OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.05.2009 - 12 A 605/08
Fundstelle
openJur 2011, 62499
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 16 K 3924/06
Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf

18.040 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

Der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor. Der Kläger vermag mit seiner Zulassungsbegründung die entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts nicht in Zweifel zu ziehen, dass ihm der geltend gemachte Anspruch auf Bewilligung einer über die bereits mit Bescheid vom 12. Januar 2006 gewährte Förderung hinausgehenden Zuwendung zur Deckung der Personalkosten in Höhe von 18.040 Euro nicht zusteht.

Soweit der Kläger diesbezüglich geltend macht, das Verwaltungsgericht habe sich mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht angemessen auseinandergesetzt, so stellt dieser Einwand die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht ernsthaft in Frage. Diese hat, wenn auch in knapper Form, den Sachverhalt des vorliegenden Falles unter die zutreffenden rechtlichen Maßstäbe subsumiert, indem es zunächst festgestellt hat, dass dem Beklagten bezüglich der über den gewährten Förderbetrag hinausgehenden Fördermittel ein Ermessensspielraum nicht eröffnet gewesen ist, da insoweit der Haushaltsgesetzgeber keine Mittel zur Verfügung gestellt hat.

Als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch gegen den Beklagten kommt hier alleine das Haushaltsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 23. Mai 2006 (GV NRW 2006, S. 197ff.) in Verbindung mit dem Haushaltsplan 2006, Einzelplan 15 (Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration), Kapitel 15.035 (Aufgabengebiet Gleichstellung von Mann und Frau), Titelgruppe 61 (Beratungseinrichtungen für Frauen und Schutz vor Gewalt gegen Frauen), Titel 68461 (Zuschüsse für laufende Zwecke an soziale und ähnliche Einrichtungen) in Verbindung mit der Selbstbindung der Verwaltung über die Anwendung von Nr. 1.3 der "Richtlinien für die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Zufluchtsstätten für misshandelte Frauen (Frauenhäuser)" (Runderlass d. Ministeriums für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie vom 18. November 2004 - II 2 - 7330.4 -; MBl. NRW 2004, S. 1241ff.) in Betracht. Danach entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

Dies bedeutet zugleich, dass der Behörde als Teil der vollziehenden Gewalt, die an die Vorgaben des Haushaltsgesetzgebers gebunden ist, grundsätzlich außerhalb der zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel,

vgl. OVG NRW Urteile vom 15. Januar 1997 - 16 A 2389/96 -, FEVS 47, 394ff.; und vom 22. März 2007 - 12 A 217/05 -,

ein Ermessensspielraum für die Gewährung weiterer Fördermittel nicht zur Verfügung steht. Genau so verhält es sich vorliegend, da der Beklagte den Rahmen der durch den Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Fördermittel im Fall des Klägers - Förderung in Höhe des maximalen ganzjährigen Pauschalbetrages von 87.604 Euro - unstreitig vollständig ausgeschöpft hatte.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht etwa aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes. Dieser führt auf dem Gebiet des Subventionsrechts gegenüber der Gesetzgebung - der Gesetzgeber hatte hier die Förderung von Frauenhäusern durch die entsprechende Kürzung von Haushaltsmitteln zurückgefahren - allenfalls dann zu einem Anspruch, wenn dem Zuwendungsempfänger eine Zusage gegeben worden ist oder ein sonstiges, einer solchen Zusage gleichkommendes staatliches Handeln in Betracht zu ziehen wäre.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. März 2007 - 12 A 217/05 -, m.w.N.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass keiner dieser beiden Ausnahmesituationen vorliegend gegeben waren.

Ein Zusage der Beibehaltung der Förderung in ungekürzter Höhe bezogen auf das Jahr 2006 lag ersichtlich nicht vor. Aber ebenso fehlt es an Anknüpfungspunkten für ein staatliches Handeln, das einer derartigen Zusage gleichzusetzen ist. So ist es etwa nicht der Beklagte, der die Tätigkeit des Klägers ins Leben gerufen hatte.

Vgl. hierzu VGH BW, Urteil vom 12. Juni 1990 - 10 S 3081/89 -, NVwZ 1991, 1199f.

Auch die jahrelange Bewilligung der Zuwendung stellt für sich genommen keinen derartigen Vertrauenstatbestand dar. Denn ein Subventionsnehmer muss stets mit dem künftigen teilweisen oder gar völligen Wegfall der Zuwendung rechnen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 1988 - 2 BvL 9/85 u.a. -, BVerfGE 78, 249ff.; BVerwG, Urteile vom 8. April 1997 - 3 C 6.95 -, BVerwGE 104, 220ff. und vom 11. Mai 2006 - 5 C 10.05 -, BVerwGE 126, 33ff.; VGH BW, Urteile vom 12. Juni 1990 - 10 S 3081/89 -, a.a.O. und vom 10. April 2001 - 1 S 245/00 -, NVwZ 2001, 1428ff.; OVG NRW, Urteile vom 15. Januar 1997 - 16 A 2389/96 - und vom 22. März 2007 - 12 A 217/05 -, a.a.O..m.w.N.

Dies gilt umso mehr als das Entstehen einer schutzwürdigen Vertrauensposition im vorliegenden Fall durch die in den vorhergehenden Zuwendungsbescheiden (seit 1998) - hier konkret in dem Zuwendungsbescheid betreffend das zweite Halbjahr 2005 - gegebenen Hinweise verhindert wurde, wonach aus der Bewilligung für das jeweilige Haushaltsjahr nicht geschlossen werden könne, dass die Förderung auch für das kommende Haushaltsjahr im bisherigen Umfang erfolgen werde. Diese Hinweise haben angesichts der seit Jahren bekannten angespannten Haushaltslage des Landes ersichtlich keine bloß formelhaft wiederholten Hinweise ohne jeden Warnwert bedeutet,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2003 - 12 B 1727/03 -, NVwZ-RR 2004, 501ff., Urteil vom 22. März 2007 - 12 A 217/05 -,

sondern stellen klar, dass im Vertrauen auf den Fortbestand ungekürzter Förderung getroffene Dispositionen keine Beachtung finden würden, also nicht vertrauensschutzwürdig sind.

Dem Entstehen einer schutzwürdigen Vertrauensposition stand im vorliegenden Fall auch entgegen, dass der Subventionsempfänger noch vor Beginn des Förderzeitraumes von der geplanten Kürzung der Mittel Mitteilung erhielt, nämlich Ende Dezember 2005.

Vgl. zum fehlenden Vertrauensschutz selbst in Fällen des Bekanntwerdens der Kürzung von Fördermitteln erst im Laufe des bereits angebrochenen Förderzeitraumes: BVerwG, Urteil 8. April 1997 - 3 C 6.95 -, a.a.O. (unveröffentlichte Änderung der VV im laufenden Förderzeitraum); VGH BW Urteil vom 10. April 2001 - 1 S 245/00 -, NVwZ 2001, 1428ff. (Mitteilung erst durch Bewilligungsbescheid im laufenden Bewilligungszeitraum).

Auch das Vorbringen des Klägers, der Beklagte habe die Kürzung der Subventionen durch eine angemessene Übergangsregelung abfedern müssen, verhilft dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg.

Eine derartige, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geschuldete Verpflichtung zum stufenweisen Abbau einer Subvention kann grundsätzlich nur dann bestehen, wenn bei dem Subventionsempfänger ein besonderer Vertrauenstatbestand geschaffen wurde, der über die langjährige Subventionierung hinausgeht,

vgl. VGH BW, Urteil vom 12. Juni 1990 - 10 S 3081/89 -, a.a.O.; OVG NRW, Urteil vom 22. März 2007 - 12 A 217/05 -, m.w.N.,

der ohne Übergangsfrist vorgenommene Eingriff also zu nahezu untragbaren Verhältnissen für den Subventionsempfänger führt,

Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. April 1997 - 3 C 6.95 -, a.a.O.

so dass der mit dem Abbau der Förderung verfolgte gesetzgeberische Zweck des staatlichen Schuldenabbaus in der Hintergrund treten muss.

Vgl. BVerwG , Urteil vom 11. Mai 2006

- 5 C 10.05 -, a.a.O.

Ein solcher Fall ist jedoch vorliegend ersichtlich nicht gegeben. Dies gilt schon im Hinblick auf die Schwere des Eingriffs, der mit einer Kürzung des Pauschalbetrages in Höhe von etwa 30 %, die Aufrechterhaltung der Einrichtung mit drei Vollzeitkräften gewährleistet. Dass die Einrichtung als solche um ihren Fortbestand hätte fürchten müssen, ist weder geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich.

Der bloße Einwand des Klägers, er habe sich nicht rechtzeitig auf die Kürzung der Förderung einstellen können, da diese erst mit dem Schreiben des zuständigen Ministeriums vom 19. Dezember 2005 mitgeteilt worden sei und die betreffenden Arbeitskräfte bereits seit vielen Jahren bei ihm beschäftigt seien, wodurch diese nicht kurzfristig kündbar seien, ist nicht geeignet, einen besonderen Vertrauenstatbestand zu begründen, der den gesetzgeberischen Zweck der Kürzung der Subvention ganz ausnahmsweise zurücktreten lassen könnte. Denn er betrifft gerade den typischen Fall eines Subventionsempfängers, der im Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der Subvention Dispositionen mit weit in die Zukunft reichenden Wirkungen trifft, die nach den oben genannten Grundsätzen gerade nicht schützenswürdig sind. Es liegt nun einmal im Verantwortungsbereich des Empfängers staatlicher Zuwendungen, gerade auf dem Gebiet der sogenannten gesetzesfreien Subventionen, auf deren Gewährung grundsätzlich kein Rechtsanspruch besteht, seine Einrichtung dergestalt zu bewirtschaften und zu organisieren, dass eine gerade in Zeiten knapper öffentlicher Kassen jederzeit drohende Kürzung der Förderung verkraftet werden kann, ohne dass der Fortbestand der Einrichtung selbst gefährdet wird. Dies hat er

- wie es die Hinweise in den jeweiligen Zuwendungsbescheiden auch ausgeführt haben - bei der Gestaltung der Arbeitsverhältnisse genauso zu berücksichtigen wie bei dem Umgang mit Sachmitteln und der Ausschöpfung von ggfls. bestehenden Einnahmequellen. Dabei setzte die Pflicht des Klägers, sich durch eine flexible Organisationsstruktur auf eventuelle Kürzungen von Fördermitteln einzustellen, nicht erst mit der Mitteilung einer konkret bevorstehenden Kürzung - hier durch Mitteilung des zuständigen Ministeriums vom 19. Dezember 2005 - ein; es handelt sich um eine jederzeit bestehende Obliegenheit eines Empfängers staatlicher Zuwendungen. Insofern ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht etwa der Beklagte oder das Gericht gehalten, dem Kläger im Einzelnen aufzuzeigen, wie er die angekündigte Mittelkürzung konkret umsetzt. Dass dies angesichts der anspruchsvollen Aufgabe des Klägers und den Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung, die der Beklagte stellt, schwer zu realisieren ist, liegt auf der Hand. Dass es jedoch grundsätzlich möglich ist, sich auf die Mittelkürzung einzustellen, hat der Kläger selbst unter Beweis gestellt, indem er im Wege der Vertragsänderungen alle vier Arbeitskräfte, wenn auch mit zum Teil gekürzten Stellenanteilen beibehalten hat. Warum eine derartige oder auch eine andere Lösung etwa im Wege von Organisationsveränderungen, einer Erhöhung von Entgelten o.ä. nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt durch eine vorausschauende, die frühzeitigen Warnhinweise des Beklagten ernst nehmende Planung möglich gewesen sein sollte, ist nicht erkennbar. Damit hat der Kläger nicht substantiiert dargetan, dass es ihm schlechterdings nicht möglich war, sich auf die Kürzung der Mittel einzustellen und hierdurch der Fortbestand seines Betriebes nachhaltig gefährdet gewesen wäre.

Die Rechtssache weist nach alledem auch keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Der verfassungsrechtliche Bezug der Rechtssache alleine verleiht dieser keinen besonderen Schwierigkeitsgrad, zumal die maßgeblichen Rechtsfragen nach den obigen Ausführungen bereits in der Rechtsprechung geklärt sind.

Die Berufung ist schließlich auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

Die vom Kläger für klärungsbedürftig gehaltene Rechtsfrage,

"ob eine mehrere Jahre lang erfolgte Zuwendung von Landesmitteln, die für den Zuwendungsempfänger und dessen Tätigkeit im Rahmen einer gesellschaftlich notwendigen sozialen Organisation für die weitere Verrichtung der ausgeübten Arbeit, insbesondere für die Bestreitung der Personalkosten, grundlegend sind, aus haushaltsrechtlichen Gründen mit einer nur wenige Tage zuvor erfolgten Vorankündigung in Ansehung des aus Art. 20 III GG resultierenden Grundsatzes des Vertrauensschutzes gekürzt werden darf," ob also "dem verfassungsrechtlichen Prinzip des Vertrauensschutzes in dererlei Fällen dadurch genüge getan sein kann, dass in den Nebenbestimmungen bisheriger Zuwendungsbescheide pauschal darauf hingewiesen wurde, dass die Höhe der Zuwendungen von Jahr zu Jahr entsprechend der bisherigen Haushaltslage neu festgesetzt werden muss und dabei gegebenenfalls auch geringer ausfallen kann."

bedarf keiner grundsätzlichen Klärung, da die sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes ergebenden Folgerungen für die Kürzung von Subventionen nach dem oben Gesagten bereits hinreichend verfassungsgerichtlich, bundesverwaltungsgerichtlich sowie obergerichtlich geklärt sind. Steht nach den oben genannten rechtlichen Maßstäben bereits fest, dass die jahrelange Gewährung von Fördermitteln kein schützenswertes Vertrauen zu begründen geeignet ist, bedarf es keiner Klärung der Frage mehr, ob eine jahrelange Förderung, die sogar mit dem Hinweis auf mögliche Kürzungen versehen ist, unter den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzgrundsatz fällt.

Die vom Kläger ferner als klärungsbedürftig aufgeworfene Frage,

"inwiefern bei der Kürzung von Zuwendungen in einem Fall, in dem Mitarbeiter über ein Jahrzehnt beschäftigt sind, darauf Rücksicht zu nehmen ist, dass der Arbeitsvertrag nur unter Einhaltung von Kündigungsfristen beendet werden kann,"

bedarf ebenfalls keiner grundsätzlichen Klärung, da die rechtlichen Maßstäbe für die Beantwortung dieser Frage sich zwangsläufig aus den oben genannten und bereits gerichtlich geklärten Vertrauensschutzgesichtspunkten betreffend die Kürzung von Subventionen ergeben. Die Frage, welche Umstände im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung konkret in die Abwägung einzustellen sind, beantwortet sich - wie auch im vorliegenden Fall - nach den Umständen im Einzelfalls und ist daher einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 3 GKG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und - hinsichtlich der Streitwertfestsetzung - nach § 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG unanfechtbar. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).