VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 28.02.2008 - 7 L 123/08
Fundstelle
openJur 2011, 60581
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auf 221 Euro festgesetzt.

Gründe

Der sinngemäß gestellte Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 3460/07 gegen den Kosten- und Leistungsbescheid der Antragsgegnerin vom 23. Oktober 2007 anzuordnen,

hat keinen Erfolg. Der gerichtliche Aussetzungsantrag ist ungeachtet eines vorherigen behördlichen Antrags gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zulässig, weil die Vollstreckung droht (§ 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO).

Der Antrag ist jedoch in der Sache unbegründet. Gemäß § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO soll die Aussetzung der Vollzeihung bei öffentlichen Abgaben und Kosten nur erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Beide Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Antragsteller hat zunächst eine unbillige Härte in seiner Person nicht substantiiert vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht. Seine pauschalen Angaben, er betreibe „eher einen Kiosk" und der geforderte Betrag mache „hier schon eine Menge aus" belegt eine solche Härte keineswegs.

Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) in Abgabensachen kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Abgabenbescheides (vgl. § 80 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 VwGO) nur dann in Betracht, wenn nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage der Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als der Misserfolg.

Vgl. Beschluss der Kammer vom 21. Februar 2002 - 7 L 2621/00 - m.w.N. und Beschwerdeentscheidung des OVG NRW vom 28. Mai 2002 - 9 B 468/02 -.

Nach diesem Maßstab hat der Antrag keinen Erfolg, weil jedenfalls keine überwiegenden Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache bestehen.

Zunächst ist die Entscheidung der Antragsgegnerin, die Kosten für die Prüfung der Produkte, die die Landesanstalt für Arbeitsschutz der Antragsgegnerin in Rechnung gestellt hat, im Grundsatz einem Dritten aufzuerlegen, nicht ermessensfehlerhaft. Das der Antragsgegnerin nach § 8 Abs. 7 Satz 2 des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes - GPSG - eingeräumte Ermessen, zur Tragung der Kosten für Prüfungen nach Satz 1 Personen heranzuziehen, die das Produkt herstellen oder zum Zwecke des Inverkehrbringens lagern oder ausstellen, wenn die Prüfung ergeben hat, dass die Anforderungen nach § 4 nicht erfüllt sind, hat die Antragsgegnerin zutreffend auf ihre dahingehende Verwaltungspraxis gestützt, in der Regel dem Verursacher der Prüfung die Kosten aufzuerlegen. Das ist nicht zu beanstanden, sondern wurzelt im Gebührenrecht (vgl. § 1 des Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen) und entspricht den Grundsätzen einer wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung, wie sie in den Haushaltsgesetzen der Länder und des Bundes niedergelegt sind (vgl. z. B. § 7 Abs. 1 der Landeshaushaltsordnung und § 6 Abs. 1 des Haushaltsgrundsätzegesetzes). Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als die Prüfung durch die fehlerhafte Kennzeichnung der Produkte, die der Antragsteller in seinem Betrieb zum Zwecke des Verkaufs gelagert hatte, ausgelöst wurde. Es handelte sich also nicht um eine Zufallsauswahl mittels Stichproben, sondern um eine anlassbezogene Prüfung, weil die fehlerhafte Kennzeichnung einen Verstoß gegen § 5 GPSG darstellt.

Der Antragsteller ist ferner über die Möglichkeit, dass ihm die Prüfungskosten auferlegt werden könnten, vor der Maßnahme informiert worden. Der ihm ausgehändigte Beleg vom 29. August 2007 enthält den ausdrücklichen Hinweis, dass der Prüfantrag vom Antragsteller selbst an geeignete Prüfinstitute vergeben werden kann, er in diesem Falle aber, auch wenn sich keine Mängel herausstellen, die Kosten hierfür in vollem Umfang begleichen müsse. Hinsichtlich der Kosten im Übrigen wird dort auf den auf der Rückseite abgedruckten Ausdruck des § 8 GPSG verwiesen, der den oben wiedergegebenen Wortlaut enthält.

Auch die Auswahl des Antragstellers als Kostenpflichtiger ist nicht ermessensfehlerhaft. § 8 Abs. 7 Satz 2 GPSG setzt die mögliche Inanspruchnahme des Herstellers und desjenigen, der das Produkt zum Zwecke des Inverkehrbringens lagert oder ausstellt, gleichberechtigt nebeneinander. Dies ergibt sich eindeutig aus der Gegenüberstellung mit Abs. 5 der Vorschrift, die ausdrücklich eine „vorrangige" Inanspruchnahme des Herstellers für bestimmte Maßnahmen nach Abs. 4 vorsieht. Mit Rücksicht darauf, dass den geprüften Produkten keine Herstellerangabe beigefügt war und eine solche in verlässlicher Form auch bis heute nicht vorliegt, wie auch unter Berücksichtigung des Gebots möglichst effektiver Aufgabenerledigung ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin den Antragsteller als denjenigen herangezogen hat, der das Produkt aktuell als Händler angeboten hat.

Schließlich kommt es nicht darauf an, inwieweit der Antragsteller der deutschen Sprache mächtig ist oder ob ihm die Bestimmungen des GPSG bekannt sind. Als Unternehmer, der im Geltungsbereich des GPSG Verbraucherprodukte in den Verkehr bringt, muss er die Sicherheitsvorschriften dieses Gesetzes einhalten. Es liegt in seiner Sphäre, sich insoweit sachkundig zu machen. Auf Unkenntnis kann er sich dementsprechend nicht berufen.

Auch die Höhe der Gebühr ist nach obigem Maßstab nicht zu beanstanden. Sie entspricht den Kosten, die die Landesanstalt für Arbeitsschutz NRW der Antragsgegnerin für die Produktprüfung in Rechnung gestellt hat und lässt sich anhand der Untersuchungsberichte nachvollziehen. Aus diesen ergibt sich u.a. auch, dass die Prüfung sich bei keinem der drei Artikel darauf beschränkt hat, lediglich die falsche Kennzeichnung festzustellen und dass in einem Fall der Prüfumfang verkürzt wurde, weshalb der angesetzte Arbeitsstundenumfang nicht den vom Antragsteller vorgebrachten Bedenken begegnet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 3 VwGO. Mit Rücksicht darauf, dass es hier nur um die vorläufige Aussetzung der Vollstreckung geht, hat die Kammer ein Viertel der Gesamtgebühr festgesetzt.

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