ArbG Dortmund, Urteil vom 19.04.2008 - 7 Ca 5877/07
Fundstelle
openJur 2011, 60467
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ab dem 01.11.2007 eine Rente in Höhe von insgesamt 3.416,16 EUR zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 1.062,30 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz von je 106,23 EUR seit dem 02.01.2007, 02.02.2007, 02.03.2007, 02.04.2007, 02.05.2007, 02.06.2007, 02.07.2007, 02.08.2007, 02.09.2007, 02.10.2007 zu zahlen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Streitwert: 3.824,28 EUR.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Höhe der Anpassung einer betrieblichen Altersrente.

Die Beklagte unterhält einen weltweit tätiges Ingenieurunternehmen, dessen Tätigkeitsbereich in der Planung und im Bau von Chemie-, Raffinerie- und anderen Industrieanlagen besteht. Sie gehört dem T1-K5-Konzern an.

Der am 13.09.1938 geborene Kläger trat am 01.07.1966 auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 01.03.1966 als Ingenieur in die Dienste der Beklagten. Im Laufe der Beschäftigungszeit wurde mehrere Ergänzungsverträge geschlossen. Wegen des Inhalts der zwischen den Parteien geschlossenen Verträge wird auf die zu den Akten gegebenen Ablichtungen (Blatt 6 ff. der Akten) verwiesen. In sämtlichen Verträgen verpflichtete die Beklagte sich, dem Kläger eine betriebliche Altersversorgung, bestehend aus einer betrieblichen Grundversorgung und einer betrieblichen Zusatzversorgung zu zahlen. Der Kläger schied zum 30.09.1998 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten aus und bezog ab dem 01.10.1998 eine betriebliche Altersversorgung, zunächst in Höhe von 3.021,77 EUR. Diese Altersrente wurde von der Beklagten am 01.01.2001 um 2,68% auf 3.102,75 EUR erhöht, am 01.10.2004 um 3,57% auf 3.213,53 EUR und am 01.01.2007 um 3% auf 3.309,93 EUR.

Gegen die Höhe der zum Stichtag 01.01.2007 erfolgten Anpassung um 3% wehrt sich der Kläger mit der folgenden Klage.

Der Kläger ist der Auffassung, dass nach seinem Renteneintritt erfolgten Kaufkraftverlust seiner Rente auf insgesamt 3.416,16 EUR zu erhöhen war. Die Beklagte könne sich dem gegenüber nicht auf eine schlechte wirtschaftliche Lage berufen. Die Beklagte könne dem Kläger nicht die "Mindestanpassungsverpflichtung" gemäß § 16 Abs. 3 Ziff. 1 BetrAVG aufzwingen. Die Beklagte könne dem Anpassungsbedarf nur entgegenhalten, dass die durchschnittlichen Nettoverdienste innerhalb des Unternehmens oder eines typischen Teils der Belegschaft des Unternehmens geringer gestiegen seien und diese keinen vollen Teuerungsausgleich erhalten hätten. Aus den Ausführungen der Beklagten gehe jedoch nicht hervor, dass die aktiven Arbeitnehmer im Rahmen der gezahlten Nettolöhne keinen Teuerungsausgleich erhalten hätten.

Die hypothetische Berechnung, welche die Beklagte vornehme, sei ohne Belang. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass das von ihr vorgesehene Anpassungssystem zu erheblichen Vorteilen für die Rentner führe; die Vorteile des von der Beklagten vorgesehenen Anpassungssystems lägen ausschließlich bei ihr und führten zu erheblichen Nachteilen bei den Betriebsrentnern.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab dem 01.11.2007 eine um 106,23 EUR höhere monatliche Betriebsrente (insgesamt 3.416,16 EUR) zu zahlen,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.062,30 EUR nebst 5%-Punkten über dem Basiszinssatz von 106,23 EUR seit dem 02.01.2007, 02.02.2007, 02.03.2007, 02.04.2007, 02.05.2007, 02.06.2007, 02.07.2007, 02.08.2007, 02.09.2007, 02.10.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte habe mit der Anpassung der Betriebsrente des Klägers zum 01.01.2007 ihrer Anpassungspflicht genügt. Die Beklagte habe nicht nur die Betriebsrente des Klägers um 3% erhöht, sondern darüber hinaus allen Betriebsrentnern, so auch dem Kläger, unter dem 20.09.2007 freiwillig zugesagt, die Betriebsrenten sowohl zum 01.01.2010 als auch zum 31.12.2012 garantiert, d. h. unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Situation, jeweils um 3% zu erhöhen. Dem liege die Überlegung der Beklagten zugrunde, die Betriebsrenten in Zukunft in einem von ihrer wirtschaftlichen Situation unabhängigen Anpassungssystems zu vereinheitlichen, wie es der Gesetzgeber in § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG als grundsätzlich gerecht vorgesehen hat. Ein Anspruch auf eine weitere Erhöhung der Betriebsrente ab dem 01.01.2007 bestehe nicht. Die Beklagte habe mit ihrer Anpassung der Pflicht gemäß § 16 BetrAVG genüge getan. Die 3%ige Garantieanpassung, zu deren Vornahme sich die Beklagte gegenüber dem Kläger alle drei Jahre verpflichtet habe, entspreche billigem Ermessen. Die Garantieanpassung bringe die Belange des Versorgungsempfängers und diejenigen des Arbeitgebers zu einem langfristig gerechten Ausgleich. Zu Gunsten des Klägers sei zu berücksichtigen, dass die 3%ige Garantieanpassung über die nächsten Jahre unabhängig von unsicheren Faktoren wie der wirtschaftlichen Lage, der Preissteigerung und der Nettolohnentwicklung in jedem Fall gewährt werde. Außerdem genieße die feste Garantiezusage im Gegensatz zu turnusmäßigen Anpassungsprüfung Insolvenzschutz. Damit sei die Entwicklung der Betriebsrente für den Kläger über einen langen Zeitraum verstetigt, gesichert und somit planbar.

Des Weiteren sei im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass die dem Kläger gewährte Rentenanpassung die Nettolohnentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmergruppen im Betrieb der Beklagten sogar übertreffe, wenn die Kürzungen der gesetzlichen Rentenversicherung und der damit verbundene zusätzliche Vorsorgeaufwand der Vergleichsarbeitnehmer in die Berechnungen mit einflössen. Über dies sei auch der Wertzuwachs, den die betriebliche Altersversorgung wegen der deutlich gestiegenen Lebenserwartung der Bevölkerung erfahre, in die Interessenabwägung mit einzubeziehen.

Jedenfalls sei die vom Kläger erhobene Forderung der Höhe nach unzutreffend. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Zeitpunkt der Anpassungsprüfung bei der Beklagten jeweils auf den September falle und deswegen jeweils die entsprechenden Preisindextabellen aus September zu Grunde zu legen seien. Ferner sei zu berücksichtigen, dass gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 30 c Abs. 4 BetrAVG die Teuerungsrate bis zum 31.12.2002 mit dem Preisindex für die Lebenshaltung von 4 Personenhaushalten von Arbeitgebern und Angestellten mit mittlerem Einkommen festzustellen sei und ab dem 01.01.2003 aus dem Verbraucherindex/ Preisindex für Deutschland abzuleiten sei.

Lege man diese Grundsätze zugrunde, so sei die Betriebsrente des Klägers allenfalls auf 3.388,33 EUR zu erhöhen; ein Nachzahlungsanspruch bestehe daher lediglich in Höhe von 78,40 EUR monatlich.

Wegen des übrigen Parteienvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gegebenen Schriftstücke verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger kann von der Beklagten ab dem 01.01.2007 eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 3.416,16 EUR verlangen. Die Beklagte hatte die Betriebsrente des Klägers zum 01.01.2007 jedenfalls in diesem Umfang anzupassen. Gemäß § 16 BetrAVG hat der Arbeitgeber alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden; dabei sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Die Entscheidung des Arbeitgebers kann in entsprechender Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB durch die Gerichte überprüft werden. Bei der Ausübung seines billigen Ermessens muss der Arbeitgeber nach § 16 BetrAVG die Belange der Versorgungsberechtigten einerseits und seiner eigenen wirtschaftlichen Lage andererseits beachten (BAG v. 17.10.1995 - 3 AZR 881/94).

Die Belange des Betriebsrentners werden durch den Anpassungsbedarf bestimmt. Er ergibt sich aus dem im Anpassungszeitraum eingetretenen Kaufkraftverlust. Hierbei ist der vom Rentenbeginn bis zum Anpassungsstichtag eingetretene Kaufkraftverlust entscheidend (BAG vom 21.08.2007 - 3 AZR 330/06; BAG vom 30.08.2005, 3 AZR 395/04). Die Belange des Betriebsrentners sind erfüllt, wenn entweder der seit seinem Eintritt in den Ruhestand eingetretene Kaufkraftverlust ausgeglichen oder die Versorgungsleistung entsprechend der Nettolohnentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer des Unternehmens angepasst wird. Den Belangen der Betriebsrentner kann der Arbeitgeber Gesichtspunkte entgegensetzen, die sich aus seiner eigenen wirtschaftlichen Lage ergeben. Die Beklagte verweist hier allerdings darauf, dass der Gesetzeswortlaut des § 16 Abs. 1 BetrAVG auf einen nicht abschließenden Charakter der angegebenen Kriterien hindeutet, da die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitsgebers im Rahmen der Ermessensentscheidung "insbesondere" zu berücksichtigen sind. Aus dem Normzweck, der einerseits primär auf den Teuerungsausgleich gerichtet ist und andererseits die weitere Ausbreitung der betrieblichen Altersversorgung nicht hindern soll, ist jedoch zu schließen, dass Drittinteressen nicht in die Abwägung einzubeziehen sind (so: Blomeyer/Rols/Otto, Betriebsrentengesetz, 4. Auflage, § 16 Rd. Zi. 128). Jedenfalls aber sind sämtliche aus der Teuerung ergebende Anpassungsbedarf des Betriebsrentners und die wirtschaftlichen Belange des Arbeitgebers, die wesentlichen Parameter, an den sich die Ermessensentscheidung des Arbeitgebers auszurichten hat. Soweit ferner nach den gesetzlichen Vorschriften eine Anpassung die Nettolohnzuwächse vergleichbarer Arbeitnehmergruppe des Unternehmens im Prüfungszeitraum nicht zu übersteigen braucht, wird hier berücksichtigt, dass die Versorgungsberechtigten kein schützenswertes Vertrauen in eine über der Lohnentwicklung im Unternehmen liegende Steigerung der Versorgungsleistung haben (Blomeyer/Rols/Otto, a.a.O., § 16 Rd. Zi. 128).

Die Beklagte hat im vorliegenden Fall bei ihrer Anpassungsprüfung weder die konkret durch die Teuerungsrate im Prüfungszeitraum geprägten Belange der Versorgungsempfänger berücksichtigt, noch auf ihre eigene wirtschaftliche Lage Bezug genommen. Vielmehr ist sie davon ausgegangen, durch ihre Zusage, auch bei den nächsten beiden Anpassungsterminen die Betriebsrenten jeweils um 3% zu erhöhen, die Interessen der Betriebsrentner hinreichend berücksichtigt zu haben. Dem kann die Kammer allerdings nicht folgen. Die Kammer ist nicht der Auffassung, dass die Anpassungsentscheidung der Beklagten billigem Ermessen entspricht.

Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass der Gesetzgeber nunmehr in § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG eine gesetzliche Regelung geschaffen hat, nach welcher die Verpflichtung, eine Anpassung der Betriebsrenten nach billigem Ermessen vorzunehmen entfällt, wenn der Arbeitgeber sich verpflichtet, die laufenden Leistungen jährlich um wenigstens 1% anzupassen. Zum einen gilt diese Regelung nach der Übergangsregelung des § 30 c Abs. 1 BetrAVG nur für Versorgungszusagen, die nach dem 31.12.1998 erteilt wurden. Dem Arbeitgeber sind hier in § 16 Abs. 3 BetrAVG Möglichkeiten eröffnet worden, sich von der Anpassungsprüfungspflicht insgesamt zu befreien; durch die Lockerung der Verpflichtungen der Arbeitgeber sollten weitere Anreize zur Beibehaltung oder zu Einrichtung betrieblicher Versorgungssysteme gegeben werden (vgl. Blomeyer/Rols/Otto, a.a.O., § 16 Rd. Zi. 295). Hierdurch hat der Gesetzgeber aber gerade eine Ausnahme der grundsätzlich bestehenden Pflicht zu Ausübung des billigen Ermessens im Rahmen der wirtschaftlichen Möglichkeiten eines einzelnen Unternehmens gemäß § 16 Abs. 1 BetrAVG geschaffen, nicht jedoch eine Vermutung dafür aufgestellt, dass in jedem Fall ein Vorgehen gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG durch den Arbeitgeber billigem Ermessen entspreche.

Im Übrigen ist auch darauf hinzuweisen, dass sich die Beklagte bei ihrer Zusage keineswegs im Rahmen des § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG gehalten hat: Hiernach muss sich der Arbeitgeber auf Dauer verpflichten, jährlich eine 1%ige Anpassung vorzunehmen. Dies hat die Beklagte keineswegs zugesagt. Die Beklagte will vielmehr die Versorgungsleistungen ihrer Betriebsrentner nur alle 3 Jahre um 3% anheben, womit in den vorhergehenden 2 Jahre jeweils der Teuerungsausgleich unterbleibt; sie hat keineswegs auf Dauer eine entsprechende Anpassung garantiert, sondern nur für die nächsten 2 Anpassungsprüfungstermine gemäß § 16 Abs.1 BetrAVG. Bereits aus diesem Grund kann eine Vermutung, dass die Entscheidung der Beklagten billigem Ermessens entspricht, auch nicht aus einem Vergleich mit der Regelung des § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG hergeleitet werden.

Im Übrigen berücksichtigt die vorgesehene Leistung im Wesentlichen die Interessen der Beklagten, insofern als sie den Teuerungsausgleich auf einer niedrigen Inflationsrate festschreibt und das Risiko günstiger höherer Inflationsraten allein dem Arbeitgeber auferlegt. Ein angemessener Interessenausgleich kann hierin nicht gesehen werden.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die von ihr getroffenen Anpassungsentscheidung deswegen billigem Ermessen entspricht, weil das verfügbare Nettoeinkommen vergleichbare Arbeitnehmer des Unternehmens tatsächlich geringer sei, als die gesetzlichen Nettolöhne, da jüngere Arbeitnehmer zunehmend höhere Aufwendungen für private Altersversorge zu treffen hätten.

Die Kammer verkennt nicht, dass hier ein soziales Problem angesprochen ist, welchem sich der Gesetzgeber möglicherweise anzunehmen hätte. Die Tatsache, dass generell derzeit noch aktive, jüngere Arbeitnehmer höhere Aufwendungen machen müssten, um sich eine angemessene Altersversorgung zu sichern, kann jedoch nicht dazu führen, dass die Beklagte ohne Rücksicht auf die konkreten Nettolohnerhöhungen, der bei ihr Beschäftigten vergleichbaren Arbeitnehmer im Prüfungszeitraum die in dieser Zeit angefallene Teuerung nicht auszugleichen braucht. Die Kammer ist nicht der Auffassung, dass durch richterrechtliche Rechtsfortbildung auch die Aufwendungen einer privaten Altersvorsorge im Rahmen der Ermittlung der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppe gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG zu berücksichtigen. Bislang ist in der Rechtsprechung und aufgrund gesetzlicher Vorschriften eindeutig festgelegt, was "Nettolöhne" sind. Hiervon ist der Gesetzgeber bei der Regelung des § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG ausgegangen und hiervon hat auch die Rechtsprechung auszugehen. Etwa anderes kann auch nicht deswegen angenommen werden, weil das BAG in der Entscheidung vom 23.05.2000 (3 AZR 103/99) den Wegfall der Berlinzulage bei der Ermittlung der Reallohn bezogenen Obergrenze berücksichtigt hat. Bei dieser Berlinzulage handelte es sich um einen klar feststehenden Betrag, welcher die ausgezahlte Nettovergütung auch dann beeinflusste, wenn letztlich dieser Betrag nicht vom Arbeitgeber zu zahlen war.

Der Betrag, der von jüngeren Arbeitnehmern für eine private Altersvorsorge anzulegen ist, kann dagegen nicht eindeutig festgelegt werden. Es bleibt letztlich auch jedem Einzelnen überlassen, ob er den entsprechenden Teil des verfügbaren Nettoeinkommens für eine Altersvorsorge einsetzt oder nicht. Angesichts dieser tatsächlichen Unsicherheiten kann derzeit der Gesichtspunkt der Notwendigkeit einer privaten Altersvorsorge bei der Ermittlung der vergleichbaren Nettolöhne gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG keine Rolle spielen.

Nach alledem ging das Gericht davon aus, dass von Seiten des Arbeitgebers keine der Billigkeit entsprechende Ermessensentscheidung getroffen worden war.

2.

Da die Beklagte im Übrigen nicht vorgetragen hat, dass ihre wirtschaftliche Lage den vollen Teuerungsausgleich nicht zulässt und dass die Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen im Prüfungszeitraum nicht entsprechend der in dieser Zeit angefallenen Teuerungsrate gestiegen sind, muss davon ausgegangen werden, dass eine der Billigkeit entsprechende Ermessungsentscheidung den vollen Kaufkraftverlust auszugleichen hatte.

Der Anpassungsbedarf richtete sich dabei nicht nur nach den in den letzten 3 Jahren eingetretenen Kaufkraftverlust. Da die "Belange der Versorgungsberechtigten" in der Wiederherstellung des ursprünglich vorausgesetzten Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung bestehen, ist der volle nicht gedeckte Anpassungsbedarf zu ermitteln. Er besteht in der seit Rentenbeginn eingetretenen Teuerung, soweit sie nicht durch vorhergehende Anpassungen ausgeglichen wurde. Der für die Belange der Versorgungsempfänger maßgebliche Prüfungszeitraum beginnt mit dem Eintritt in den Ruhestand, hier mit dem 01.10.1998 und endet unmittelbar vor dem Anpassungsstichtag, im vorliegenden Falle am 31.12.2006 (vgl. BAG vom 30.08.2005 - 3 AZR 395/04; BAG vom 21.08.2007 - 3 AZR 330/06).

Die Beklagte kann sich für die Berechnung des Anpassungsbedarfs auch nicht darauf berufen, dass bei ihr die Anpassungsprüfungen jeweils im September vorgenommen werden. Wenn der maßgebliche Prüfungszeitraum beginnt mit dem Eintritt in den Ruhestand und endet unmittelbar vor dem Anpassungsstichtag (BAG vom 30.08.2005 - 3 AZR 395/04). Das heißt, dass die Anpassung unmittelbar nach der Prüfung des Anpassungsbedarfs erfolgen muss. Die Beklagte hat hier unstreitig jedoch die Betriebsrenten jeweils erst zum 01.01. des jeweils betreffenden Anpassungsjahres erhöht. Die Beklagte muss dann auch die gesamte Teuerung in dem Prüfungszeitraum jeweils bis zum 31.12. des vorhergehenden Jahres ihrer Anpassungsentscheidung zugrunde legen.

3.

Für den hier maßgeblichen Prüfungszeitraum vom 01.10.1998 bis zum 31.12.2006 ergab sich für den Kläger folgender Anpassungsbedarf:

Bei Zugrundelegung des Preisindexes für die Lebenshaltung von Vier-Personen-Haushalten von Arbeitern und Angestellten mit mittlerem Einkommen für die Zeit vom 01.10.1998 bis zum 12.02.2002 ergab sich für diesen Zeitraum bei einer Indexzahl von 104,1 für September 1998 und 110,4 für Dezember 2002 für den genannten Zeitraum eine Teuerungsrate von 6,05% (110,4 - 104,1 = 6,3; 6,3 x 100 104,1 = 6,05). Für den Zeitraum von Januar 2003 - Dezember 2006 ergab sich bei einem Teuerungsindex nach dem Verbraucherpreisindex für Deutschland bei einer Indexzahl von 104 für Januar 2003 und einer Indexzahl von 111,1 für Dezember 2006 eine Teuerungsrate von 6,82%. Bei einer Addition beider Teuerungsraten ergibt sich für den gesamten Prüfungszeitraum eine Teuerungsrate von 12,87%. Dass für die Zeiträume vor und nach dem 01.01.2003 verschiedene Preisindizes maßgeblich sind, ergibt sich aus dem Wortlaut von § 30c Abs. 4 BetrAVG, da dort ausdrücklich auf "Zeiträume" abgestellt ist (LAG München vom 28.02.2007, 5 Sa 879/06).

Bei einer Erhöhung der ursprünglichen Rente von 3.021,77 EUR um 12,87% (388,90 EUR) ergibt sich nunmehr ein Rentenbetrag in Höhe von 3.410,67 EUR und für die vergangenen Zeiträume ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 100,74 EUR monatlich.

In diesem Umfang war der Klage stattzugeben. Im Übrigen geringfügig darüberhinausgehenden Umfang war die Klage abzuweisen.

II.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, der festgesetzte Streitwert entspricht dem eingeklagten Betrag.

Westphal