Vortrag des Antragsgegners wurde Dr. L. , der im Juni 1995 eingestellt worden ist, im August 2003 promoviert und Frau Dr. U. -N. , deren Einstellung im April 1998 erfolgte, wurde im Oktober 2002 promoviert. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes ist die Befristung von Arbeitsverträgen von (noch) nicht promoviertem Personal bis zu einer Dauer von 6 Jahren zulässig. Nach einer abgeschlossenen Promotion ist eine Befristung nach Satz 2 dieser Vorschrift bis zu einer Dauer von 9 Jahren im Bereich der Medizin zulässig. Die zeitliche Höchstgrenze ist daher bislang in keinem der beiden Fälle überschritten. Im Übrigen folgte bei einer Überschreitung der Höchstgrenze mit Rücksicht auf das oben näher beschriebene Stellenprinzip daraus nicht automatisch die Berücksichtigung ihrer Stelle als eine solche für einen unbefristet beschäftigten Angestellten.

Ebenfalls kann die Antragstellerin sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Dienstleistungsexport von 1,09 DS, der die Vorlesung Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde I für Studierende der Medizin betrifft, in die Lehreinheit Klinisch- praktische Medizin unberechtigt sei. Zum Einen überstiege bei einem Wegfall des Exports die Aufnahmekapazität von 35 Studienplätzen im ersten Fachsemester nicht. Zum Anderen ist - auch hier - die mit jedem Dienstleistungsexport einer Lehreinheit einhergehende Beeinträchtigung des grundrechtlichen Anspruchs eines Studienbewerbers auf Studienzulassung nicht unverhältnismäßig, weil die als Dienstleistung exportierte Lehre nicht verloren geht, sondern Ausbildungskapazität in einem anderen Studiengang schafft. Ein von einer Lehreinheit für "harte" Studiengänge erbrachter Dienstleistungsexport dürfte allerdings verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegen, wenn er sachlich nicht geboten ist oder qualitativ gleichwertig auch von einer Lehreinheit, der keine "harten" Studiengänge zugeordnet sind, erbracht werden könnte.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 27. Januar 1999 - 13 C 1/99 - und vom 16. Mai 2008 - 13 C 160/08 -.

Vor diesem Hintergrund unterliegt der zu betrachtende Dienstleistungsexport von Prof. Dr. A. , der über eine Doppelqualifikation als Zahnmediziner und als Mediziner verfügt, keinen Bedenken. Es ist nicht zu erkennen, dass die Hochschule bestrebt war, die Ausbildungskapazität im Studiengang Humanmedizin aus rechtlich nicht beachtlichen Gründen zu verringern.

Vgl. auch OVG NRW, Beschlüsse vom 8. Mai 2008 - 13 C 75/08 -, juris, vom 13. Mai 2008 - 13 C 154/08 - und vom 16. Mai 2008 - 13 C 160/08 u. a. -, jeweils mit weiteren Nachweisen.

Vielmehr kann die Veranstaltung nicht von Professoren der Klinischen Medizin erbracht werden, da sie ausschließlich Mediziner sind und nicht wie Prof. Dr. A. über eine Doppelqualifikation verfügen. Maßgeblich für die Berechnung von Dienstleistungen für nicht zugeordnete Studiengänge sind zudem nach § 11 Abs. 1 der Verordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen (Kapazitätsverordnung - KapVO -) vom 25. August 1994 (GV. NRW. S. 732) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 12. August 2003 (GV. NRW. S. 544) die Lehrveranstaltungsstunden, die der Dienstleistungsstudiengang zu erbringen hat. In Rede steht eine Dienstleistungspflicht, also - wie hier - eine rechtlich verbindliche Regelung gemäß der jeweiligen Studien- oder Prüfungsordnung des nichtzugeordneten Studiengangs, um feststellen zu können, welche Lehrveranstaltungsstunden als Dienstleistungen für einen nicht zugeordneten Studiengang zu erbringen sind. Danach sind grundsätzlich nur solche Lehrveranstaltungen als Dienstleistungsexport vom Lehrangebot abzuziehen, die für den erfolgreichen Abschluss des Studiums erforderlich sind.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2008 - 13 C 160/08 u. a. -, m. w. N.; Bay VGH, Beschluss vom 19. September 2007 - 7 CE 07.10334 -, juris; Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, 2003, Rn. 182 f. m. w. N.

Die von der Antragstellerin gerügten strukturellen Veränderungen in Form der Verlagerung der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Chirurgie in die Lehreinheit Klinisch-Praktische Medizin begegnen ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Der Senat hat die Verlagerung, die im Rahmen des Organisationsermessens der Hochschule erfolgt ist, bereits gebilligt und hält an seiner Auffassung fest.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Februar 2007 - 13 C 19/07 u. a. -, juris.

Schließlich hat der Senat keine Zweifel an der Darstellung des Antragsgegners, dass 36 Studierende im ersten Fachsemester für den Studiengang Zahnmedizin immatrikuliert sind. Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit dieser Angaben liegen nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren entsprechend der geänderten Rechtsprechung des Senats in Verfahren nach § 123 VwGO auf vorläufige Zulassung zum Studium auf 5.000,-- Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 1, 2 GKG).

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 3. März 2009 - 13 C 264/08 u. a. - und vom 16. März 2009 - 13 C 1/09 -, jeweils juris.

Von einer Änderung des Streitwerts für das erstinstanzliche Verfahren hat der Senat vor dem Hintergrund seiner bisherigen langjährigen Rechtsprechung abgesehen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.