LG Essen, Urteil vom 25.08.2008 - 44 O 24/08
Fundstelle
openJur 2011, 59559
  • Rkr:
Tenor

hat die 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen

im schriftlichen Verfahren am 25.08.2008

durch den Vorsitzender Richter am Landgericht E,

die Handelsrichterin Dr. C und

den Handelsrichter I

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu vollziehen am jeweiligen gesetzlichen Vertreter, zu unterlassen

Matratzen der Marke MALIE, insbesondere die 7-Zonen Kaltschaum-Matratze, zu bewerben, wenn sie diese nicht innerhalb von 5 Werktagen nach Vertragsschluss oder nicht innerhalb einer in der Internetwerbung mitgeteilten abweichenden Frist liefern kann oder in der Internetwerbung nicht klar stellt, dass sie mangels Bevorratung zur Möglichkeit und zum Zeitpunkt einer Auslieferung keine Aussagen treffen kann.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 4/5 die Beklagte, zu 1/5 die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung von 33.000,00 €, für die Beklagte ohne Sicherheitsleistung.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen sie zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin vertreibt als Großhändlerin über diverse Einzelhändler Matratzen. Die Beklagte vertreibt über das Internet unter der Anschrift www. .de gleichfalls Matratzen. In ihrer Internetwerbung bietet sie unter anderem Kaltschaum-Matratzen der

Klägerin an.

Solche Matratzen werden von der Klägerin nicht an die Beklagte geliefert. Die Beklagte betreibt keine Vorratshaltung. Sie bezog in der Vergangenheit Matratzen aus der Produktion der Klägerin über ihre Schwestergesellschaften .... GmbH und .... GmbH. Auch diese Gesellschaften werden von der Klägerin nicht mehr beliefert. Hierüber sind Rechtsstreitigkeiten zwischen der Klägerin und den genannten Gesellschaften vor dem Landgericht Berlin und dem Amtsgericht Wismar anhängig. Die Klägerin weigert sich, Bestellungen der Beklagten, der .... GmbH und der .... GmbH vom 12.06.2008 (Bl. 82 bis 84 d. A.) auszuführen.

In ihrer Internetwerbung wird von der Beklagten für insgesamt 116 verschiedene Matratzen-Typen aus der Produktion der Klägerin geworben. Hierbei geht die Beklagte in der Weise vor, dass sie nach Benennung des Produktes und des Preises in Klammern nachfügt: "Lieferzeit auf Nachfrage." Die Beklagte legt Bestellungen ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen zugrunde. In diesen wird unter der Rubrik "Lieferung" u. a. ausgeführt: "Die Lieferungen erfolgen, soweit die Ware vorrätig ist, innerhalb von 5 Werktagen nach Vertragsschluss. ... Sollten Artikel kurzfristig nicht lieferbar sein, wird der Besteller von der .... GmbH über den voraussichtlichen Liefertermin informiert. Die Verpflichtung zur Lieferung entfällt, wenn wir selbst nicht richtig und rechtzeitig beliefert werden . ..." Zu weiteren Einzelheiten der Werbung wird auf Bl. 15 bis 16 d. A. Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte werbe für Malie-Produkte, obwohl sie diese nicht liefern könne. Die Beklagte versuche auf diese Weise, Kaufinteressenten anzulocken. Diesen werde dann mitgeteilt, dass man Matratzen aus der Produktion der Klägerin nicht oder nicht innerhalb einer absehbaren Frist liefern könne, weil die Klägerin vertraglichen Lieferverpflichtungen nicht nachkomme. Kaufinteressenten würden dann alternative Produkte angeboten, die von der Beklagten lieferbar seien. Bei einigen Interessenten sei auch so verfahren worden, dass die Beklagte sich durch ihre Mitarbeiter abträglich zur Qualität der Matratzen der Klägerin geäußert habe, um sodann vermeintlich bessere Alternativprodukte zu offerieren.

Hierzu behauptet die Klägerin:

Am 12.12.2007 habe ein Mitarbeiter der Beklagten bei einem Besteller C angerufen und diesem gegenüber behauptet, die bestellte Matratze der Klägerin sei zu dünn und ungeeignet.

Am 04.01.2008 habe die Mitarbeiterin T. C. der Beklagten den Kaufinteressenten N. C. eine Bestellung der Malie-Matratze mit der Anmerkung auszureden versucht, die Bewertung durch die Stiftung Warentest sei unangemessen günstig ausgefallen.

Am 11.01.2008 habe die gleiche Mitarbeiterin gegenüber dem Besteller T. T. behauptet, die bestellte Malie-Matratze werde von der Beklagten wegen mangelhafter Qualität nicht mehr ausgeliefert.

In der Folgezeit sei gegenüber den Kaufinteressenten L. A. und T. I. erklärt worden, die bestellten Malie-Matratzen könnten nicht ausgeliefert werden, weil die Klägerin vertraglichen Lieferverpflichtungen nicht nachkomme.

Die Klägerin hat ihren in der Klageschrift vom 12.03.2008 (Bl. 2 d. A.) formulierten Antrag in der mündlichen Verhandlung vom 09.07.2008 abgewandelt. Sie beantragt nunmehr,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der

Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €,

ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu

vollziehen an dem jeweiligen gesetzlichen Vertreter, zu unterlassen,

Matratzen der Marke MALIE, insbesondere die 7-Zonen Kaltschaum-

Matratze, zu bewerben, wenn sie diese nicht innerhalb ihrer in den Allge-

meinen Geschäftsbedingungen festgelegten Regellieferfristen oder in einer

in der Internetwerbung mitgeteilten abweichenden Frist liefern kann.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erachtet die Klage als unzulässig. Der Unterlassungsantrag sei sprachlich zu weit

gefasst und zu unbestimmt.

Die Klage sei aber auch unschlüssig.

Es gebe keine rechtliche Verpflichtung, Kaufinteressenten über eine fehlende oder unzureichende Vorratshaltung aufzuklären, wenn man - wie die Beklagte - in der Lage sei, gleichwertige Alternativprodukte anzubieten. Dies ergebe sich aus der Richtlinie 2005/29/EG.

Die Werbung der Beklagten sei bei der notwendigen Gesamtbetrachtung nicht geeignet, irreführende Vorstellungen von Kaufinteressenten zu Liefermöglichkeiten und Lieferfristen zu erzeugen. Dies werde von der Klägerin auch nicht schlüssig vorgetragen. Insoweit ergebe sich bereits aufgrund der einschränkenden Formulierung "Lieferzeit auf Nachfrage" für den angesprochenen Kaufinteressenten, dass er mit einer Belieferung innerhalb bestimmter Fristen nicht regelmäßig rechnen könne und sich über die Möglichkeit und den Zeitraum der Lieferung durch Rückfrage bei der Beklagten informieren müsse. Diese Klarstellung werde auch nicht wieder durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten relativiert und so erneut ein irreführender Eindruck erzeugt. Die Klägerin gehe insofern zu Unrecht davon aus, dass die Beklagte in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Lieferung binnen 5 Werktagen nach Vertragsschluss in Aussicht stelle. Diese Ankündigung sei nämlich mit der Einschränkung verknüpft: "soweit die Ware vorrätig ist". Sie betreffe - mangels Vorratshaltung - daher überhaupt nicht Matratzen aus der Produktion der Klägerin. Zugleich werde durch die Selbstbelieferungsklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Kaufinteressenten verdeutlicht, dass die Beklagte eine Lieferverpflichtung auch nur für den Fall übernehmen wolle, dass sie selbst rechtzeitig beliefert werde. Insgesamt sei so für den angesprochenen Kunden klargestellt, dass die Beklagte keine Aussagen über Möglichkeit der Belieferung und zum Lieferzeitraum machen wolle.

Es treffe nicht zu, dass die Beklagte die Werbung mit Produkten der Klägerin bewusst vornehme, um Kunden anzulocken und diesen dann alternative Produkte verkaufen zu können. Die von der Klägerin geschilderten Einzelvorgänge seien sachlich unrichtig dargestellt. So treffe es nicht zu, dass die Beklagte sich durch ihre Mitarbeiter nachteilig zur Produktqualität geäußert habe. Dem Besteller T. sei am 11.01.2008 nur deshalb ein Alternativprodukt angeboten worden, weil seine Bestellung einer Malie-Matratze wegen eines Computerversagens zuvor nicht ordnungsgemäß registriert worden sei. Dem Kaufinteressenten C. sei am 04.01.2008 nur deshalb eine andere Matratze angeraten worden, weil der Mitarbeiterin der Beklagten eine Matratze aus der Produktion der Klägerin wegen der Körpergröße und des Gewichts des potentiellen Käufers nicht als geeignet erschienen sei. Bestellungen der Kunden I. und T. seien nicht wegen der Lieferschwierigkeiten, sondern deshalb nicht ausgeführt worden, weil sie von der Beklagten als Testkäufer erkannt worden seien. Die Beklagte habe schließlich keine Behauptungen dahingehend aufgestellt, die Klägerin komme eigenen Lieferverpflichtungen gegenüber der Beklagten nicht nach.

Gründe

Das Landgericht Essen ist gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 UWG örtlich zuständig, soweit die Klägerin die Internetwerbung beanstandet. Im Übrigen ist eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Essen nicht gegeben.

I.

Der von der Klägerin neu formulierte Antrag ist hinreichend bestimmt. Er lässt erkennen, dass die Klägerin den Ausspruch einer Unterlassungsverpflichtung für den Fall wünscht, dass eine Belieferung mit Produkten der Klägerin nicht innerhalb der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten bezeichneten Lieferfrist von 5 Werktagen oder aber einer abweichend in der Werbung angegebenen Frist erfolgen könne.

II.

Die Klägerin kann gemäß den §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 8 Abs. 1 S. 2, 5 Abs. 5 S. 1, 3 UWG im zugesprochenen Umfang Unterlassung beanspruchen. Der weitergehende Antrag wird abgewiesen.

1.

Die Parteien sind Mitbewerber im Sinne der §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Insoweit ist es rechtlich nicht erheblich, dass die Beteiligten auf unterschiedlicher Wirtschaftsstufe tätig sind (vgl.: Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht 26. Aufl. § 2 Rn. 68 f).

2.

Wie zwischen den Parteien im Zuge des Prozesses unstreitig geworden ist, werden von der Klägerin Matratzen eigener Produktion weder an die Beklagte noch an deren Schwestergesellschaften .... GmbH und .... GmbH geliefert. Die Beklagte hat keine eigene Vorratshaltung und wegen der Weigerung der Klägerin, Matratzen ihrer Produktion auszuliefern, auch keine Möglichkeit, alle beworbenen 116 Produkte aus der Produktion der Klägerin über die .... GmbH bzw. .... GmbH zu beziehen. Die Beklagte berühmt sich, sie dürfe gegenüber Endverbrauchern gleichwohl in der aus Bl. 15 bis 16 d. A. ersichtlichen Weise im Internet für den Kauf von Malie-Matratzen auch in Zukunft in der bisherigen Weise zu werben. Diese Auffassung ist unzutreffend. Das Bestehen der Beklagten auf der bisherigen Art der Werbung begründet zugleich die ernsthafte Besorgnis, dass es in Zukunft zu einer Rechtsverletzung durch die Beklagte kommen wird. Hiervon ausgehend ergibt sich ein Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr aus § 8 Abs. 1 S. 2 UWG.

Es bedarf daher keiner weiteren Prüfung, ob es bereits in der Vergangenheit zu Zuwiderhandlungen gekommen ist, die gemäß den §§ 8 Abs. 1 S. 1, 8 Abs. 2 UWG einen Unterlassungsanspruch begründen könnten.

3.

Die Kammer geht von einer Verletzung des analog anwendbaren § 5 Abs. 5 S. 1 UWG aus:

Sie teilt die Einschätzung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 07.04.2005 - I ZR 314/02 - GRUR 2005, 690), dass die Grundsätze des § 5 Abs. 5 S. 1 UWG in modifizierter Weise auch für die Werbung im Internet gelten. Der Bundesgerichtshof hat hierzu überzeugend ausgeführt, dass der angesprochene Verbraucher bei der Werbung im Internet in der Regel erwarte, dass beworbene Ware unverzüglich versandt werde, unabhängig davon, ob der Werbende die Ware selbst vorrätig halte oder sie bei einem Dritten abrufen müsse. Sei eine sofortige Verfügbarkeit der beworbenen Ware nicht vorhanden, müsse der Werbende durch geeignete Zusätze darauf hinweisen, dass er nicht in der Lage sei, eine Nachfrage tagesaktuell zu erfüllen. Ob eine beanstandete Werbung irreführend sei, sei hierbei aufgrund des Gesamteindruckes zu beurteilen. Hierbei richte sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls, ob Angaben innerhalb einer Werbung bei räumlicher Trennung noch als zusammengehörig aufgefasst und daher in ihrer Gesamtheit zu beurteilen seien.

Der Beklagten kann nicht darin zugestimmt werden, dass die Gestaltung ihrer Werbung für den angesprochenen Verbraucher ausreichend deutlich mache, dass sie beworbene Malie-Matratzen nicht innerhalb einer angemessenen Lieferfrist ausliefern könne. Für die Beurteilung ist auf das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers abzuheben. Dieser wird aus der Formulierung "Lieferzeit auf Nachfrage" zwar im Sinne der Beklagten den Schluss ziehen, dass die Beklagte zur Dauer der Lieferfristen in der Werbung keine rechtsverbindlichen Angaben mache, sondern den Kaufinteressenten darauf verweisen will, hierzu einzelfallbezogene Klärungen mit der Beklagten durchzuführen. Die Formulierung macht jedoch nicht deutlich, dass es gänzlich offen ist, ob die Beklagte die beworbenen Malie-Matratzen überhaupt liefern kann und dass die Beklagte aufgrund der Weigerung der Klägerin, Lieferungen vorzunehmen, überhaupt nicht mitzuteilen vermag, innerhalb welcher Fristen die Bestellung ausgeführt werden kann. Die Formulierung "Lieferzeit auf Nachfrage" wird vom verständigen Verbraucher so verstanden, dass eine grundsätzliche Verfügbarkeit des Produktes besteht, der konkrete Lieferzeitraum aber unsicher ist, wobei die Beklagte zum Lieferzeitraum über nähere Kenntnisse verfüge, die sie auf Nachfrage mitteilen könne. Der durchschnittliche Verbraucher geht deshalb davon aus, der Lieferzeitraum für das bestellte Produkt sei festgelegt, zumindest aber von der Beklagten aufgrund objektiver Kriterien ermittelbar und er müsse sich lediglich darauf einstellen, dass die Lieferung später als 5 Werktage nach Vertragsschluss erfolgen werde.

Der Beklagten wird nicht darin zugestimmt, dass durch ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann für den angesprochenen Interessenten ausreichend verdeutlicht werde, dass die Beklagte überhaupt keine Aussagen darüber treffen wolle, ob die Bestellung ausgeführt werden kann und wann dies möglich wird. Den in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Hinweis "die Lieferungen erfolgen, soweit die Ware vorrätig ist, innerhalb von 5 Werktagen nach Vertragsschluss", wird der angesprochene Verbraucher zwar nicht als Zusage verstehen, dass er innerhalb von 5 Werktagen nach Vertragsschluss mit Lieferung rechnen dürfe. Ein solches Vorstellungsbild wurde durch den Hinweis ausgeräumt, dass die Lieferzeit auf Nachfrage mitgeteilt werde, was ein verständiger Verbraucher als Relativierung der 5-Tages-Frist versteht.

Der angesprochene Interessent wird die Formulierung jedoch nicht in dem weiteren Sinne verstehen, dass es überhaupt keine Vorratshaltung der Beklagten gibt und daher grundsätzlich keine Aussagen zur Vertragserfüllung gemacht werden könne. Die Formulierung "soweit" die Ware vorrätig sei, vermittelt vielmehr den Eindruck, es gebe im Grundsatz eine Vorratshaltung. Diese erfasse aber nicht sämtliche Produkte, so dass im Einzelfall mit anderen Lieferfristen zu rechnen sei.

Der angesprochene Interessent legt schließlich auch die Selbstbelieferungsklausel nicht dahin aus, dass es offen sei, ja naheliege, dass die Beklagte die von ihr beworbenen Malie-Matratzen nicht liefern könne, weil sie von der Klägerin selbst nicht beliefert werde. Insofern ist mitzuberücksichtigen, dass die Verpflichtung zur Leistung nur dann entfallen soll, wenn die Beklagte selbst "nicht richtig und rechtzeitig" beliefert werden sollte. Hieraus zieht ein verständiger Verbraucher den Schluss, dass die Selbstbelieferung der Beklagten im Grundsatz kein Problem darstelle und sich die Beklagte lediglich für den von ihr nicht kalkulierbaren Fall absichern wolle, dass ihr eigener Lieferant verspätet oder fehlerhaft liefere. Damit, dass die Klägerin aus grundsätzlichen Erwägungen jede Belieferung der Beklagten und ihrer Tochtergesellschaften ablehnt, die Werbung der Beklagten für Malie-Matratzen daher letztlich ins Leere läuft, rechnet der Verbraucher aufgrund dieser Formulierung dagegen nicht.

4.

Der Beklagten ist allerdings darin beizupflichten, dass es der Beklagten unbenommen sein muss, eine Irreführungsgefahr auch dadurch auszuräumen, dass sie auf die fehlende Eigenbelieferung und ihr Unvermögen zur Aussage über Lieferzeitpunkte sprachlich unmissverständlich in der Werbung hinweist. Auch der neu formulierte Antrag der Klägerin ist daher zu weit gefasst und wird deshalb teilweise abgewiesen.

5.

Die gemäß § 3 UWG vorzunehmende Gesamtabwägung ergibt, dass die unlautere Wettbewerbshandlung geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil von Mitbewerbern mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen.

Dabei ist der Beklagten im Ausgangspunkt darin zu folgen, dass bei der Beurteilung, welche Handlungsweise unlauter im Sinne des § 3 UWG ist, auf den Vorrang des EG-Gemeinschaftsrechtes Rücksicht zu nehmen ist. Wettbewerbshandlungen, die nach dem Gemeinschaftsrecht (Artikel 43, 49 EG-Vertrag) als zulässig beurteilt werden müssen, können nicht als unlautere Wettbewerbshandlung im Sinne des § 3 UWG bewertet werden (vgl.: BGH, 14.02.2008 - I ZR 207/05 - NJW 2008, 2044).

Der Beklagten kann aber nicht darin gefolgt werden, dass sich aus der Richtlinie 2005/29 EG vom 11.05.2005, Anhang I 6. ergibt, dass das Anlocken von Verbrauchern mit nicht verfügbaren Produkten wettbewerbsrechtlich unbedenklich sei, wenn ein gleichwertiges Alternativprodukt angeboten werden könne. Die Beklagte übersieht insoweit, dass in 6. des Anhanges I nur die Fälle des absoluten Verbotes ohne Bewertungsspielraum geregelt werden (Artikel 5 Absatz 5 der Richtlinie). In Artikel 6 I a) des Anhangs I enthält die Richtlinie ein ergänzendes Verbot, das die Kammer hier als einschlägig erachtet. Insoweit war bei der Auslegung dieser Regelung sowie von § 3 UWG zu bedenken, dass sich die Beklagte durch das Anlocken von Kunden nicht unerhebliche Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Verkäufern von Matratzen verschafft. Bei den Matratzen der Klägerin handelt es sich vielfach um qualitativ hochwertige Produkte, die durch die Stiftung Warentest günstig bewertet wurden. Auf diese Bewertung weist die Beklagte in ihrer Werbung hin. Verbraucher, die an dem Erwerb eines hochwertigen und positiv getesteten Produktes interessiert sind, machen durch ihre Bestellung ihr Kaufinteresse deutlich und können von der Beklagten dann gezielt beworben und zum Kauf anderer Produkte veranlasst werden. Hierdurch verschafft sich die Beklagte einen relevanten Wettbewerbsvorteil gegenüber solchen Verkäufern, die von einer Geschäftsanbahnung durch Anlocken absehen, die Werbung für nicht lieferbare Produkte unterlassen und so hinnehmen müssen, dass sich Kaufinteressenten möglicherweise anderen Verkäufern zuwenden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Vollstreckbarkeitsentscheidung folgt aus § 709 Satz 1 ZPO sowie aus den §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.