OLG Köln, Beschluss vom 25.09.2008 - 2 W 63/08
Fundstelle
openJur 2011, 59218
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 13 O 223/07
Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 1) vom 19. Juni 2008 gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 2. Juni 2008 - 13 O 223/07 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1.

Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 1), der das Landgericht mit Beschluss vom 9. Juli 2008 nicht abgeholfen hat, hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht dem Gesuch des Beklagten zu 1) nicht stattgegeben. Die Voraussetzungen für die Bewilligung der nachgesuchten Prozesskostenhilfe für die Verteidigung in dem Rechtsstreit sind aus mehreren, unabhängig voneinander gegebenen Gründen nicht erfüllt:

a)

Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen die Mutwilligkeit des Verhaltens des Beklagten zu 1) bejaht. Dies bereits führt zur Versagung der Prozesskostenhilfe gemäß § 114 ZPO. Mutwillig ist eine Rechtsverfolgung dann, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde. Eine Partei, welche Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen will, ist grundsätzlich gehalten, von mehreren gleichwertigen prozessualen Wegen denjenigen zu beschreiben, welcher die geringsten Kosten verursacht. Diese Grundsätze gelten nicht allein für den Antragsteller bzw. Kläger eines Verfahrens, sondern gleichermaßen für den Antragsgegner bzw. Beklagten (OLG Brandenburg, FamRZ 2008, 70 m.w.N.).

Die Mutwilligkeit des Verhaltens kann deshalb auch dann gegeben sein, wenn die Partei bereits vorprozessual oder in dem der Klage vorgeschalteten Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren ihr Verhalten nicht auf eine Vermeidung des Rechtsstreits ausrichtet, indem sie insbesondere auf Aufforderungsschreiben der klagenden Partei oder des Gerichts nicht reagiert. Unter Berücksichtigung dessen ist der Antragsgegner des Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens des Antragstellers - hier des jetzigen Klägers - gehalten, in bestmöglicher Weise Bedenken jeglicher Art gegen den geltend gemachten Anspruch vorzubringen, um dem Gericht bereits in diesem Stadium des Verfahrens die Möglichkeit zu bieten, die (tatsächlichen) Erfolgsaussichten der Klage der antragstellenden Partei zu überprüfen. Hält sich - wie hier - der Antragsgegner für zu Unrecht in Anspruch genommen, erhält er so bereits im Vorfeld des Prozesses Gelegenheit, ganz oder teilweise unbegründete Ansprüche durch eigene Darstellung des Sachverhalts entgegenzutreten. Eine verständige, ihre finanziellen Interessen wahrende Partei nimmt diese Gelegenheit auch wahr. Mit einer fristgerecht eingereichten Erwiderung kann sie einerseits verhindern, persönlich mit Kosten eines unnötigen Prozesses belastet zu werden, andererseits auch, dass der Staat die Finanzierung trägt und damit die Partei als Teil der Allgemeinheit mittelbar an den Kosten beteiligt wird. Widerspricht das Verhalten der Partei im Prozesskostenhilfeverfahren diesen Anforderungen, so stellt sich dies als mutwillig im Sinne des § 114 ZPO dar (OLG Brandenburg, FamRZ 2006, 349; OLG Brandenburg, FamRZ 2008, 70 [71]; OLG Düsseldorf, FamRZ 1997, 1017; OLG Oldenburg, FamRZ 2002, 1712 [1713]; MünchKomm/Wax, ZPO, 2. Auflage 2000, § 114 Rn. 127; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Auflage 2004, § 114 Rn. 36; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 29. Auflage 2008, § 114 Rn. 7).

Diese Voraussetzungen der Mutwilligkeit hat das Landgericht zutreffend für das Verhalten des Beklagten zu 1) im dem Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren des klagenden Insolvenzverwalters bejaht. Nach der Übersendung der Antragsschrift im Rahmen des Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens hat sich zwar für den Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 5. Juni 2007 der jetzige Prozessbevollmächtigte gemeldet und eine Stellungnahme auf das Prozesskostenhilfegesuch bis zum 15. Juli 2007 angekündigt. Tatsächlich ist dann weder bis zum Ablauf der antragsgemäß verlängerten Stellungnahmefrist bis zum 31. Juli 2007 noch bis Ende des Jahres 2007 eine entsprechende Stellungnahme zu den Akten gereicht worden. Erst nachdem dann dem Insolvenzverwalter Prozesskostenhilfe bewilligt und die Klage zugestellt worden ist, hat der Beklagte zu 1) zu der Klageschrift umfassend Stellung genommen, Klageabweisung beantragt und seinerseits mit dem Hinweis auf eine fehlende Erfolgsaussicht der Klage um Prozesskostenhilfe nachgesucht. Ein solches Verhalten ist erkennbar mutwillig. Dem anwaltlich vertretenen Beklagten zu 1) oblag es hier, möglichst frühzeitig - zumindest aber innerhalb der eingeräumten sowie verlängerten - Stellungnahmefrist auf seine Bedenken an der Klageforderung hinzuweisen.

b)

Zudem bietet die Prozessverteidigung in dem vorliegenden Rechtsstreit schon deshalb keinen Erfolg, weil der Beklagte zu 1) in dem Termin vom 30. April 2008 erklärt hat, er wolle sich "im Hinblick auf das laufende Strafverfahren zur Sache im vorliegenden Rechtsstreit derzeit nicht äußern". Damit kommt der Beklagte zu 1) seiner nach § 138 ZPO gebotenen Erklärungspflicht über die Tatsachen nicht nach. Dieser Umstand steht einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe entgegen. Fehl geht insoweit der Hinweis, "es sei allgemein anerkannt, dass derjenige, der sich einer Strafverfolgung aussetzen würde, von einer Erklärung über tatsächliche Umstände abstehen darf". Insoweit wird die herangezogene Fundstelle in dem Kommentar von Zöller und auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nur unvollständig wiedergegeben. So heißt es bei Zöller/Greger, ZPO, 26. Auflage 2007, § 138 Rn. 3: "Sie [die Partei] kann von entspr. Vorbringen absehen, hat dann aber ggf die prozessualen Konsequenzen zu tragen [hervorgehoben durch den Senat]". Entsprechend führt auch das Bundesverfassungsgericht in dem von dem Beschwerdeführer herangezogenen Beschluss vom 13. Januar 1981 (BVerfGE 56, 37 [44]) aus:

"Auch für den Zivilprozess und entsprechende Verfahren ist anerkannt, dass die Wahrheitspflicht der Partei dort ihre Grenzen findet, wo sie gezwungen wäre, eine ihr zur Unehre gereichende Tatsache oder eine von ihr begangene strafbare Handlung zu offenbaren. ... Die derart gegen einen Zwang zur Selbstbezichtigung geschützten Prozessparteien und Verfahrensbeteiligten tragen lediglich das Risiko einer für sie ungünstigen Tatsachenwürdigung."

Somit kann der Beklagte zu 1) nicht gezwungen werden, zu den Umständen der ihm vorgeworfenen unerlaubten Handlungen und der angeklagten Straftaten, die auch Gegenstand der erhobenen Klage bilden, vollständig und wahrheitsgemäß vorzutragen. Indes muss er, sofern er sich nicht erklärt, die entsprechenden Konsequenzen, hier die Versagung der Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung tragen.

c)

Zudem bietet die beabsichtigte Rechtsverteidigung des Beklagten zu 1) auf der Grundlage seines eigenen Prozessvortrages keine Aussicht auf Erfolg, § 114 Satz 1 ZPO.

Der Kläger hat einen Zahlungsanspruch in der geltend gemachten Höhe. Insoweit sind dem Beklagten zu 1) unentgeltliche Leistungen im Sinne des § 134 InsO zugewandt worden. Entscheidend für die Beurteilung der Unentgeltlichkeit ist, ob der Empfänger für die Leistung ein Vermögensopfer in Form eines die Leistung des Schuldners ausgleichenden Entgelts erbringen musste oder nicht. Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist vorliegend von einer Unentgeltlichkeit auszugehen. Der Kläger hat zur Begründung der von ihm geltend gemachten Unentgeltlichkeit unter Vorlage entsprechender Belege bzw. Beweisangebote schlüssig dargetan, der Beklagte habe für die von dem Verein an ihn bzw. an seine Gläubiger erbrachten Zahlungen seinerseits keine Gegenleistungen erbracht. Insoweit sind von dem Kläger die Tatsachen dargelegt worden, aus denen sich die Unentgeltlichkeit der Zuwendung und deren Vornahme innerhalb der kritischen Zeit ergeben.

Diesem Vorbringen ist der Beklagte zu 1) nicht mit eigenem substantiierten Prozessvortrag entgegen getreten. Insoweit obliegt ihm die sekundäre Darlegungslast. Er hätte im Einzelnen zu jeder hier geltend gemachten Zahlung die von ihm für den Verein jeweils erbrachte (Gegen-)leistung aufzeigen müssen. So hätte er beispielsweise für die Mietzins- und Kautionszahlungen an den Vermieter, für die Übernahme der Kosten des von seinem Stiefsohn genutzten PKWs, für die Ausgleichung der Forderungen der GVG, GEW, der Bildzeitung und der GEZ darlegen müssen, dass hierfür im Gegenzug ausgleichspflichtige Leistungen an den Verein erbracht worden sind. Gleiches gilt für das Fahrzeug des Beklagten zu 1) und die von dem Verein insoweit bezahlten Verwarnungsgelder. Insoweit genügt nicht der pauschale Hinweis auf eine Nutzung des Fahrzeuges "zu Fahrten im Interesse des Vereins". Ebenso wenig reicht der Hinweis aus, "die Verwarnungen seien nicht wegen Fehlverhaltens des Beklagten zu 1) erteilt worden." Auch insoweit hätte der Beklagte zu 1) zu dem jeweiligen Bußgeldbescheid den - nach seiner Meinung - richtigen Verursacher benennen müssen.

Fehl geht weiterhin die von dem Beklagten zu 1) vertretene Auffassung, die Höhe der von dem Verein für ihn geleisteten Mietzahlungen "stehe nicht zur Überprüfung durch den Insolvenzverwalter". Die Frage der Unentgeltlichkeit bestimmt sich in erster Linie nach objektiven Gesichtspunkten; maßgeblich ist, ob sich Leistung und Gegenleistung in ihrem jeweils objektiv zu ermittelnden Wert entsprechen (vgl. nur BGH, NZI 2007, 101; Senat, NZI 2003, 555; HK/Kreft, InsO, 4. Auflage 2006, § 134 Rdnr. 9 m.w.N.). Damit ist für die Frage der Entgeltlichkeit auch von entscheidender Bedeutung, in welchem Umfang der Verein in dem von dem Beklagten zu 1) angemieteten Wohnhaus Räumlichkeiten genutzt hat. Dem entsprechenden Vortrag des Insolvenzverwalters ist der Beklagte nicht mit erheblichen Einwendungen entgegen getreten.

Weiterhin ist der Beklagte zu 1) dem Vortrag des Klägers zu dem Bestehen eines Zahlungsanspruchs nach §§ 823 Abs. 2 i.V.m. §§ 266, 263 Abs. 3, 25 Abs. 2, 27 StGB nicht mit erheblichen Ausführungen entgegen getreten. Ob - wofür Anhaltspunkte bestehen - der Kläger zudem seinen Zahlungsanspruch ganz bzw. teilweise auf § 133 Abs. 1 InsO bzw. § 133 Abs. 2 i.V.m. § 138 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3 InsO stützen kann, bedarf derzeit keiner abschließenden Beurteilung durch den Senat. Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass entgegen der Auffassung des Beklagten zu 1) "im Falle der persönlichen Nähe" im Sinne des § 133 Abs. 2 InsO der Anfechtungsgegner die Darlegungs- und Beweislast für die fehlende Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes trägt (§ 133 Abs. 2 Satz 2 InsO).

2.

Da die beabsichtigte Rechtsverteidigung keine Aussicht auf Erfolg bietet, kann es hier dahingestellt bleiben, ob die Angaben des Beklagten zu 1) zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zutreffend sind. So heißt es in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Köln vom 17. März 2008, der Beklagte sei zu 4/9 Miteigentümer einer Immobilie in P. Diese Immobilie wird indes in der Erklärung vom 15. April 2008 nicht aufgeführt.

3.

Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 127 Abs. 4 ZPO nicht veranlasst. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und 3 ZPO) sind nicht gegeben.